Autor Thema: [Changeling: The Dreaming | Ironsworn] Dunkelblaue Teestunde der Seele  (Gelesen 1849 mal)

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Was sagt das Orakel zu unserem Aufenthalt im Turm? Search Dream. Äußert interessant! In einem Traum sind wir ja. Vielleicht sind aber auch Hinweise auf die Träume einer der beiden früheren Bewohnerinnen hier zu finden? Machen wir das mal so:

Til stöbert herum, und findet mehrere Gedichtbändchen, völlig zerlesen und eselsohrig. An ein paar Stellen wurden mit Tinte Vögel und Pusteblumen an den Rand gekritzelt. Rapunzel muss darin jahrelang wieder und wieder gelesen haben, als sie von Freiheit zu träumen begonnen hatte. Als Heranwachsende und als Teenagerin. Alles davon ist in Altdeutsch geschrieben. (Nicht etwa Polnisch, mit einem Hinweis auf Niedzwiedz, das wär' ja der Knüller gewesen.) Eine alte Umhängetasche gibt’s hier auch zu klauen, da drin verstaut Til seinen Proviantbeutel und die Gedichtbände.

Also mit Hopscotch wieder schwerelos raus gehüpft, und in die Richtung der Wüstenei weiter marschiert!

Weil wir so praktisch vom Aussichtsturm spähen konnten, würfle ich die nächste Etappe mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit. Die Challenge Dice gestatten einen Weak Hit: Wir kommen ganz gut voran, und auf Kosten eines Supply-Punkts steigt der Fortschritt des Reise-Moves auf acht.

Dabei entdecken die acht Wanderer eine einsame Gestalt im Dunkel des Waldes, die sich dahin tastet, von Baum zu Baum. Ihre Hände und die zerrissenen Kleider sind von Schmutz und Baumgrün überzogen. Der Mann reckt den Kopf und lauscht, als er Til nahen hört. Er steht mit dem Rücken zu ihnen. Til verharrt. Er will ihn ansprechen, aber erinnert sich gut daran, dass der Setzling das verboten hatte.
„Wer da?“, fragt die raue Stimme, der Mann ist noch jung, aber man hört ihm an seinem Ton an, wie verwahrlost er ist. Als er sich nach den Reisenden umwendet, um zu lauschen, sieht Til, wie zerstochen und vernarbt seine Augen sind. Seine Tränendrüsen immerhin sind nicht zerfetzt, denn sein Gesicht ist tränennass.
Til verharrt, um nicht von den scharfen Ohren des Blinden gehört zu werden, die Zeit kommt ihm vor wie Minuten. Das Mitgefühl macht Tils Kopf zu einem Hasenkopf. Er merkt es irgendwann, befühlt seine Schnauze und seine Tasthaare, und seufzt.
„Wer da …?“, wiederholt der Landstreicher.
Til mustert ihn traurig. Beinahe vermutet er, der Mann könne irgendwie wissen, dass er sich Til gegenüber findet, ohne sehen zu können.
Endlich wendet der Landstreicher sich jedoch wieder ab, und irrt weiter.
In dem Moment kommt ein Vogelruf aus dem düsteren Wald vor ihnen, es ist offensichtlich ein Kind, das eine Vogelstimme imitiert. Der Blinde wendet sich danach um, und tastet sich in die Richtung weiter.

Til schleicht davon, ebenfalls in diese Richtung. Wer auch immer da vorne durch das Walddunkel wuselt, er versucht offensichtlich nicht gesehen zu werden! Minutenlang hockt er reglos verborgen, dann hört man jemanden aufspringen, und hastig ins nächste Versteck tappen. Und manchmal imitiert die Stimme den Vogelruf. Der Landstreicher ist mittlerweile außer Sicht, aber er folgt hörbar.



Til ist mal wieder unpassend gekleidet für den Wald — immerhin hat er jetzt wieder seinen Hasenkopf


Ich versuche dabei den Move namens Reach Your Destination. Der Wald wird schon lichter, und am abendlichen Horizont ist die Wüstenei zu erahnen. Dafür würfle ich Konstitution+Aufmerksamkeit, weil Til ausdauernd marschieren und horchen muss. Ein Weak Hit kommt dabei heraus: Wir erreichen den Rand des Ödlandes, aber dabei gibt es eine unerwartete Komplikation. Da nehmen wir natürlich eine Actionsequenz: Schimärische Häscher bewachen die Grenze des Ödlands …

Der Blinde ist weiter zurückgefallen, man hört seine Schritte im Unterholz kaum noch. Til hört einen verzweifelten, weiteren Vogelruf, ganz aus der Nähe diesmal, und jetzt hat er das Kind, das diese Laute macht. Er hechtet aus seinem Gebüsch, und ist mit drei schnellen Schritten da. Vor ihm kauert ein kleiner Junge im Buschwerk, er sieht pummeliger aus als er ist, denn er ist von einem braunen Zottelfell bedeckt. Ein Pelzmantel und eine Ohrenkappe vielleicht, wie die Verlorenen Jungen aus Peter Pan in den Filmen dargestellt werden.



Ein verlorener Junge, offensichtlich ebenfalls ein Changeling


„Hab' ich Dich!“, stellt Til leise fest.
„Haste nicht!“, lügt sein Gegenüber trotzig, „Keine Zeit! Still, der darf uns nicht hören! Ich hatte ihn fast! Ich muss ihn endlich raus in die Wüste kriegen!“
Der Junge redet Englisch, mit einem deutlichen britischen Akzent.
Tils Löffel zucken, er wendet sich geduckt in Richtung Waldrand, wo Felsen und erste Sanddünen zu sehen sind. Etwas stimmt nicht. Der kleine, pelzige Junge hat es auch gehört. Schnell stößt er wieder den Vogelruf aus.
„Wir stecken glaube ich in Schwierigkeiten! ... Was soll das eigentlich?“
„Der darf nicht hören, dass ich dahinterstecke! Darum mach' ich 'nen Vogel nach!“
„Niemand glaubt, dass das ein Vogel ist, Kleiner! Als Weinbergschnecke ginge das noch durch!“
„Was? Echt?!“, fragt der Junge mit überraschtem Gesicht. Scheinbar hat er seine Vogelimitation für undurchschaubar gehalten.
In dem Moment bebt das Ödland von leichten Erschütterungen. Grinsende Schädel auf den nahen Dünen werden von rieselndem Sand frei gerüttelt, fast so, als würden sie sich selbst auszugraben versuchen. Til schaudert es.
Die beiden starren in die Richtung: Ihnen ist so, als sähen sie einen langen Schatten sich über den Dünen bewegen — aber da ist gar keine Silhouette, die ihn wirft! Tils Löffel zittern, als ein Ächzen, tief und klagevoll, durch die leere Welt dort draußen hallt.

Beide würfeln Willenskraft, Til hat keine Angst, aber der kleine Bären-Junge schafft es gerade eben so mit einem einzigen Erfolg. Verzweifelt macht er erneut den Vogelruf nach.
„Was immer da draußen ist, lockst Du’s nicht damit an?“, flüstert Til.
„Der Typ muss uns folgen! Wenn wir den jetzt verlieren, war alles umsonst! Kapierst Du nicht? Und wir müssen zusehen, dass die nicht auf den treten! Hinter dem sind die ja eigentlich her!“
Plötzlich sehen sie den Blinden, der sich geduckt zwischen den Baumstämmen hindurch zwischen die Felsen hinaus wagt. Er zittert und scheint ein Gebet zu murmeln.
„Schnell, hinterher!“, keucht der Junge, zückt eine hölzerne Steinschleuder, und rennt dem Landstreicher hinterher. Til und seine Kaninchenmeute folgen alarmiert. Unter ihren Füßen ist nun Kies, Geröll, und Sand.
Ein Schemen rast von den Felsen her auf sie zu, bevor sie den Blinden einholen, und ein massiges Objekt rammt sich von oben in den Kies, wie ein Rammbock, und sendet eine Schockwelle aus, Knochenstaub und Steinchen fliegen! Til macht große Augen: Es ist ein riesiger Fuß in einem alten Fellstiefel, und daran hängt ein dünnes, knochiges Bein — die Kniescheibe befindet sich auf Tils Kopfhöhe! Ein zweiter Fuß schnellt heran, aber aus meilenweiter Entfernung, er bewegt sich auf eine Weise, die unmöglich sein sollte, wie verzerrt, als würden Zeit und Raum sich strecken. Als der zweite Fuß aufsetzt, steht ein Riese direkt über den Flüchtenden, und schaut grimmig auf sie hinab. Es war unmöglich, ihn herannahen zu sehen, außer in dem kurzen Moment, indem er diese unfassbar weiten Schritte gemacht hat!

Soundtrack: Filip Lackovic, Perun
https://www.youtube.com/watch?v=q6OuVL4cgtI

Die beiden Changelings müssen hastig den Blinden voran treiben, und dabei vermeiden, dass jemand zertrampelt wird! Das ist erstmal der Move Face Danger. Til versucht das Augenmerk des schrecklichen Riesen auf sich zu ziehen, und Haken zu schlagen; mit dem Schwert von Yvamore in der Hand kann er vielleicht die übergroße Keule ein Stückweit ablenken, wenn ein Schlag ihm zu nahe kommt. Ich würfle für ihn Geschick+Ausweichen (leider noch null)+Aspekt ('Überzeugter Pazifist, kämpft nur defensiv')+den Aspekt des Schatzes ('Eignet sich auch hervorragend zum Parieren'). Das bringt fünf Erfolge (auch dank seiner Schnelligkeit-Spezialisierung bei Geschick). Der Junge würfelt Geschick+Athletik, um den Blinden weiter zu dirigieren. Vier weitere Erfolge … aber aus den neun machen die Challenge Dice einen extremen Fehlschlag, mit einem Zehner-Pasch! Das bedeutet Pay the Price, und da ein Pasch gefallen war, wähle ich gleich zwei Negativkonsequenzen aus: Erstens werden die beiden Changelings von dem Landstreicher getrennt zwischen den wirbelnden Staubvorhängen, und zweitens werden sie umzingelt und dadurch in einen Kampf verwickelt.

„Knochengänger!“, schreit der Junge mit der Pelzmütze entsetzt.
Die beiden Riesen sind dreieinhalb Meter groß, und ihre Haut spannt sich bis zum Zerreißen über ihren langen, schweren Knochengerüsten. Sie scheinen am Leben zu sein, mehr oder weniger. Ihre breiten Münder sind mit groben Stichen zugenäht, und doch Ächzen sie noch; ein gräßlicher, gedämpfter Klang, als wenn einer versuchte zu sprechen, aber sich nicht recht erinnern könne, wie. Was sie jedoch wirklich schrecklich macht, ist ihre Gangart: Statt zu schreiten wie andere Grimm'sche Riesen bewegen sie sich wie Stelzenläufer, unnatürlich strecken und verlängern sich ihre Beine bei jedem Schritt, und heben sie kilometerweit über das Ödland hinweg in nur wenigen Schritten.



Die Knochengänger-Riesen patrouillieren das Wüstenland mit Riesenschritten


Ich versuche mich nicht an den Kampf-Moves aus Ironsworn, denn die beiden SCs werden gar nicht erst versuchen, die Riesen umzuhauen. Alles was sie wollen ist entkommen! Also ist ihr Move weiterhin Face Danger.

Ich würfle dasselbe wie eben, Til schlägt seine Haken, und der fremde Junge stürmt voran, gelegentlich mit seiner Zwille feuernd. Aber die beiden erreichen gemeinsam nur sechs Erfolge. Immerhin ein Weak Hit: Die Flucht gelingt schließlich, aber mit einer Negativkonsequenz.


Die Fliehenden werden auf einen tiefen Abhang zu getrieben, und retten sich schließlich eine längliche Felsnase hinauf, während die Verfolger sie umringen: Die Beinarbeit der Knochengänger ist verblüffend. Scheinbar gibt es kein Entkommen. Der Bärenmützen-Junge schickt hektisch ein Steinchen nach dem anderen mit der Zwille in Richtung der Augen der drei Fratzen. Til hält sich vor ihm, das blau glühende Schwert von Yvamore defensiv ausgereckt, als könne er die drei Ungeheuer damit auf Distanz halten. Keulen werden bedrohlich erhoben, und ein erster Schlag trifft den Felsquader, Til packt den Jungen und wirft sich mit ihm ganz ans andere Ende des Steines, und dadurch kippt die Balance endgültig … die Felsnase bricht los, und schliddert den Kieshang hinab! Til und der Junge schreien entsetzt, während es rumpelnd und krachend zu Tal geht, in einer riesenhaften Staubwolke! Die Bunnies sitzen auf Ihnen beiden, und klammern sich fest, und schreien in ihren hohen Stimmchen ebenfalls! Eins zieht Til an seinen Löffeln wie an Pferdezügeln, in der Hoffnung, ihn dadurch dazu zu bringen, irgendwie dafür zu sorgen, dass die rasende Abfahrt aufhört!

Die Negativkonsequenz vom Weak Hit ist demnach, dass die Charaktere die Orientierung verlieren. Sie finden sich tief in der Felsenschlucht wieder, und können vorerst nicht mehr sagen, wo die Knochengänger sind, wo der Waldrand liegt, oder gar, wohin der Blinde geflüchtet sein mag.

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Hallo Sternschnuppe! Das ist fast alles per Microsoft Bing erstellt (als 'rough traditional painting'). Die breitformatigen Landschaftsbilder sind von Midjourney. Manchmal ist mit Photoshop nachgebessert. (Die Prompts halte ich nie fest, das kommt mir etwas aufwändig vor; wenn ich eine neue Version brauche, beschreibe ich das Gewünschte neu.)

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Til hilft dem Briten auf, und beide klopfen sich Staub und Sand vom Fell.
„Deinen Landstreicher haben wir wohl erstmal verloren …“
„Das waren die Knochengänger! Die beschützen die Wüstenei. Die ahnen schon seit Tagen, dass ich den Typen hierher lotsen will!“
„Wer ist das?“
„Wer das ist?! Nur mal eben der wichtigste Typ hier weit und breit! Von dem hängt alles ab!“
„Ist das vielleicht einer namens Niedzwiedz? … Oder Du, bist Du das?“
„Nein, bin ich nicht. Ich weiß aber, wo der ist! Man erkennt ihn immerzu an seinen Wolfs-Ohren.“
„Ach so? Aber Niedzwiedz heißt Bärchen! Das würde optisch auch zu Dir passen!“
„Ja, mein Spitzname ist Wolf! Lobo werde ich genannt, Kanadisch für Wolf! Kapierst Du? 'Bär und Wolf'. Wie in diesem anderen Grimm-Märchen. Aber wir haben natürlich unsere Namen getauscht! Ich werde Lobo genannt, und er Niedzwiedz!“
„Wozu?“
„Mann, ist doch klar! Um die Piraten aus Nimmerland von unserer Fährte abzubringen, die schwarzen Reiter aus Grimgoromn, und andere unliebsame Fragesteller. Das hier ist das Träumen, da muss man eben clever sein, wenn man überleben will!“
„Du musst mich bitte zu Niedzwiedz führen, Lobo!“
„Könnte ich vielleicht machen, Mister. Aber vorher musst Du mir hiermit helfen. Und wer bist Du eigentlich?“
„Til Haselberger. Womit helfen?“
„Komischer Name. Sie sind kein Engländer, Sie haben auch so einen komischen Akzent. … Na, mit dem Typen helfen natürlich! Rapunzel ist doch zu diesem Zeitpunkt in ihr Exil geschickt worden. Das ist diese Wüste! Bevor wir nicht den Königssohn zu ihr lotsen, kann die Geschichte nicht ausgehen! … Komm'n Sie mit, dort vorn geht’s aus der doofen Schlucht raus.“
Til eilt mit den sieben Bunnies hinterher: „Ja, klar, das ist die Wüstenei. Und ich dachte schon, wir wären bei Tankred Dorst.“
„Tank-Fred wem?“
„Äh, schon gut. Einer meiner Lieblingsautoren. ... Wo hier Lewis Carroll und die Gebrüder Grimm schon vertreten sind, dachte ich …“
„Du redest wie ein Erwachsener“, und das klingt bei ihm wie ein Schimpfwort.
„Na ja, ich … hm, meine früheren Freunde haben mir gesagt, ich verhalte mich meistens nicht sonderlich erwachsen.“
„Aber Du redest so. Tank-Fred sowieso!“
„Tankred Dorst.“
„Siehste, schon wieder, Mister!“
„Nenn' mich mal Til.“
„Meinetwegen. Ich bin Lobo.“
„Und Du willst unbedingt das Paar aus dem Märchen wiedervereinen? Das ist lieb.“
„Nix da, lieb! Ich bin nicht lieb. Ich verspreche mir da was von.“
„Und zwar was?“
Sie beginnen den Aufstieg an einem der rutschigen Kieshänge, beide auf Händen und Knien. Die Bunnies tollen freudig um sie herum, allesamt bereits völlig eingestaubt und eingeschmuddelt.
„Denk' mal nach, Mister, äh, Til! Rapunzel ist von ihren menschlichen Eltern weggenommen worden, und in dem einsamen Turm großgezogen worden, richtig? Von einer Zauberin, richtig?“
„Ja, ich erinnere mich. So heißt es in dem Märchen.“
„Genau. Die Zauberin, mit dem Tarnnamen Frau Gothel, die muss in echt eine Sidhe sein! Ist doch klar: Wegen ihrer außerweltlichen Besitzungen, ihrer magischen Rapunzeln, ihrer Zaubermacht, und ihrem Interesse daran, Erstgeborene zu stehlen, denk' ich mir.“
„Keine Ahnung, vielleicht. Das wird in dem Märchen glaube ich nie erklärt. Bei den Gebrüdern Grimm ist der dunkle Wald halt immer voll von Hexen und Gestaltwandlern ...“
„Ja, aber das ist doch kein Zufall! Frau Gothel ist also eine getarnte Sidhe, und dann sind ihr Turm ohne Türen, und eben auch ihre Wüstenei hier, eigentlich Besitzungen der Sidhe. Gerade die Wüstenei: Rapunzel im Exil kann hier doch nicht allein überleben, und obendrein mutterseelenallein ihre Zwillinge gekriegt haben!“
„Nee?“
„Nee, natürlich nicht, guck' Dich mal um, Mister, hier gibt’s fast nix zu Futtern, wie Du siehst. Grauslig. Und wir wissen, dass Rapunzel ihr ganzes Leben bis zu ihrer Verbannung behütet in ihrem ollen Turmzimmerchen verbracht hat! Eine wie die überlebt keine eineinhalb Tage alleine in der Wildnis! Nee, es muss einen kleinen Kithain-Hofstaat dafür geben. Warum sonst hätte ihre Ziehmutter diese Gegend als Verbannung auswählen sollen? Und da muss ich hin, zu diesem versteckten Hofstaat!“
„Interessante Idee!“, sagt Til, er ist wirklich davon angetan, mit dem Bubi über Märchen zu fachsimpeln, als wären sie ernstzunehmende Angelegenheiten — auch weil sie ja auch gerade in einem drin sind!
„Wir müssen zwischen den Zeilen lesen bei Märchen“, findet Lobo, „Die sind doch von Menschen für Menschen geschrieben! Kapierst Du, Til? Wenn wir die Feen finden wollen, müssen wir die Teile genauer angucken, welche den Menschen in den Märchen verborgen sind!“
„Faszinierende Idee. Ich mag die Art, wie Du denkst!“, freut sich Til.
„Du scheinst wohl zu glauben, dass das so eine Art Hobby oder lustige Entdeckungsreise ist. Aber das hier ist 'ne Sache von Leben und Tod!“
„Was erhoffst Du denn zu finden?“
„Sage ich Dir doch nicht! Ich kenn' Dich ja gar nicht.“
„Kannst mir ruhig vertrauen. Wenn Du ein Freund von Niedzwiedz bist, dann sind wir auf derselben Seite, wie es aussieht!“
„Wie kommst Du drauf, dass ich mit dem auf derselben Seite bin? Der ist praktisch 'n Werwolf! Halb Wolf, halb Mensch, mit richtig schlechten Manieren! Und Du, Mister Til, Du bist'n Pooka. Die sind Lügenbolde.“
„Bist Du keiner?“, bringt Til hervor, als er sich über die Felskante hinauf zieht. Er reicht Lobo die Hand, und zieht ihn ebenfalls rauf.
„Quatsch, ich bin ein Skinwalker. 'Ne nordamerikanische Indianer-Fee! Ein Stammesheld!“
Til klopft sich den Staub von der Anzughose, „Klingst ganz schön britisch für einen ‚Indianer‘.“
„Stell' Dich mal nicht so hohl an. Als wäre sowas heutzutage noch wichtig! Also, bist Du dabei?“
„Klar bin ich dabei, Kurzer!“
„Muper! Schlag' ein!“
„Muper?“
„Total muper! Einschlagen!“
Sie geben sich die Pfotenhände drauf.

Das scheint nach den Hinweisen des Setzlings die nächste klare Spur von Niedzwiedz zu sein. Da ich diese Queste als Extrem definiert habe, ist jeder Milestone nur ein Kreuzchen, und erst zwei Kreuzchen machen einen vollen Punkt Fortschritt aus. Damit ist der erste solche volle Punkt erreicht, immerhin.

Und wo wir gerade von Questen sprechen, Til hat sich soeben auf eine Neue begeben, nämlich die
Queste (Gefahrvoll): Rapunzel und ihren Königssohn wiedervereinen, um den verborgenen Feen-Hofstaat zu finden.


Der Junge ist auf einen Felsen geklettert, um nach den Knochengängern Ausschau zu halten. Til versucht vorsichtig nach und nach seine Kaninchenfreunde zu entstauben, die aber wild durcheinander wuseln, und sich einen Spaß daraus machen, sich nicht fangen zu lassen.
Als der Junge wieder zurück kommt, sagt Til, „... Aber glaubst Du nicht, es wäre besser, der Geschichte zu erlauben, sich von selbst zu entfalten? So, wie die Gebrüder Grimm sie damals aufgeschrieben haben?“
„Wieso?“
„Na, hast Du nicht das Gefühl, indem Du das Vorankommen des Königssohns heimlich beschleunigst, schummelst Du irgendwie? Vielleicht verändern wir damit irgendwas! Vielleicht ist das wie, was weiß ich, wie in ‚Zurück in die Zukunft‘!“
„Was ist denn ‚Zurück in die Zukunft‘?! Das muss doch anders heißen, 'voran geht's in die Zukunft' oder so.“
„Sag' bloss, das kennst Du nicht! Das ist ja voll die Bildungslücke. Wie alt bist Du?“
„Keine Ahnung. ... Nee, das macht nichts, wenn ich den Typen zu seiner Rapunzel locke. Er bekommt ja niemals mit, dass ich kein Vogel bin! Der glaubt doch, er folgt nur'm lustigen Vogelruf!“
Til legt den Hasenkopf leicht schief, er glaubt nicht, dass der das glaubt.
„Und außerdem ist das gar nicht gesagt, dass ich nicht der Grund bin, dass die Geschichte sich so entfaltet wie sie aufgeschrieben ist! Kapierst Du nicht? Du musst zwischen den Zeilen lesen, um die Feen zu finden, sage ich doch! Alles, was in dem Märchen beschrieben ist, ist dass der Typ von der Ziehmutter ausgeschimpft und verjagt wird, und dass er dabei blind wird, und nach jahrelangem Herumirren im Wald schließlich in die Wüstenei kommt. Aber es steht da nicht, wie er drauf kam, den Wald zu verlassen! ... Es war nämlich vielleicht 'ne lustige kleine Spottdrossel, die ihn rausgelockt hat! Siehste?“
„Ja … kann sein … aber wir müssen trotzdem echt vorsichtig sein. Wenn wir hier im Träumen irgendwas Grundlegendes verändern oder vermasseln, ändert sich vielleicht alles an dem Text, drüben in der Herbstwelt! Alle Märchenbücher schreiben sich von selbst um!“
„Oder es passiert gar nix, Mister. Vielleicht träumen nur ein paar Leute anders von der Geschichte, wie heißt das — von einer anderen Fassung. Was weiß ich.“
„... Du kennst Dich auch nicht viel besser aus mit all diesen Sachen, oder, Kurzer?“
„Ich weiß schon ganz gut Bescheid!“
„Na, wir sollten auf jeden Fall äußerst vorsichtig sein. Keine unnötigen Risiken!“
„Ich habe noch nie Pech gehabt, wenn ich ein Risiko eingegangen bin! Kopf hoch, Mister Til, ich pass' auf Dich auf!“
„Na, dann bin ich beruhigt. Wonach sollten wir zuerst suchen, nach dem Königssohn, oder Rapunzel?“


Hier ist das Profil unseres neuen Freundes:

Archie Woods
Alter: 8; Kith: Pooka (Bär/Waschbär); Hof: Licht; Erben: Paladin/Gesetzloser; Schein: Kindling
Attribute: Geschick (Fingerfertigkeit) 4, Konstitution (Zähigkeit) 4, Stärke 2, Charisma 2, Erscheinungsbild 3, Manipulation 1, Geistesschärfe 3, Intelligenz 2, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Athletik 3, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 1, Empathie 2, Gewahren (Märchen) 4, Überzeugen 2; Bogenschießen 1, Darbietung 1, Etikette 1, Handwerk 1, Heimlichkeit 3, Tierkunde 1, Überleben 1; Enigmas 1, Gremayre 3, Linguistik 1
Hintergründe:
 • Gedenken 2
 • Träumer 2
 • Schatz (Indianer-Knüppel) 1
Aspekte:
 • Unerschrockener Abenteurer +2
 • Instinktiver Orientierungssinn +1
 • Warmes, schützendes Bären-Fell +1
 • Verliebt in eine Sidhe-Prinzessin +1
 • Vor Jahren von Zuhause ausgerissen und, alterslos, im Träumen verloren
 • Trotzkopf
 • Hat immer Appetit
Künste: Primal 3
Reiche: Actor 1, Fae 4, Nature 3, Scene 2
Glamour: 5
Willenskraft: 5
Ausrüstung: Lederriemen mit Beuteln und Täschchen, Trinkflasche, Zwille, kaputter Kompass, kaputte Taschenuhr, kleine Trophäen, Glas Honig, Holzlöffel

Schatz: Indianer-Knüppel
Archie hat von den berühmtberüchtigten Indianern von Nimmerland einen magischen Knüppel geschenkt bekommen, der ordentlich Wumms hat.
Aspekt:
 • Mächtige Knüppelschwinger +1
« Letzte Änderung: 9.02.2025 | 16:01 von Schalter »

Offline Sternschnuppe

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Hallo Sternschnuppe! Das ist fast alles per Microsoft Bing erstellt (als 'rough traditional painting'). Die breitformatigen Landschaftsbilder sind von Midjourney. Manchmal ist mit Photoshop nachgebessert. (Die Prompts halte ich nie fest, das kommt mir etwas aufwändig vor; wenn ich eine neue Version brauche, beschreibe ich das Gewünschte neu.)
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Der Junge hat ganz andere mystische Möglichkeiten als Til, also kann er uns vielleicht bei dieser Entscheidung helfen. Erst einmal habe ich ihm den Hintergrund namens Gedenken gegeben (Remembrance), der gibt vielleicht einen Hinweis aus der Vergangenheit: Wenn der Bubi in einem seiner Vorleben schon einmal hier war, dann fällt ihm die Lage der gesuchten Sidhe-Besitzung in der Wüste vielleicht wieder ein …!

Also Intelligenz+Gedenken gegen acht: Ein Erfolg! Das ist dann ein erster Milestone auf der neuen
Queste (Gefahrvoll): Rapunzel und ihren Königssohn wiedervereinen, um den verborgenen Feen-Hofstaat zu finden.
Damit haben wir schon mal die ungefähre Richtung ermittelt, und der Fortschritt steigt dadurch auf zwei.

