Also, bei einem richtigen Klischee-Dungeon-Raid gibt es das Gewinnen und Verlieren eigentlich gar nicht so sehr, sondern es gibt nur eine Spanne - weil es eben darum geht, möglichst viel Schätze zu plündern, statt ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Also eben nicht wie bei einem Gesellschaftsspiel, wo in der Regel steht, unter welchen Bedingungen die Partie endet und wer dann gewonnen hat.
Aber es wird auch wird auch gar nicht in Abrede zu stellen sein, dass es auf Charakterebene Gewinnen und Verlieren gibt. Aber anders ist es auf Spielerebene.
Naja, alle Spieler tot und keine Schätze erbeutet kann man schon als Niederlage werten (außer man spielt sowas wie Cthullhu, da gehört das zum guten Ton).
Skalierende Siegbedingungen (aka wie gut habe ich gewonnen) gibt es mittlerweile auch bei Brettspielen, die Zeiten von schwarz-weiß sind zumindest bei den komplexeren Brettspielen schon lange vorbei.
Bei Wargames arbeitet man häufig mit Siegbedingungen, welche die (historisch ja normalen) ungleichen Voraussetzungen schon einpreisen. Eine relativ einfache Herangehensweise bei reinen Vernichtungsschlachten ist es z.B. den Sieger danach zu bestimmen, wer den größten Punktwert an Gegnereinheiten zerstört hat. Da kann dann auch die Seite, die komplett ausgelöscht wurde, "Sieger" sein. (Ich habe mal ein so konzipiertes Spiel mit einem ansonsten-nur-Rollenspieler gespielt, der das absolut nicht einsehen wollte. Er hatte als letzter noch eine Einheit im Feld, also muss er ja wohl gewonnen haben.)
Das passiert aber auch nur, wenn man spezifische unbalancierte Szenarien spielt oder das Tabletop eine... suboptimale Wertungstabelle hat. Normalerweise enden solche Geschichten (bei gleich starken Armeen) in einem Unentschieden, außer die Einheit die noch auf dem Feld steht vereint ein gutes Viertel der Gesamtarmeepunkte in sich.
Meine Starship Troopers Tabletoprunden (üblicherweise gleichstarke Armeen, wobei das auch ein wenig von der Armeekomposition und dem Szenario abhängt) hatten in etwa eine ein Drittel Unentschieden-Quote, weil das System eine halbwegs realistische Vorstellung hat, was jetzt ein Unentschieden, marginaler, deutlicher und überwältigender Sieg/Niederlage ist.
Bei Raumflotte Gothic und anderen Systemen spielen wir (außer das Szenario schreibt es anders vor) in der Regel auch so, dass wenn die Siegpunktdifferenz unter 25% liegt es als Unentschieden gewertet wird.
Ändert aber alles das Grundlegende nicht,
auch Tabletopsysteme haben Punktkosten für Einheiten, die man relativ leicht in ein D&D-typisches Challenge Rating konvertieren kann.
Natürlich braucht man dann auch ein Challenge Rating (bzw. eine Baseline) für die Charaktere - hat man ein System wie D&D, wo davon ausgegangen wird, dass die meisten (wenn nicht gar alle) Charaktere einer bestimmten Stufe zu einem gewissen Kompetenzlevel kämpfen können, ist das einfach (außer man hat im spezifischen Einzelfall ein ganz blödes Mismatch von Fähigkeiten, das kann aber auch im Tabletop passieren).
Schwierig wird es bei stufenlosen Systemen, vor allem, wenn die mit Gruppenkompositionen aufwarten, die potentiell wenige oder überhaupt keine kompetenten Kämpfer beinhalten.
Wie macht man das dann da? Man möchte einem potentiellen SL ja schon etwas an die Hand geben, dass der nicht aus versehen mit dem ersten herausfordernden Gegner die ganze Gruppe plattmacht.
Theoretisch könnte man sich an der Anzahl kompetenter Kämpfer in der Gruppe orientieren, aber dann ist man gleich wieder bei der Frage, was ist überhaupt ein "kompetenter Kämpfer"?
Und braucht man dann auch sowas wie ein Social Challenge Rating oder ein Tech Challenge Rating für opponierende Intriganten und Hacker?
Das ist aber anderseits auch wieder ein Frage, die sich noch nicht einmal die meisten Rollenspiele stellen, daher verordne ich das mal eher unter "Rollenspielproblem" als unter "Konvertierungsproblem" - ich kann ja nichts konvertieren, wenn die Features im Zielsystem nicht existieren.
Edit:
Noch problematischer: In D&D hat man es ja meistens mit einzelnen Monster zu tun, die man recht gut in ein Challenge Rating einordnen kann, weil sie meist isoliert für sich alleine stehen (das gilt prinzipiell auch für sowas wie einen Mob Orks, ist ja alles derselbe "Typ" von Entität).
Wie mache ich das in RPGs, bei denen ich mit
Organisationen zu tun habe, die das zivilisationsqualifizierende Minimum an Arbeitsteilung erlernt haben? Ein Schnüffler, der die Gruppe in jedem Versteck ausfindig machen und dann seine Assassinenkumpels rufen kann, ist ja potentiell gefährlicher als besagte Assassinen selbst. Oder ein Meisterdieb, der der Gruppe das McGuffin unter der Nase wegklaut...