Muss mich grad mal aufregen...
Habe mir gerade ein neues Setting angeschaut. Sah eigentlich ganz vielversprechend aus - starke Sword-and-Sorcery-Vibes, der Götterkrieg hat alle Götter (bis auf zwei) ausgelöscht und ganze Länder gleich mit. Magier sind eine zurückgezogene und vorsichtige Sekte geworden. Die nichtmenschlichen Spezies passen auch gut (insb. Tiermenschen). Ruinen und alte Geheimnisse des vergangenen goldenen Zeitalters überall. Klang schick.
Und dann mach ich das Buch auf, und da steht dann wieder drin: Alle magischen Schulen aus dem GRW können verwendet werden. Druids, Wizards, Warlocks - you name it. Alle Spezies auch - sind zwar nicht so häufig, aber hey, natürlich gibt's auch Elfen, Zwerge und das ganze übliche Gelichter. Techniklevel? Keine Angaben, aber die (fröhlich aus StockArt zusammengeklatschten) Bilder reichen von Eisenzeit über Jack Sparrow bis Sherlock Holmes. Und dann gibt's da als i-Tüpfelchen noch das mittlerweile scheinbar obligatorische Vampirkönigreich, in dem alle Namen auf "-ov" und "-ova" enden. Ich könnt grad kotzen.
Was mich zu einer Frage bringt, die mich schon mein ganzes erwachsenes Rollenspielerleben lang beschäftigt: Muss denn wirklich jedes Setting, das so etwas wie einen Stil zu haben scheint, am Ende wieder in der gleichen Einheitsbrühe ersäuft werden? Häufig ist da eine tolle, eigenständige Grundidee, und dann - klatsch: müssen noch Elfen, Zwerge, Orks, Ritter, Prinzessinnen, Wikinger, Ninjas und Gothic-Vampire mit rein. Sogar bei Myranor, das ich anfangs gerade dafür geliebt habe, dass es all das nicht gab...
Dabei fing es für mich schon mit Terry K. Amthors Shadow World an: sie hatte wirklich einen ganz eigenen Stil, und dann hat man einfach einen Haufen Drittautoren drauf losgelassen, denen die ursprüngliche Vision scheißegal war und die einfach das mit in die Welt gepackt haben, was sie sowieso gerade in der Schublade hatten. Aber ich werfe das auch einem Keith Baker vor - sein Eberron wäre so viel cooler, wenn er ganz auf die Dragonmarked Houses und Artefaktmagie gesetzt hätte, statt wieder alle D&D-Zauberklassen zuzulassen. Naja, und wenn es nach mir geht, hätte man auch nicht wieder den ganzen Spielbare-Rassen-plus-Monsterhandbuch-Zoo mit reinpacken müssen...
Und natürlich gibt es auch auf Eberron ein Vampir-Königreich (falls ihr jetzt sagt: "Hä? Wo?", dann hab ich nix gesagt
) Genauso wie auf Arcanis, wo es absolut null zum restlichen Setting passt. Und genau wie auf Midgard (also dem Kobold-Press-Midgard), wo es mich ebenfalls maximal nervt - schon allein, weil es keinerlei vernünftigen Grund dafür gibt, dass die jetzt nicht die Welt überrannt haben, wenn sie schon ein ganzes Land voll Vampire nebst zugehörigem Futter haben.
Oder unser deutsches Midgard. Nehmen wir - nur mal als Beispiel - den Karmodin. Einen magischen Wald in einer Region, die als ursprünglich als frühmittelalterlich-slawisch charakterisiert wird und die direkt an das Territorium der Hunnen (sorry, Tegaren) grenzt. Der Wald markiert zudem die Grenze zwischen unserer und der Anderswelt. Da kommt dann eine Kampagne zu raus, auf die man sich freut und die mit einem supermystischen Abenteuer beginnt. Und dann geht es in Wahrheit - um aztekische Vampirgötter? Und das Finale hat plötzlich deutlich mehr von 19. Jahrhundert-Rumänien als vom ursprünglichen Setting? Aaargh!
Aber auch sonst erinnert mich das, was bei Rollenspiel-Settings immer wieder angerichtet wird, ein bisschen an koreanische Küche: Großartiges, wirklich großartiges Essen, das dann aber routinemäßig bis zur Unkenntlichkeit unter "special sauce" (aka Chili bis der Arzt kommt) ertränkt wird.
Ich will ja niemandem seine Kitchen Sinks wegnehmen, und ich kann problemlos damit leben, dass Aventurien, Golarion, Faerûn, Lorakis und wie sie alle heißen jeden "Specialist" (nach Robin Laws) abholen wollen. Aber könnt ihr uns anderen, denen das schon seit Jahren zum Hals raushängt, nicht wenigstens unsere Nischen lassen?