Lobo hebt das Gesicht in den Himmel und zieht tief die Wüstenluft ein durch seine Nasenlöcher, und scheint in sich zu gehen. Til will ihn fragen, was er da tue, aber schon schaut ihn der Pelzmützen-Junge wieder an, seine Mine hellt sich schlagartig auf:
„Ich weiß es ja noch, Mister Til! Ist gar nicht lange her, da bin ich dort schon mal gewesen. Dort drüben geht’s lang! Ich erinner' mich … ich erinner' mich an eine Art Bauwerk … zwischen hohen Felsen … fast wie ein steinernes Vogelnest …!“
„Und Du … warst da vor Kurzem schon mal?!“
„Ja ja! Gar nicht lang her. Komm' mit, Til!“

Entweder ist das — entgegen dem was er da sagt — doch ziemlich lange her, vermutet Til, oder der Junge hat generell ein Problemchen mit seinem Erinnerungsvermögen. Immerhin hat er eben gesagt, er kenne sein eigenes Alter nicht …!
Etwas skeptisch folgt Til ihm.
„Wie ist überhaupt Dein richtiger Name, Lobo?“
„Sag' ich Dir doch nicht! Du willst mich wohl verkackeiern, Mister. Das solltest Du aber besser wissen, als einen Changeling nach seinem richtigen Namen zu fragen. Du hast ja schon meinen Spitznamen, das ist mehr als reichlich!“
„Äh. Aber ich hab' Dir doch auch meinen Namen gesagt …? Hätte ich das besser gar nicht machen sollen?“
„Til Haselberger soll ein richtiger Name sein?“
„Klar. So heiß' ich eben.“
Der Junge wendet sich im Laufen nach Til um, und lacht amüsiert, „Wo kommst Du denn her?! Wo haben Leute denn solche Namen?!“
„Na ja, Deutschland!“
„Ach so! Hahaha! Darum klingt das so ulkig! Das ist, als würdest Du ‚Sauerkraut‘ mit Nachnamen heißen!“
Til muss auch ein bisschen lachen, und sagt dann, „Blödsinn, Kurzer. Haselberger ist ein ganz normaler deutscher Nachname.“
„Klingt wie hassle. Ich hoffe, Du stellst Dich ich nicht als Ärgernis heraus.“
„Nein, das klingt wie das deutsche Wort ‚Hase‘. Das passt deswegen total zu meinem Äußeren.“
„Willste mir jetzt erzählen, Du bist als Hasen-Pooka Erwacht, weil Dein Name Hase ist? Ich glaube, da willst Du mir'n Bären aufbinden!“, und er lacht erneut, ziemlich selbstzufrieden über seine lustigen Wortwitze.
„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie das alles funktioniert …“
„Darum hast Du auch noch keinen mupercoolen Spitznamen, wie ich, und mein Wolfs-Kumpel!“
„Was … äh … was passiert einem denn, wenn man seinen bürgerlichen Namen verraten hat?“
„Dir? Mit mir? Gar nix, Mister. Ich schweige. Ehrensache! Aber Deinen Feennamen, den darfst Du echt nicht ausplaudern. Dann geht Dir der Arsch auf Grundeis, Mister.“
„Was ist denn ein Feenname?“
„Dein Gedächtnis wird den schon ausspucken, früher oder später.“
„So?“
„Ja, ja. Aber wenn Du ihn hast, posaun' den bloß nicht raus! Da kann dann wer weiß was passieren. Die Sidhe können versuchen, Dich in Eidbünde zu zwingen, und was nicht alles.“
„Hm, das klingt ziemlich bedenklich. Gut, dass ich Dich getroffen habe, Kurzer! Du bist mindestens so nützlich wie die beiden Trolle letztes Mal.“
„Das Geheimnis ist, Mister: Ich bin noch viel besser als jeder Troll! Und das, obwohl ich noch ein Kindling bin! Ich kann dasselbe, was die können, nur eben ohne die typisch trollige Tollpatschigkeit!“
„Hast Du einen Mentor? Hat irgendein Lehrmeister Dir das alles beigebracht?“
„Quatsch, ich bringe mir immer alles selbst bei“, sagt der Junge, plötzlich ernst, und schaut starr auf den Weg vor sich.



Die Wüstenei zieht sich scheinbar in die Unendlichkeit dahin


Um dem Weg weiterhin zu folgen, mache ich den Move Gather Information. Für den Jungen würfle ich erneut Intelligenz+Gedenken, und außerdem hat er den Aspekt bekommen ‚Instinktiver Orientierungssinn (+1)‘, den Bonus davon gebe ich ihm hierbei obendrauf. Til würfelt unterstützend Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, er späht vor allem nach den schrecklichen Knochengängern und anderen Gefahren des Ödlands aus. Sie sind ein tolles Team, acht Erfolge kommen bei den beiden Würfen zusammen. Die Challenge Dice finden das offensichtlich auch gut und gewähren einen Strong Hit. Das ist dann wiederum ein zweiter Milestone bei unserer Queste, also ist der Fortschritt jetzt auf vier.

Binnen weniger Stunden lokalisieren sie einen Punkt zwischen hohen Felsen, der zur Erinnerung des Jungen passt! Sie halten zielgenau darauf zu, ohne noch einmal von Monstern behelligt zu werden.

Tils Willenskraft ist ziemlich runter, also mache ich mal den Move Make Camp. In der schlimmsten Mittagshitze suchen sie Schutz in den Schatten. Beiden läuft der Schweiß ganz gewaltig unter ihren Pelzmänteln. Glücklicherweise hat Til ordentlich Wasser aus dem Weiher beim Rapunzel-Turm mitgenommen. Ein Strong Hit bei Konstitution+Supply, das bringt allen einen temporären Willenskraft-Punkt zurück.

Finden wir schließlich am Fuße der Feen-Befestigung eine Siedlung oder eine Behausung von Menschen? Dafür mache ich dieselben Würfe wie eben bei einem neuerlichen Gather-Information-Wurf. Famos, wieder ein Strong Hit! Und finden wir dort Rapunzel? Wahrscheinlich … aber das Orakel antwortet mit einem extremen Nein, ein Einser-Pasch! Sind überhaupt Leute bei den ärmlichen Holzhütten? Wieder ein extremes Nein, diesmal mit Zweier-Pasch!

Erschrocken durchsuchen die Wanderer alles. Es gibt eine Handvoll Hütten, einen winzigen Ziehbrunnen, und ein paar verstreute Habseligkeiten im Schmutz.
„Die Leute hier haben in schlimmer Armut gelebt …“, schlussfolgert Til, „… Bis vor Kurzem, als sie allesamt verschleppt wurden!“
„Und Rapunzel? Und ihre Zwillinge? Was ist mit dem Märchen?!“, ruft der Junge aufgeregt, „Der Königssohn ist schon auf dem Weg hierher! Vielleicht ist er in wenigen Stunden oder Tagen hier? Und was, wenn er dann Rapunzel nicht antrifft?! Im Märchen trifft er sie doch an!“
„Du meinst, die Ereignisse verändern vielleicht die Geschichte?“
Du warst doch derjenige, der gesagt hat, dass das voll gefährlich werden könnte, Mister!“
„Ja! Keine Ahnung. In diesem einen Film passiert halt sowas … exakt dasselbe Szenario!“
„Au Mann, dann müssen wir uns sputen! Rapunzel kann ja nicht weit sein. Wir müssen Spuren finden! Glücklicherweise bin ich ein muper Spurenleser!“
„Ja?“
„Ja, Muper-Weltklasse! Nicht rumstehen! Suchen, Mister Til! Sag' den Bunnies, die sollen auch mithelfen!“

Also los, wieder Gather Information, mit Wahrnehmung+Überleben. Der Junge bekommt zusätzlich seinen Aspekt-Bonus ‚Unerschrockener Abenteurer (+2)‘ dafür, denn das Abenteuer ruft gerade ganz deutlich! Acht Erfolge, aber laut Challenge Dice nur ein Weak Hit. Also finden wir Hinweise, aber die verkomplizieren auch die Suche. Was mag das sein? Vielleicht dies:

„Sieh' mal, was Deine Bunnies gefunden haben, Mister Til!“, hört der Pooka, als er gerade über einem paar der Fußspuren kauert.
Er rennt dorthin, und sieht drei der Kaninchen, von denen eines sich selbstzufrieden geschmückt hat mit einer schillernd blauen und goldgelben Vogelfeder. Es hat sie an seinem Hinterkopf befestigt, und stolziert auf den Hinterpfoten hin und her wie ein Eingeborenen-Häuptling.



Die Bunnies haben einen bedeutenden Fund gemacht, missinterpretieren ihn aber vollkommen


„Das ist die einzige Vogelfeder weit und breit!“, sagt Til, „Vom Aussehen her ganz klar ein Wiedehopf!“
„Ach was, die ist doch fast so lang wie mein Unterarm! Das wär' dann aber ein echt fetter Wiedehopf!“
„Weißt Du, was ich glaube, Kurzer?“
„Ich glaube, Du glaubst das, was ich auch glaube …!“
„Ein Riesenvogel hat die Einsiedler geschnappt! Wüstenvögel sind ja bekannt dafür, dass sie gern Menschen schnabulieren.“
„Echt wahr?“
„Leider ja!“

Ich würfle wieder Gather Information, mit Würfen auf Intelligenz+Gedenken+‘Instinktiver Orientierungssinn‘ für den Jungen, und Wahrnehmung+Überleben für Til. Das mysteriöse Gedächtnis des Kleinen scheint auch etwas über diese Wüstenvögel zu umfassen:

„Ich glaube … die gibt’s hier draußen schon seit langer Zeit … ewig langer Zeit … der Vogel Roc!“

Die Challenge Dice machen aus dem Gather-Information-Move einen Strong Hit, wieder mit Pasch, und diesmal fallen witzigerweise zwei Dreier! Also ist die Spur deutlich zu finden:

Die neun rennen auf die felsigen Hügel zu, und entdecken immer mal wieder eine Feder, einmal einen zerlumpten, herabgefallenen Schuh! Und dann hören Tils scharfe Löffelohren auch das ferne Gekrächze der Riesentiere. Sie nisten nicht etwa auf dem legendären Berg Qāf am Rande der Welt, sondern auf einer Felsspitze hinter den schroffen Hügeln!

Dazu befragen wir mal das Orakel: Advance Supply, sagen die Würfel. Das deute ich so, dass die Wanderer hastig an einem schmalen Gebirgsbächlein ihren Durst stillen und ihre Trinkflaschen auffüllen können. Da nehme ich mir einen verbrauchten Supply-Punkt zurück.

Angespannt lauschend und hinauf spähend erreichen die Wanderer schließlich die Wand der Felsspitze. Gelegentlich sieht man ein Flattern der prachtvollen Flügel ganz dort oben: Da nisten die Rocs offensichtlich!
„Hoffentlich haben sie die Einsiedler noch nicht alle aufgepickt!“, flüstert Lobo nervös.
Til nickt, und schweigend machen sie sich an den Aufstieg, so schnell und leise sie können ...

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Ich mache mal keinen ganzen Move, sondern einfach einen regulären Wurf zum Klettern: Til erreicht sieben Erfolge bei Geschick+Athletik, und (dank einem Willenskraft-Punkt) schafft der Junge sechs. Sie sind beide äußerst geschickt, und völlig lautlos!

„Wäre doch muper, wenn jetzt was mit dem Nest passieren würde, genau in dem Moment, wenn wir ankämen, oder Til?“, wispert der Junge aufgeregt.
„Ja, supermoll! Äh, tupersoll! Ähm, supertoll, wäre das, ehrlich! Konzentrier' Dich lieber! Ich halte mit meinem Schwert ihre Schnäbel auf Distanz …!“
„Das braucht's nicht, Mister! Wünschen wir uns einfach, dass lose Felsen das ganze Nest abkippen! Dann flattern die Gummiadler auf, und wir können den Gefangenen raus helfen!“
„Lose Felsen? Wie soll das gehen?!“
„Wünsche werden wahr, manchmal, weißt Du doch! Ganz doll wünschen jetzt! … Und ich brauch' dafür natürlich ... mein Wünsch-Gebrüll!“
Und der Junge bäumt sich auf und stößt eine gellend laute Imitation eines Bären-Gebrülls aus. Til zuckt zusammen und will ihn aufhalten, aber dann geht alles ganz schnell:

Der Junge setzt seine Feen-Kunst Primal ein, mit dem Effekt Eldritch Prime, und erschafft lose Felsbrocken, gezielt unter der einen Seite des riesenhaften Roc-Nests! Mit drei Erfolgen bei seinem Wurf auf Primal+Nature werden das richtig viele Felsen, und das Nest geht in Schräglage! Die gewaltigen Schwingen der Rocs tragen drei Gestalten aufgescheucht in die Lüfte, ihr Flügelschlagen schickt einen Sturmwind hinab, der das Fell der neun Kletterer zaust.

Dann mache ich den Move Face Danger, um zuzuschlagen: Mit Geschick+Athletik sollen die SCs den Gefangenen aus dem Nest helfen, und ihnen dabei helfen, den Abstieg zu beginnen. Und zwar bevor das Vogelnest abstürzt! Lobo wirft (trotz seinen ‚Unerschrockener Abenteurer‘-Bonuswürfeln) fünf Einser (gut, dass die Dinger in dieser Chronik laut Hausregeln keine Erfolge abziehen!), und nur einen Erfolg. Ein Willenskraft-Punkt macht mit einem kleinen Reroll immerhin drei Erfolge daraus (gefallene Einser darf ich ja nicht rerollen). Til wird von sechs Einsern heimgesucht, und er trägt daher auch nur drei Erfolge bei. Ein einziges Einser-A-Rama, diese beiden Wurfergebnisse! Gerade jetzt, wo's gilt! Was machen die Challenge Dice also aus unseren mageren sechs Erfolgen? Einen Fehlschlag! Das bedeutet Pay the Price als Folge-Move. Da würfle ich nicht auf der dazugehörigen Tabelle, da weiß ich direkt was:

Zwei der drei kreischenden Rocs sichern das Nest mit ihren Klauen, ihre Stimmen sind so laut, dass die Trommelfelle der Fliehenden dröhnen, als wollten sie zerreißen. Der dritte Riesenvogel aber packt mit beiden Klauenfüßen zu! Til und der Kindling umklammern im Affekt noch ihre Geretteten, zwei magere Erwachsene und zwei Kinder, und die Bunnies klammern sich greinend wiederum an die. Allesamt verlieren sie den Boden unter ihren Füßen, sehen Steinchen und Staub davon abfallen, als sie an Höhe gewinnen! Das Entsetzensgeschrei ist gellend laut! Nur das Kreischen des zornigen Roc übertönt es! Der Riesenvogel hat jedoch nicht damit gerechnet, dass die Beute sich so verzweifelt und durchhaltend aneinander klammern würde. Er hatte in seinem Abflug bereits einen schlechten Start; nun schlägt er verzweifelt mit den Flügeln, um an Höhe zu gewinnen! Allesamt trudeln sie tiefer, und an der Basis der Felsspitze verliert der Roc seine strampelnden Passagiere endgültig aus den Klauen! Die Schreienden fallen ins Geröll, und kullern und rutschen in einer Lawine aus Kies, Staub, und Dreck zu Tal. Dem Roc nimmt der Staub die Sicht, und er macht mit Wutschreien eine Notlandung an der Bergflanke.

Da mache ich mal den Move Endure Harm: Til absorbiert den Schaden knapp, der Kindling sogar völlig mühelos, er hat ordentlich Konstitution, und das schützende Bärenfell hat er obendrein als Aspekt, der ihm beim Absorbieren hilft.

Jetzt also endgültig von Dreck und Schmutz und blauen Flecken überzogen rappelt Til sich kurz darauf auf, und zählt die Geretteten durch: Zwei kleine Zwillinge, ein alter Mann. Sieben Kleine Bunnies. Ein Junge mit Bärenfell. Ein Til. Keine Rapunzel. … Keine Rapunzel?!
„Wo ist Rapunzel?!“, ruft er entsetzt, und schlägt die Pfotenhände über dem Hasenkopf zusammen.
„Wo ist Mama!“, kreischen die zerlumpten Zwillinge.
„Na muper …! Wahrscheinlich ist sie von der Schuttlawine weggetragen worden! Da, die Bergflanke dort hinab!“, ruft der Kindling, „von da seh' ich auch Staub aufsteigen!“
„Ihr drei!“, ruft Til, „Rennt schnell zurück zu Eurem Dorf! Versteckt Euch in den Hütten! Wir kommen nach, mit Rapunzel!“
Der alte Mann nickt, hievt die plärrenden Zwillinge hoch, und macht, dass er wegkommt so schnell seine dünnen Beine ihn tragen.
Lobo stößt lauthals sein Wünsch-Gebrüll aus (es klingt jetzt umso manischer), und setzt den Felsenhang hinab, dorthin, wo die Staubfahne aufsteigt. Til rennt hinterher, das Schwert von Yvamore in der Hand, voller Schrecken nach oben ausspähend zu den dahinziehenden Staubvorhängen, wo er jeden Moment den nächsten Angriff des Vogel Roc erwartet.

Das wird also ein neuerlicher Gather-Information-Move, wir müssen die Verlorene zwischen den Felsen finden — und zwar, bevor die Riesenvögel es tun! Sieben Erfolge bei Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, und dadurch immerhin ein Weak Hit!

Nach kurzem Rennen, Springen, und Schlittern hören die SCs die Füße der Fliehenden auf dem Kies, die sich hastig im Zickzack zwischen den Felsen entfernt, um den Vogel Roc abzuhängen. Kaum sieht man im Abendzwielicht wieder die Staubwolke, die von ihren Schritten aufgewirbelt wird, ist aber auch der Schatten des Riesenvogels da, der ominös über sie alle hinweg gleitet ...! Mit eingezogenen Köpfen geben alle neun Hackengas, tauchen zwischen mehreren Felsbrocken hindurch, und taumeln in eine Senke hinein, der mageren Gestalt einer Frau hinterher. Die Bunnies kreischen. Dann kommen sie alle unten an, und kommen hastig und schwer keuchend auf die Füße. Direkt über ihnen gleitet der Vogel Roc herab!



Der legendäre Vogel Roc


Til zwingt sich, sein Zittern in den Griff zu kriegen, er hält das blau in der Abendsonne gleißende Schwert von Yvamore abwehrend erhoben, und macht ein paar Schritte auf das Ungeheuer zu. Das Schwert verlangt begierig danach, in den Leib des Gegners gestoßen zu werden, aber Til ignoriert seine Angriffslust. Der Roc reißt bedrohlich den Schnabel auf, um zuzupacken! Til packt den Schwertgriff fester, um ihn abzuwehren, so gut er kann, auch wenn die monströse Wucht des Angriffs ihm die Arme brechen sollte. Hinter ihm kommt plötzlich, zottig und überraschend agil, der Junge hervorgeschnellt, in der Hand einen kurzen, schweren Holzknüppel mit primitiver Bemalung darauf. Ein imitiertes Bären-Brüllen auf seinen Lippen!

Ich mache statt einer ganzen Kampfsequenz den Ironsworn-Move namens Battle. Das Ziel der SCs ist nicht, den Kampf bis zum bitteren Ende auszufechten, sondern nur den Vogel Roc in die Flucht zu schlagen. Für Til würfle ich Geschick+Nahkampf (leider 0)+‚Überzeugter Pazifist, kämpft nur defensiv’, +den Aspekt seines Schwertes ‚Eignet sich auch hervorragend zum Parieren’. Für den Jungen würfle ich Geschick+Nahkampf (leider bei ihm auch 0)+‚Unerschrockener Abenteurer’+den Aspekt seines Schatzes ‚Mächtige Knüppelschwinger (+1)‘. Neun gemeinsame Erfolge! Hurrah: Die Challenge Dice gestatten einen Strong Hit!

Til gelingt es zweimal, mit dem magisch leuchtenden Schwert den herabfahrenden Schnabel abzulenken, und die Wucht zu absorbieren, indem er seitliche Rollen durch den Kies macht. Er nimmt alles nur noch als entsetzliche Aneinanderreihung von verschwommenen Nahtodmomenten wahr! Das Ungeheuer kreischt, und schlägt mit den mächtigen Flügeln, um sich höher zu arbeiten, und Til mit seinen Klauenfüßen zu packen! Als der Pooka sich zum wiederholten Mal aus dem Staub aufrappelt, das Schwert verzweifelt erhoben, sieht er, dass der Kindling das letzte Herabfahren des Schnabels genutzt hat, um auf den Kopf der Bestie zu springen! Jetzt stößt er mit überschnappender Stimme seine Bärengebrüll-Imitation aus, mit einer Hand im Gefieder verkrallt, und mit der anderen lässt er Mal um Mal den Knüppel dreinfahren auf den Hinterkopf des Untieres!
Kreischend wirft der Roc ihn ab, flattert noch höher, und beschreibt einen Bogen um die Bergflanke! Til fängt den davon geschleuderten Kindling auf, und landet abermals im Staub, mit ihm sicher in den Armen.

Einen Moment japsen sie nur vor sich hin, alles dreht sich um sie. Das Geschrei der drei Vögel Roc entfernt sich ...

„Bubi, dass ist total unglaublich, was Du da draufhast!“, hustet Til, „Wusste ich gleich, hatte ich mir auf Anhieb schon gedacht …“
„Echt? Na, Du warst auch ganz schön mutig, Mister. Was is'n das für'n Schwert, kann ich das haben? Hast Du doch vorhin schon gesagt. Würde sich prima machen, zusammen mit meinem magischen Indianerstamm-Knüppel.“
„Nee, geht nicht, ist ein Erbstück. Steht mein Name drauf.“
„… Was seid Ihr …?“, sagt eine brüchige Frauenstimme hinter ihnen.
„Wir sind … ähm, wir sind …“, sagt Til atemlos, setzt den Jungen ab, hilft ihm sich aufzurappeln.
„Sag' ihr, wir sind verwunschene Stammeskämpfer, die halb in Tiere verwandelt wurden!“, sagt dieser, und hilft dann seinerseits Til auf. Til kapiert, dass die Frau Altdeutsch redet; sie versteht Lobos Englisch offensichtlich nicht.
Er fragt sie, „Und Du bist Köni …. ähm, Du bist Rapunzel, richtig?“
„So hat meine Ziehmutter mich genannt!“, sagt sie kleinlaut.



Rapunzel hat sich deutlich verändert seit ihrer Zeit im Turmzimmerchen


Rapunzel hat nur noch eine vage Ähnlichkeit mit dem Mädchen auf dem Ölbild im Turmzimmer. Sie ist nach langer Zeit des Darbens und der Entbehrungen hier draußen mager und zäh geworden, aber sieht kämpferischer aus als vorher. Til hat sich diesen Teil des Märchens nie so genau vorgestellt, und auch nicht ausgemalt, wie das Exil in der Wüstenei so sein mag. Offensichtlich war es wirklich schlimm.
„Wo sind meine Kinder?“, fragt sie ängstlich, „Und der alte Wilhelm?“
„Wir haben sie nicht getroffen unterwegs!“, entfährt es Til, „Aber wir haben eine Staubfahne gesehen, die direkt zurück zu Eurer Einsiedelei führt! Wahrscheinlich sind sie alle drei direkt dorthin gerannt!“
„Kommt, schnell!“, sagt sie, kommt auf die Füße, und läuft hastig los in die Richtung.

Das ist jedenfalls ein wohlverdienter Milestone für unsere
Queste (Gefahrvoll): Rapunzel und ihren Königssohn wiedervereinen, um den verborgenen Feen-Hofstaat zu finden.
und bringt unseren Gesamt-Fortschritt auf sechs.

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Rapunzel schließt ihre kleinen Zwillinge wieder in die Arme. Alle sind heilfroh. Sie und Wilhelm verarzten die vielen Prellungen und Abschürfungen der beiden haarigen Helden so gut sie können. Eins der Kaninchen hat sich seine Vorderpfote geklemmt, und macht so lange ein lautstarkes Gewese aus der ganzen Sache, bis Til es auf den Arm nimmt und so lange herumträgt, bis es zufrieden ist.
„… Habt Ihr schon einmal von einem gewissen Niedzwiedz gehört?“, fragt er dabei Rapunzel.
Sie schüttelt verwirrt den Kopf, und sagt, „Es kommen ja nie Fremde hierher. Die Frau Gothel hat ihre entfernten Verwandten dort droben: Sie haben ihr Haus dort, zwischen den Felsen. Aber es ist nicht erlaubt, dorthin zu gehen. Nur wenn sie etwas verlangen oder befehlen wollen, dann kommen die Herrschaften herab hierher, zu den Hütten. Man sieht sie selten.“
„Wir müssen dorthin, Rapunzel! Das sind auch … entfernte Verwandte von uns. Wir müssen mit denen reden! Ist Deine Ziehmutter auch dort?“
„Nein, Frau Gothel ward lange nicht mehr gesehen. Sie hat andere Besitzungen, drüben im Walde. Ich kann Euch wohl den versteckten Bergpfad zeigen, der zu dem Haus hinauf führt! Aber ich darf es nicht betreten, oder mich auf zwanzig Ellen annähern!“
Auf Englisch sagt Til: „Sie kann uns rauf bringen zu den Feen! Bist Du sicher, dass Dein Wolfs-Kumpel Niedzwiedz da noch ist?“
„Ganz sicher! Aber vorerst müssen wir wieder raus in die Wüste, Mister Til! Wer weiß, was mit dem Königssohn ist! Wenn zwischendurch die Knochengänger ihn zertrampeln, dann ist nichts gewonnen, kapierst Du?“
„Kapiere ich, und ich habe auch schon einen Plan.“
„Echt?“
„Klar. Komm', wir lassen den armen Leuten hier die Hälfte von unserem Proviant da, das ist ja schrecklich, wie die hier Diät machen! Und nach dem Essen wandern wir los!“

Also gebe ich zwei von meinen drei verbleibenden Supply-Punkten auf, das ist das meiste Essen, dass die SCs noch hatten. Das kann man ja nicht mit ansehen, wie die Einsiedler hier darben!

Die vier Einsiedler machen sich dankbar über das Essen her. Rapunzel füttert zuerst die Kinder auf ihren Knien. Til ist etwas gerührt, und versucht, nicht zu deutlich da hinzugucken.
„… Ihr seid sehr gütige Wesen“, sagt sie schließlich.
„Klar!“, sagt Lobo selbstzufrieden, als Til ihm das übersetzt hat, „Wir gehören ja auch zum Leuchtigen Hof! Was, Mister Til?“
„Lichter Hof.“
„Sag' ich ja.“
Til fragt, „Rapunzel, was für Leute sind das da in dem verborgenen Haus in den Felsen?“
Einen Moment lang macht sie schmale Lippen, wie als müsste sie ihren Zorn beherrschen, dann sagt sie, „Sie sorgen für uns. Sie sind Anverwandte von Frau Gothel, und wir müssen dankbar sein. Sie haben mir vor einem Jahr geholfen, meine Kinder zur Welt zu bringen, und sie beschützen unsere Hütten vor den schlimmsten Verheerungen des Wetters. Man muss hochachtungsvoll von ihnen reden ...“
Til sieht aber, wie trotz ihrer beherrschten Worte der Zorn in ihr brodelt — wie eine wohlbehütete, einstige Prinzessin, die längst gelernt hat, zu fluchen und zu schreien, aber es jetzt gerade nicht zeigen will.
„Viele Menschen kommen hier nicht vorbei, oder?“
„Menschen? Ich kenne nicht die Menschen, Herr. Ich kenne nur Wilhelm, und ich kannte seine Frau. Und meine Kinder lerne ich nach und nach kennen. Ich bin ja von der Frau Gothel aufgezogen worden, ich war mein ganzes Leben lang nur unter denen vom Schönen Volk. Meine Eltern gaben mich einst her im Tausch gegen Rapunzeln aus Frau Gothels wundersamen Garten, und ich habe die beiden nie angetroffen.“
„Hm, ich würde vermuten, Deine Ziehmutter bereut längst, dass sie Dich verstoßen hat. Bestimmt könnte man miteinander reden …“
„Alle paar Monate kommt sie hierher, ich sehe ihren Umriss an einem der erleuchteten Fenster, oben in den Felsen, nach Nachteinbruch. Sie kommt nachsehen, ob ich auch leide.“
„Wirklich?!“, fragt Til befremdet.
„Sie wollte mich nur für sich haben. Sie hat meinen Verrat nie verwunden.“
„Verrat?“
„Dass ich mich gegen ihre Anweisungen mit einem anderen Menschen eingelassen habe. ... Die beiden Kinder kamen nicht eben von selbst vom Himmel herab, Ihr versteht.“
„Verhältnisse wie im finstersten Mittelalter sind das hier!“, sagt Til auf Englisch leise zu Lobo.
Der Kindling erwidert, „Frag' sie, ob sie glaubt, dass kürzlich Gäste in das Haus oben im Fels gekommen sind! Vielleicht andere Sidhe …?“
Til ist abgelenkt von einem anderen Gedanken. Auf Deutsch sagt er wieder, „Ähm, Rapunzel … ich habe Dir was mitgebracht. Habe ich gefunden. Vielleicht kannst Du die jetzt wieder gebrauchen …“, und er zieht die Gedichtbände hervor.
„Die sind doch aus meinem Jugendzimmer! Hab' Dank …! Wo hast Du die nur her? Der Turm ist unmöglich zu betreten!“
„Alles ist möglich im Träumen“, sagt Til.
„Träumen?!“, fragt Rapunzel verwirrt, „Aber dies ist doch kein Traum! Wir träumen nicht, Herr, wir wachen!“
Til blinzelt überrascht. Dann kapiert er: Klar, für Märchenfiguren muss das Märchen das normale Leben sein.


