Autor Thema: [Rant] Der ewige Kitchen Sink  (Gelesen 10937 mal)

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Offline Boba Fett

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #200 am: 29.12.2024 | 13:33 »
ganz nebenbei (weil ich gerade über das Thema "Bubble" sinniere)..

in bestimmten Dingen muss ich Weltengeist recht geben.
Mir geht die D&D5 Bubble inklusive der Abkömmlinge eigentlich auch mächtig auf den Keks - aber weniger wegen den Settings, vielmehr wegen der Struktur (Klassen, Stufen, exponentieller Machtzuwachs in den Stufen), die D&D mitbringt und da stört mich einfach die Dominanz, die das inzwischen hat. Das hat ja dermaßen Auswirkungen, dass selbst die "Wizards sind doof, dann machen wir unser eigenes Zeug" Rebellen zwar ein Rollenspiel machen, letztendlich aber auch nur wieder ein D&D nur mit leicht anderem Anstrich.
Und ganz viele, die in der D&D5 Zeit zum Rollenspiel gekommen sind, setzt D&D und Rollenspiel synonym, was bedeutet, es gibt für die nichts anderes ("Ohne Klassen, ohne Stufen, wie soll das denn gehen? Das ist doch gar kein Rollenspiel mehr!")...
Das fällt mir in letzter Zeit auf, wenn ich deutsche Rollenspiel-Youtube Kanäle schaue und die Leute "über Rollenspiel reden" sagen aber eigentlich "über D&D reden" meinen, weil alle Tipps und Ratschläge, die verteilt werden, sind schon sehr spezifisch auf dieses Regelkonstrukt aufgesetzt. Und ja das nervt.
Und das mag auch Auswirkungen auf das Angebot auf Settings haben, wenn vermehrt in solchen Strukturen gedacht wird.

Die Quintessenz ist doch die - Wer etwas anderes will, hat zwei Optionen: Suchen oder selber machen.

Da stimme ich zu. Auch mit dem Aufwand, der damit verbunden ist. Mein Vorgehen ist inzwischen: Ich kaufe nicht mehr im Hype und deswegen beteilige ich mich auch nicht mehr an Crowdfundings, sondern lese erst mal nach Erscheinen eine ganze Menge über ein Rollenspiel (oder schau Actual Plays), bevor meine Kaufentscheidung fällt.
Und ich schaue mich vor allem inzwischen auch mehr nach Rollenspielen um, die nicht neu sind.
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Offline Lyonesse

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #201 am: 29.12.2024 | 13:41 »
Wobei "D&D überall" sicher einen ziemlich großen Anteil des Problems ausmacht. D&D mag ja heute populärer sein als jemals zuvor, aber am besten spielen kann man damit immer noch genau das eigene "D&D-Genre" selbst mit weitgehend austauschbaren Einheitssettings (möglicherweise insbesondere seit der Übernahme durch die Küstenzauberer, zu TSR-Zeiten kamen mir die damals zuständigen Köpfe in Sachen Weltenbau zumindest kreativer vor -- kann aber auch die rosarote Brille sein)...und da reicht dann die Popularität alleine eben nicht aus, um es auch gleich als Fantasy-"Universalsystem" zu qualifizieren. ...
Lustigerweise - so wie ich es in Erinnerung habe - lag es Anfang bis Mitte der 90er am damaligen TSR-Management (das war die unter Fans berüchtigte Lorraine Williams - Gygax war da schon eine ganze Weile weg), dass sich die Kreativabteilung richtig austoben konnte. Man wollte mit den ganzen verschiedenen Settings (Forgotten Realms, Al-Qadim, Birthright, Dark Sun, Ravenloft, etc ...) möglichst viel abdecken und den Marktanteil vergrößern. Allerdings führte diese Strategie nach und nach zu herben Verlusten und in den Verkauf an die Wizards, die mit ihren Sammelkarten so reich geworden waren, dass der Kauf von TSR (für 30 Millionen Dollar) für sie in den Bereich des Möglichen gerückt war. 
« Letzte Änderung: 29.12.2024 | 13:46 von Lyonesse »
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Offline YY

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #202 am: 29.12.2024 | 14:24 »
Die TSR-Settings waren eben explizit voneinander getrennt - und dann verzichtet man als Kunde im Zweifelsfall auf die anderen Optionen, wenn die eigene Kampagne auf absehbare Zeit in Setting X stattfindet.

Insofern war es schon konsequent, alles in ein Setting zu quetschen (bzw. alles in eine Handvoll Settings, die dann auch mehr oder weniger beliebig untereinander austauschbar sind). Gerade wenn man auf die breite Masse abzielt. Das läuft sich dann höchstens auf lange Sicht tot, wenn die Multiplikatoren gelangweilt woanders hin abwandern, aber dieses Problem hätten andere erst mal gerne ;) 
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #203 am: 29.12.2024 | 14:37 »
ganz nebenbei (weil ich gerade über das Thema "Bubble" sinniere)..

in bestimmten Dingen muss ich Weltengeist recht geben.
Mir geht die D&D5 Bubble inklusive der Abkömmlinge eigentlich auch mächtig auf den Keks - aber weniger wegen den Settings, vielmehr wegen der Struktur (Klassen, Stufen, exponentieller Machtzuwachs in den Stufen), die D&D mitbringt und da stört mich einfach die Dominanz, die das inzwischen hat. Das hat ja dermaßen Auswirkungen, dass selbst die "Wizards sind doof, dann machen wir unser eigenes Zeug" Rebellen zwar ein Rollenspiel machen, letztendlich aber auch nur wieder ein D&D nur mit leicht anderem Anstrich.
Und ganz viele, die in der D&D5 Zeit zum Rollenspiel gekommen sind, setzt D&D und Rollenspiel synonym, was bedeutet, es gibt für die nichts anderes ("Ohne Klassen, ohne Stufen, wie soll das denn gehen? Das ist doch gar kein Rollenspiel mehr!")...
Das fällt mir in letzter Zeit auf, wenn ich deutsche Rollenspiel-Youtube Kanäle schaue und die Leute "über Rollenspiel reden" sagen aber eigentlich "über D&D reden" meinen, weil alle Tipps und Ratschläge, die verteilt werden, sind schon sehr spezifisch auf dieses Regelkonstrukt aufgesetzt. Und ja das nervt.
Und das mag auch Auswirkungen auf das Angebot auf Settings haben, wenn vermehrt in solchen Strukturen gedacht wird.

Stimmt schon -- der Originalprotest scheint mir ja auch weniger gegen das Konzept "Kitchen Sink" allgemein als eher recht direkt gegen "D&D-Einheitsbrei" gerichtet. Und da geht's mir einigermaßen ähnlich: grundsätzlich kann ich mich auch mit Kitchen Sinks anfreunden (solange sie halt gut gemacht sind, soviel Zeit muß schon sein ;)), und manche Genres gehen ohnehin "natürlicher" in diese Richtung als andere (klassische Superhelden-Action beispielsweise nimmt ja wirklich fast schon alles mit, was sie kriegen kann)...aber so richtiger Fan von speziell D&D und all seinen immer schön im eigenen Saft köchelnden Standardelementen bin ich eigentlich schon seit Editionen nicht mehr.

In dem Zusammenhang ist es einigermaßen ironisch, daß mich anfangs an (A)D&D gerade die (mit seinerzeit DSA und Midgard verglichene) Buntheit und der Variantenreichtum der Settings mit allen möglichen und unmöglichen Lebensformen und sonstigen Spielereien fasziniert hat. Aber das war damals, und heute kann ich ähnlich bunte Welten eben auch und oft sogar einfacher in anderen Systemen haben, die halt nicht den ganzen "Fühlt sich das für euch auch noch nach D&D an, hmmm?"-Ballast um der lieben Marke willen an der Backe kleben haben...