Na ja, nach dem Essen geht’s auf in die spätabendliche Wüste. Ohne Angabe von Gründen natürlich: Die Wiedervereinigung der Liebenden darf gern eine Überraschung werden! Außerdem wissen sie ja gar nicht, ob auch alles klappt: Wenn der Landstreicher doch noch von Riesen-Füßen zerstampft worden ist, dann wäre die Trauer aber groß, wenn man sein baldiges Erscheinen schon vollmundig angekündigt hätte, finden die beiden Changelings.

Also wieder ran an den Move Gather Information, vielleicht finden wir den blinden Königssohn noch bevor die Nacht hereinbricht. Vorausgesetzt, er ist den schauerlichen Knochengängern entkommen, und hat überhaupt die richtige Richtung eingeschlagen. Also flugs Wahrnehmung+Überleben gewürfelt für beide. Sieben Erfolge (dank je einem Willenskraft-Punkt) und damit auch ein Strong Hit!

Die beiden Changelings sehen im letzten, verlöschenden Abendlicht schließlich die Geier, die an einer Stelle kreisen, die freuen sich schon darauf, zu Tisch zu gehen. Nur noch ein Weilchen …
„… Da muss er sein!“, raunt der Junge.
„Ja. Beeilen wir uns. Er sah vorhin nicht so aus, als habe er allzu viel Wasser bei sich!“

Sie finden den Landstreicher, als er nach Nachteinbruch kraftlos zusammengesunken ist. Sie rennen schneller auf ihn zu, der Kindling imitiert im Laufen Vogelstimmen.
Til sieht ihn an, öffnet das Hasenmaul, um etwas zu sagen, aber sein junger Begleiter schüttelt energisch den Kopf, und macht wieder den Vogellaut. Der Blinde sieht auf, lauscht in ihre Richtung. Ein paar Geier sind schon gelandet.
„Huuuuii“, macht Lobo, im Versuch, wie ein Objekt zu klingen, das aus sehr großer Höhe fallen gelassen wird, und er wirft seine Wasserflasche in den Sand, direkt vor die zerlumpte Gestalt. Dann imitiert er wieder den Vogellaut.
Til will wieder was sagen, aber der Kindling schüttelt den Kopf und sieht vorwurfsvoll zu ihm auf.
Der Blinde ertastet die lebensrettende Wasserflasche, und trinkt dankbar. Der Bengel unterdrückt ein Kichern, schleicht rückwärts wieder weg. Gibt ein paar übermütige Schüsse mit seiner Zwille auf die Geier ab, die angepisst mit den Flügeln schlagen.



Seit dem Sturz vom Rapunzel-Turm ist der Königssohn blind


Was also sagt das Orakel zu unserem Rückweg? Reduce Burden. Das muss wohl heißen, dass der Blinde neue Kraft schöpft, und schneller voran kommt:

Immer wieder fromme Gebete murmelnd tastet der Landstreicher sich durch die Nacht. Es scheint, als würde eine Eingebung ihn plötzlich seine Müdigkeit vergessen lassen. Als hätte die Stärkung durch das Wasser ihn in die Lage versetzt, die ganze Nacht hindurch zu marschieren. Selbst ohne Vogelrufe scheint er grob in die richtige Richtung zu wandern. Die beiden Changelings sind zugegebenermaßen etwas erstaunt davon, während sie ihm voraus eilen, und nach Gefahren ausspähen.
„Sein Herz führt ihn zu ihr zurück …“, ertappt Til sich dabei, leise zu flüstern.
Und die kleine Spottdrossel nicht zu vergessen!“, sagt Lobo zufrieden, und macht erneut leise seinen Vogelruf.

Wenn sie zwischendurch rasten, sitzt der Blinde im Schneidersitz auf Felsen, und der Nachtwind trägt leise ein melodisches Geräusch an die feinen Ohren der anderen Wanderer, davon, wie er leise summt. Egal, wie abgerissen er auch ist: Er kann ganz umwerfend summen, total klangvoll. Scheint irgendein Kirchenlied zu sein, oder eine ländliche Weise, aus seiner Zeit vor seinem Absturz. Es klingt gar nicht nervös, völlig ruhig, wie das Summen von einem, der alle Verzweiflung der Welt kennengelernt hat, und nun alles losgelassen hat, und nur noch eine merkwürdige Klarheit empfindet. Til verschränkt die Arme hinter dem Kopf, während er zuhört, und denkt, der Teil hätte in dem Märchen durchaus auch Erwähnung finden dürfen, der gefällt ihm ziemlich gut.


Nach Sonnenaufgang erreichen sie wieder die Einsiedelei. Die Changelings halten sich zwischen den Felsen versteckt, und beobachten. Til hat gesagt, er will ‚den Geschehnissen ermöglichen, sich am Schluss von selbst zu entfalten‘. Ohne, dass dann noch jemand dazwischen funkt. (Mehrmals hoppeln dennoch einzelne Bunnies neugierig aus der Deckung heraus, und er muss sie schnell wieder einfangen.)

Schließlich ist die Silhouette des Wanderers im Morgenlicht zu sehen. Die Einsiedler sehen ihm entgegen. Der Moment zieht sich ziemlich lange. Til führt sich vor Augen, dass Rapunzel und ihr einstiger Prinz einander seit über einem Jahr nicht mehr gesehen haben — kein Wunder, dass sie nicht auf ersten Blick wissen, wem sie da jeweils gegenüberstehen. Ihre Silhouetten werden sich völlig verändert haben, ihre Gangart, ihre Bewegungsmuster. Dann aber setzt sie ihre Kinder behutsam ab, und läuft auf die sich herantastende Gestalt zu, zuerst nur leicht beschleunigt, ahnungsvoll. Dann so schnell sie kann. Sie macht irgendeine Art heiseres Geräusch, ein unartikulierter Laut des Wiedererkennens, der erinnert mehr an ein verwundetes Tier als einen Freudenschrei.
„Wir müssen näher ran!“, sagt der Kindling, „Schnell! Jetzt müssen sie sich in die Arme fallen, und sie muss auf seine ausgestochenen Augen flennen, und dann muss er durch ein Wunder wieder sehen können!“
Til legt ihm eine Hand auf die Schulter, und sagt, „Vielleicht lassen wir sie mal einen Moment ungestört ...“

Das ist der vorletzte Milestone für die Fortschritt-Leiste, jetzt ist die
Queste (Gefahrvoll): Rapunzel und ihren Königssohn wiedervereinen, um den verborgenen Feen-Hofstaat zu finden
bei acht Fortschritt. Da mache ich doch mal den Move Fulfill Your Vow. Es wird nur ein Weak Hit, denn einer der Challenge Dice zeigt eine Acht. Oh, spannend: Das bedeutet, die Queste ist zwar abgeschlossen, aber die Aufgabe hat mehr Facetten als ursprünglich gedacht. Das machen wir dann so:

Die Changelings beobachten, wie Rapunzel ihren Liebsten in die Einsiedelei hinein führt, und er sieht zum ersten Mal seine Kinder, die Zwillinge, und hebt sie vorsichtig nacheinander hoch, um sie genau anzuschauen.
„Scheint also tatsächlich schon wieder zu klappen, mit dem Schauen“, stellt Lobo zufrieden fest.
„Oder er war nie wirklich ganz und gar blind! Alles psychosomatisch“, flüstert Til.
„Psycho-was?“
„Selbstbeschiss! Eine Lüge, die er sich selbst erzählt hatte die ganze Zeit!“
„Pah, Schwachfug. Das würde ja bedeuten, dass Rapunzels Tränen überhaupt nicht magisch sind. Glaube ich nicht!“
„Magisch sind die wohl in jedem Fall, Kurzer.“
„Wie meinst'n das?“
„Na, psychologische Magie ist ebenso gut wie arkane Magie.“
„Du bist'n ziemlicher Laberkopp, manchmal, Mister.“
„Hab' ich mir noch nie sagen lassen müssen bisher. In jedem Fall ist sie der einzige Mensch auf der Welt, der ihm helfen konnte. Darauf kommt's doch an, nicht?“, sagt Til, und er muss in dem Moment wieder an Jette denken, ein plötzliches Ziehen in seinem Herzen.
„Ja …“, seufzt der Junge, den Blick gedankenverloren auf die Menschen gerichtet.
Til sieht etwas verblüfft auf ihn herab. Das klang ja beinahe so, als würde er auch an eine Verflossene denken. Wie alt ist der Bengel? Doch nicht mal zehn! Der täte gut daran, mit diesen Dingen zu warten, bis er ein Teenie ist! Aber na ja, wo die Liebe hinfällt …

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Am Nachmittag trauen die beiden Wechselbälger sich wieder zu den Menschen, während die dabei sind, sich bröckchenweise alles gegenseitig zu erzählen, was geschehen ist, seit die Ziehmutter in ihrem Zorn Rapunzel die langen Haare abgeschnitten hatte. Dicht an dicht sitzen sie vor einer der erbärmlichen Hütten.
Til begrüßt die beiden etwas schafhaft, und Rapunzel stellt ihnen ihren Liebsten vor, Henrich. Der ist etwas erschrocken, Männer mit Tierfellen zu sehen, immerhin ist er christlich erzogen worden; aber Rapunzel weiß ihn zu beruhigen.
„… Wir wollten Dich darum bitten, uns hinauf zu dem versteckten Bergpfad zu bringen“, erklärt Til, „Bevor wir alle miteinander diesen Ort verlassen, wollen wir unbedingt noch mit den Leuten dort oben sprechen.“
„Ja, gewiss“, sagt Rapunzel, und fragt dann verblüfft, „Aber … diesen Ort verlassen?! Wie das?“
„Nun, Dein Henrich ist ein Königssohn! Ihr könnt doch jetzt endlich zurückkehren, zu den Menschen!“
„Oh, aber nein“, sagt Rapunzel kleinlaut, „Das würde die Frau Gothel nie erlauben. Ihr seht ja, was letztes Mal geschah, als wir ungehorsam zu ihr waren. Wir bleiben natürlich hier.“
„Gemeinsam können wir alles überstehen“, sagt der Königssohn, „Selbst hier draußen in dieser Einöde unser Leben zu fristen!“
Die beiden Changelings gucken sich ratlos an.
„Kannst Du das fassen?“, fragt Til auf Englisch.
„Nein.“
„Unfassbar, oder?“
Nein, Mister, ich kann das nicht fassen, weil ich’s nicht verstehe! Die reden doch Sauerkraut-Sprache! Was weiß ich, was die gesagt haben?!“, braust der Junge auf.
Til übersetzt also.
Der Kindling poltert gleich weiter, „… Aber das geht doch nicht! Die können nicht hierbleiben, jetzt muss doch das Glücklich-Bis-Ans-Ende-Ihrer-Tage kommen!“
„Ja, aber es ist genau, wie Du sagst, Kurzer! Wir müssen zwischen den Zeilen lesen bei dem Märchen. Das, was im Hintergrund vorgefallen ist, wurde nicht überliefert. Wie zum Beispiel dies hier auch. … Warum sollten die Sidhe diese Menschen denn gehen lassen, jetzt wo die so prima wiedervereint sind? Für die ändert das doch nix!“
„Dann müssen wir sofort los, und das mit denen aushandeln, Mister Til!“
„Du sagst es!“

Das bedeutet die nächste
Queste (Unliebsam): Dafür sorgen, dass Rapunzel und ihre Familie nach Hause zurückkehren können.

Also lassen sie sich von der Einsiedlerin den Weg hinauf in die Felsen zeigen. Rapunzel macht aber, dass sie zurück zu den Hütten kommt, sie wagt es nicht, den Kithain entgegen zu treten, und sie will auch schleunigst zurück zu ihrem Liebsten.
Als die beiden Wechselbälger den schweren Türklopfer betätigt haben, weht ein kleiner Wirbelwind aus Wüstensand auf den Wehrgang über dem Tor. Dort verdichtet er sich heulend, und hat ganz plötzlich menschenähnliche Gestalt! Es ist ein junger Mann mit bronzefarbener Haut, und dunklen Augen. Mit einem seltsamen Lächeln und tiefgründigem Blick schaut er auf die zwei herab.



Der Kundschafter des Feenhofes im Ödland


„Wow“, macht Til verblüfft, „Das war spektakulär! … Sind Sie … sind Sie ein Sidhe?“
„Ich, Fremder, bin Enkhadamarāh. Die Sidhe regieren hier, das wohl. Ich aber bin vom Volke der Eshu. Was ist Euer Begehr, sagt schnell, auf dass ich es den Herrinnen in diesem Hause berichte?“
„Oh, ähm. Wir möchten gerne eine Audienz.“
„Ich gewahre, wer Ihr seid! Ihr seid uns gestern zuvorgekommen. Wir waren gerade dabei, den kläglichen Sterblichen zur Hilfe zu eilen, als sie von den Vögeln Roc verschleppt waren.“
„Echt? Wir dachten …“
„Wir sind der Sicherheit der Sterblichen am Fuße dieses Felsens verpflichtet. Ihr habt unsere Arbeit für uns verrichtet, und das ehrt Euch.“
„Dürfen wir rein? Darum geht’s uns nämlich. Wir müssen mit der Sidhe reden, die von den Sterblichen Frau Gothel genannt wird.“
Enkhadamarāh versetzt, „Das geht nicht, denn die hochwohlgeborene Dame daselbst ist nicht da! Ihr werdet mit den Statthalterinnen Vorlieb nehmen, Pooka!“
„Okay.“
„Sprich' deutlich; willigst Du ein?“
„Okay soll soviel heißen wie alles klar! Das ist Finnisch! Klar, ähm, wohlan, wir willigen ein!“

Soundtrack: Howard Shore, Main Title from Ed Wood
https://www.youtube.com/watch?v=PWqx5MtfrEg

Der dunkelhäutige Eshu klatscht herrisch zweimal in die Hände. Die massiven Holzplanken der Eingangstür geraten daraufhin ruckartig in Bewegung, und hölzerne, geschnitzte Füße kommen an ihrer Unterseite zum Vorschein. Trappelnd und scharrend schiebt das schimärische Tor sich selber auf, mit seinen Holzfüßen! Die Reisenden staunen. Der Blick in einen weiten, gemauerten Innenhof wird frei. Wüstenstaub liegt hier überall verteilt. Die Mauerwerke wirken eher gothisch, und recht düster.

Til sieht hinauf zum Wehrgang, aber Enkhadamarāh ist plötzlich wieder verschwunden, vielleicht wieder als Wüstenwind davon geweht. Es bleibt ihnen nicht viel anderes übrig, als einfach einzutreten! Hinter ihnen trappeln die vielen Füße, und das Tor kracht wieder zu. Til spürt, wie der Junge ihn bei der Hand nimmt, wahrscheinlich ist ihm etwas mulmig, und das passt Til ziemlich gut, denn ihm selber ist auch etwas mulmig. Dann nimmt Lobo seine Hand aber schnell wieder weg, und legt sie stattdessen tapfer auf den Griff der magischen Keule an seinem Gürtel. Er setzt ein unerschrockenes Gesicht auf. (Er hat schließlich nicht den Luxus, schwer durchschaubare Hasen-Gesichtszüge zu haben.)

Eine der dunklen Türen zum Innenhof öffnet sich, und drei sehr schmale, magere Frauen treten hervor. Sie sind sehr blass und wären sehr schön, wenn nicht ihre Augäpfel pechschwarz wären und ihre Finger knochig und krallenförmig! Mit einem höflichen, aber konspirativen Lächeln treten sie — genau synchron in ihren Bewegungen — auf die Besucher zu.

Ich würfle für Tils neuen Freund Intelligenz+Gedenken gegen Achter, vielleicht fällt ihm ja zu diesem Hofstaat das eine oder andere Detail aus einem seiner Vorleben ein: Wow, drei Erfolge!
Unwillkürlich wispert er Til zu: „Jetzt weiß ich’s wieder! Das sind die drei Statthalterinnen, sie sind vom Kith der Sluagh! Die in der Mitte wird Greyndelynn genannt.“

Und da der kleine Tausendsassa gleich drei Erfolge hatte, gönne ich uns außerdem noch einen Orakelspruch dazu: Die Würfel sagen, Surrender Religion.

Der Junge fügt flüsternd noch hinzu, „Sie sagt es heutzutage keinem, aber sie will vor allem die neueren Religionen bei den Menschen ausmerzen! Sie will insgeheim alle zu den Bräuchen der Kelten zurück führen! Und zum Tragen keltischer Hutmode!“
„Aber sie trägt ja selber keinen Hut!“
„Das ist ein Trick. Still jetzt! Erinner' Dich, Mister, Sluagh haben verdammt scharfe Sinne!“

Die beiden verharren also und straffen sich etwas. Die drei dünnen Frauen machen in der Mitte des Innenhofs Halt, und mustern sie.
Eine von ihnen flüstert, „Willkommen im Hause Merygmarh, Fremde!“
„… Fremde …“, raunen die anderen beiden gleichzeitig, monoton.
Im Gegensatz zu den menschlichen Figuren in diesem Märchen, die nur altdeutsch reden, scheinen sie des Englischen mächtig zu sein, auch wenn es sehr unmodern klingt.
Til läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Warum flüstern die nur?
„Danke! Wir begehren eine Audienz!“, sagt der Kindling an seiner Seite tapfer.
„Willkommen zurück, kleiner Mann! Du warst lange nicht mehr hier!“, zischelt die Linke.
„Ich erinner' mich genau!“, sagt er übertrieben großspurig, „Und Ihr wart sicher auch damals wunderköstliche Gastgeberinnen, allesamt!“
„Nichts hat sich verändert! Die Geschichten wiederholen sich …“, zischelt die Rechte, „Tretet ein, Wanderer!“
Til kommt nicht umhin, zu fragen, „Äh … heißt es nicht, ‚die Geschichte wiederholt sich‘?“
„Nein. Kommt, tretet ein.“

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Die Statthalterinnen im Namen der Sidhe sind sogenannte Sluagh


Was wollen sie denn, diese drei Sluagh? Endure Strategy, sagt das Orakel dazu. Das ist einfach, dann wollen sie die beiden Gäste einfach strategisch hinhalten.

Die Sluagh vom Hause Merygmarh
Attribute: Geschick 3, Konstitution 3, Stärke 1, Charisma 3, Erscheinungsbild 3, Manipulation (Faktenverdrehen) 4, Geistesschärfe 3, Intelligenz (Klassische Belesenheit) 4, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Athletik 2, Aufmerksamkeit (Spitzfindigkeit) 4, Ausdruck 3, Ausweichen 3, Empathie 3, Gewahren 3, Handgemenge 3, Überzeugen 3; Etikette (Höfisch) 4, Handwerk 1, Heimlichkeit 3, Überleben 1, Tierkunde 1; Enigmas 3, Geisteswissenschaft 2, Gesetz 2, Gremayre (Keltische Legenden) 4, Linguistik 2, Politik 3, Nachforschung 3
Hintergründe:
 • Gefolge (Erbärmliche Einsiedelei) 3
 • Ressourcen (Haus Merygmarh) 3
 • Titel (hohe Damen) 2
Aspekte:
 • Berechnende Verschwörerinnen +2
 • Jahrtausendealte Loyalität zu den Sidhe +2
 • Ritsch-Ratsch machen die Fingerkrallen +1
 • Versteckte Bibliothek voll Geheimwissen +1
 • Wollen das Keltentum zurückbringen
 • Sadistisch veranlagt
Künste: Chicanery 4, Chronos 3, Contract 1, Naming 1, Soothsay 2, Winter 3
Reiche: Actor 3, Fae 3, Prop 3, Scene 4, Time 3
Glamour: 7
Willenskraft: 7
Ausrüstung: Wahrsage-Knöchelchen, altmodische Karten, zerbrochene Handspiegel, Nagelfeilen zum Schärfen der eigenen Krallen, widerliche Zauberzutaten wie getrocknete Kröten, leicht gebrauchte Glasaugen, und ausgerissene Zehennägel.


Als sie an den dreien vorbeigehen, tuschelt die eine zur anderen, „Riechen Deine Nasenlöcher dasselbe wie meine?“
„Ich rieche, rieche Menschenfleisch, liebe Schwester“, wird zur Antwort geflüstert.
„So meine ich auch! Sie sind nur zur Hälfte Kithain. Ihnen haftet der Geruch von Zeit an, von süßer Vergänglichkeit …!“
„… Süße Vergänglichkeit“, haucht die Dritte.
„Wie nennt Ihr Euch?“, fragt eine der Damen leise, als die Gäste ins düstere Innere eintreten.
„Ich bin Lobo!“, lügt der Kindling sofort, „Und das ist mein Freund Sauerkraut!“
Til guckt ihn an, halb amüsiert, halb entsetzt, niemand sollte seiner Meinung nach Sauerkraut heißen müssen.
„Es geziemt sich natürlich, zu einem Umtrunk zu laden …“, wispert eine der drei.
„Eure Kehlen müssen staubtrocken sein …“, flüstert die Zweite.
„Halbtot müsst Ihr sein vom Marschieren durch das gräßliche Ödland …“, zischelt die Dritte.
„Ähm, ja, das wäre nett!“, sagt Til höflich.
„Wir haben noch einen vorzüglichen, dunkelroten, süßen, dicken Wein“, raunt eine.
„Kein Wein für den Kleinen! Der bekommt Limonade, was anderes trinkt der nicht!“
„Äh, also“, versucht der Kindling auch mal was zu sagen.
„Neumodischer Schnickschnack aus der Herbstwelt! Derartiges halten wir nicht vor, auf dem Hause Merygmarh!“
„Limonade gibt’s aber schon … seit den, äh …“, sagt Til, aber da hat er keine Chance, damit kommt er nicht weiter.


Also nippen sie an den Gläsern mit leicht naturtrübem Wasser, die man ihnen vorgesetzt hat. Der Speieseraum ist ähnlich düster und voller Spinnweben wie die anderen Räumlichkeiten. In dem von Spinnweben bedecktem Gebälk flattern immer mehr Fledermäuse dazu, und hängen sich an die Decke, wie um heimlich der Unterredung zu lauschen.
„... Wenn Ihr eine Bitte vortragen wollt an unsere Herrinnen von den Sidhe, dann sprecht nur rundheraus“, flüstert die eine, „Wir werden es an sie weitertragen. Beizeiten.“
„Äh, nun ja, also … unser Ansinnen kann leider nicht warten, hohe Damen“, sagt Til, „Und auch wir sind beauftragt von den Sidhe, einem sehr mächtigen Regenten sogar, höchstpersönlich. Wir müssen nämlich die armen Tröpfe dort unten in der Einsiedelei in die Freiheit führen.“
Die drei unterdrücken ein Kichern, erst die eine, dann die andere, dann die letzte, der Impuls scheint von Gesicht zu Gesicht zu wandern. Lobo erschaudert, er scheint sich vage an diesen Manierismus zu erinnern, von seinem letzten Besuch in einem Vorleben.
„Die Sterblichen gehören der hochwohlgeboren Dame, der Sidhe-Herrin“, raunt eine der drei Sluagh, „Es ist nicht möglich, sie freizukaufen. Sie sind Gefangene.“
„Zum Leiden und zur Sehnsucht geschaffen …“, tuschelt eine andere.
„Und leiden und sehnen, das sollen sie …“, wispert die letzte.
„Aber die haben doch alle mehr als genug geschmachtet mittlerweile“, sagt Til empört, „Und Ihr wisst doch wahrscheinlich, wie die Geschichte auszugehen hat!“
„Wieso? Es gibt nichts Ergreifenderes als ein tränenreiches Ende!“, säuselt eine der Sluagh süßlich.
„… nichts Romantischeres als ein dramatisches Schicksal!“, ergänzt eine andere.
Til lenkt ein, „Aber wir müssen doch zusehen, dass die Geschichte so ausgeht, wie sie ausgehen soll!“
„Wandel ist gut“, raunt eine der Sluagh, „So sagt der Codex des Finsteren Hofes. Also weichen wir diesmal ab von der immergleichen Trostlosigkeit der Wiederholung. Was sagt Ihr dazu, Schwestern?“
„Jaaa …“, tuscheln die beiden, „Wandel ist gut!“
„Aber das ist doch gemein“, sagt Til säuerlich, „Die arme Rapunzel! Die hat ihr Leben lang eigentlich nichts gemacht, was verwerflich gewesen wäre. Sie ist ja nur ihrer Natur gefolgt, irgendwann sind junge Leute nun mal groß, und wollen ihre eigenen Pläne machen, und das Nest verlassen.“
„Dadurch hat sie unsere Herrin die Sidhe verraten!“, zischt eine Sluagh.
„Das steht einer Sterblichen nicht zu, besonders nicht einer, die ewige Treue geschworen hat!“, flüstert eine andere.
„Aber die Sidhe konnte doch nicht von Rapunzel verlangen, ewig im Turmzimmer zu bleiben!“, protestiert nun Lobo.
„Die Feen können verlangen, was sie wollen!“, flüstert eine Sluagh.
Til ereifert sich, „Aber Moment! Das ist jetzt alles nicht ganz logisch, wie Ihr argumentiert, hohe Damen. Da habt Ihr aber eben selber noch das Gegenteil gesagt! Euer Finsterer Codex besagt, ‚Wandel ist gut‘, ja?“
„… Der Codex des Finsteren Feenhofes …“
„Ja, okay. Dann war es aber genau das Richtige, demnach, wenn die heranwachsende Rapunzel auch mal über die Strenge schlägt! Ihren eigenen Weg geht! Und wenn sie sich heimlich einen Macker sucht, dann kann sie das machen, Eurem eigenen Codex gemäß!“
Der Kindling lacht, und bestätigt, „Ja, das stimmt! Sage ich doch die ganze Zeit! Also hat sie nix falsch gemacht, und die Frau Gothel, oder wie auch immer der ihr echter Name ist, muss sie gehen lassen!“
Die drei aschfahlen Schwestern schweigen verstimmt, und mustern die Gäste.
„… Der Codex der Finsteren Feen gilt nur für das Finstere Feenvolk. Nicht etwa für deren sterbliches Gesinde! Welch ein Unsinn, dafür streiten zu wollen!“, flüstert die eine.
„Außerdem springt unsere Sidhe-Herrin zwischen den Erben, und zollt dem Finsteren wie auch dem Lichten Hof Respekt!“, ergänzt eine andere.
„Ah, ich hatte mir doch schon gedacht, dass Ihr Euch früher oder später in solche Ausflüchte flüchten würdet, meine Verehrtesten!“, schmunzelt Til.
Die mittlere Sluagh stützt einen ihrer knochigen Ellenbogen auf den Tisch, und streckt ihren hübschhäßlichen Kopf an ihrem dünnen Hals etwas vor, und zischt, noch gedämpfter jetzt, „Ganz ehrlich gesprochen, Herr Pooka, wir finden gar nicht lustig, dass der Königssohn an unseren Knochengängern vorbei gelotst wurde. Dies galt es seit Monaten für uns zu verhindern. Unser Kundschafter Enkhadamarāh hat uns zu berichten gewusst, dass Ihr beide dahinter steckt!“
Ihr habt die Lulatsche geschickt?!“, fragt Lobo entgeistert.
„Natürlich! Seit Jahrhunderten sind sie loyale, willfährige Vasallen unseres Hauses und Hofs!“
„… Wir haben Rapunzel vor fremdem Zugriff zu beschützen …“
„… Sie darf nicht gestört werden beim Ableisten ihrer Strafe, hier draußen …“
„Gibt es keine anderen Feen hier, die Fürsprecher sein könnten für Rapunzel?“, fragt der Kindling. Til meint, irgendeine Art List herauszuhören aus seinem Tonfall, eine Art Hintergedanken.
„Ich mein': Die, die den Sterblichen unter dem Namen Frau Gothel bekannt ist, die ist doch nicht die einzige Sidhe! Und wenn die grade nicht hier ist, kann vielleicht eine andere entscheiden!“
Ja, stimmt, fällt Til nun ein, der verlorene Junge scheint nach jemandem bestimmten zu suchen, darum ist er ja überhaupt eigentlich hier.
„Keine Feen sind hier, außer uns“, wispert eine der Sluagh, „und dem getreuen Enkhadamarāh.“
„Sind wirklich keine anderen Sidhe da? Vielleicht Gäste, oder Schützlinge?“
Die drei Schwestern schütteln die Köpfe, „… Selbst wenn das so wäre: Nur unsere Herrin selbst hat hier die Befehle zu geben.“
„Aber man kann doch vielleicht eine Ausnahme machen“, lenkt Til ein, „Dies sind, äh, turbulente Zeiten! Die Leute vergessen die alte Art und Weise des keltischen Brauchtums, nicht wahr. Hier, und in den Endlosen Wäldern. Und von der Herbstwelt ganz zu schweigen! … Überall wo man nur hinguckt Christentum!“

Vielleicht beißen die drei Schwestern da ja an, immerhin hat das Gedenken des Kindlings uns vorhin gesagt, dass zumindest eine der drei dies als ihre wichtigste Angelegenheit sieht!

„Das Christentum ist kaum noch das Problem“, raunt eine der drei, „Das Allsehende Auge und das blitzende Netzgespinst sind eine viel stärkere Religion geworden in der Herbstwelt. So heißt es zumindest!“
„Viele unserer Spione sind niemals zurückgekehrt …“, krächzt eine andere der Sluagh.
„Sie gehen zugrunde, sobald sie die Herbstwelt auch nur betreten …“, zischt die dritte.
„Der Winter ohne Ende naht!“, haucht die erste wieder.
Til fragt befremdet, „Allsehendes Auge? Blitzendes Netz? Meint Ihr etwa … Fernsehen und Internet? Das ist doch keine Religion.“
„Wir kennen nicht jene Worte, die Du uns nennst.“
„Na gut. Vielleicht können wir ja handeln!“, sagt Til.

Dieses Gespräch sollte den Hintergrund liefern für einen Compel-Move. Ich würfle für beide SCs Charisma+Überzeugen, und Til bekommt obendrauf seinen Aspekt-Bonus ‚Abgeklärt, wünscht allen Leuten insgeheim Gutes‘. Für beide haue ich einen Willenskraft-Punkt für einen Reroll raus, da steht schließlich einiges auf dem Spiel, und komme am Ende auf insgesamt neun Erfolge! Die Challenge Dice machen dies allerdings lediglich zu einem Weak Hit. Das ist aber total stimmig, denn bei Compel heißt der Weak Hit, dass die SCs Zustimmung bekommen — aber nur im Gegenzug für einen Gefallen ...!

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Dann ist das ein erster Milestone für unsere neue
Queste (Unliebsam): Dafür sorgen, dass Rapunzel und ihre Familie nach Hause zurückkehren können.

Die drei Sluagh-Schwestern bitten sich mit ungnädigem Gewisper Bedenkzeit aus; sie fühlten sich ermattet, sagen sie, und bräuchten Ruhe.

Aber ungesehen von den anderen beiden lotst die eine Schwarzhaarige die Besucher in ein kleineres, anderes Zimmer. Das ist diejenige, deren Name dem Jungen wieder eingefallen war, als er sie vorhin wiedergesehen hatte.
„Wir spüren den Zugriff der Herbstwelt und das Nahen des Winters ohne Ende, selbst hier draußen, in dieser abgelegensten aller Einöden!“, zischt sie aufgeregt, nachdem sie leise und sorgfältig die Eichentür zugeschoben hat, „Meine Schwestern, oh, sie dürfen nichts davon wissen, denn sie haben allzu schwache Nervenkostüme! Reden wir einmal darüber, Fremde, ich bitt' Euch!“
„Ja, klar doch!“, sagt der Kindling enthusiastisch.
„Immer noch so ungestüm wie früher!“, zischt die Sluagh, „Ganz der Alte. Nur warst Du früher größer, sehr viel größer! ... Senkt ja Eure Stimmen! Meine lieben Schwestern haben äußerst feine Ohren, so wie ich!“
Til flüstert also, „Seid Ihr bereit, mit uns zu Handeln, hohe Dame?“
„Womöglich. Mit dem Winter ohne Ende, oh Reisende, kommen seine Nutznießer, widerwärtig, wie die Geier.“
„Grimgoromn!“, keucht Til, „Mit seinen schwarzen Reitern!“
„Nein, nicht direkt“, wispert sie, „Sondern vielmehr deren schändliche Verbündete. Sie stehen im Bunde mit Grimgoromn, aber auch mit den Herbstwelt-Kräften, die wir als das Allsehende Auge kennen!“
„Wie kann das sein?“, fragt Til verwirrt, „Es gibt ja wohl kein Fernsehen im Träumen?“
„Ich weiß es nicht zu sagen, Herr Pooka. Unsere Mythen und Sprachen kennen nicht die Schrecken aus der Herbstwelt. Ihr aber seid gegen sie gefeit! Gehüllt in Menschenfleisch!“
„Uäh“, macht Lobo, die Wortwahl kommt ihm nicht sonderlich feierlich vor.
„Schweig' still! Gehet hin, und holt mir Kunde ein von jenen Kräften, die sich in diesen Teilen des Fernen Träumens herumtreiben … suchend … lauschend … wie ein namenloser Schatten des Allsehenden Auges und der Gier der Menschen …“
„Gier der Menschen?“, fragt Til.
„Sie ist bodenlos“, wispert die Sluagh unheilvoll, „Heute wie damals. Was glaubt Ihr wohl, warum Rapunzel solch einen großen Wert für meine Herrin hat?“
„... Weil sie schön ist! Das schönste Kind unter der Sonne, so steht's geschrieben …“, raunt Til.
„Nein! Weil sie die Verkörperung der menschlichen Gier ist! Aus Gier geboren, dem Verlangen ihrer Eltern nach dem, was sie nicht haben konnten oder was ihnen nicht zustand! Die Rapunzeln aus den verzauberten Gärten der Sidhe haben sie geraubt, mehrmals, weil sie nicht davon lassen konnten! Ihre magische Wirkung hat ihre Unfruchtbarkeit behoben, und gemacht, dass das Kind Rapunzel empfangen werden konnte! Für die Selbstsucht ihres Vaters, für die Schonung seines eigenen Lebens, gab er das Kind her, versprach es meiner Herrin! Sie hat Rapunzel als ihr eigenes Fleisch und Blut großgezogen, verborgen vor der Welt der Sterblichen, um sie vor der menschlichen Gier zu schützen, aus der sie selbst ja hervorgegangen war. Und wozu? Oh, nur, um von dem Mädchen daselbst verraten zu werden!“, und die Sluagh legt sich dramatisch den Handrücken mit den schrecklichen Krallen vor die Stirn. Eine theatralische Geste, die Til vorher noch niemals so unironisch gesehen hat.
„Aber Rapunzel wird nicht von Gier angetrieben“, flüstert Til, „Wir haben ja tagelang, wochenlang, Gelegenheit gehabt, sie kennenzulernen, und in dieser Einsiedelei zu beobachten. Diese Frau, hohe Herrin, kümmern nur ihre Kinder, ihr Liebster, und das nackte Überleben! Und vielleicht noch der alte Wilhelm. Das hat nix mit Gier zu tun! Das ist wahrhaft tugendreich. Und wenn Eure Herrin halb auf der Lichten Seite steht, und Tugend sie auch nur ein wenig kümmert, wie Ihr uns sagt, dann muss sie Mitgefühl haben! Dann muss sie die Einsiedler neu betrachten, und einsehen, dass es keine verwerflichen Gefühle sind, welche diese antreiben, und welche sie am Leben halten!“
Und der Kindling fügt flüsternd hinzu, „Ihr müsst für uns ein gutes Wort bei Eurer Herrin einlegen, Greyndelynn!“
Die Sluagh weicht zurück, als wäre sie von einer Peitsche getroffen worden, und schlägt sich die Krallenhände vor den Mund. Sie starrt den Jungen an. Der guckt selber überrascht: Til nimmt an, er hat den Namen der Sluagh nicht aus taktischen Gründen verwendet, sondern dass er ihm nur rausgerutscht ist. … Ob das wohl ihr geheimer Feenname ist?, fragt Til sich.

Diese Szene ist die Basis für einen weiteren Compel-Move! Ich komme auf acht Erfolge bei Charisma+Überzeugen+Abgeklärt-Aspekt für Til, und Geistesschärfe+Überzeugen bei seinem Begleiter. … Ja, Strong Hit! Greyndelynn ist vollständig überzeugt.

Sie haucht, zitternd wie Espenlaub, „Du … Du hast mir damals geschworen, diesen Namen nie jemandem zu verraten, kleiner Mann! Du sagtest, Du würdest dieses Versprechen für immer und ewig bewahren …!“
„Äh? Aber … Ich …“, stottert er, mit einer so heftigen Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Die Sluagh fasst sich sofort wieder, „Schon gut!“, und ihre pechschwarzen Augen huschen scheinbar zwischen den beiden Fremden hin und her, „Du bist eben ein Pooka, es ist Deine Natur … Es sei … Ich werde Euch helfen, meine Sidhe-Herrin zu überzeugen! Rapunzel soll freigegeben werden.“

Klasse, das ist unser zweiter Milestone. Und da die Queste ja nur eine Verlängerung der vorigen war (aufgrund des Weak Hit bei deren Abschluss-Move Fulfill Your Vow) habe ich sie ja nur als Unliebsam definiert, das bedeutet gleich drei Fortschritt pro Milestone, da sind wir bei sechs. Mehr scheint es hier nicht zu tun zu geben. Versuchen wir also den Fulfill-Your-Vow-Move: Leider eine Sechs und eine Zehn, um ein Haar am Weak Hit vorbei. Dann ist das ein Fehlschlag: Entweder werden die Sluagh die SCs betrügen, um ihrer Herrin zu gefallen, oder die Einsiedler werden vielleicht stattdessen ganz hinaus getrieben in die Wüste. Das setzt unseren Fortschritt von sechs auf eins zurück, und erhöht den Rang der Queste um eins, also ist dies nun die
Queste (Gefahrvoll): Dafür sorgen, dass Rapunzel und ihre Familie nach Hause zurückkehren können.

„Und wir helfen im Gegenzug Euch gegen diese namenlosen Spione in Eurem Gebiet“, nickt Til.
„Würdet Ihr das tun …?“, haucht die Statthalterin.
„Klar!“, nickt der Bären-Junge eilfertig, scheinbar würde er seinen Schnitzer von eben ihr gegenüber gern wieder gutmachen.
„Dies bedeutet eine Reise für Euch an den Rand unserer Ländereien. Die schwarzen Reiter Grimgoromns sind dort gesehen worden. Aber das Herrscherreich Grimgoromn sind nicht diejenigen, die ihre Hände nach uns ausrecken. Hier sind die schwarzen Reiter nur die Verbündeten einer anderen Kraft, die aufgescheucht wurde vom nahenden Winter ohne Ende. Vielleicht gar einer Macht, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Winter steht …! Sehr Euch vor! Nur Ihr werdet begreifen können, was da zu sehen ist, denn Euer Blick ist geschult durch die absurden Eindrücke aus der Herbstwelt, in die es Euch verschlagen hatte! … Enkhadamarāh wird Euch dorthin führen …“
Die beiden Reisenden nicken tatendurstig.


Vorerst ist es aber finstere Nacht, und die Statthalterinnen bieten ihnen natürlich Unterkunft an.
„Wir sollten vielleicht lieber unten in der Einsiedelei schlafen!“, raunt der Kindling Til zu.
„Traust Du Dich nicht, hier zu schlafen? Ist 'n bisschen gruselig bei denen, oder?“, flüstert Til zurück.
„Ich hab' bloss Angst um meine Ohrläppchen! Nicht dass die über Nacht, schnipp-schnapp-abgeschnippelt werden! Zuzutrauen wär's denen vielleicht!“
„Nicht so laut, die haben doch angeblich so gute Ohren, diese drei!“
Der Junge legt sich die Hand vor den Mund.
Dann aber bemerkt er, „… Ach so. Aber wir müssen hier übernachten, Mister Til.“
„Jetzt doch? Warum denn?“
„Weil … Du kannst Dich doch in eine Art Hasen verwandeln, oder? Du hast gesagt, Du bist ein Hasen-Pooka.“
„Ja, und?“
„Du musst spionieren gehen. Und die Kaninchen mit ausschicken!“
„Das ist bestimmt total gefährlich!“
„Ja, aber wir müssen doch wissen, ob das stimmt, dass keine Sidhe hier sind! Und mein Wolfs-Kumpan natürlich. Vielleicht werden die hier irgendwo versteckt! Oder sitzen sogar in einem Verlies bei Wasser und Brot, und schmachten!“
„Was?! Ich dachte, Niedzwiedz sei freiwillig hier?“
„Ja, ursprünglich! Aber jetzt ist er angeblich schon wieder weg, ohne auf mich gewartet zu haben? Kommt Dir das nicht komisch vor, Mister? Wir sollten heimlich alles nach weiteren Feen durchsuchen!“
„Ja, okay, Du hast Recht. Dann werden wir eben das Angebot annehmen und hier schlafen! Und gegen das schnipp-schnapp-Ohren-Abschnippeln setzt Du mal schön eine Nachtmütze auf!“
„Brauch' ich nicht!“
„Hast Du plötzlich doch Zutrauen gefasst?“
„Niemals! Ich tue einfach kein Auge zu! Ich bleibe die ganze Nacht wach!“


Also gut! Auf dem einen, kleinen Gästezimmer stopft Til kurz darauf seine Bettdecke aus, damit es aussieht, als läge da jemand drin, und verwandelt sich in seine Feldhasen-Gestalt.

Ich mache einen Gather-Information-Move, um das schlafende Haus zu durchkämmen. Der Hase ist ein weit besserer Schleier als der Hasenmensch. Er erzielt locker die Wurfresultate, die mir einen Strong Hit ermöglichen. Das gibt ihm einen Willenskraft-Punkt zurück und lässt ihn alles aufspüren, was es zu finden gibt.

Dazu will ich mal das Orakel befragen, und das sagt, dass tatsächlich keine Feen in dem kleinen Herrenhaus sind, ein Verlies gibt’s nicht (nur einen Verhörraum, der ein wenig an eine Folterkammer erinnert), und keine abgeschlossenen Geheimtüren oder sowas. Also keine mysteriösen Sidhe, wie die, nach denen der Bubi sucht, und auch keinen vermeintlichen Werwolf namens Niedzwiedz.

Was ist hier nachtsüber noch los? Das Orakel sagt, Protect Renown. Die Hausbewohner schützen das, wofür sie bekannt sind … damit müssen wohl die obskuren Bibliotheken und Schriftensammlungen gemeint sein:

Die Slaugh hüten derartige Einblicke offensichtlich eifersüchtig. Einige Türen von Studierzimmern sind nicht nur abgeschlossen, sondern sogar mit schweren Ketten und zusätzlichen Vorhängeschlössern gesichert. Tils feine Hasenohren sagen ihm aber deutlich, dass in jenen Zimmern nur Bücher eingesperrt sind, nicht etwa Leute.

Til verwandelt sich in seinem Kämmerlein zurück, und schleicht ins Nebenzimmer, um dem Jungen zu berichten. Sie können ja daraufhin direkt heimlich runter zur Einsiedelei, um da Schlaf zu finden. Er linst durch die Tür, und sieht wie der kleine Bären-Bubi in sein Gästebett gekuschelt ist, und hingebungsvoll schnarcht! Er hat nicht mal eine Nachtmütze über seine Bärenfell-Mütze gezogen, um seine Ohrläppchen zu schützen. Til muss kichern. Der Kleine sieht aus wie als wolle er Winterschlaf halten. Alles kein Wunder, sie haben letzte Nacht ja nur kurze Schlafpausen zwischendurch gemacht, als sie den Blinden her eskortiert haben, da muss jetzt ein wenig Defizit aufgeholt werden.


Am nächsten Morgen brechen sie mit dem Eshu namens Enkhadamarāh auf, hinaus in die Wüstenei. Er mustert die beiden weiterhin amüsiert und abfällig, mit seinen mephistolisch geschwungenen Augenbrauen.
„Ihr seid also vom Lichten Hofe, werte Gäste?“, sagt er zur Begrüßung.
„Ja, nee“, sagt Til, „Wir entscheiden uns alle Nase lang neu, ganz so wie Eure Herrin! Darum war sie uns ja auch von vornherein sympathisch!“
Der Eshu lacht ein leises, aber irgendwie grausam klingendes Lachen.
„Ich hörte, die Eshu sind sowas wie die Sidhe des Morgenlandes!“, lügt Lobo, „Stimmt das, Mister?“
„Oh, nein. Wir binden uns ungern an Sachen, Sahib. Schon gar nicht an Ländereien, wie die hohen Sidhe es tun. Unsere Ländereien: Die ganze Welt, und der gesamte Kosmos des Träumens! Niemand, Sahib, kommt so viel herum wie wir Eshu!“
„Wow!“, macht Til beeindruckt.
„Daher kennst Du auch das Versteck dieser Spione am Rand des Gebietes, richtig, Mister?“, fragt der Kindling.
„Ich bin der Kundschafter des Merygmarh-Hauses, sehr wohl. Aber ich warne Euch: So manch einen Unvorsichtigen habe ich über die Jahrtausende hinweg in die Irre geführt, so sehr, dass sie dem Wahn anheim fielen, oder gar die Sandwüste mit ihren bleichen Knochen dekoriert haben! Folgt mir, Wanderer — wenn Ihr könnt!“
„… Er ist auch vom Finsteren Hof, alles klar“, kommentiert Til, als die beiden sich beeilen, dem leichtfüßigen Sprint des Eshu hinterher zu kommen, hinaus ins offene Ödland …

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Da wir einen Eshu als Fremdenführer dabei haben — und die sind aufgrund ihrer Geburtsrecht-Sonderregel tatsächlich so ziemlich die besten Fährtenfinder des Universums — muss das kein Reise-Move sein, ich mache nur einen einzelnen Secure-An-Advantage-Move. Wahrscheinlich haben die schwarzen Reiter und ihre ominösen, neuen Verbündeten ihre Position noch nicht großartig verändert seit dem letzten heimlichen Besuch durch den Eshu-Kundschafter.

Ich würfle dafür also Wahrnehmung+Aufmerksamkeit für Til und Geschick+Heimlichkeit für seinen bärigen Begleiter. Sie erreichen einen Strong Hit. Dadurch manövrieren sich die Wanderer in eine vorteilhafte Position, und ich darf als Folge-Move direkt Gather Information dranhängen, mit Bonus.


Ein paar Stunden haben sie sich auf die Ewigen Wälder zu bewegt. Hier am Rande der Wüstenei ist es wieder bewaldet, aber noch nicht wieder grün: Die Felsenhügel sind bedeckt von tiefen, verdorrten Wäldern, blattlos und karg. Der Staub weht zwischen den knorrigen Baumwurzeln umher, anstelle von Gras. Erst tief in dem Gehölz sieht man die grauen Zelte und Kutschen der Reiter von Grimgoromn, und der anderen scheinbar menschenähnlichen Mitreisenden. Jede Menge Bäume haben sie dort bereits gefällt für ihren Lagerplatz.

Also mache ich meinen Folge-Move: Der Eshu dirigiert die anderen Schleicher lautlos auf einen hohen, flachen Felsen, von dem aus sie perfekt beobachten können. Durch den Strong Hit eben sinkt jetzt die Schwierigkeit der Würfe meiner SCs um eins. Dennoch kommen nur drei Erfolge zusammen! Und Willenskraft will ich ungern einsetzen, die beiden haben ja schlecht geschlafen, und je nur noch zwei temporäre Punkte übrig! Die Challenge Dice machen auch prompt einen Fehlschlag aus den drei Erfolgen. Da muss dann der Move Pay the Price folgen, für den würfele ich wieder nicht, an dieser Stelle kommt mir nur eine Negativkonsequenz logisch vor:

Eine ganze Weile liegen sie also erstmal platt auf den Bäuchen und lauschen und spähen. Der Junge wird ziemlich hibbelig dabei. Til entdeckt eine große, dunkle Kutsche, an deren Kutschbock zwei kleine, flache Schüsseln befestigt sind — die erinnern ihn tatsächlich an kompakte Parabolantennen! Aber irgendwie kann er sich nicht vorstellen, dass es derlei Technologie im Träumen geben kann. Andererseits … kann es hier nicht alles, aber auch alles geben, was erträumt werden kann?

„Sofort aufstehen! Wir haben Euch gefunden. Die Hände hinter die Köpfe, Ihr gottverdammten Maden!“, knurrt plötzlich eine Stimme, sie klingt blechern hinter einem Helmvisier. Alle drei fahren zusammen und springen auf! Da stehen zwei Geharnischte in grauen, zerlumpten Kapuzenumhängen hinter ihnen, beide mit Pfeilen auf den Sehnen ihrer Kurzbögen! Ein paar ihrer Harnischplatten lassen an die Panzer schwarzer Käfer denken.
„Wer seid Ihr? Offensichtlich Spione!“, knurrt der eine.
Mit erhobenen Händen sagt Til, „Keine Gewalt! Das ist Lobo, ich heiße Sauerkraut“, und er schiebt sich schützend halb vor den Jungen. Dann schaut er herüber zu dem Eshu, für den weiß er ja keinen Tarnnamen.
Der sagt grimmig, „Ich bin Enkhadamarāh. Einer der mächtigsten Kithain dieses Gebietes! Ihr solltet mich und meine Geschichten kennen!“
„Wir sind von weither, wir kennen niemanden diesen Namens, Eshu“, schnarrt einer der Wächter abfällig, „Und was die Machtverhältnisse dieser Ländereien hier draußen anbelangt, die werden sich ganz bald sowieso verändern!“
Enkhadamarāh mustert die Geharnischten zornig, für Til sieht sein Blick aus, als würde er im Kopf eine Palette von unterhaltsamen Todesarten für die beiden Ritter durchgehen!
„Sofort Abmarsch, Ihr Halunken“, befiehlt einer von denen, „Ihr habt heute gewählt, Euch dem Gesetz von Grimgoromn in den Weg zu stellen. Deswegen wird es Euch schlecht ergehen. … Grimgoromn, und seiner neuen Verbündeten!“

Sie führen die drei den Felsvorsprung wieder hinab. … Drei? Ja, tatsächlich, von den Kleinen Bunnies ist plötzlich nichts mehr zu sehen! Til atmet unmerklich auf: Vielleicht können sie ihnen sogar irgendwie helfen, wenn sie nur den rechten Moment dafür wählen! (Und wenn sie nicht irgendwo unterwegs was entdecken, das ihnen noch interessanter vorkommt …!)
Also werden die Gefangenen zu einem der Truppenzelte gebracht, und akribisch durchsucht, und all ihre Waffen werden ihnen abgenommen. Die beiden SCs gucken nervös ihre magischen Waffen an, die erstmal auf einen der Tische abgelegt werden.
Dann werden sie vor dem Zelt von Helebardenträgern bewacht, ebenfalls in den grauen Kutten und schwarzen Rüstungen, und sehr wortkarg. Der Bären-Junge sieht ziemlich verzweifelt aus, gestattet sich aber nicht, loszuheulen, mit eiserner Tapferkeit. Til nimmt irgendwann seine Pfotenhand, aber die Helebardenträger verbieten das, die wollen keine Tricks.

Tils scharfe Ohren nehmen irgendwann wahr, dass es eine gedämpfte, aufgeregte Unterhaltung in der Nähe gibt. Er lauscht konzentriert, und hört irgendwann eine merkwürdige Stimme sagen, „… Nein, ich werde sie höchstpersönlich anhören! Im Schlamm kriechen sollen die vor mir! Führt sie mir vor …“
Die Stimme klingt, als wäre es einstmals eine hohe Fistelstimme gewesen, und als hätten steigende Körpermasse und Trägheit sie verzerrt, so dass sie jetzt gleichzeitig hoch und tief klingt. Til erschaudert.

Kurz darauf erscheinen die Schergen, manche gehören zu den Geharnischten, manche sind einfache Packer und niedere Diener, und befehlen den drei Gefangenen, mitzukommen. Im Laufen nimmt Til doch den Jungen bei der Hand, sollen die doch meckern, wenn sie wollen. Sie gehen um einige der Truppenzelte und abgespannten Fuhrwerke herum. Abschätzige, verachtungsvolle Gesichter mustern sie von dort. Die große, dunkle Kutsche mit den runden, schwarzen Satellitenschüsseln scheint ihr Ziel zu sein, hier steht viel des bäuerlichen Gefolges herum. Die gucken nicht weniger sauertöpfisch drein. Alle Gespräche verstummen, und die Stille wirkt tödlich angespannt. Til begreift, als sie bei der Vorderseite des Wagens ankommen, dass es keine Antennen sind — und jetzt zucken sie auch mehrmals, wie lebendig.
„Willkommen! Willkommen in meinem Reich, Ihr Taugenichtse!“, sagt die widerliche, träge Stimme, die gleichzeitig fistelig und guttural klingt, „Es gibt nichts Schlimmeres als Spione in der Geschäftswelt! Tretet näher, dass ich Eure Visagen sehe!“
„Du?!“, fragt Til ungläubig.
„Wer, ich? Kennen wir uns?“, fragt die träge Stimme. Seine Augen sind sehr rotäderig und sehr müde, aber ein gieriges Glitzern ist darin zu sehen. Die Fettleibigkeit hindert das Wesen, das in der Herbstwelt ein Konzernmaskottchen ist, allzu komplexe Bewegungen zu machen. Es hockt auf dem Kutschbock als sei es eins damit.



Der Mammon-Mäuserich erscheint hier in diesem Teil des Träumens als recht garstige Schimäre


„Wieso Dein Reich!“, verlangt Enkhadamarāh zu wissen, „Dieses Reich gehört den Sidhe, und meiner Herrin!“
„Schweig! Wir mögen keine Widerworte. Arme Schlucker alle miteinander. Uh, wenn ich von Armut rede, wird mir übel …“, und die fetten Wurstfinger in den typischen weißen Cartoon-Handschuhen tupfen die spröden Lippen mit einem seidenen, schwarzen Taschentuch. Dann würgt das Ungeheuer grünliche, nasse Knollen hoch, einen ganzen Schwall, und schüttelt sie genervt von dem Taschentuch, sie klatschen in den grauen Schlamm vor der Kutsche. Es kotzt Dollarnoten, stellt Til erstaunt fest.
„Du bist der Sprecher von Euch dreien, ja? Du taugst am ehesten“, sagt der Koloss zu dem Eshu.
„Ich weigere mich“, knurrt Enkhadamarāh hasserfüllt, und beginnt leise murmelnd das Maus-Ungeheuer in einer vergessenen, orientalisch anmutenden Sprache zu beschimpfen und zu verfluchen.
„Du anderen beiden sind männliche Weiße“, rülpst das Ungeheuer, „mit denen rede ich heuer nicht. Das lohnt sich nicht.“
„Aber Du bist doch selber weiß“, sagt der Bären-Junge verblüfft, „Und fast alle Deine Diener sind weiß.“
„Schweig!“, grunzt der Fettsack, „Außerdem sind meine Ohren schwarz. Wie dem auch sei, ihr aus der Mode gekommenen Taugenichtse! Dies ist mein Territorium, und ich verlange von Euch Loyalität! Kniet nieder in den Schlamm, und bekundet mir Eure Treue. Und dann reden wir über Rapunzel.“
Dann kotzt er weitere Dollarscheine.
Die Helebardenträger hauen den dreien die stumpfen Enden ihrer Waffen in die Kniekehlen und stoßen sie auf Knien in den Matsch. Der Eshu spricht seine Verwünschungen lauter und noch energischer aus.
„Was willst Du von Rapunzel!“, verlangt der Junge zu wissen.
„Sie gehört natürlich mir! Ich habe sie gekauft, wie alles hier. Gebt sie heraus, dann werde ich Milde walten lassen.“
„Sie gehört den Sidhe!“, knurrt Enkhadamarāh zornig.
„Nicht mehr! Mir gehört alles. Alles, versteht Ihr, Ihr Lümmel!“
„Nur über meine Leiche!“, zischt der Eshu mit gefletschten, schneeweißen, und ziemlich scharf aussehenden Zähnen.
„Du gehörst zum Allsehenden Auge!“, entfährt es Til, mehr fasziniert als angewidert.
„Schweig!“, keucht das Maus-Ding, „Du kannst die Mächte, mit denen ich im Bunde bin, nicht einmal begreifen, Du Mittelalter-Überbleibsel! Ihr werdet Euch den neuen Zeiten schon anpassen müssen; die Herbstwelt verändert sich … Und es braucht Euch auch nicht zu kümmern, mit wem ich wirklich im Bunde bin! Mir habt Ihr Euch zu unterwerfen, mir … oh, da kommt wieder ein ganzer Batzen …!“, und er wendet sich ab, so gut seine Trägheit es zulässt, und göbelt nasses, grünes Papier neben den Kutschbock, dass Fäden ziehend an einem der Vorderräder kleben bleibt.
Til bemerkt vorsichtig, „Aber nur, dass es in der Herbstwelt eine Adaption dieses Märchens von Deinem Konzern gibt, heißt doch nicht, dass Du hier auch rumkutschieren darfst! Dies hier ist … sowas wie die Seele der Geschichte … oder sowas. Da hat niemand Rechte dran. Alles hier ist frei.“
„Unsinn!“, fährt der Eshu grimmig Til an, „Rapunzel ist nicht frei, sie gehört ihrer Herrin!“
„Äh“, macht Til.
„Die will ich schon sauber hinbekommen, zurechtbiegen werde ich die. Wo ist sie?“, tönt es vom Kutschbock.
Enkhadamarāh zischt ihm entgegen, „An einem Ort, den Du mit Dieser lahmen Schaukel für Deine unsäglichen Fettwülste in siebenmal sieben Jahren nicht erreichen könntest! Du weißt ja nicht einmal mehr, wie die Himmelsrichtungen sind, ohne auf einen Kompass zu schauen!“, und sein Tonfall klingt erneut, als würde er eine Verwünschung schleudern.
„Ich bekomme stets meinen Kopf durchgesetzt“, sagt der Mäuserich schleppend, „Ich kann Euch meinen zeitweiligen Verbündeten übergeben. Im Herrscherreich Grimgoromn wird man Euch alle Kunde entlocken, alles, wonach ich zu wissen trachte. Die Grimgoriminatori haben Mittel und Wege, alle Abweichler zum Gesetz zurückzuführen. Und ich und meine hohen Herren, wir können warten. Wenn es nach mir ginge“, sagt der einstige Mäuserich mit leicht überschnappender Stimme, „Würde man Euch gleich ganz umerziehen! Zwei von Euch dreien sind weiß, und alle sind männlich, das geht nicht, und Ihr seht aus, als wolltet Ihr obendrein Männer sein! Bewaffnet seid Ihr durch die Lande gezogen! Als gäbe es einen Feind niederzustrecken, was? Raufbolde, was? Wenn meine Damen und Herren Lehrmeister mit Euch fertig wären, aus den Reihen meiner Lakeien, daheim, dann wärt Ihr … dann ... dann wärt Ihr …?“
Das aufgeblähte Etwas rülpst, und würgt, und scheint um Worte verlegen.
„… Er weiß es selber nicht!“, zischt der Junge Til zu.
„Dürfen wir bitte mal aufstehen? Ist echt ziemlich kalt und eklig, der Matsch“, sagt Til.
Der einstige Mäuserich reihert einen nie dagewesenen Schwall Kotz-Dollars, und bedeckt damit den halben Kutschbock. Es heißt ja, Geld stinkt nicht, aber seine Magensäure stinkt ganz erheblich, leider.
„… Profitabel wärt Ihr zumindest …! Zumindest profitabel … Männer, bringt sie weg! Aus meinen Augen mit ihnen! Ich will ihre weißen Männervisagen nicht mehr sehen!“, jetzt klingt er kraftlos.