Offline Managarmr

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #204 am: 29.12.2024 | 14:40 »
Lustigerweise - so wie ich es in Erinnerung habe - lag es Anfang bis Mitte der 90er am damaligen TSR-Management (das war die unter Fans berüchtigte Lorraine Williams - Gygax war da schon eine ganze Weile weg), dass sich die Kreativabteilung richtig austoben konnte. Man wollte mit den ganzen verschiedenen Settings (Forgotten Realms, Al-Qadim, Birthright, Dark Sun, Ravenloft, etc ...) möglichst viel abdecken und den Marktanteil vergrößern. Allerdings führte diese Strategie nach und nach zu herben Verlusten und in den Verkauf an die Wizards, die mit ihren Sammelkarten so reich geworden waren, dass der Kauf von TSR (für 30 Millionen Dollar) für sie in den Bereich des Möglichen gerückt war.
Allerdings tötete Magic damals Rollenspiele im Allgemeinen. Der gesamte Sektor war massiv in Krise, da ein Grossteil der Spielerbasis wegbrach, da extrem viele nur noch in Magic festhingen.
Zum Teil die Shopbesitzer selbst (ich erinnere mich noch gut daran das ich in einen Laden reinging, und komplett ignoriert wurde, da der Besitzer mit Kunden an einem der Tische ganz hinten im Laden am Karten vollsabbern war - ich hätte mir die komplette Kasse unter die Arme klemmen und rausgehen können ohne dass er es überhaupt gemerkt hätte).
Computerspiele wurden auch immer besser, mehr Leute in Gaming mit schnellen Belohnungskicks als in Rollenspiel, wo man erst mühselig physische Treffen abhalten muss.
Ob TSRs Schieflage also den vielen Subsettings geschuldet war, wird sich nicht sicher beantworten lassen.

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Offline Skaeg

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #205 am: 29.12.2024 | 15:04 »
Ich würde da Kritik valide sehen, wenn es nichts (oder kaum etwas) anderes geben würde. Das ist aber nicht der Fall!
Die Kritik des OP bezog sich primär auf ein bestimmtes Setting für OD&D und kompatible. Ist aber bei Settings für neuere D&D-Versionen ähnlich (nehme ich an, da ich nur die üblichen Verdächtigen kenne).

Zitat
Ich kann mit "Pirates of the Carebean" echtes Piratenrollenspiel machen, ohne was anderes und mit 7te See oder En Garde sowas wie Musketier-Rollenspiel.
7th Sea (1. Edition) habe ich als ein Setting in Erinnerung, bei dem man Abziehbilder diverser europäischer Länder in der Zeitspanne von 1600 (elisabethanisches England) bis 1789 (Frankreich am Vorabend der Revolution) nebeneinander geklatscht hat. Das sehe ich nicht so als Gegenbeispiel. HeXXen nach dem, was hier so geschrieben wird, auch nicht.

Und ja, es gibt für praktisch jede Nische was (aber das, was sich Weltengeist gewünscht hatte, nämlich das spezielle Setting aus dem OP, minus Standardgedöns, offensichtlich nicht); das fällt dann jedoch oft ins andere Extrem, nämlich ein auf nur einen bestimmten Kampagnentypus ausgerichtete, meistens sehr rudimentäres Setting. Oder manchmal auch gleich einfach ein historisches Setting, das nur umrissen wird und bei dem man den Rest selber nachgucken darf.

Wie ich oben schon schrieb, sind derartige One-trick-ponies einfach nur das andere Extrem. Irgendwo in der Mitte liegen Settings, die verschiedene Abenteuer- und Kampagnenumgebungen bieten, ohne dabei einfach nur 08/15 die Standardklischees abzuspulen oder einfach die Kampagnenstile auf verschiedene Kulturen verteilt nebeneinander auf die Landkarte zu pinseln.

Gut ausgearbeitet, facettenreich, originell und in sich stimmig. Ich gehe d'accord, wenn jemand sagt: Solche Settings sind eher selten.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #206 am: 29.12.2024 | 15:14 »
Welche Settings sind denn best-practise-Beispiele für Kitchen Sink?
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Offline Weltengeist

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #207 am: 29.12.2024 | 15:18 »
Gut ausgearbeitet, facettenreich, originell und in sich stimmig. Ich gehe d'accord, wenn jemand sagt: Solche Settings sind eher selten.

Amen. Das bringt sehr gut auf den Punkt, worum es mir ging.