Diese groteske Unterredung hat immerhin dafür gesorgt, dass die SCs die Identität des Verbündeten der Grimgoromn-Schergen erfahren. Das ist demnach ein Milestone auf meiner wiedereröffnen
Queste (Gefahrvoll): Dafür sorgen, dass Rapunzel und ihre Familie nach Hause zurückkehren können.
Da die mit einem einzelnen Punkt Fortschritt neu gestartet wurde, und jetzt als Gefahrvoll gilt, ist durch den Milestone der Fortschritt auf drei.


Kurz darauf sitzen die drei in einem der grauen Truppenzelte, wieder im Matsch, diesmal mit den Hosenböden. Sie sind Rücken an Rücken aneinander gefesselt. Man hört die Stimmen mehrerer Helebardenträger direkt vor dem Zelt, und alle paar Minuten schlägt einer von denen den Stoff beiseite und wirft einen kontrollierenden Blick. Man will ihnen Gelegenheit geben, sich zu unterreden.
„… Wie heißt dieses Vieh?“, traut sich Til irgendwann zu fragen, „Ist es wirklich nicht mit dem Allsehenden Auge im Bunde?“
Der Eshu raunt, „Es ist gut möglich, dass diese Kreatur einen ganz anderen Namen für jene Mächte verwendet, denen sie dient. Aber ich vermute, es sind dennoch dieselben Mächte, welche die Sluagh das Allsehende Auge heißen.“
„Ich kann mich nicht verwandeln, glaube ich, während Ihr hier seid, und diese Typen ständig rein gucken“, vermutet Til, „Sonst könnte ich Hilfe holen.“
„Ein offener Fluchtversuch mit unseren Künsten wäre zum Scheitern verurteilt! Nicht ohne eine gute Ablenkung. Wir werden Rapunzel ausliefern müssen“, sagt Enkhadamarāh grimmig.
„Was?! Auf gar keinen Fall!“, zischt Til.
„Willst Du auf den Folterbänken in den dunklen Bollwerken von Grimgoromn Platz nehmen, Pooka? Hm? Soll der Bube es?“
„Nein, es gibt aber bestimmt einen …“
Ehre ist eine Lüge, so geht der Finstere Codex, Pooka. Wir geben ihnen nun Rapunzel. Und hinterher werden wir Gelegenheit finden, es ihnen heimzuzahlen. Und unsere Rache wird schrecklich sein.“
„Das ist nicht okay!“, zischt Til, „Außerdem gehören wir anderen beide zum Lichten Hof! Siehst Du, wir haben Dich überstimmt, monarchisch wie demokratisch!“
„Und auch dies ist mir egal. Ich tue, was ich will. Seht Ihr wohl …? Der Finstere Codex gewinnt immer!“, grinst der Eshu.
„Das ist nicht die Lösung!“, widerspricht Til.
„Zauberei ist die Lösung!“, raunt Lobo aufgeregt, „Ich kann richtig viel Rabatz machen mit meinen Künsten! Bada-Boing, Ratata-Zong!“
„Also, das mit dem Roc-Nest war ziemlich große Klasse“, räumt Til ein.
„Ich weiß diesmal sogar noch was viel besseres!“, sagt der Junge mit einem schiefen Lächeln.


Kurz darauf werden die drei wieder in den Schlamm getreten, vor den mahlenden Rädern und stampfenden Hufen, während die schwarzglänzende Kutsche der mächtigen Mammon-Maus gerade umständlich gewendet wird.
„Die Spione sagen, sie sind bereit, zu gestehen, Meister!“, bellt eine der Wachen zackig.
„Na endlich!“, zetert es vom Kutschbock, „Zeit ist Geld!“, und kaum redet die Stimme von Profiten, fühlt sie offensichtlich schon wieder einen besonders dicken Schwall Kotz-Dollars hochkommen, und würgt ordentlich.
Das wird alldieweil übertönt von einem Geschrei aus dem Matsch: Der Kindling stößt sein Wünsch-Gebrüll aus. Und vier Erfolge bei Primal+Fae sorgen für durchschlagende Ergebnisse: Wie aus dem Nichts entsteht das erste frische Grün seit Langem in diesem öden Waldgebiet, Efeuranken und Farne wickeln sich in Sekundenschnelle um den Kopf des einstigen Mäuserichs. Hinter den Ranken und Wurzeln blähen sich dessen Backen ganz gewaltig. Aber sie bleiben verschlossen, das Blattwerk hat ihn bereits zu fest umwunden! Der ganze, aufgedunsene Torso beginnt zu brodeln und zu beben. Die fetten Wurstfinger in den weißen Handschuhen versuchen, die grünen Knebel wegzureißen.
„Er wird hochgehen!“, schreit Til entsetzt, „In Deckung!“, und reißt den Kindling aus dem Schlamm hoch.
Alle beide, überholt von dem Eshu, hechten ins Unterholz — als hinter ihnen eine Dollar-Detonation ertönt! Pferde wiehern und gehen durch, Männer schreien panisch durcheinander.
„Schnell, lauft!“, raunt ihr Begleiter den beiden Tiermenschen zu.
Die nicken, und nehmen die schlammverschmierten Beine in die Hand. Sieben weiße Kaninchen sind plötzlich um sie herum, die Freudensprünge machen. Sie haben geistesgegenwärtig in der Zwischenzeit die beschlagnahmten Besitztümer aus dem Zelt zurückgeklaut, und ziehen sie fröhlich in einem Lumpensack hinter sich her!

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Da müssen die Charaktere jetzt zu entkommen versuchen, mit einem Face-Danger-Move. Kaum hat Enkhadamarāh seine Krummdolche wieder, wird er auch schon zu einem Wüstenwind und wirbelt davon, der scheißt auf Lichte Feen, diese treulose Tomate. Glücklicherweise sind meine beiden Charaktere ziemlich gut im Wegrennen, und sie bekommen immer mehr Übung. Trotz ihrer sieben Erfolge bei Geschick+Athletik (+dem Instinktiven Orientierungssinn) nur ein Weak Hit. Das bedeutet einen Folge-Move, und da die Späher ja Kurzbögen haben, heißt das wieder Endure Harm. Pfeile fliegen an mehreren Stellen den Rennenden um die pelzigen Ohren, und sie ziehen panisch die Köpfe ein! Til kriegt mehrere Streifschüsse, und einen Pfeil direkt über das rechte Schulterblatt in den Rücken. Glücklicherweise nicht tief, nur ein Wundlevel. Sein bäriger Begleiter bekommt mehrere Pfeile ab, aber sein Absorbieren-Wurf ist so hoch, dass die alle wirkungslos in seinem dicken Bärenfell stecken bleiben!

Sie jagen raus aus dem besetzten Waldstück, und verschwinden zwischen den Felsen der offenen Wüstenei.
Das ist dann der nächste Milestone für unsere

Queste (Gefahrvoll): Dafür sorgen, dass Rapunzel und ihre Familie nach Hause zurückkehren können.
Jetzt haben wir die Informationen über die Truppen des Allsehenden Auges, und obendrein sind wir lebend weggekommen, um davon zu berichten.

„… Nur wie können wir den Feen gegen den Kapitalismus helfen?!“, keucht Til, als er sich die Pfeilspitze rausgezogen hat.
„Kapi-was? Du quasselst schon wieder so erwachsen daher, Mister!“
„Entschuldige. Na ja, der Mammon-Mäuserich ist eine Art Traum-Repräsentation von dem Medienkonzern, der in der Herbstwelt alle möglichen Märchen zum Teil seines Franchise machen will! Oder, nicht-erwachsen ausgedrückt …“
„Ja, bitte“, nörgelt der Kindling.
„… Wenn der Konzern in der Herbstwelt alle möglichen Märchen besitzen will, warum sollte nicht auch hier im Träumen eine ganz ähnliche Macht herumspuken … der Traum von der Habgier! Mehr so eine Art Albtraum, so wie der aussah. … Dabei mochte ich ihn so gern, in ‚Steamboat Willie‘ …!“
„Gut, dass er geplatzt ist“, sagt der Bubi angewidert, „Weißt Du was? Greynede—, ähm, ich meine, die eine Sluagh-Frau, die hat doch gestern gesagt, bei Rapunzel ginge es um menschliche Gier! Darum sei die Arme für die Sidhe so bedeutend! Glaubst Du, da ist'n Zusammenhang?“
„Sehr gute Frage. … Meiner Schulter geht’s jetzt schon besser, lass' uns voran machen.“


Am Fuße der Felsen sehen sie nach Rapunzel, Henrich, den Zwillingen, und Wilhelm.

Haben die Sluagh in der Zwischenzeit durchgegriffen, und den Eindringling Henrich ergreifen lassen, oder gar abgemurkst? Zuzutrauen wär's ihnen, und der vorangegangene Versuch, den Eid zu komplettieren, hat ja ergeben, dass uns weitere Steine in den Weg gelegt werden. Und tatsächlich sagt das Orakel:

Die Feen haben sich zwischenzeitlich bereit gemacht, in der Einsiedelei durchzugreifen. Die überlangen Schatten der Knochengänger fallen über die Dünen! Die Riesen sind in der Distanz nicht zu sehen, so wie neulich — aber es ist den Changelings klar, dass nur wenige Schritte sie hierher tragen könnten! Die Schatten verharren reglos und bedrohlich, wie als würden sie auf ihren Marschbefehl warten.

Nervös erkundigen die Reisenden sich danach, ob mit den Einsiedlern alles in Ordnung ist. Die sind ziemlich ängstlich wegen des Schattenphänomens in der Wüste, aber wohlbehalten. Danach steigen die SCs eilig wieder hinauf zu dem verborgenen Haus in den Felsen.

Soundtrack: Amiina, Vofa
https://www.youtube.com/watch?v=4mbcfS7IOM4

Diesmal will ich lieber das Risiko minimieren, dass die Queste erneut nicht abzuschließen ist, also muss ich versuchen, noch mindestens einen weiteren Milestone einzuspielen:

Die beiden Pooka und die Bunnies werden wieder in das düstere Bauwerk eingelassen, und treffen die Sluagh und den Eshu-Kundschafter in dem Konferenzzimmer. Enkhadamarāh hat natürlich seine Sicht der Dinge schon den hohen Damen geschildert, aber die Sluagh hoffen zurecht, dass die beiden Bewohner der Herbstwelt nähere Einsichten hatten.
„… Ein weiterer Grund für Euch, Rapunzel in die Freiheit zu entlassen, wie ich finde“, endet Til seine Erklärungen, „Denn ist sie einmal fort, werden die Grimgoromn-Truppen von hier abziehen. Der Mäuserich will sie, nicht Euch. Damit ist auch die Gefahr für Eure Ländereien hier draußen gebannt.“
Eine der Sluagh flüstert misstrauisch, „Wer sorgt dafür, dass das Allsehende Auge Rapunzel nicht aufgreift, unterwegs? Ihr etwa?“
Der Junge nickt enthusiastisch, „Aber klar doch!“
Und Til bestätigt, „Lobo hat den Geldsack einmal platzen lassen können; wir werden auch erneut mit ihm und seinen verqueren Ansichten fertig!“
„So sei es“, raunt eine andere der drei Schwestern, „Wenn jemand über die Kräfte der Herbstwelt siegen kann, dann wahrscheinlich Ihr Wechselbälger.“
Die dritte flüstert, „Wir werden den Eindringlingen die Knochengänger entgegen schicken. Dies sollte Eure Chancen verbessern, lebendig davon zu kommen! Ihr brecht sogleich auf. Überlasst es uns, der Sidhe-Herrin Bericht zu erstatten. … Rapunzel hat keine Zeit für Abschiede! Eilt Euch!“


Dann werden wir einen Move schaffen müssen, um die schwarzen Reiter in der offenen Wüstenei zu umgehen. Dafür wähle ich den Move Face Danger. Die Changelings machen die Vorhut, die meiste Zeit über verborgen vor den Sterblichen, aber ständig in Rufweite. Til lauscht auf Gefahren, und würfelt dafür Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, und der Kindling versucht den besten Weg durch das Ödland zu entdecken, und würfelt Konstitution+Überleben+‚Instinktiver Orientierungssinn‘. Gemeinsam schaffen sie sieben Erfolge, und dadurch einen Strong Hit!

Am fernen Wüstenhorizont sieht man mehrmals die Staubwolken hin und her ziehen, welche die Hufe der Grimgoromn-Reiter aufwirbeln. Es sind mehrere, große Trupps, wie es aussieht. Wenig später hört man von dort Geschrei und Wortfetzen, und das Krachen von überdimensionalen Keulen auf Rüstungsplatten … die Knochengänger haben die Eindringliche erreicht, mit ihren Riesenschritten. Til fragt sich, ob er erleichtert sein sollte, die ausgemergelten Riesen diesmal auf ihrer Seite zu wissen. Er versucht nicht darüber nachzudenken, welche dieser beiden Gegner-Fraktionen er eigentlich schauderhafter findet.

Nach vielen Wegstunden und lange nach Dunkelheitseinbruch erreichen die Changelings und ihre kleine, menschliche Gefolgschaft schließlich den Waldrand. Nicht das trockene Waldgebiet von heute Vormittag, sondern das satte Grün der Ewigen Wälder.

Das ist ein weiterer Milestone, der unseren Fortschritt dann auf sieben bringt.

Soundtrack: Pascal Schuhmacher, Drops
https://www.youtube.com/watch?v=ozYJ4My6tXE

Auf dem Nachtwind liegt Hufschlag …

Die fünf Menschen sind nur noch als Silhouetten zu sehen, im Schein ihrer Fackeln.
„Vielleicht haben die Verfolger auf der Ebene unser Licht gesehen!“, raunt der alte Wilhelm, „Wir müssen klug handeln!“
„Hier in diesem Wald kenne ich mich aus, ich könnte mittlerweile blind den Weg finden!“, sagt Henrich, die beiden Zwillinge auf dem Arm, „Und es ist von hier nicht weit bis zur Grenze meines heimatlichen Königreichs. Dort wird man uns willkommen heißen!“
Die beiden Wechselbälger nicken, einverstanden. Die Menschen können sie nur noch als Silhouetten sehen im Dunkel des Waldes.
„Wir locken das Hufgetrappel in die Gegenrichtung, weg von Euch!“, raunt der Bären-Kindling.
Rapunzel wagt sich ein paar Schritte näher an die beiden Silhouetten, und raunt, „Wir haben Euch so viel zu verdanken! Unsere Rettung … Werde ich Euch je wiedersehen? Oder muss ich den Rest meiner Lebzeiten ohne das Schöne Volk verbringen?“
Til sagt leise, „Hab' keine Furcht, Rapunzel. Das Feenvolk ist Dir gut, Du kannst uns immer wiedersehen, wenn Du es willst. Und eines kann ich Dir versprechen: In der Welt aus der wir kommen … wird man Dich nie vergessen.“ (Sie kann ja nicht wissen, dass mit diesen doppeldeutigen Worten nicht die Feenwelt gemeint ist, sondern die Herbstwelt!)
Rapunzel umarmt die beiden zum Abschied. Dann eilt sie zu ihrer Familie zurück, und sie gehen alle miteinander ihres Weges.
„Ein ganz kleines bißchen bin ich ja schon verliebt in sie ...", gibt Til leise zu, als sie den Menschen nachschauen.
„Höh? Die heiratet doch jetzt ihren Henrich, und wird Königin!“
„Ja! Trotzdem. Vielleicht bin ich ... verliebt in die Idee vom Glücklich-bis-ans-Ende-ihrer-Tage. ... Du nicht, Mann?“
„Nein, Mann. Das ist doch ein Mensch! Gar nicht mein Typ!“
„Ungelogen?“
„Ungelogen, Mister! Lass' und mal loslaufen!“

Der Hase und der Bär lächeln sich verschmitzt an. Dann laufen sie an der Baumgrenze entlang, und sehen zu, dass sie schön auffällig sind, damit die Verfolger sich an ihre Fersen heften, statt auf die eigentlichen Flüchtigen aufmerksam zu werden …

Das ist dann noch ein Move für Secure an Advantage. Das gibt uns einen Weak Hit, der aber bereits ausreicht, um das Ablenkungsmanöver aufgehen zu lassen: Ein Trupp Grimgoromn-Scouts ist den Keulen der Knochengänger entwichen, und hat nach Nachteinbruch aufgeholt! Sie erspähen die beiden Pooka am Waldrand, und reiten ihnen nach, statt zu realisieren, dass die Menschen gar nicht mehr bei denen sind! Das ist ein neuerlicher Milestone, der unseren Fortschritt auf neun bringt.

Und es hat sich gelohnt: Ich würfle für Fulfill Your Vow, und bekomme einen Strong Hit! Das bedeutet zusätzliche drei EXP für beide meiner Charaktere.

Die scharfen Tierohren der beiden Flüchtenden hören die Hufe der Reiter hinter sich, die Verfolger haben sich ins Unterholz vorgewagt, und verirrt! Mittlerweile folgen sie den beiden schon über eine Stunde, ohne jede Chance, ihre eigentlichen Ziele wiederzuentdecken. Ihre Stimmen schnarren sich blechern gegenseitig Befehle und Beschimpfungen zu, die Pferde wiehern konfus. Die Pooka sind zwar ein wenig neben der Spur vor Erschöpfung und Übermüdung, aber lachen sich gegenseitig spitzbübisch im Rennen zu. Der Junge stößt vor lauter Übermut lautstark sein Wünsch-Gebrüll aus, und ein Schwarm Vögel steigt aus den Wipfeln auf ...


Til wacht plötzlich auf. Er liegt auf dem flauschigen Wohnzimmerteppich unter seinem Kaffeetischchen. Die Kleinen Bunnies sind auf ihm oder an ihn gekuschelt eingerollt, und blinzeln unwirsch, als er auffährt. Er kann sich nicht daran erinnern, den Jungen aus den Augen verloren zu haben. Er erinnert sich daran, ihm im Rennen noch eingeschärft zu haben, in welcher Richtung er Holz-Giebel-Brunnen-Dorf und die Freistatt finden würde, und dass er ihn zur Freistatt bringen hatte wollen. Wie war er zur Freistatt zurückgekommen? Wo ist der Kindling? Er schaut auf die Wohnzimmeruhr. … Mist, wieder zu spät zur Arbeit!
« Letzte Änderung: 11.02.2025 | 20:41 von Schalter »

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Evolution: Nachdem ich es jetzt so oft narrativ eingebaut habe, gebe ich dem Bären-Pooka sein ‚Wünsch-Gebrüll‘ als weiteren Aspekt, anfangs auf +1. Einen ersten Punkt in Ausweichen und einen zweiten Punkt in Überleben bekommt er außerdem. Er und Til haben beide einen heroischen Sieg errungen im Kampf gegen den Vogel Roc, und bekommen daher beide einen ersten Punkt in der Nahkampf-Fertigkeit. Til bekommt einen zweiten Punkt in Gremayre, er wird sich nämlich demnächst der Lektüre von Märchen, Folklore, und Mythen widmen, und ebenfalls einen ersten Punkt Ausweichen und einen zweiten Punkt in Überleben. Schließlich steigere ich noch seinen Aspekt ‚Überzeugter Pazifist, kämpft nur defensiv‘ auf +2.


Ein paar Tage lang fühlt Til Haselberger sich rundum gut mit all dem. Ziemlich gut jedenfalls, eine Sache ist natürlich etwas komisch, denn immerhin weiß er nicht, wo der Bären-Junge abgeblieben war am Schluss. Das ist irgendwie ein Wermutstropfen. Er macht sich ziemliche Sorgen um ihn, er schien ja schon ziemlich lange im Träumen umher zu irren … etwa ganz alleine? Ohne Erwachsene, die auf ihn aufpassen? Und weder jene Feen, nach denen der Kleine gesucht hatte, waren in diesem Traum von dem Rapunzel-Märchen zu finden, noch die erhoffte Spur von Niedzwiedz.
Til wird deshalb wohl so nach Aneta sehen müssen, und ihr beichten müssen, dass er nicht weiß, wo Niedzwiedz sich gerade aufhält, und auch nicht, wer das eigentlich ist. Vielleicht hat es der Bären-Pooka ja zwischenzeitlich bereits geschafft, Tils Beschreibungen zu folgen, und ist nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf gekommen. Dann sind sie da alle drei wieder vereint, und können sich gegenseitig näheres berichten, und gemeinsam Pläne schmieden. Pläne darüber, wie sie beispielsweise Holz-Giebel-Brunnen-Dorf vor den Grimgoriminatori schützen können.


Til liest an seinen Feierabenden ziemlich viel, derzeit ausnahmsweise nicht Astrid Lindgren, sondern Bücher über Mythenkunde. Ihm geht durch den Kopf, dass es so zu sein scheint, dass Kithain „Menschen haben“ können, entweder als seien sie Schutzpatrone, oder aber als seien sie Sklavenhalter. Wie bei Rapunzel. Und wie bei den Boggans oder Heinzelmännchen in Holz-Giebel-Brunnen-Dorf, welche die menschlichen Bewohner als so etwas wie ihre Schutzbefohlenen gesehen haben: Liebevolle Hausgeister eben.

Und dann sind ein paar Tage um, und Til fühlt sich mittlerweile ziemlich nervös. Jeden Abend hat er längere Zeit vor dem Vogelhäuschen gesessen, und gewartet. Manchmal bettfertig im Pyjama, manchmal in wildnistauglichen Klamotten. Alle in Holz-Giebel-Brunnen-Dorf warten ja auf ihn! Mittlerweile ist sein neuer Bären-Freund sicherlich dort. Tage sind mittlerweile in der Welt der Dunkelheit vergangen, also wahrscheinlich dementsprechend Wochen im Träumen? Wie genau funktioniert das mit der Zeitverschiebung? ... Und Til muss doch auch längst zum Bryndrick zurück, das hatte er doch schon so lange vor! Der Aufschub, den der Setzling für ihn ausgehandelt hatte, verstreicht doch auch!

Alles kommt Til schließlich irgendwie fern vor, wie eine Serie von drei extrem lebhaften Träumen.


Er hat heute Abend wieder seinen Dad zu Besuch, und sie sehen sich das Fußballspiel an. Und nebenher rückt Til etwas stockend raus mit der Sprache, was seine beiden neuerlichen Traumreisen betrifft. (Eigentlich gucken sie Fußball beide auch gar nicht wirklich gern, es ist eher so eine Art Ritual. Sowieso ist, was Fussball betrifft, Tils Dad insgeheim ein bisschen mehr für den HSV, und Til insgeheim ein bisschen mehr für St. Pauli, aber darüber reden sie nie.)
„… Dabei war Rapunzel nie Deine Lieblingsgeschichte als Kind“, sagt sein Dad nachdenklich, „Deine Lieblingsgeschichte war Momo, von Michael Ende!“
Aus irgendeinem Grund läuft Til ein Schauder über den Rücken bei der bloßen Erwähnung des Namens von Momo. Von all den Kinderbüchern, die er immer wieder gelesen hat, bis heute, hat er sich an Momo nie wieder herangetraut in den letzten Jahren. Er weiß nicht einmal zu sagen, warum.
„Nur das mit der fetten Maus die Dollars spuckt, das verstehe ich nicht so ganz“, fügt sein Dad hinzu, „Das ist doch Quatsch. Das passt da nicht mal so richtig rein, motivisch betrachtet. Du immer mit Deiner Kapitalismus-Kritik. Die hat Dich schon in Deinem Jura-Studium aus der Bahn geworfen. Das ist aber Quatsch, Kapitalismus-Kritik, die 60er sind lange vorbei. Und außerdem passt das gar nicht zusammen, wie kann man denn Hausbesitzer sein, und trotzdem Antikapitalist.“
„Frag' doch nicht mich, frag' mein Unterbewusstsein“, sagt Til, „Keine Ahnung, wo das herkam. Vielleicht so ein übriger Protestgedanke aus meiner Studienzeit. Oder das alles kommt halt nicht aus mir selbst, sondern sowieso von woanders. Und ich erlebe das zwar innerhalb dieser Träume, aber es sind überhaupt nicht meine eigenen Traummotive. Vielleicht ist es ein kollektiver Traum, und ich laufe nur drin rum, als Betrachter.“
„Das ließe sich leicht beweisen!“, sagt sein Vater, als im Fernseher gerade ein Tor geschossen wird.
„Und wie?“
„Indem Du was davon mitbringst, das Du vorher nicht wusstest. Und das sich in der echten Welt auch wiederfinden ließe! Wenn Dir das gelingt, dann wäre das eher zu glauben, diese hohe These da.“
Til stellt seine Bierflasche weg, und hebt aufgeregt den Zeigefinger, „Einen Moment!“, und kramt die Bücher über Mythologie hervor, die er neulich ausgeliehen hat.
„Hier: Sluagh aus der keltischen Vorstellungswelt, und Eshu aus der Orientalischen! Hatte ich vorher beides noch nie gehört. Kann man aber nachschlagen. Hier! Ich hab' extra Lesezeichen rein gemacht.“
„Hm“, muffelt sein Dad, während er die aufgeschlagenen Buchseiten überfliegt, „Das beweist aber nicht sonderlich viel.“
„Ach nein?“
„Nein, finde ich nicht, das sind doch nur so Namen. Das könntest Du genauso gut aus diesem komischen Brettspiel gehabt haben, dass Ihr früher hinten in der Gartenlaube da gespielt habt.“
„D&D? Das ist ein Rollenspiel.“
„Ja, ja. Da gab’s doch auch so Typen mit solchen Namen, nicht?“
„Hm, na ja. Aber das war Fantasy. Dies hier ist historische Mythenkunde.“
„Schnickschnack, einerlei. Wenn Du was mitbringst von so einer Traumreise, das Du in Wirklichkeit unmöglich wissen könntest, dann wäre das zu glauben, dass das kein einfacher Traum ist. … Aber Til?“
„Ja Dad?“
„Eine Sache wäre mir noch etwas wichtiger.“
„Schieß' los.“
„Steiger' Dich da nicht allzu sehr rein. … Die echte Welt mag Dir'n bisschen leer vorkommen, hier in dem großen Haus, jetzt wo Jette ausgezogen ist. Na ja …“
Til zögert, und wartet ab, ob da noch was kommt. Aber weiter formuliert sein Dad seinen Gedanken nicht aus. So macht der das manchmal. Er guckt, wie das nächste Tor geschossen wird, und nippt an seinem Bier.
„Ja, da hast Du wohl recht“, sagt Til also schließlich, und stellt hinterher, „Nee nee, ich steiger' mich da nicht rein“, aber er ahnt bereits, dass das schon wieder eine seiner Flunkereien sein muss, wenn er das so unverblümt zusagt.