Und nein, mir muss jetzt niemand zum fünften Mal erklären, warum das so ist. Ich kriege schon auch mit, wie der Markt funktioniert. Aber das bedeutet ja nun nicht, dass ich das toll finden muss. Und ich bezweifle auch, dass es eine Zwangsläufigkeit ist - gerade die Crowdfunding-Erfolge von Spielen wie "Shadows of Esteren", "Symbaroum", "Coriolis" usw. zeigen ja, dass es sehr wohl möglich ist, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Nur passiert das eben für meinen Geschmack viel zu selten.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #208 am: 29.12.2024 | 15:38 »
Nur passiert das eben für meinen Geschmack viel zu selten.
Sieh dir mal die aktuellen Kinofilme und Serien an. Wieviel wirklich Neues kommt da, und wieviele Franchises werden (tot)geritten oder neu gestartet?
Es scheint ein Element unserer Zeit zu sein, dass auf Sicherheit gespielt wird, selbst wenn's nicht grade um Millionen geht. Und es darf nur ja niemand vergrault werden - seien es Aktionäre oder irgendwelche Bubbles.

D.h. im Umkehrschluss, dass jeder Verlag, der wirklich was Neues rausbringen will, erstmal alle Hindernisse innerhalb der eigenen Leute überwinden muss. Und je größer der Verlag ist, umso schwieriger wird das. Das wäre dann der Vorteil für Kleinstverlage.
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Offline YY

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #209 am: 29.12.2024 | 15:47 »
Welche Settings sind denn best-practise-Beispiele für Kitchen Sink?

TORG, Gurps Infinite Worlds, Stargate u.Ä.

Alle aus dem einen Grund, dass die verschiedenen Elemente hart voneinander getrennt sind.


So kann man relativ exotische Einzelcharaktere begründen und einen mehr oder weniger beliebigen Kampagnenfokus setzen, ohne dass einem die anderen grundsätzlich zugänglichen Welten/Genres reinfunken.


D.h. im Umkehrschluss, dass jeder Verlag, der wirklich was Neues rausbringen will, erstmal alle Hindernisse innerhalb der eigenen Leute überwinden muss.

Free League tut sich damit ziemlich leicht, aber deren Modus Operandi ist es dann auch, viele Settings parallel anzubieten und in jedem einzelnen stark zu starten, dann aber über die Zeit deutlich nachzulassen (auf die reine Frequenz bezogen), bis das Ding einschläft.

Der Vorteil ist, dass man bei Free League immer mal wieder was findet, das einem gefällt.
Der Nachteil ist, dass absehbar so gut wie nichts im Verlagsprogramm ein auf lange Sicht gut unterstütztes System ist.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #210 am: 29.12.2024 | 15:51 »
gerade die Crowdfunding-Erfolge von Spielen wie "Shadows of Esteren", "Symbaroum", "Coriolis" usw. zeigen ja, dass es sehr wohl möglich ist, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Nur passiert das eben für meinen Geschmack viel zu selten.

Ich habe den Eindruck, dass gerade ein bisschen eigenwillige Settings ganz schön viel Schelte abbekommen, wenn sie nicht entweder aus einem schon bekannten Entwicklerhaus kommen (Coriolis) und/oder visuell sehr beeindruckend daherkommen (Symbaroum, Esteren). Da kommen dann schnell die "Da hat wohl wehr seine Weltenerschaffenervision ausleben wollen, aber sonst interessiert das keinen und zum Spielen taugt das eh nicht"-Hämmer in den Rezis. Nicht nur, aber auch. Und ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich entmutigend ist.

So am Rande: der neue Kickstarter für Redsky, eines der wenigen D&D5-Settings, die augenscheinlich wirklich versuchen, konsequent und konsistent eigene Wege zu gehen, ist kürzlich volles Brett gescheitert (https://www.kickstarter.com/projects/solar-studios/redsky-starter-kit/description) - bei 103 Backern und einem Drittel der Finanzierungssumme haben sie kurz vor Schluss die Notbremse gezogen. Okay, die haben sich auch wirklich dumm angestellt in der Finanzierungsphase und genau Null Updates geliefert - das erste Update ist, dass sie das Crowdfunding canceln. Von daher steckten da vielleicht auch noch andere Probleme hinter. Trotzdem finde ich es symptomatisch; auf vergleichbare, aber konventionellere D&D-Produkte gibt es durchauus gelegentlich den Run innerhalb der ersten 2-3 Stunden, der schon für die Finanzierung reicht.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #211 am: 29.12.2024 | 16:24 »
So am Rande: der neue Kickstarter für Redsky, eines der wenigen D&D5-Settings, die augenscheinlich wirklich versuchen, konsequent und konsistent eigene Wege zu gehen, ist kürzlich volles Brett gescheitert

Das hätte mich aber auch nicht angesprochen, wenn ich auf der Suche nach einem bodenständigeren und weniger überfrachteten Fantasy-Setting wäre.
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Offline Isegrim

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #212 am: 29.12.2024 | 16:33 »
Das hätte mich aber auch nicht angesprochen, wenn ich auf der Suche nach einem bodenständigeren und weniger überfrachteten Fantasy-Setting wäre.

Naja, das zeigt ja schon das Problem: Es gibt sehr viele Möglichkeiten, ein "Nicht-Kitchensink-Setting" zu gestalten, und damit viele Wege, es Leuten nicht recht zu machen.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #213 am: 29.12.2024 | 16:34 »
Das hätte mich aber auch nicht angesprochen, wenn ich auf der Suche nach einem bodenständigeren und weniger überfrachteten Fantasy-Setting wäre.

Um bodenständig geht es hier aber gar nicht so sehr, oder? Redsky finde ich z.B. im Sinne dieses Threads ansprechend, weil es ganz viel weglässt und sich wohl eher - soweit ich das vom Überfliegen und aus meiner Erinnerung an das erste Crowdfunding her wahrnehme - auf das beschränkt, was sich aus dem eigenen Konzept ergibt. Also halt nicht "wir müssen da aber auch noch Elfen und Zwerge und Wikinger unterbringen, weil die will immer jemand spielen."
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #214 am: 29.12.2024 | 16:40 »
Um bodenständig geht es hier aber gar nicht so sehr, oder? Redsky finde ich z.B. im Sinne dieses Threads ansprechend, weil es ganz viel weglässt und sich wohl eher - soweit ich das vom Überfliegen und aus meiner Erinnerung an das erste Crowdfunding her wahrnehme - auf das beschränkt, was sich aus dem eigenen Konzept ergibt. Also halt nicht "wir müssen da aber auch noch Elfen und Zwerge und Wikinger unterbringen, weil die will immer jemand spielen."

Tatsächlich habe ich das ursprüngliche Crowdfunding für Redsky seinerzeit sogar unterstützt, weil es genau meinen Kriterien (besondere Idee, Nicht-Standard-Fantasy, coole Aufmachung) entsprach. Ich habe es sogar hier im Forum über den grünen Klee gelobt. So gesehen passt es tatsächlich zu dem, was ich meine.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass die erste Kampagne rund 66.000 $ eingefahren hat und dass es (mMn) andere Gründe gab, warum die zweite Kampagne nicht so eingeschlagen hat - und die haben weniger mit dem Thema des Threads zu tun als mit Marktanalyse und Kommunikation durch Solar Studios...
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #215 am: 29.12.2024 | 16:50 »
Um bodenständig geht es hier aber gar nicht so sehr, oder?

Joah.
Für mich ist die Unterscheidung zwischen überfrachteter/überkandidelter Fantasy und Kitchensink nicht sonderlich relevant, von daher fällt Redsky bei mir aus den selben Gründen durch wie die "normalen" D&D-Settings.

Andersrum ist es wohl für viele, die letztere schon spielen, nicht hinreichend abgegrenzt.
Für die hier vorgenommene Unterscheidung braucht man schon recht feine Antennen.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #216 am: 29.12.2024 | 17:21 »
Tatsächlich habe ich das ursprüngliche Crowdfunding für Redsky seinerzeit sogar unterstützt, weil es genau meinen Kriterien (besondere Idee, Nicht-Standard-Fantasy, coole Aufmachung) entsprach. Ich habe es sogar hier im Forum über den grünen Klee gelobt. So gesehen passt es tatsächlich zu dem, was ich meine.
Sieht mir auch danach aus.