Was weissagt das Orakel ansonsten für die Herbstwelt? Initiate Danger. Worum geht’s bei derlei Gefahr? Also ein zweites Thema ausgewürfelt, das ist diesmal Leader. Beim Drübernachdenken entscheide ich, dass das der Anführer einer Bande aus dem Stadtteil sein muss, die sich hier breit machen will. Hamburg-Vährwerder hat schließlich eine ordentliche Zahl ansässiger Underdogs. Und um den Bogen zur sonstigen Handlung zu schlagen, machen wir aus diesem neuen Bandenanführer einen Kinain, also einen Menschen mit Feenblut.
Die Tabellen aus Ironsworn sagen, er ist ein Passive Traveler who wants to Protect the Status Quo. Das steht zu sehr im Widerspruch für meinen bisherigen Eindruck von diesem NSC, also drehe ich an zwei Stellen die W100-Resultate um (was ich bei Ironsworn im Notfall machen darf) und bekomme dadurch stattdessen Stern Traveler who wants to Prove his Worthiness. Das passt gut, der Gangster hat seine Machenschaften nach Vährwerder verlegt, um seinen Wert vor seinen kriminellen Verbindungsmännern zu beweisen. Äußerlich ist er ein gestrenger Reisender, oder Herumtreiber. Das klingt stark danach, als hätte er ein Quäntchen Eshu-Blut (denn die Eshu sind ja die quintessenziellen Reisenden dieser Spielwelt, wie wir neulich in der Grimm'schen Wüstenei bereits gesehen haben).


Wie bemerkt Til denn diesen Orakelspruch (von der Initiiierung von Gefahr) in seiner Nachbarschaft? Ahnt der Kinain bereits, dass ein Pooka in einer örtlichen Doppelhaushälfte haust …? Kinain bekommen eins der beiden Geburtsrechte ihres verwandten Kith (C:TD S. 459), da nehme ich für den neuen NSC das Eshu-Geburtsrecht Serendipity, das ist die Sonderregel mit dem inneren Kompass, der den Charakter immer zu seinem Reiseziel führt, und dabei immer an den interessantesten Zwischenhalten vorbei.

Der interessanteste Zwischenhalt an diesem Januarabend ist das Doppelhaus, in dem Til Haselberger wohnt. Der schippt gerade Schnee von seiner Auffahrt. Für jemanden mit dem Gewahren (also sozusagen Feengespür) ist er heute Abend besonders auffällig, denn er ist vorhin melancholisch geworden, und hat deswegen wieder den Kopf eines Hasen auf den Schultern. Ohne einen Hehl daraus zu machen, schippt er da Schnee wie ein unbescholtener, menschlicher Bürger. In der Überzeugung, dass niemand hier sein wahres Aussehen gewahren könne, und er für die wenigen abendlichen Passanten aussehen müsse wie ein normaler Dreißigjähriger.

Maxim Yildiz geht mit seinen zwei Leuten die Straße runter, für eine geheime Übergabe. Das machen sie trotz der Temperaturen zu Fuß und nicht in ihrem schwarzen Benz, weil Maxim ein Gefühl für sein neues Revier bekommen will. Absolut tote Hose für jemanden, der bisher in Frankfurt und teilweise in Berlin tätig war. Eine beinahe dörfliche Vorstadt mit wenigen Strukturen, die Maxim für sein Revier nutzen kann. Noch zumindest. Der Mann mit dem Hasenkopf und der Schneeschaufel fällt ihm sofort auf. Er vermeidet es, erschrocken zusammenzuzucken. Er betrachtet ihn genauer, als die drei an seiner Gartenpforte vorbei gehen, aber nur aus dem Augenwinkel.



Maxim Yildiz mit zweien seiner Jungs, eine Sekunde lang verwendet er unbemerkt das Gewahren


Til würfelt Wahrnehmung+Empathie, um zu schauen, ob er den überraschten Seitenblick auf dem Gesicht unter der Kapuze sieht. Dank einem Reroll werden das vier Erfolge, also zögert Til ganz deutlich. Der Unbekannte hat eine Sekunde lang so ausgesehen, als ob er einen menschlichen weißen Hasen gesehen hätte! Til strengt sein eigenes Gewahren an so gut es ihm möglich ist, aber er kann nichts ungewöhnliches an dem Fremden entdecken (die spitzen Eshu-Ohren sind ja auch unter der Kapuze verborgen)!

„Na Digger was geht“, sagt der mit der Kapuze zu Til, ganz salopp, ein bisschen herausfordernd vielleicht, aber er bleibt nicht stehen um tatsächlich ein Gespräch anzufangen.

Was sagen die Orakelwürfel zu dem ganzen? Avoid Home. Das bedeutet, dass es vorerst bei dem einen verdächtigen Blick bleibt, die drei dunkel gekleideten Schlägertypen gehen einfach weiter die Straße herunter, und verschwinden im gelblichen Straßenlaternenlicht. Aber da der ursprüngliche Orakelspruch war, Initiate Danger, wird sich da weiterhin was zusammenbrauen. Vorerst behält Til nur den unheimlichen Eindruck zurück, erstmals einem Menschen aufgefallen zu sein als das, was er eigentlich ist. Einem Menschen, der wenig vertrauenserweckend aussah ...

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In der Nacht darauf ist er längst im Bett, als er aufwacht und Durst hat. Er schlurft aus dem Schlafzimmer in Richtung Bad, um sich ein Glas Wasser zu holen. Dabei fällt ihm ein goldenes Glitzern ins Auge. Fast wäre er weiter geschlurft, aber dann wirbelt er herum: Das Vogelhaus steht immer noch auf dem Wohnzimmer-Kaffeetischchen.
Jetzt leuchtet es plötzlich von innen her!
Til kniet sich auf den Teppich, genau davor, und linst herein.
„Bunnies?“, raunt er aufgeregt, „Bunnies, es geht los! Wo seid Ihr!“, und schon glaubt er, ihre Pfoten auf den Dielen zu hören, ganz leicht.
Er greift das Holzlineal vom Tisch, und weiß in dem Moment ohne auch nur hinzusehen, dass es wieder das Schwert von Yvamore ist. Durch den Eingang des Vogelhauses sieht er eine Szenerie, die Hamburg-Vährwerder gleicht, wie ein Guckloch in eine sonnenbeschienene Parallelwelt ...

Und dann befindet er sich in dieser Parallelwelt. Es ist Mittagszeit, der grüne Kleinlaster des Gemüsekisten-Lieferers führt an ihm vorbei. In diesem Traum sitzt Marco noch am Steuer, der in der Wirklichkeit doch dort gekündigt hatte. Er winkt Til zu, wie er es früher immer gemacht hatte. Der winkt hastig zurück, und fängt an zu joggen. Die Kleinen Bunnies hoppeln um ihn herum. Sie sind wieder zu siebt.
„Wir dürfen uns diesmal nicht aufhalten lassen, Leute!“, keucht Til, „Diesmal müssen wir endlich den Bryndrick wiederfinden! Das zieht sich alles schon viel zu lange! Aber sicher ist der uns nicht böse, keine Sorge, unter der harten Schale von dem verbirgt sich doch ein weicher Kern!“

Jetzt hat er natürlich schon wieder das Klamottenproblem, ausgerechnet den teuren Pyjama mit den chinesischen Drachen drauf musste er heute anziehen. Der, den Jette ihm geschenkt hatte. Andererseits, was soll's, die Klamotten in denen er hier erscheint sind Traum-Versionen. Egal wie sehr die im Träumen ramponiert werden, die sind in der echten Welt wieder wie vorher, wenn er wieder aufwacht. Zumindest war das die letzten drei Male so. Er gurtet sich das prachtvolle Schwert in seiner Halterung um.

Til organisiert sich hastig den Schlüssel aus dem Versteck hinter dem losen Stein. Alle Einwohner auf dem Weg fragt er schnell nach einem Jungen im Bärenkostüm — vielleicht hat er ja anhand der Beschreibung hierher gefunden, und einen Weg ins Innere der Freistatt? Aber leider Fehlanzeige, auch in der örtlichen Kita und auf dem Spielplatz. Til joggt weiter, jetzt wieder durch die abgeschrägte Gasse, die zu der Tür nach draußen führt. Er fragt sich unterwegs aufgeregt, wo die vielen anderen Türen wohl hin führen, die er gesehen hat, als er die Freistatt von außen umrundet hat. Führen sie alle in die Ewigen Wälder? Oder zu ganz anderen Orten im Träumen ...?

Fußspuren der großen, dürren Bryndrick-Füße sind diesmal im weichen Moos und Gras um die Freistatt herum zu finden. Der Stöckermann umschleicht wieder die roten Backsteinmauern!

Die Orakelwürfel bestätigen, dass er nicht allzu weit ist:

Kaum haben Til und seine schimärischen Freunde der Spur zu folgen begonnen, entdecken sie die zwei Meter hohe Vogelscheuche am Waldrand. Er steht reglos da und scheint so aufgebaut worden zu sein, als solle er die Freistatt beobachten. Aber jederzeit kann das Gestell sich zu bewegen anfangen, sagt sich Til, und erschaudert.

Da bietet sich ein Compel-Move an, für eine Verhandlung mit dem Bryndrick. Aber erstmal ausspielen:

„Hallo Bryndrick!“
Der knorrige Leib gerät in Bewegung und der Elchschädel wendet sich Til zu.
„Ähm? Tut mir auf jeden Fall Leid, dass ich Dich so lange warten lassen habe. Ich fand das witzig“, und Til schlägt sich die Pfotenhand vor den Mund und guckt erschrocken, als er das gesagt hat. Die Augenhöhlen des Elchschädels scheinen kurz zornig aufzuglimmen!
„Ähneinnein, bitte vielmals um Entschuldigung, also, als ich gesagt hatte, ich fand das witzig, das war eine Lüge! Vielmehr wollte ich sagen, ich habe ja schon einen Menschen aus der Herbstwelt, der von Dir die druidischen Bräuche erläutert bekommen will! Das ist die Wahrheit!“
„Euereins ist unzuverlässig und wankelmütig, und neigt zu Betrügereien, das muss sich das Kith der Pooka nachsagen lassen“, knurrt die tiefe Stimme aus dem Brustkorb des Bryndrick, „Wann geht diese Freistatt an einen Sidhe, mit dem ich anständig verhandeln kann?“
„An einen Sidhe?! Die Freistatt? Oooh, ja, es gibt sie auch in der Herbstwelt, nicht wahr? Ich habe schon davon gehört. Ähm, klar, sie wird ja bereits von einem Sidhe regiert. Aloisius Mumpitzus, mächtigster Herrscher der norddeutschen Tiefebene. Er sendet mich aus, um mit Dir zu reden, werter Bryndrick!“
„Mir ist, als hätte ich es zu gewahren vermocht, wenn ein solcher Sidhe in dieser Freistatt Einzug gehalten hätte. Sie sind oft geckenhaft, und lieben Pomp und Schall.“
„Nicht so der hohe Aloisius, oh Bryndrick! Seine königlich-kurfürstliche Eminenz ist Meister der Subtilität. Du solltest ihm Deine Hochachtung aussprechen dafür.“
Tils Vernunft meldet sich wie ein inneres Warnsystem während er plappert: Er sollte besser jetzt mal aufhören mit der Lügerei! Am Ende macht er das klauenbewehrte Zwei-Meter-Ungeheuer noch wütend!
„Du und Deinesgleichen habt also zweifelsohne viel Zeit damit zugebracht, Euch heimisch einzurichten in der Freistatt, Pooka. Hier draußen derweil durchstreifen die schwarzen Reiter Grimgoromns die Lande! Alles was da kreucht und fleucht ist in Aufruhr versetzt! Gewiss wird auf derlei Säbelrasseln bald unweigerlich Blutvergießen folgen. Das weißt Du. Der Setzling aber hat mir von Deinen Taten im uralten Reiche Aevalorn berichtet, und mich um Aufschub gebeten. Viele Nächte lang habe ich nun gewartet.“
„Ja, ich weiß, es tut mir Leid! Ich hatte so viele …“
„Schweig, Pooka! Ich habe von den Bäumen der Ewigen Wälder gehört, dass jüngst ein Aufatmen aus dem Reiche Aevalorn ertönt. Der Kummer seiner Bewohner ist gelindert! Dein Name, Til Haselberger, wird damit in Verbindung gebracht.“
„Äh, ja. Das ist ja richtig. Die Bunnies und ich haben ordentlich buddeln müssen, aber schließlich ans Licht gebracht, was zu tun ist. Dafür haben wir auch das Schwert von Yvamore erhalten, und einen Ball aus reinem Kristall!“
„Derlei Taten könnten Dir zur Ehre gereichen. Nun. Zeige mir den Menschen, mit dem ich über das Druidentum sprechen kann!“
„Ja, nun. Das Problem ist bisher, ihn aus der Herbstwelt hierher zu bringen. Er passt nicht durch das winzige Türchen des Häuschens, das ins Innere der Freistatt führt. Äh, wir arbeiten gerade noch auf Hochtouren an einer Lösung für dieses Logistik-Problem.“
„Warum entsendest Du nicht einen der Bewohner der Freistatt?“
„Einen Bewohner der …? Aber … sind die nicht irgendwie Teil von diesem Traum?!“
„Ja, denn Du bist hier im Träumen, Kithain!“, grollt die Stimme ungeduldig.
„Hm! Die Idee war mir noch gar nicht gekommen! Ich dachte bisher, die Stadtbewohner in der Freistatt sind … ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich dachte. Hey, wie kommen überhaupt Menschen ins Träumen? In Holz-Giebel-Brunnen-Dorf gibt’s auch welche von denen, und tiefer im Grimm'schen Märchenwald habe ich auch vereinzelt welche getroffen. Ganze Volksmassen von Menschen genau genommen.“
„Dies sind Träume von Menschen.“
„So wie Rapunzel?“
„Gewiss.“
„Also nicht verlorene Seelen aus der Herbstwelt?“
„Unerheblich. Verlorene Sterbliche würden binnen einiger Zeit zu Geschöpfen des Träumens werden, wenn sie sich hier allzu tief verirrten. Nur Wechselbälger wie Du einer bist können über längere Zeit in beiden Welten einher gehen! Feen-Seelen, geboren in Menschenleiber. Darum müsst Ihr die Mittler sein! Tragisch oder auch nicht — so will es das Schicksal …“
„Dann sollte ich wohl flugs versuchen, Dich mit einem Freistatt-Einwohner bekannt zu machen! ... Aber nicht, dass Du den noch zum Druiden konvertierst, Bryndrick. Die Freistatt ist bereits prima, wie sie ist, da ist multi-kulti, auch religionsmäßig.“
Die knorrige Stimme klingt plötzlich wehmütig, fast verzweifelt, „Bringe mir einen Lehrling für die druidischen Bräuche der alten Zeiten, und zweifach Ehre sei Dir! Aber bringe mir einfach einen Menschen der gut im Zuhören ist, und auch dadurch sei Dir Ehre. Ich brauche jemanden, der mir das Menschsein wieder näher bringt. Die Ewigen Wälder sind vielerorts still geworden in den letzten einhundert Jahren, oh Pooka.“

Das erscheint mir eine gute Basis für meinen Compel-Move. Ich würfle zweimal Charisma+Überzeugen+Aspekt (‚Abgeklärt, wünscht allen Leuten insgeheim Gutes’) für Til als Extended Action. Ich buttere in jeden der beiden Würfe einen Willenskraft-Punkt, und komme dadurch auf neun Erfolge. Ein Strong Hit resultiert laut den Challenge Dice daraus! Der Bryndrick stört sich also nicht sonderlich an den Lügen und Übertreibungen des Pooka, er kennt dieses Kith schon gut. Er ist einverstanden mit dem Abkommen.

Also kehren Til und die Kaninchen in die Freistatt zurück, um jemanden zu finden, der ordentlich esoterisch drauf ist! Während er durch die sonnigen Vorstadt-Straßen läuft, kommen Til Zweifel, ob das so reibungslos funktioniert.
Zu den Bunnies flüstert er, „Das könnte tricky werden, jetzt wo ich darüber nachdenke! Die Menschen hier sind also Traum-Bewohner, ja? Aber die wissen das glaube ich nicht! Die verhalten sich ja, als wäre dies hier für sie das ganz normale Hamburg-Vährwerder! Die wissen ja nicht mal, dass es eine wunderbare Traum-Version davon ist! Glaubt Ihr, die ahnen, dass es hier schmale Gassen gibt, die in einen Märchenwald hinaus führen? Für die ist das doch dann eine ganz fremde Welt dort draußen, oder?“
Die Kleinen Bunnies kichern, sie finden die Vorstellung offensichtlich total witzig.
Til geht zögerlich in Richtung des Buchladens, die Buchhändler haben auch ein paar esoterische Bücher in der Auslage gehabt, und jede Menge Fantasy. Vielleicht hat sogar einer von denen irische Wurzeln, das wär's ja ...! Dabei kommt er an Kamogelo vorbei, mit dem hatte Til mal in der Herbstwelt bei einem paar Bier ziemlich lange über Gespenster und Fabelwesen geredet. Kamogelo schien eine gewisse Leidenschaft für solche Themen zu haben … ist allerdings afrikanischer Einwanderer und alles andere als keltisch. Da fällt Til aber ein, dass der Kindling im Bärenfell beim letzten Mal gesagt hatte, sowas sei doch heutzutage egal! Er als Engländer könne natürlich auch eine nordamerikanische Fee sein, hatte er gesagt. Und warum auch nicht?



In der Freistatt gibt es auch eine Version von Tils früherem Nachbarn Kamogelo


Also hilft Til Kamogelo beim Herumbasteln an seinem Auto (einer alten, gelben Citroën-Ente), und bringt dabei das Gespräch wieder auf Fabelwesen. Ich würfle für ihn einen regulären Charisma+Überzeugen-Wurf, und erreiche zwei Erfolge. Sein Nachbar geht also darauf ein, und wirkt in gewisser Weise interessiert, als Til davon redet, ‚wie es wohl wäre, wenn es eine Welt gäbe, in der Hinterlassenschaften der Druiden Europas umher laufen würden‘.

Aus einer Laune heraus folgt Kamogelo also Til, durch die überlange, abgeschrägte Gasse, und zu der Tür in die Ewigen Wälder. Til ist total nervös als er aufschließt. Erneut denkt er daran, was der Setzling im Everreach zu ihm gesagt hatte. Til bräuchte einen Mentor, der ihm die Naturgesetze des Träumens erklären kann! Wie greifen all diese Parallelwelten ineinander?

Kamogelo sieht sich mit fassungslosen Augen in der Wildnislandschaft um, die sich den beiden hinter der unscheinbaren Tür am Ende der Gasse eröffnet. Til findet, er reagiert ganz wie ein Mensch aus der normalen Welt es wahrscheinlich tun würde bei diesem unfassbaren Anblick. Obwohl diese Version von seinem Nachbarn Kamogelo doch im Grunde selbst ein Wesen des Träumens ist!
„Und Du …! Du-Du-Du bist ja … eine Wüstenmaus?!“, entfährt es seinem Nachbarn, als er Til anschaut.
Til muss kichern, „Hase eigentlich! Aber derzeit habe ich nur das Fell und nicht den Hasenkopf. … Und einen ständigen Drang danach, meine Vorderzähne an einem von diesen Wetzsteinen aus dem Kleintier-Bedarfsladen zu schärfen, das kann ich Dir sagen, Mann!“
„Wow. Ich glaube, ich träume?“
„Vielleicht ist es sogar ein Traum in einem Traum! Wer weiß?“

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Tatsächlich ist dem Bryndrick offensichtlich sowas wie Hautfarbe und Herkunft völlig egal. Kamogelo besieht sich erschrocken die bewegte Holzfigur, und kommt sogleich auf was ganz Unerwartetes: „Wie sieht der Arme denn aus?“
„Ein bisschen gruselig mit den ganzen Knochen und so, oder?“
„Ja ja, nee … der ist ja total baufällig, da müsste man mal erstmal alles wieder festziehen und ein bisschen säubern, würd' ich sagen!“
Til blinzelt verblüfft. Er selber sieht sich ja auch als Heimwerker, und er ist selbst zur Hälfte Mensch. Da hätte er selber ja mal schon drauf kommen können, denkt er jetzt. Darauf, dass dem Bryndrick vielleicht auf diese Weise schon mal geholfen werden könnte.
Gemeinsam bringen sie also alle Verschnürungen und Gelenke vorsichtig auf Vordermann. Kamogelo fragt zurückhaltend dabei den Bryndrick, ob da was weh täte, oder wie er seine Glieder am besten bewegen könne, und der gibt wortkarg Antwort. Er scheint nicht recht zu wissen, was er von den beiden zu halten habe, die da an ihm herumwerkeln. Aber er scheint alles andere als dagegen zu sein, sondern lässt die Wartungsarbeiten brav über sich ergehen.

Schließlich erhebt das Holzkonstrukt sich, bewegt all seine Gelenke versuchsweise. Ohne weitere Erklärungen bedankt er sich, wendet sich ab, und schreitet wieder auf den Wald zu.
Die beiden Hamburger gucken ihm nach.
„Na, das war ja mal wieder was …!“, sagt Til sinnlos.
„Unglaublich! Kannst mich gerne mal wieder fragen, ob ich hierhin mitkomme!“, sagt Kamogelo.
„Ja, das würde sich tatsächlich ganz gut treffen!“, sagt Til fröhlich.
Dann bringt er seinen Nachbarn nach Hause zurück, und dort hilft er dem noch weiter mit dem Werkeln an seiner Citroën-Ente, wo sie gerade schon so schön dabei waren. Außerdem will Til sicher gehen, dass der Herr Nachbar nicht doch noch das totale Nervenflattern kriegt, so im Nachhinein. Aber der wirkt nur nachdenklich. Sie verabschieden sich schließlich mit einem fröhlichen Handschlag.

Beschwingt geht Til mit seinen Kaninchen zurück zu der Geheimtür. Die Kaninchen futtern unterwegs jede Menge Buttermaiskolben, die müssen sie sich beschafft haben, als sie eben unbeobachtet waren. (Entweder haben sie die an einem Straßenstand mit ihrer Niedlichkeit erschnorrt, oder heimlich geraubt, zuzutrauen wäre ihnen vermutlich beides.)

Til schließt also erneut von außen die Freistatt-Tür ab, und sieht hinauf in die Wipfel des dunklen Märchenwalds. Der Nachmittag hier draußen ist fortgeschritten, trotz der sommerlichen Jahreszeit wird es hier in wenigen Stunden dämmern. Aber nachdem so viele Tage lang in der Herbstwelt das Träumen unerreichbar schien, will Til jetzt nicht noch länger abwarten, indem er noch eine Übernachtung einlegt vor Beginn der Wanderung! Sich von seinen Hasen-Sinnen leiten zu lassen wäre wohl das Richtige, das Gehör und der Orientierungssinn dieser Gestalt macht die Unwegsamkeit des Waldes bei Dunkelheit sicherlich auch wieder wett.

Da mache ich mal den Move namens Gather Information, um den Rückweg nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf zu finden. Dafür mache ich als Extended Action zwei Würfe auf Wahrnehmung+Überleben+Aspekt (‚In Wald und Feld von Instinkten geleitet‘). Darin brilliert der Feldhase ziemlich, er schmeißt mühelos zehn Erfolge. Dennoch nur ein Weak Hit, einer der Challenge Dice zeigt eine Zehn. Das bedeutet, dass unterwegs eine Gefahr unseren Weg kreuzt. Vielleicht der Fuchs oder ein fetter Uhu? Oder was noch garst'geres, eine Spukgestalt des Märchenwaldes? Nehmen wir mal die Nixe aus dem gleichnamigen Grimm-Märchen!

„Hmm, was soll man da sagen, kaum krieche ich aus meinem Weiher, werfen sich die Hasen-Leckerbissen mir praktisch ins Maul! Heute muss mein Glückstag sein!“, zischelt es, als genau vor Tils Feldhasengestalt eine Silhouette sich aus dem Dunkel erhebt!



Die Grimm'sche Nixe: Menschenkinder will sie als Diener, aber Feldhasen will sie snacken


Daraus machen wir den Move Face Danger. Til und die kreischenden Kleinen Bunnies gehen mit dieser Gefahr mal wieder um, indem sie einfach vor ihr weglaufen! (Und Til hat nicht mal Kämme und Bürsten dabei, die hatten in dem Märchen durchschlagenden Effekt gegen die verfolgende Nixe.) Bei Geschick+Athletik+Aspekt (‚Hakenschlagen auf der Flucht‘) kommen sieben Erfolge heraus. Die Challenge Dice sind großzügig, und gewähren dadurch einen Strong Hit! Til bekommt einen Punkt Willenskraft zurück, und die weißen, fluffigen Vierbeiner hängen hakenschlagend die verfressene Wasserbewohnerin ab im Gewirr der Baumwurzeln und Farnsträucher.

„Kommt zurück, Hasen-Leckerbissen!“, faucht es zornig zwischen den finsteren Stämmen, wo die abgehängte Nixe suchend umher irrt, aber die Nager denken ja gar nicht daran.

Nach mehreren Wegstunden kommen die Lichter von Holz-Giebel-Brunnen-Dorf in Sicht. Mittlerweile ist es natürlich längst nicht mehr umlagert von den Grimgoromn-Scouts.

Aber was ist hier los, das habe ich mir noch nicht zurecht gelegt? Die Orakelwürfel prophezeien Serve Labor. Die Boggans im Dorfe sind ja sowieso legendäre Handwerker, das bedeutet doch nur … oh nein: Der Orakelspruch muss bedeuten, dass die Arbeitskraft von Holz-Giebel-Brunnen-Dorf nun unter Zwang im Dienste Grimgoromns steht!

Til stellt sich auf die Hasen-Hinterläufe, und fuchtelt mit den Vorderläufen in der Luft herum, und seine Kaninchenfreunde springen um ihn herum, und durch dieses Schelmenspiel sinkt die Schwierigkeit um eins. Erneut drei Erfolge, es klappt. Wir katapultieren uns via Hopscotch auch diesmal wieder ungesehen über die Dorfmauer hinweg! Und siehe da, vor den Knopfaugen des zitternden Hasen erscheinen zwei hünenhafte Grimgoriminatori im Fackelschein, in spiegelnd schwarzen Vollrüstungen. Dann und wann stellen sich ihre Käferpanzer-Belüftungsklappen an Schultern, Ellbögen, und Kniegelenken auf, ansonsten wachen sie reglos. Die menschlichen Nachtwächter schleichen mit respektvollem Abstand um die neuen ‚Beschützer‘ des Dorfes herum …!

Soundtrack: Floex, Wednesday (Is The New Friday)
https://www.youtube.com/watch?v=pePOsagq-9M

Um diese Zeit schlafen alle tief den Schlaf der Gerechten, Menschen wie Boggans … oder? Viele der niedlichen, kleinen Keller- und Dachbodenfensterchen sind ja erleuchtet! Der Hase Til und seine sieben Karnickelfreunde schleichen zu einem der Kellerfenster, und spähen durch das dicke Butzenglas hinab: Boggans arbeiten in ihren Kellerräumen, nähen, stopfen, hobeln, schmirgeln. Das macht ja auch Sinn, Heinzelmännchen sind doch nachtaktiv … aber irgendwas stimmt da nicht, die wirken diesmal so freudlos dabei?

Til und seine Freunde hoppeln durch ein angelehntes Fenster ins Innere eines der Häuser, und schleichen sich durch die Gänge, die Kellerstiege hinab. Dort verwandelt er sich ungesehen in einer dunklen Ecke zurück. Als Wechselbalg klopft er behutsam an den Holzrahmen der offenen Kellertüre, und steckt den Kopf hinein: „Hallo allerseits! Darf man stören?“
Mehrere kleine, rundliche Boggans fahren zusammen und wenden sich ängstlich zur Treppe. Ihre freundlichen, runzligen Gesichter hellen sich auf, als sie sehen, wer da unangemeldet vorbei kommt.