Zitat
Fairerweise muss man aber auch sagen, dass die erste Kampagne rund 66.000 $ eingefahren hat und dass es (mMn) andere Gründe gab, warum die zweite Kampagne nicht so eingeschlagen hat - und die haben weniger mit dem Thema des Threads zu tun als mit Marktanalyse und Kommunikation durch Solar Studios...
Höre zum ersten Mal davon und wäre dadurch eventuell eine der wenigen Personen gewesen, für die das neue Crowdfunding gedacht war. Aber generell ist ein Crowdfunding für ein Schnellstartset, nachdem man das Hauptregelwerk schon herausgebracht hat... gewagt. Besonders, wenn die Zahlen beim ersteren ganz ordentlich, aber doch noch auf Liebhaberniveau waren.
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Offline Skaeg

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #217 am: 29.12.2024 | 17:23 »
Für die hier vorgenommene Unterscheidung braucht man schon recht feine Antennen.
Findest du? In meinen Augen sind das zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Kitchen sink ist erst einmal: Viele verschiedene Elemente. Wie exotisch die jeweils sind, ist eine andere Frage. 
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #218 am: 29.12.2024 | 18:00 »
Ja, finde ich schon.

Kitchen Sink ist für mich möglichst viel; "nur" viele verschiedene (auch exotische) Elemente können ja zu einem stimmigen Gesamtkonzept gehören. Überfrachtet wirkt das für mich aber sehr früh und ich gehe davon aus, dass es einem Großteil der Käuferschaft auch so geht.

Dazu gehört vielleicht auch der Faktor, dass der "normale" D&D-Kram eben der gefühlte Standard ist, quasi comfort food.
Da stört man sich eben mehr an den 5 neuen Rassen von Redsky als an dem zweistelligen Spezies-Kaleidoskop von Standard-D&D. 
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #219 am: 29.12.2024 | 18:30 »
Da stört man sich eben mehr an den 5 neuen Rassen von Redsky als an dem zweistelligen Spezies-Kaleidoskop von Standard-D&D.
Dich daran eher zu stören, sei dir unbenommen, aber letzeres überall mit dranzuklatschen, ist halt das, was im OP mit Kitchen Sink gemeint ist, und ersteres nicht. Ich sehe da auch kein Abgrenzungsproblem: Wenn man sagt, dass man seine Fantasy eher bodenständig oder konventionell mag, und gerne nicht so viele abgefahrene Elemente hat, ist doch alles gesagt.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #220 am: 29.12.2024 | 21:05 »
Wenn man sagt, dass man seine Fantasy eher bodenständig oder konventionell mag, und gerne nicht so viele abgefahrene Elemente hat, ist doch alles gesagt.

Genau darum gehts ja gerade nicht.
Also ich sage das genau so - deswegen störe ich mich ja auch an Standard-D&D.

Aber im Sinne des OP und insbesondere mit Bezug auf Redsky wurde ja klar gemacht, dass da ein wesentlicher Unterschied bestünde.
Für mich besteht der in der Praxis nicht und ich behaupte, dass er für den Großteil der Zielgruppe ebenfalls nicht besteht, aber aus anderen Gründen - primär aus dem Umstand heraus, dass D&D den Rahmen des "Normalen" setzt und alles andere dann nicht nur ggf. exotisch, sondern auch grundsätzlich neu und damit ungewohnt ist.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #221 am: 29.12.2024 | 21:36 »
Aber im Sinne des OP und insbesondere mit Bezug auf Redsky wurde ja klar gemacht, dass da ein wesentlicher Unterschied bestünde.
Für mich besteht der in der Praxis nicht
... okay, aber für mich und (nehme ich an) Weltengeist ist der Unterschied halt sonnenklar. Ich hatte ja formuliert, was das positive Gegenbeispiel sein sollte:

"Gut ausgearbeitet, facettenreich, originell und in sich stimmig."

Bodenständig, konventionell, ohne abgefahrenen Hokuspokus: Kommt da nicht vor, also sehe ich da weder Schnittmenge noch Verwechslungsgefahr. 

Notabene mag ich "bodenständig" tendenziell auch lieber, aber es ist halt nicht, was hier gemeint ist. Klar kann beides zusammengehen: Ich fand das Setting von The Witcher, so wie ich es kennen gelernt habe, ganz gut, weil es (trotz Elfen und Zwergen) kein Kitchen Sink, sondern einigermaßen in sich stimmig war; und gleichzeitig eher niedrigschwellig, was die fantastischen Elemente angeht.
« Letzte Änderung: 29.12.2024 | 21:40 von Skaeg »
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #222 am: 30.12.2024 | 13:45 »
der Originalprotest scheint mir ja auch weniger gegen das Konzept "Kitchen Sink" allgemein als eher recht direkt gegen "D&D-Einheitsbrei" gerichtet.

Ist das so ? Klar macht D&D mit seinen 70 % Marktanteil (oder so) ne Menge aus, aber auch abseits von D&D gibt es halt viele Settings wo irgendwie alles reingeklatscht wird. Arcane Codex und Warhammer sind z.B. andere prominente Beispiele für Settings in denen man irgendwie alles findet. Ob das nun gut oder schlecht ist liegt im Auge des Betrachters aber Kitchen-Sink ist halt bei weitem kein alleinstellungs Merkmal von D&D.

Eine Anmerkung noch: Es wurde ja hier gefragt ob dieses oder jenes Setting denn nun Kitchen Sink ist oder nicht. Ich denke das kann man nicht immer so Schwarz-Weiß sehen. Wie nahezu alles im Leben ist das eine Skala mit vielen Zwischentönen. Hexxen z.B. hat eher wenig Kitchen-Sink Vibes weil es sich doch recht stark auf europäische Sagen einschießt. Gleichzeitig klatscht es aber auch Steampunk an das Setting ran. Auch bei D&D gibt es ja durchaus Welten die fokussierter sind (Drachenlanze z.B.). Eine klare Einteilung in "überhaupt kein Kitchen-Sink" und "totales Kitchen-Sink" ist bei vielen Spielen meist gar nicht möglich weil sie irgendwo dazwischen liegen.
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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #223 am: 30.12.2024 | 14:27 »
Ist das so ?

Yep. Denn wie im Rest meines Posts ausgeführt, versuche ich ja gerade, zwischen den Fällen "Kitchen Sink" einer- und "schon wieder Standard-D&D!" andererseits zu trennen -- und nicht, wie das bei dir angekommen zu sein scheint, allein D&D für Kitchen Sinks verantwortlich zu machen.

Im Gegenteil ließe sich aus D&D sogar der Kitchen-Sink-Aspekt praktisch völlig herausstreichen. Dann gäbe es halt vielleicht nur noch Menschen, Elfen, und Zwerge als zugelassene Völker, das klassische Quartett Kämpfer/Kleriker/Magier/Dieb als spielbare Klassen, und ein "Monsterhandbuch" von einem, wenn wir großzügig sind, vielleicht zwei Dutzend Seiten. Damit ließe sich immer noch etwas spielen, was sehr nach "D&D Klassisch" aussähe...ob's die Leute an den Tischen gleichermaßen begeistern würde, ist eventuell eine andere Frage(*), aber machbar wäre es.

(*) Natürlich ließe sich dann an diesem Punkt ggf. argumentieren, daß D&D einen guten Schuß Kitchen Sink einfach braucht, um darüber hinwegtäuschen zu können, daß es auf seine Essenz eingedampft rein als Spiel so interessant eigentlich gar nicht ist. >;D Aber das wäre wenigstens teilweise seinerseits ein Strohmann -- zumindest Platz für eine gute Portion Abwechslung braucht schlichtweg jedes Rollenspiel, und die Grenze zwischen der einer- und "bitte von allem was und dann noch dreimal Nachschlag" andererseits ist fließend.

Offline Raven Nash

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Re: [Rant] Der ewige Kitchen Sink
« Antwort #224 am: 30.12.2024 | 15:13 »
Das Problem bei D&D im Speziellen sehe ich vor allem darin, dass WotC eine recht eigene Definition von "Diversity" fährt, in der Limits einfach irgendwie... böse sind. So hat man ja jetzt auch in Dragonlance Dragonborn (und die anderen PHB-Rassen) zugelassen, wo sie IMHO settingtechnisch so gar nichts zu suchen haben. Man meidet Einschränkungen wie der Teufel das Weihwasser - auf allen Ebenen.

IMHO ist es aber für ein in sich stimmiges Setting absolut notwendig, Einschränkungen zu treffen. Die machen nämlich viel von der Grundstimmung aus.

Allerdings scheint es einen nicht gerade geringen Anteil an Spielern zu geben, für die drölfzig Spezies allein schon ein Jubelgrund sind. Sieht man sogar bei Dragonbane, für das ein Riesenteil der 2PP Sachen Kin sind - und Professions (was in einem Skill-System nur wenig Sinn macht).
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