In den Gebäudekellern wird nachtsüber fleißig gearbeitet


„Na, Donnerschlag! Ihr seid's ja! Der Herr Pooka vom Lichten Hofe!“
„Meiner Treu!“
„Wer? Sagt an, Meisters, wer ist's?“
„Der, der uns das hochwohlgeborene, kleine Fräulein zurückgebracht hatte!“
„Meine Seel', welch eine Überraschung!“
Rasch kommt sein Auftreten fürwahr, aber er ist mir noch nicht über.“
„Tretet ein, Herr Haselberger, tretet ein! Aber tretet vorsichtig auf, denn die Sterblichen schlafen um diese Zeit, und wir dürfen sie nicht wecken! Diese Diele dort, die knarrt gewohnheitsmäßig.“
Til und die Bunnies kommen näher.
„Was ist dort oben denn los, Leute?“, erkundigt er sich, „Beim Tor stehen zwei, wie heißen die noch … Grimgori … minatori!“
„Ja“, klagt einer der Boggans verdrießlich, „Holz-Giebel-Brunnen-Dorf steht derzeit unter der Kontrolle von denen aus Grimgoromn! Das Herrscherreich hat uns besetzt und den Bürgermeister unserer Sterblichen zu einem Handel gezwungen. Nicht nur die Menschen dort oben im Dorfe müssen nun den ganzen Tag lang schuften für die aus Grimgoromn, sondern des nachts auch wir Heinzel!“
„Ist nicht wahr!“, entfährt es Til, „Könnt Ihr nichts dagegen tun? Die sind Arschlöcher, die muss man doch wieder rausschmeißen!“
„Wir sind friedfertige Leutchen, Herr Haselberger! Und sollten die hier abgestellten Grimgoriminatori auch nur ahnen, dass wir danach trachteten, uns aufzulehnen … oh, noch selben tags würde ihre Reiterei hier wieder anrücken!“
„Außerdem sind Grimgoriminatori unbesiegbar! Ihre Streitkolben sind wuchtig, ihre Stiefel schwer, und alle vierhundertdreizehn Scharniere an ihren Harnischen sind stets gut geölt!“, murrt ein anderer Handwerker.
„Aber Meisters, seht nur!“, sagt ein anderer Boggan, „Der Herr Pooka hat seit dem letztem Male seine Ausstattung verbessert! Trügen mich meine Augen, Meisters, oder ist dies das berühmte Schwert von Yvamore?“
„Mit solch einer Klinge könnte ein Ritter gewiss die Grimgoriminatori herausfordern.“
„Herausfordern, ja. Niederwerfen?! Nein, nein, nein …“
Til meldet sich in dem allgemeinen Gebrabbel zu Wort, „Ich verwende es ausschließlich zum Parieren.“
„Die Sidhe haben es ihrerzeit verwendet, um ganze Königreiche zu erobern! Lasst uns dieses Meisterstück sehen, Freund Pooka …!“
Til überreicht das Schwert den Boggans, die es mit ihren untrüglichen Kennerblicken bewundern.
„Ja, fürwahr …“
„Dieser Glanz!“
„Das Schwert von Yvamore: Meiner Seel'!“
„Es muss natürlich neu geweiht werden …“
Til fragt neugierig, „Geweiht?“
„Ja, Herr, es hat nichts von seiner Pracht verloren, aber einiges von seiner Macht und Schärfe! Ihr solltet zu einem der heiligen Haine der Sidhe pilgern, oder zu ihren Freistätten, fern von hier, und den Segen von Yvamore erbitten! Dann wird es seine einstige Qualität zurückerlangen!“
„Was ist das, Yvamore?“, will Til wissen, als sie ihm das Schwert zurückgeben.
„Ein mythisches Königreich der Sidhe, Freund. Vor über tausend Jahren befand es sich in einem anderen Teil des Fernen Träumens, hinter dem Horizont, weit von hier. Die Sidhe, Trolle, und Satyre von Yvamore schickten gar oft ihre glorreichen Ritter aus nach anderen Teilen des Träumens, wo ihr Beistand erfleht ward! Sogar in der Welt der Sterblichen wurde es gegen die Feinde des Lichten Hofes geführt, damals, als dies noch nicht die Herbstwelt ward. Galenvynn mit den Schimmernden Augen hat es geführt, und Ivawain der Flammend Rote von Hause Gwydion. Zuletzt war es in Händen von Siguvinh Merlainne vom Hohlkronen-Hof zu Aevalorn, und mit ihr ging es auch verloren, im tiefen Labyrinth.“
„Es eignet sich auch ganz hervorragend zum Parieren“, fügt Til stolz hinzu.
„Sicherlich wärest Du ein guter Knappe für einen Sidhe-Ritter ... Obwohl Du ein Pooka bist. Du bist ungewöhnlich für die von der Art Robin Gutfreunds. Als herrenloser Freischärler wirst Du nicht viel ausrichten gegen das schreckliche Herrscherreich Grimgoromn.“
„Ich kann auf jeden Fall Hilfe holen! Sagt mir, wohin die Kaninchen und ich uns zu wenden haben, und wir kommen mit Verstärkung wieder! Vielleicht gibt es Kräfte hier, die vermitteln können, und die Grimgoriminatori friedlich zur Vernunft bringen!“
„Eine schöne Idee, fürwahr. Leider unmöglich! Die hohen Häuser der Sidhe, ja, die könnten uns helfen. Die Gwydion oder Fiona, aus den alten Geschichten! Aber dieser Teil des Träumens ist abgelegen. Hier war lange keine Sidhe-Gefolgschaft mehr gesehen, denn die meisten verbarrikadieren sich in ihrer Heimatwelt, und der Rest hat sich in der Herbstwelt verkrochen.“
„Wir werden warten müssen, bis die Besatzer uns und unseren Menschen alles abgepresst haben, das sie benötigen, und abgezogen werden, um weiter zu marschieren. Um ihnen als ein dauerhafter Stützpunkt zu dienen für ihren Feldzug ist unser Dorf zu abgelegen von den Straßen, und nicht reich genug!“
„Was ist mit Aneta? Und habt Ihr in letzter Zeit einen flüchtigen Kindling aufgenommen? Er hört auf den Namen Lobo!“
„Unsere kleine Edeldame ist schon beim ersten Auftauchen der Grimgoromn-Reiterschar in Sicherheit gebracht worden, Herr Haselberger. Du erinnerst Dich! Gewiss ist sie auch eine Sidhe, aber noch viel zu klein, um uns in dieser Lage helfen zu können.“
Einer der Boggans murrt, „Wir wissen nicht, welchem der Häuser sie entstammt, und welchem der Höfe. Und da sie ein Wechselbalg ist so wie Du, Herr Pooka, hat sie keine Erinnerungen daran, woher sie kommt und wo sie hingehört. Es könnte wahrscheinlich an jedem Ort im Träumen sein, oder sogar in der Herbstwelt! Und selbst wenn wir es wüssten, wir könnten solch entlegene Orte ja doch nicht erreichen.“
„Eiderdaus, sag' ich. Eiderdaus!“, jammert ein anderer Handwerker.
„Seit langem irrt sie schon in den Endlosen Wäldern umher … Wie oft haben wir sie ersucht, hier im Dorfe zu verweilen, gefleht, was Meisters? Aber sie ist nicht zu halten, wie so viele von ihrem Kith!“
„Die Grimgoriminatori würden sie natürlich gefangen nehmen, wenn sie unsere kleine Hochwohlgeborene zu fassen bekämen! Dies sind genau die Art von politischen Gefangenen, die sie zu machen erhoffen, ganz nebenbei, während ihres Feldzuges. Darum haben wir der jungen Dame nicht gestattet, zurückzukommen aus den Fluchttunnels. Sie harrt aus bis die Luft hier im Dorfe wieder rein ist!“
„Drunten in den kristallenen Höhlen! Den Höhlen von Cyenwen!“
„Dort, tief drunten im Fels, da kennen sich nur Boggans und Zwerge aus. Da haben unsere Leute schon so manch ein Unwetter und sogar das eine oder andere Drachenfeuer überdauert!“
„Ich sollte nach ihr sehen, und ihr berichten. Und Ihr habt nicht von dem Kindling namens Lobo gehört, nein?“
„Ach, Freund Pooka! Wenn jemand auf dem Weg nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf gewesen wäre in den letzten Wochen, so wäre er sicherlich in den Fangnetzen der Häscher von Grimgoromn gelandet!“
„Oh nein … oh nein, Leute, was kann ich denn da tun?“
„Darauf hoffen, dass das Schicksal es gut mit Euch Changelings aus der Herbstwelt meint, Freund! Wenn Du in die Fluchttunnels willst, dann müssen wir uns sputen. Dies ist nur im Dunkel der Nacht zu schaffen. Die Grimgoriminatori dürfen uns dabei nicht behelligen!“


Die Boggans geben Til neue Klamotten von ihren Menschen, die sie gerade neu geschneidert haben, bäuerlich und grob, aber schön stabil. Seinen schicken Schlafanzug verstaut er in einem kleinen Lederrucksack, den die anderen Kithain ihm geben, zusammen mit etwas Proviant.

Machen wir daraufhin dann mal einen Face-Danger-Move, um ungesehen von den schrecklichen Grimgoriminatori die versteckte Falltür zu erreichen und in die Fluchttunnels der Heinzelmänner zu entkommen! Unser Führer dabei ist wieder der Hausgeist aus dem Hause des menschlichen Medicus, der sich ebenfalls freut, Til und seine Kaninchen wieder zu sehen. Dieser Boggan hat nun endlich Gelegenheit, sich vorzustellen, und nennt sich Dwyddle Umswydd.

Also Geschick+Heimlichkeit gewürfelt, mit den Bunnies, schnell und leise, immer Dwyddle hinterher! Sieben Erfolge, und daraus folgt ein Weak Hit.

Ein dritter Grimgorominatorus läuft Patrouillie auf den Kopfsteinpflasterstraßen! Gerade, als er die Flüchtenden endgültig stellen will, und in den Hinterhof einbiegt, in dem sie verschwunden sind, schließt sich die Holzluke über deren Köpfen! Das war sauknapp, und ich muss einen Folge-Move anschließen, da nehme ich Endure Harm, denn Til und der Boggan purzeln in ihrer Hektik die Sprossenleiter herab, mitsamt ihren Rucksäcken, das unterste zuoberst und das oberste zuunterst!

Til absorbiert ein Wundlevel und steckt eins ein, er holt sich ordentlich blaue Flecken und verstaucht sich das rechte Handgelenk. Er und Dwyddle schauen atemlos hinauf zu der dunklen Falltür, von wo etwas Staub hinab rieselt. Die Bunnies landen lautlos um sie herum. Til legt warnend einen Zeigefinger vor die Lippen, damit sie nicht zu quieken beginnen. Niemand versucht aber, die Bodenluke aufzustemmen … der Grimgoriminatorus hat sie scheinbar nicht entdeckt!
Leise kriechen sie weg, den Schacht entlang, der einst in Fels und Erdreich getrieben wurde. Til unterdrückt einen Schmerzensschrei, als er das verstauchte Handgelenk belastet! Binnen einer Viertelstunde bringt sein schimärischer Körper sich jedoch von selbst wieder in Ordnung, die Verstauchung heilt in sagenhafter Geschwindigkeit.

Dwyddle Umswydd raunt nach einer weiteren halben Stunde des Kriechens durch die irdenen Gänge dem Pooka zu: „Wir sind da, Freund! Siehe …! Die Höhlen von Cyenwen!“



Die Zuflucht tief unter den Ewigen Wäldern, wo das unterirdische Cyenwen beginnt


Die Höhlen erstrecken sich mit einem außerweltlichen, bläulichen Schimmern vor Til, der staunend den Blick hebt. Felssäulen verbinden die Decke des Höhlengewölbes über ihnen, und den Boden tief darunter, kleinere und größere Serien von Hohlräumen durchziehen das Gestein. Unzählige Kristalle im Gestein hüllen die Szenerie in ihren Widerschein. Ein paar Boggans sitzen aneinander gedrängt auf einem felsigen Sims direkt vor ihnen. Dwyddle läuft bereits gut gelaunt auf sie zu und nimmt seinen Rucksack ab, um die Vorräte auszupacken, die er seinen Artgenossen mitgebracht hat.
Til kommt zurückhaltend näher und stellt sich vor. Das ganze Dutzend heißt ihn herzlich willkommen und alle nennen ihm ihre Namen, als sei er ein lange vermisster Freund ihrer Familien. Die Boggan-Kinder beginnen sofort mit den Bunnies zu spielen.
Dies sind diejenigen Heinzel aus dem Dorf, die zu große Angst vor den Grimgoriminatori haben, um denen unter die Augen treten zu wollen. Aneta jedoch ist mittlerweile nicht mehr hier!

Was sagt denn das Orakel zum Verschwinden von Tils kleinem Schützling Aneta? Learn Creation. Offensichtlich hat sie sich selbst eine neue Feenkunst beigebracht, womöglich ist die einfach unverhofft aus ihrer Feen-Erinnerung wieder aufgestiegen …:

„Ach, Herr Pooka, wir hatten doch vor, genauestens auf sie Acht zu geben! Trotz ihres ewiglichen Fernwehs. Das hat das arme Kind ganz schrecklich in seinem Banne gehalten, ja ja. Schwuppdiwupp, war sie weg, ließ sich nicht aufhalten!“
„Was soll das heißen, sie ließ sich nicht aufhalten?!“, fragt Til aufgeregt, „Die Flügelchen taugen ja noch nicht zum Fliegen, das weiß ich noch genau!“
„Ei wo, Flügelchen. Die Luft scheint sie weggetragen zu haben, Herr! Sie muss sich diesen Luftstrom daselbst geschaffen haben! Wir haben sie das ehedem noch nie machen sehen. Noch nie! Sie muss ganz von allein auf diese Kunst gekommen sein!“
„Ja aber … wo ist sie denn hin?“
„Ja, immer der Nase nach, immer dem eigenen Fernweh gefolgt! Vielleicht hat sie ein Geheimnis, die junge Hochwohlgeborene, eines, das sie immerzu hütet, vor unsereinem. Ganz so scheint‘s ja manchmal mit ihr! Irgendeine Verpflichtung, der sie nachzugehen hat, aber heimlich? Wer weiß! Ihr Kith hat gar viele Geheimnisse, so sagt man. Oh, wie jammervoll, Herr! … Was haben wir uns die Lungen aus dem Leibe geschrieen, dass sie zu uns zurück kommen möge!“
Die kleine, dicke Boggan-Frau deutet kläglich in Richtung des Felssims. Til legt sich flach auf den Bauch, und glotzt in die Dunkelheit hinab, dorthin, wo man tief dort unten den Höhlenboden sehen kann im Licht der Kristalle. Aber natürlich ist dort kein Zeichen von Aneta, keine praktischerweise fallen gelassene Brosche, keine Fußspuren im Kies …
„Ich geh' ihr nach!“, sagt Til dennoch, „In welche Richtung genau hat ihr Luftstrom sie denn getragen?“
Die aufgeregten Boggans deuten in die Richtung.
„Willst Du das wirklich tun, Til Haselberger?“, fragt Dwyddle Umswydd besorgt, „Du kannst mit Deinen Spring-Künsten gewiss dort herab gelangen … gewiss … aber dort drunten in den Höhlen von Cyenwen kann sich einer auf Jahre verirren!“
„Ja, dann ist das doch umso schlimmer, dann muss man die kleine Aneta doch da raus holen!“
„Sie weiß sich zu helfen, Til! Und sie kehrt ja immer zu uns zurück. Oft ist sie wochenlang fort, aber ihre Intuition ist stark. Früher oder später werden wir sie wieder im Dorfe in die Arme schließen können.“
„Was wißt Ihr denn über das Kind?“, erkundigt sich Til verwirrt.
„Beinahe nichts! Die Hohen, nicht wahr, die verstehen sich ja darauf, zu schweigen, wenn sie wollen. Womöglich hat das Kind geschworen, eine eigene Queste zu verfolgen, die sie weiter und weiter voran treibt. Vielleicht wurde ihr sogar ein Geas auferlegt, nicht wahr, ein magischer Eid! Eine Erfahrung hat ganz Holz-Giebel-Brunnen-Dorf jedenfalls schon mit der Hochwohlgeborenen gemacht, mein lieber Til: Wenn sie bereit ist, ihr Begehr zu schildern, dann wird sie es von sich aus tun, aus eigenem Antrieb heraus; denn entlocken können es ihr weder honigsüße Zungen noch inständiges Flehen!“
„Ich gehe ihr nach“, sagt Til mit großer Bestimmtheit, „Sie ist ein Changeling so wie ich, richtig? Dann gelingt es mir vielleicht, zu ihr durchzudringen. Ich habe jahrelange Erfahrung mit meinesgleichen!“

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Til verabschiedet sich also von den Boggans, und setzt mit Hopscotch vom Felsensims hinab. Dies ist ein tiefer Sprung, und unterwegs kommt ihm die Panik, und er hat lange Sekunden Zeit dafür, sich zu fragen, ob seine Künste wirklich das tun, was er instinktiv vermutet hat, als er abgesprungen ist. Auf Zehen und Fingerspitzen landet er schließlich im Kies, setzt auf wie schwerelos. Keucht noch ein ganzes Weilchen vor sich hin, winkt dann hinauf zu den vielen Boggan-Gesichtern an der Kante des Überhangs. Die winken zurück, ihre Gesichter wirken teilnahmsvoll, sie machen sich Sorgen.



Til in seinem Feenschein, wenn auch derzeit ohne Hasenkopf


Einige Bunnies stecken die Köpfe aus Tils Rucksack und gucken sich verwirrt um, ihnen ist ein bisschen schwindelig. Die anderen hoppeln hinter Til herbei, sie beherrschen nicht den Hopscotch-Zauber, sie sind einfach von Fels zu Fels gehüpft, um herab zu gelangen.

Oh großes Orakel: Was ist denn unsere Aufgabe in dieser Höhle, abgesehen von der Nachverfolgung des Weges, den Aneta genommen hat? Refuse Debt sagen die Orakelwürfel. Das klingt ganz so, als seien die Kristallhöhlen durchaus bevölkert. Ein Schuldner weigert sich, seine Schuld zu begleichen … womöglich hat dieser sich deswegen hierher zurückgezogen, tief unter die Erde. Das ist dann ein Clan von Wichteln, die sich gerade ihrem Groll hingeben gegen die Gläubiger, die sie übers Ohr gehauen haben. (Und niemand haut einen Wichtel übers Ohr; C:TD, S. 451.)

Das verlangt nach einem zünftigen Delve! Ich mache daher den Move Discover a Site: Ich definiere die Kristallhöhlen von Cyenwen als Formidabel, und als Fortified Cavern. (Fortified sind sie zumindest so lange die Wichtel hier Unterschlupf suchen.) Das Missionsziel ist, Anetas Route nach draußen nachzuvollziehen.



Soundtrack: Michael Ghelfi, Crystal Dungeon
https://www.youtube.com/watch?v=TUCzY-6XjUo&t=1121s

Also starte ich wieder mit dem Move Delve the Depths: Til und die Kleinen Bunnies bewegen sich offen vorwärts, in die Richtung, welche die Heinzel ihnen angegeben haben, und versuchen Spuren von Aneta zu finden. Dafür würfle ich Wahrnehmung+Aufmerksamkeit. Sieben Erfolge für Til, und daraus wird ein Weak Hit. Da müssen wir auf der Tabelle des Moves würfeln, und bekommen einen ersten Punkt Fortschritt.

Eine besonders breite Schlucht oder Schneise zwischen den Felssäulen führt direkt in die angezeigte Richtung. Es scheint auf der Hand zu liegen, dass der Sidhe-Kindling hier entlang geschwebt ist. Die acht Wanderer staunen mit großen Augen über die funkelnden Kristallformationen, die das Licht von Tils kleiner Fackel brechen, und auch die bläuliche Klinge des Schwerts von Yvamore in seiner anderen Hand zum Funkeln bringen. Die Schlucht verengt sich nach einer halben Wegstunde zu einer runden Höhle in der Felswand, in die man bequem hinauf steigen kann.

Da würfle ich für meinen nächsten Move (Delve the Depths) auf Wahrnehmung+Überleben, zum Spurenlesen. Ein Strong Hit, noch dazu mit Pasch! Das bedeutet, dass ich den Folge-Move namens Find an Opportunity machen darf, und dessen Tabellenergebnis frei wählen. Und aufgrund des Paschs eben scheint das eine ganz besondere Bewandtnis damit zu haben! Da wähle ich mal, ‚You locate a secure area‘:

In der Höhle entdecken Til und die Kaninchen, dass es von dieser in eine noch höher gelegene Nachbarhöhle hinauf geht. Es gibt jedoch auch einen Spalt zwischen den blauen Kristallen, hinter dem ein paar schmale Stufen zu sehen sind, die offensichtlich einstmals grob gemeißelt wurden, und die direkt hinauf führen! Ein unwiderstehliches Gefühl von Déjà-vu bemächtigt sich Til, das ihn sogar glauben lässt, er hätte diesen Winkel niemals bemerkt, wenn er nicht irgendwie gewusst hätte, dass er da sein würde! Aber wie hätte er davon wissen können?

Neugierig zwängt er sich hindurch und steigt die krude Wendeltreppe empor. Die Bunnies überholen ihn aufgeregt. Er kommt in einen kleinen Hohlraum, dessen kristalline Wände im Licht seiner Fackel tausendfach schimmern, als er eintritt. Aber die Höhle ist bewohnt, es gibt ein paar alte, handgeknüpfte Matten auf dem Boden, Kisten mit hölzernen Kinderspielsachen, und ein kleines Schreibpult mit Gänsekiel und Tintenfässchen. Das alles wirkt, als sei es vor sehr langer Zeit einmal hier zurückgelassen worden. In der Raummitte aber ist obendrein ein kleiner Teetisch aufgebaut, mit einem weißen Tischtuch, Schemeln, und einer alten, bauchigen Teekanne, aus der sogar Wasserdampf aufsteigt! Diese Stücke sind neu!
„Hallo?“, fragt Til vorsichtig in den Raum hinein. Es ist zwar keiner hier, aber nach seinen bisherigen Erfahrungen mit Feenmagie vermutet er dennoch, dass jederzeit alles passieren könnte!

Alles bleibt still. Nun, aber sicher scheint es hier zu sein, und da ich einen neuerlichen Folge-Move mit Bonus spendiert kriege, mache ich den Move Make Camp, um etwas neue Willenskraft zu tanken. Wir vergehen uns aber nicht an dem merkwürdigen Tee-Gedeck, sondern widmen uns vorsichtshalber nur unserem Proviant von den Boggans.

Was passiert hier noch? Ich frage das Orakel und bekomme Challenge Secret. Ein Geheimnis gibt es hier ganz offensichtlich, aber wie wird es herausgefordert? Oder andersherum, fordert uns das Geheimnis heraus? Das ist gut:

Als die Wanderer zurückkehren wollen zu der engen Wendeltreppe, ist diese auf halbem Wege verschwunden! Die grob gemeißelten Stufen verschwinden unter Geröll. Es hat aber keinerlei Geräusch gegeben, das einen Felsrutsch angekündigt hätte!
„Was ist da los?!“, entfährt es Til. Er tastet auf allen Vieren den Schacht ab, aber hier sind keine illusorischen Wände oder irgendsowas!
„Na ja, Traumlogik halt“, sagt er sich, sich an seine erste Reise in den Tulgee-Wald erinnernd.
Das Déjà-vu-Gefühl kommt wieder — als wäre er schon irgendwann einmal hier gewesen, als hätte er diesen Traum vor langem schon einmal geträumt. Da gab es doch irgendein Geheimnis, irgendeine Losung?
„Sesam, öffne Dich!“, versucht er natürlich als erstes, spaßeshalber. Aber nee.

Also müssen wir das kleine Höhlenversteck durchsuchen, vielleicht findet sich ein Hinweis. Das ist der Move Gather Information. Ich würfle für Til Wahrnehmung+Enigmas, denn vielleicht kann er sowas wie eine Rätsel-Inschrift finden! Sechs Erfolge, und ein Weak Hit. Til findet also was, aber dieses Rätsel verkompliziert seine Nachforschung noch.

„Schaut mal, Bunnies! Hier ist was in den Kristall geritzt: Das wird Euch gefallen, das eine soll offensichtlich ein Kaninchen sein.“
Die anderen drei Symbole sind auch Tiere: Ein Bär, und zwei Wiesel oder sowas.
„Hase und Bär“, grübelt Til, „So wie Niedzwiedz und Zajaczek. Aber was genau bedeutet das? War Aneta schon mal hier, um ihre kleine Tierfabel hier zu verewigen …? Was meint Ihr?“

Ich lasse statt einem weitere Move Til mal einfach fix Geistesschärfe+Enigmas würflen, um das Rätsel zu lösen, und er kommt auf einen Erfolg:

„… Vier Tiere … und hier stehen wie zufällig auch vier Schemel um den Teetisch herum.“
Einen davon hatte er vorgezogen, um seinen Proviant und das Kaninchenfutter darauf abzulegen. Er schiebt ihn zurück, halb unter den Teetisch, so wie die anderen drei stehen. Es knirscht vom Treppenhaus her, fast unhörbar!

Sie springen dorthin, und siehe da, die Steinstufen führen wieder ganz bis herab! Til steigt herunter, und murmelt, „Vier Tiere … komisch …“
Da geht seine Fackel aus, runtergebrannt! Jetzt ist nur noch das trügerische Schimmern der Kristalle übrig.
Ängstlich sieht Til sich um, man kann nur ein paar Meter weit sehen. Er dachte, die Boggans hätten ihm noch mehr eingepackt, aber er hat weder weitere Fackeln noch Feuerstein und Stahl. Also Beeilung, der eigentlichen Fährte hinterher.

Wieder Delve the Depths, diesmal mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, um sich durch das Dunkel und Lichtschimmern voran zu tasten. Ein Weak Hit: Wir dürfen den dritten Punkt Fortschritt markieren.

Geduckt und teilweise auf Händen und Knien tasten sie sich die Kieshänge hinauf, durch die Serie von großen Höhlen. Ein Glück, dass Til jetzt die grobgewebten Mittelalterklamotten an hat, der teure Pyjama wäre hin!

Abermals Delve the Depths, jetzt wiederum mit Geschick+Aufmerksamkeit, um erklimmbare Wege zu finden und sich hinauf zu arbeiten. Aneta scheint eine ganze Serie von großen Höhlen durchquert zu haben mit ihrer magischen Reisemethode. Die Challenge Dice geben einen Fehlschlag an: Das bedeutet Reveal a Danger. Der gleichnamige Move leitet mich zur Theme Card der Stätte weiter, und dort bedeutet das Tabellenresultat, dass die Wichtel hier ein Lager aufgeschlagen haben.

Man hört auch leise und eifrig jemanden bingen in der Düsternis, kleine Spitzhacken auf Gestein! Til robbt höher hinauf, und man sieht die Lichter kleiner Lagerfeuer und vereinzelter Kerzen in der nächsten, höher gelegenen Höhle: Durch und durch drahtige, rußverschmierte, und grimmig aussehende Kerlchen mit zotteligen Bärten und Zipfelmützen bearbeiten die Felswände. Andere sitzen um die Lagerfeuer vor ihren Zelten, und schauen trübselig drein.

„Was denkt Ihr, sollen wir die ansprechen?“, wispert Til, „Die wirken zwar ein bisschen säuerlich, aber vielleicht haben sie Aneta hier durch schweben sehen!“



Die Wichtel sind mit den Heinzeln verwandt, aber weit weniger herzlich!


Also gut, so machen wir es. Offen gehen die acht auf die halbhohen Gestalten zu, und Til versucht einen scheuen Gruß.
„Wer schickt Euch, Ihr Nager!“, verlangt einer der Wichtel zu wissen, „etwa die doppelt und dreifach vermaledeiten Trolle?“
„Trolle?!“
Der grimmige Knirps wird lauter, „Ja, Freundchen! Und lüg' uns ja nicht an, hörst Du, wir haben nix zu verlieren“, und den Rest schreit er, „Wir sind scheiße hartgesotten! Wir machen alle fertig, die uns anpissen wollen!“
Til presst die Lippen aufeinander, und versucht eisern, nicht loszuprusten. Einige der Kerlchen haben sogar ihre kleinen Kurzbögen und Steinschleudern gezogen. Aber sie wirken auf seinen Pooka-Humor urkomisch mit ihrer kleinen Körpergröße, gepaart mit ihren mächtig großen Egos.
„Nee, hab' keine Trolle gesehen hier unten bisher“, sagt er also beschwichtigend, „Außer dem einen vorhin, ja, der hatte sich verlaufen. Den habe ich natürlich ordentlich genasführt, und ihn zurück an die Oberfläche geschickt, ohne dass er es gemerkt hat.“
„Leichtgläubige Bastarde, diese scheiß Trolle!“, knurrt der Wichtel durch gefletschte Zähne.
„Ja, echt mal, total leichtgläubig“, nickt Til schmunzelnd, „Doof wie Bohnenstroh!“
„Aber sagt an, Wandersleut', was macht Ihr hier so tief in den Windungen von Cyenwen?“, fragt ein anderes Wichtelmännchen misstrauisch.

Da mache ich mal einen Compel-Move für diese Verhandlung: Es wird ein Weak Hit mit Charisma+Überzeugen. Das bedeutet, Til kann mit den misstrauischen Wichteln aushandeln, dass er passieren darf, aber sie verlangen etwas von ihm im Gegenzug.

„… Aber habt Ihr ein kleines Mädchen mit sehr grünen Augen und grünen Schmetterlingsflügeln gesehen?“
„Nee. Aber wir war'n auch mit Schürfen beschäftigt. Das Gestein hält mehr für uns bereit als wir gedacht hatten als wir uns hierher geflüchtet haben. Und wenn wir schon nächtelang hier festsitzen wegen der rotzigen Trolle, dann können wir auch gleich hier weiter Minieren!“
„Aber was wollen die denn von Euch? Gehören die nicht nach Skandinavien?“
„Näh, das ist der Sauhaufen von Gwargar Blutsprenkelpranke. Die haben uns mal Unterschlupf gewährt, vorletztes Jahr, als die Lindwürmer so zahlreich waren. Und jetzt wollen sie ihre Schuld einfordern. Dabei haben sie uns übers Ohr gehauen damals!“
„Wir hegen einen Groll!“
„Gerade jetzt wollen die auftrumpfen, gerade jetzt, wo oben an der Oberfläche Grimgoromn-Reiter umgehen! Hat man Worte?“
„Der Groll der Wichtel von Gundwetz-Tal ist furchtbar, wie eine Naturgewalt!“
„Ja, verdammich!“
Til versucht die Racheschwüre abzukürzen, und lenkt ein, „Okay, aber die Kaninchen und ich dürfen hier lang, ja? Wir haben es nämlich ziemlich eilig!“
„Halt, Moment, Du langer Lulatsch! Wer sagt uns denn, dass Du kein Spion von den Gwargar-Trollen bist, hä?“
„Genau, Du siehst aus wie'n Pooka, Ihr seid doch am liebsten als Spione unterwegs!“
„Nee, Quatsch“, rügt Til, „Am liebsten machen wir Kartoffelpuffer!“
„Lüge! Am liebsten lügt Ihr Lümmel rum! So sieht das nämlich aus!“
„Ach, kommt …“
„Nix da! Wir lassen Euch hier durch, aber dafür müsst Ihr für uns spionieren, so sieht das nämlich aus!“
« Letzte Änderung: 21.02.2025 | 17:44 von Schalter »

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Was wollen die Wichtel denn ausspioniert haben? Hold Advantage, sagen die Orakelwürfel dazu. Also müssen die Trolle irgendeine magische Möglichkeit haben, um die Wichtel aufzuspüren. Ist es ein bestimmter Schatz, oder entwendete Besitztümer der Wichtelmänner, mit denen die Verfolger ihre Feenkünste verwenden?

Mit zahlreichen Ermahnungen, Tipps, und Anfeuerungen ausgestattet — er solle außerdem sein Schwert für Hinterhalt-Angriffe verwenden, so oft er könne — ziehen Til und die Kaninchen weiter. Die Trolle sind weiter oben zu vermuten, sie sind grobschlächtig und haben nicht so weit herab gefunden wie die Wichtel. Also sollten sie in der Richtung sein, in welche Til sowieso will.

Dann also wieder Delve the Depths, diesmal mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, um weitere Anzeichen von Anetas Durchreise zu entdecken, oder jetzt auch Spuren der Trolle. Ich hoffe schon fast auf einen Fehlschlag, dann können wir gleich ein Encounter mit den Trollen einbauen. Stattdessen ein Strong Hit. Das generiert uns den vierten Punkt Fortschritt. Der Folge-Move Find an Opportunity lässt mich einen Hinweis finden, dazu weiß ich schon was:

Die Höhlen verengen sich, und werden zu gewundenen Felstunnels. Til muss sich mühsam voran tasten, er sieht nicht mehr viel, nur wenige der bläulichen Kristalle erhellen hier das unterirdische Dunkel. Der Kies knirscht unter seinen Füßen. Es klingt plötzlich für ihn so, als ob sich jemand nähern würde auf den Steinchen, viel zu leicht für einen Troll, aber etwas zu groß für einen Wichtel. Da er sich letztlich nicht sonderlich melancholisch gefühlt hat, hat er immer noch den menschlichen Kopf, und dadurch nicht die Vorzüge der Hasenlöffel. Er wird ziemlich nervös! Hätte er bloss noch mehr Fackeln dabei …! Er guckt, ob die Bunnies sich möglicherweise zu graulen anfangen, aber die scheinen das leichte Knirschen zwar auch zu hören, aber es nicht als bedrohlich zu empfinden.

Während diese Begegnung sich entfaltet, passiert vielleicht auch noch was anderes parallel. Dazu befrage ich die Orakelwürfel, und die sagen Charge Enemy. Das sind die Trolle, die schon viel näher sind am Lager der Wichtel als vermutet! Sie bewegen sich auf einem der Paralleltunnels, die dorthin hinab führen, von wo Til und die Kaninchen gerade kommen!

Man hört urplötzlich stampfende Plattfüße und heiseres Gebrüll, während massige Leiber sich in Bewegung setzen. Das Echo der Paralleltunnels verzerrt das ganze auf unheimliche Weise. Til presst sich mit gefletschten Zähnen an eine der Wände. Dabei hört er, dass auch die leisen Fußtritte im Kies hinter ihm schneller werden! Er sieht sich nach hinten um, kann aber nichts ausmachen in der Düsternis. Er zögert. Er sollte zurückrennen um die Wichtel zu warnen! Er schleicht weiter geradeaus, wo er eine Tunnelöffnung erahnt, die vermutlich in den Parallelgang führt, aus welchem das Gestampfe und Geschrei dringt. Angespannt linst er hindurch.



Die Trolle von der Sippe von Gwargar Blutsprenkelpranke sind auf dem Kriegspfad


Er sieht das hüpfende Fackellicht der grobschlächtigen Silhouetten, die sich in diesem Tunnel entfernen, in die Richtung, aus der Til kommt. Ihr Getrampel und das heisere Geschrei verhallen dort.
Hinter sich hört er plötzlich ein zartes Stimmchen: „A bheil iad air falbh?“
Til erschreckt so, dass er einen Luftsprung macht. Er wirbelt herum!
Hinter sich sieht er ein kleines Mädchen im Dunkeln, das ihn aus aufgerissenen Augen anstarrt. Scheinbar wollte sie ihn nicht erschrecken, im Gegenteil, das blasse Gesicht sieht aus, als sei sie bis eben völlig arglos gewesen.
„Da bist Du ja endlich! Ich hab' mir solche Sorgen gemacht!“, entfährt es Til sofort, und er kniet sich hin, und schließt sie vorsichtig in die Arme, und lügt, „Ich hab' mich überhaupt nicht erschrocken, ich wusste ja, dass ich Dich früher oder später finde.“
Ihre Flügelchen müssen eingefaltet sein, alles steckt unter einem dicken, silbrig weißen Pelzmantel.
„Sin thu … A bheil iad air falbh?“
‚Da bist Du ja‘, heißt das, und sie hat gefragt, ‚sind sie weg?‘, wird Til klar.
Er fasst sie bei den Schultern und mustert ihr Gesicht in der Dunkelheit, „Du sprichst also auch Gälisch?! Das ist ja toll! Warum hast Du das letztes Mal nicht schon gemacht?“, und das sagt er auf derselben Sprache, denn Gälisch kann er ja auch!
Sie antwortet prompt, „Letztes Mal haben wir auch Gälisch miteinander geredet. Gut, dass Du da bist! Ich hatte solche Angst! Warum bist Du denn nicht in der versteckten Teetrink-Höhle geblieben?“
Man hört ihren starken Akzent auch jetzt, Gälisch ist ja nicht ihre Muttersprache.
„Na ja, äh, na ja … Ich wollte mir halt mal die Beine vertreten. Und überhaupt, ich musste Dich doch finden! Wie sollte ich wissen, wo Du überall umher geschwebt warst. … Die Trolle, die sind weg, ja ja. Die greifen wahrscheinlich die Wichtelmänner an. Ich muss eigentlich zurück, und die Kerlchen davor warnen!“
Aneta schüttelt hektisch den Kopf, „Quatsch mit Soße, das haben die sich selber eingebrockt! Du darfst da nicht hingehen! Bitte! Viel zu gefährlich! Außerdem starren diese Wichtel ja vor Dreck, da macht man sich nur schmutzig, wenn man dort umher läuft. Ih.“
Til hakt nach, „… Moment mal. Warum eigentlich Teetrink-Höhle?“
„Ich hatte extra Früchtetee gemacht! Ich dachte, Du wirst von dem Geruch angelockt, und wartest dann da! Dann bin ich nach sieben Stunden selber losgegangen, weil Du nicht kamst … um Dich zu suchen!“
„Ich glaube, ich verstehe nicht …“
„… Ui, Du hast ja kleine Kaninchen dabei diesmal!“, sagt Aneta bezaubert, und hockt sich hin, um zu versuchen, die Bunnies zu streicheln, die begonnen haben, um ihre Füße herum zu hoppeln, und nach Aufmerksamkeit zu haischen!
„Aber wo wolltest Du denn hin, die ganze Zeit?“, fragt Til, „Warum hast Du die Boggans in den Wind geschossen? Die sollten doch auf Dich aufpassen!“
„Dieses hier heißt Olivier! Glaube ich. Und dieses hier …? Nein …“
„Na gut, äh … Hauptsache, ich habe Dich endlich wiedergefunden.“
„Ja!“, und das Kindergesicht strahlt.
„Dann lass' uns mal die Biege machen! Ich habe überhaupt keine Probleme damit, die Wichtel den Trollen zu überlassen …“
„Och, das ist doch gelogen … wohl hast Du Probleme damit.“
„Nee nee. Und ich hatte denen das ja auch nur ganz locker zugesagt, dass ich für sie spionieren würde.“
Aneta schlägt sich die Hände vor den Mund, und sagt erschrocken, „Glaubst Du, wir kriegen Ärger? Wegen dem Lichten Codex?“
„Nööö, glaube ich nicht, das geht bestimmt klar, mal eine kleine Ausnahme zu machen“, schwindelt er, „Außerdem habe ich dem Lichten Hof nie irgendwelche Schwüre geleistet.“
„Das schwört man auch nicht, das ist Teil von einem. Das weißt Du doch. Ich weiß das genau, dass Du Dich da dran erinnerst.“
„Ach so? Hm. Also gut, meinetwegen. Wir rennen zurück, um zu schauen, ob die Unholde versuchen, die Wichtel zu verkloppen oder so. Wenn sie doch ganz nett verhandeln, dann schleichen wir einfach wieder weg! … Und wenn's haarig wird, dann zauberst Du Dir wieder Deinen Luftstrom, um Dich zu retten! Versprich' mir das!“
„Ich weiß genau, was Du meinst.“
„Okay. Los geht’s! Aber leise!“

Da machen wir mal den Move Gather Information, um uns zurück zu schleichen und zu kundschaften. Til geht vor mit Geschick+Heimlichkeit, und seine wiedergefundene Begleiterin lauscht mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit. Obwohl beide Willenskraft ausgeben nur sechs Erfolge, immerhin wird aus denen ein Weak Hit. Wir erreichen also ungesehen das Zeltlager der Wichtel, aber dabei kommt es zu einer unvorhergesehenen Gefahr. Umso spannender.

Aber verhandeln die Trolle mit ihren Schuldnern? Ja, sagt das Orakel. Also:


Die letzten Meter robbt Til durch den Kies, der Kindling ist ein Stückchen zurückgeblieben, sie mag sich nicht gern schmutzig machen. Die Trolle sehen ein wenig aus wie ihre Artverwandten Erynn Cloudstride und Norgri Frostglow aus Aevalorn. Sie haben die Wichtelmänner umstellt, und alle streiten leidenschaftlich miteinander. Es sieht aber nicht so aus, als würde es hier zu Gewalt kommen, abgesehen davon, dass beide Seiten nach Herzenslust damit drohen (ganz besonders die erbosten kleinen Wichtel): „Wir schlitzen Eure Füße auf, mit stumpfen Messern!“; „Wir rollen Euch mit Nudelhölzern zu Teigfladen aus!“; „Wir verkloppen Euch so sehr, dass Ihr in hundert Jahren noch nach Euren Müttern und Mumen schreit!“, und so weiter.

Til schüttelt den Kopf über die ganze Verbohrtheit, das ist vielleicht mal eine Sache, in die er sich nicht einmischen muss mit seinem Gerechtigkeitssinn. Er robbt also rückwärts. Dabei tappt neben seinem Kopf ein riesiger, ledriger Plattfuß aus den Schatten, und setzt bedrohlich genau neben ihm im Kies auf! Til schaut entsetzt auf: Ein einzelner Troll hatte sich hier als Ausguck positioniert, und mit seinen Feenkünsten in einen lebenden Schatten verwandelt gehabt, so dass er Til nicht aufgefallen war!
„Haben die doch garst'ge, kleine Spione ausgeschickt!“, grinst der Troll durch seine schrecklichen Hauer hindurch, „Was ein kluger Troll ist, hat sich bereits sowas gedacht, oh ja!“ Er spricht Altdeutsch, wie die meisten der regionalen Feen im Grimm'schen Märchenland.

Da heißt es einen Face Danger-Move machen, denn wie immer will Til nicht wacker kämpfen, er will bloss zusehen, dass er die Kleinen Bunnies und Aneta unversehrt hier wegschaffen und mit ihnen flüchten kann. Da würfelt er Geschick+Ausweichen+Aspekt (‚Überzeugter Pazifist, kämpft nur defensiv‘). Das Mädchen würfelt Geschick+Athletik zum Rennen. Fette neun Erfolge, das machen sie gut! Entsprechend wird's ein Strong Hit. Alle neun Flüchtigen zischen ab, Til geht dabei sicher, das Schlusslicht zu bleiben, und die wirkungslosen Knüppel-Angriffe auf sich zu ziehen, die der schwerfällige Troll noch hinbekommt, bevor er hoffnungslos abgehängt ist.

Vielleicht kann man unterwegs noch eine Fackel irgendwo auflesen. Dafür mache ich den Move Secure An Advantage. Und das wird auch ein Strong Hit: Da darf ich in die Handlung rein erzählen was mir passt, ohne Negativkonsequenzen, also finden wir in dem Tunnel, den die Trolle für ihren Sturmangriff genutzt haben, gleich mehrere fallen gelassene Fackeln, von denen eine noch brennt.

Schwer atmend hebt Til die Fackel, und der Lichtkreis weitet sich um die neun.
„Willst Du auch eine?“, fragt er Aneta auf Gälisch, und macht Anstalten, eine weitere zu entzünden.
„Nee, ih, da mache ich mich schmutzig, oder senge mir noch mein Fell an!“, sagt die.
Til sieht ihr näher ins Gesichtchen.
Das ist überhaupt nicht Aneta.
„Ähm, was … Moment mal …!“, bringt er verdattert heraus.



Neubekanntschaft mit einer langjährigen Freundin


Das Mädchen legt den Kopf schief, etwas ruckartig, ein bisschen wie ein Wellensittich es tun würde. Sie sieht Aneta erstaunlich ähnlich! Ihre Haare sind jedoch weißblond und nicht aschblond, ihre Augen blitzblau statt smaragdgrün — und statt Flügelchen hat sie einen langen, wuscheligen Pelz!
„Was ist los? Ich dachte, Du bist Aneta!“
„Wer?!“
„Aneta! Daher auch der polnische Akzent!“
„Wieso Polnisch? Ich spreche Gälisch!“
„Aber doch nicht als Muttersprache?“
„Nee. Ich bin aus Belgien.“
„Belgien!“
„Klar. Ach so, das konntest Du noch nicht wissen.“
„Noch nicht wissen?! Wie kann ich überhaupt irgendwas wissen?“
„Erinnere Dich!“
„Ich kann mich an nichts erinnern, das vor den letzten 32 Jahren passiert ist! So alt bin ich nämlich, verstehst Du. Außer den Nationalfeiertagen in Aevalorn, die habe ich aus irgendeinem Grund immer noch im Gedächtnis, von vor fünhundertfünf Jahren.“ (Selbst in Zuständen völliger Verblüffung wie jetzt kann Til offensichtlich nicht anders, als noch eine Lüge mit dranzuhängen an das meiste was er sagt.)
„Aevalorn!“, sagt das Mädchen fasziniert, mit ganz deutlichem Wiedererkennen in ihrer Stimme.
„Hör‘ mal, Kleine: Wir müssen hier weg! Wir sind immer noch zu nah an den Trollen dran. Lass' und weitergehen. Aneta muss hier durchgekommen sein, was bedeutet, dass es einen Weg an die Oberfläche zurück gibt. Und zufälligerweise weiß ich auch genau, dass das derselbe Weg ist, den die Trolle ebenfalls genommen haben, um hierher zu kommen.“
„Echt?“
„Echt.“
Sie hasten also weiter. Der Kies und das Geröll knirschen unter ihren Füßen.
„Wie heißt Du?“, keucht der Kindling im Laufen.
„Ich dachte, Du kennst mich?“
„Ich … erinnere mich …“
„Aber nicht an meinen Namen?“
„Nee.“
„Ich heiß‘ Til. Ich bin aus Deutschland, also quasi Deinem Nachbarland, Kleine! Tiefstes Bayern, um genau zu sein.“
„Til aus Deutschland. Ah! So wie dieser eine … Til Schweiger! Der aus dem Film. Keinohrhasen!“
„Boah, nee, die Fresse kann ich nicht leiden.“
„Wie bitte?!“, bringt sie mit kindlicher Pikiertheit hervor, „… Du hast Fresse gesagt!“
Was für eine feine, kleine Dame!, findet Til! Schnell sagt er, „Oh, Entschuldigung. Das ziehe ich zurück.“
„Du hast Fresse gesagt!“
„Wollte ich nicht, ist mir so rausgerutscht.“
„Das war toll!“
„Wie heißt denn Du, kleine Dame?“
„Marlies Lore! Aber Du darfst mich einfach Marlies nennen. Nur meine Klassenlehrerin nennt mich Marlies Lore. Ich habe sie aber in eine Krokodilslederhandtasche verwandelt, seitdem lässt sie's.“
Til sieht sie im Laufen skeptisch an, „Das kannst Du?“
Sie kichert überdreht, und errötet leicht, und sagt, „Nee! War geflunkert!“
„Du bist auch ein Pooka! Wie ich! Das habe ich schon geahnt, als ich Dich vorhin getroffen habe!“
„Gar nicht wahr. Da hast Du gedacht, ich wäre jemand anderes, Til.“
„Stimmt. … War geflunkert.“
„Kinder anzulügen gehört sich aber nicht!“, rügt sie, und klingt dabei ein wenig wie Aneta, wenn sie gesagt hatte, ‚Darfst nicht lügen!‘
„… Traum-Logik!“, sagt Til sich halblaut selbst.
„Was meinst Du damit?“
„Nichts, nichts! Wie kommst Du überhaupt hier hinab?“
„Hab‘ mich dran erinnert, dass wir uns hier früher oft getroffen haben. Ich wollte auf Dich warten. Mit Früchtetee!“
„Den mag ich gern. Du wohl auch?“
„Erinnerst Du Dich nicht? Wir haben immer Früchtetee getrunken in unserem Versteck!“
„Ich glaube, mir wird ein bisschen schwindlig!“
„Armer Til. Bestimmt fällt Dir alles wieder ein!“

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Also weiter voran, während man redet, mit Delve the Depths. Ein Weak Hit lässt mich auf der Tabelle des Moves würfeln, und das Resultat ist, dass ich den fünften Fortschritt-Punkt bekomme, aber der Folge-Move Reveal a Danger anschließt.
Die Tabelle von Reveal a Danger leitet mich an die Theme Card der Stätte weiter, da hatte ich Fortified gewählt, also bedeutet das Resultat ‚Guarded Location‘:


Die neun Schleicher hören das Geraune von hohen, kratzigen Wichtel-Stimmen. Sofort halten sie inne, Til senkt seine Fackel in Bodennähe, damit man deren Schein nicht so weit sieht. Die Tunnels haben sich wieder zu weitläufigen Grotten geweitet, und die Pooka und die Bunnies huschen im Zickzack zwischen den Felssäulen. Das Gekrächze kommt vom Hang herab: Dort haben die Wichtel von Gundwetz-Tal ein Warenlager errichtet, und ein Dutzend von Wichtelmännchen geht mit Spießen, Helebarden, und Kurzbögen dort Patrouille. Die Trolle scheinen sie nicht gesehen zu haben, wenn sie durch diese Höhle hinab gekommen sind.

Also wieder Face Danger: Wir versuchen einfach, lautlos davon zu schleichen, durch die Höhle hindurch und weiter hinauf! Immerhin ein Weak Hit: Die Charaktere entkommen, aber eine neue Gefahr zeigt sich bei dem Umweg, den sie beschreiben müssen!

Die Orakelwürfel entscheiden:

Dies ist ein weiterer Troll. Eine Nachhut des Kriegshaufens von vorhin offensichtlich, wahrscheinlich belauert er gerade das Materiallager der Wichtelmänner. Sein spitz zulaufender Zinken ragt plötzlich hinter einem der Felsen auf, wie eine auftauchende Haifischflosse aus den Wellen! Die Charaktere sind direkt auf sein Lauerversteck zu geschlichen. Nun hat sein scharfer Geruchssinn sie erschnüffelt!



Ein Kundschafter der Trolle


Aus Bock mache ich schnell mal Spielwerte für ihn:

Brokonuk, Troll-Kundschafter
Attribute: Geschick 2, Konstitution 5, Stärke 6 | Charisma 2, Erscheinungsbild 0, Manipulation 1 | Geistesschärfe 3, Intelligenz 2, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Athletik 3, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 1, Ausweichen 3, Einschüchtern (Bedrohen) 4, Empathie 2, Gewahren 2, Handgemenge (Hinterhalte) 4, Überzeugen 1; Etikette 1, Handwerk 2, Heimlichkeit (Kundschafter) 4, Nahkampf (Speer) 4, Überleben (Ödland) 4; Enigmas 2, Gremayre 2
Aspekte:
• Mächtiger Nasenstachel +2
• Dicke Lederhaut +2
• Scharfer Geruchssinn +1
• Loyal gegenüber Gwargar Blutsprenkelpranke
Künste: Dragon's Ire 1, Primal 3
Reiche: Actor 3, Fae 3, Nature 4, Scene 3
Glamour: 5
Willenskraft: 6
Ausrüstung: Speer, Knüppel, Knochenmesser, Wegrationen

Da wird ein neuerlicher Face-Danger-Move nötig, um sich zu entziehen. Ich würfle wie oben, aber nur sechs Erfolge kommen zustande. Die Challenge Dice machen daraus allerdings unerwarteter Weise einen Strong Hit, mit einer Doppeleins! Für das extreme Resultat durch den Pasch legen wir noch einen drauf:

Der furchteinflößend aussehende Troll hält inne, und sein Pferdemaul beginnt zu grinsen, er sieht etwas bedröppelt aus, richtig bezaubert, als er die flauschigen Bunnies und das kleine Mädchen sieht. Er legt den dicken Zeigefinger vor die Lippen, und deutet in Richtung der Wichtel: „Psst, lasst Euch nicht hören! Hier lang, macht schnell! Ich hab' Euch nicht gesehen, oh nein, wenn jemand mich fragt, so hab‘ ich Euch gewisslich nicht gesehen! Rasch jetzt, lauft!“
Die neun Fliehenden gucken verdattert, Til übersetzt auf Gälisch, und dann bedanken er und Marlies sich hastig, und beeilen sich, weiter zu kommen.

(Dann habe ich meine Spielwerte gar nicht gebraucht, aber egal, vielleicht ja später.)

Daraufhin würfele ich für Delve the Depths: Ein Weak Hit, dieser beschert uns laut Tabelle diesmal einen sechsten Punkt Fortschritt, und den Move Find an Opportunity. Stark. Die Tabelle des Folge-Move sagt, ‚ein Aspekt der Geschichte oder Natur der Stätte wird offenbar‘. Hm! Zu den Höhlen von Cyenwen habe ich mir bisher noch nichts ausgedacht. Befragen wir das Orakel, das sagt Search Creature. Das machen wir so:

„Schau‘ mal, Til!“, wispert Marlies im Schleichen, „Wir sind fast wieder an der Oberfläche! Hier ist der versteinerte Fargenangh!“
„Der verteinerte Hastdunichtgesehen?“
„Fargenangh! Wir stehen doch genau davor. Weißt Du’s nicht mehr?“, und sie deutet an einer Felsformation hinauf.
Auf zweiten Blick sieht diese aus wie die steinbedeckten Umrisse eines gewaltigen Riesen mit einem gehörnten Helm und Bart aus Stalagtiten. Im Schein der Fackeln sieht er so aus, als habe er Mund und Augen aufgerissen und einen Arm dramatisch ausgestreckt, in jenem Moment, als er zu Stein wurde.
„Wow. Ich kenne ihn natürlich aus Reiseprospekten und so, aber ich hab‘ den noch nie gesehen! War das mal … ist der …“
„Die berühmteste Geschichte der Gebrüder Grimm erzählt doch davon, dass der hier einst hinunter kam, um den Ältesten aller Riesen herauszufordern. Dabei wurde er für seine Vermessenheit vom Teufel Worgelwergelwer selbst in Felsenstein verwandelt. Siehst Du, er ist’s! Fargenangh! Seine eine Hand ist leer. In der hatte er doch angeblich die sprechende Rübe, die ihm den Weg weisen sollte! Das Märchen besagt, sie sei entwendet worden … oder, das sagen manche, sie habe sich von selbst davon geschlichen.“
„Was davon, was Du gerade gesagt hast, war nicht geflunkert?“, erkundigt sich Til zögerlich.
Geflunkert? Das ist alles die Wahrheit! So geht das Märchen.“
„Eine versteinerte Rübe, die sich davonmacht?“
„Ja, warum denn nicht?!“
„Auch wieder wahr.“

Sie schleichen unter Fargenanghs ausgerecktem Steinarm hindurch, die staunenden Blicke erhoben. Til sieht sich um, aber findet keine Felsen, die entfernt an eine abhanden gekommene, sprechende Rübe erinnern. Er kann sich nicht an ein solches Grimm-Märchen erinnern — und doch hat die riesenhafte Steinformation etwas erschreckend Wirkliches, eine besondere Intensität, als sei sie tatsächlich ein Zeitzeugnis.


Die Oberfläche ist bestimmt bereits nahe! Ich würfle erneut für Delve the Depths, zwar wieder nur sechs Erfolge, aber dennoch ein Strong Hit. Unser Fortschritt wird dadurch sieben, und ein Hinweis soll außerdem ins Spiel kommen. Der bringt obendrein für beide Pooka einen dringend benötigten Punkt Willenskraft zurück. Machen wir das so:

An einer Abzweigung führen verschiedene weite Tunnels aufwärts. Marlies wirkt unschlüssig, sie weiß nicht mehr, durch welchen dieser Tunnels sie ursprünglich hierher herab kam. Hier ist auch kein Kies, und damit auch keine Spuren.
„… Wie kommst Du überhaupt nach Cyenwen, Marlies? Du bist doch wohl nicht ganz alleine hier runter gelaufen, oder?“
„Ich kannte doch noch den Weg …“
„Aber wie kommst Du überhaupt hierher, ins Träumen? Ich meine … ich glaube, Du bist nicht wie die Wichtel und die Trolle, sondern wie ich, Du bist …“
„Ich gehe als ein Menschenmädchen durch in der Herbstwelt, ja, das stimmt! Zusje hat mich hierhin mitgenommen. Sie sagt, wir brauchten mal etwas richtigen Auslauf. Daheim ist’s doch allzu trist.“
„Zusje …“
„Ja. Und wir waren doch früher so oft hier unten, auf Schatzsuche. Alle vier! Wäre das nicht famos, wenn wir uns irgendwann wieder alle vier hier über den Weg laufen würden? Dann wären wir endlich, endlich wieder beisammen!“, und ihre Stimme klingt so sehnsuchtsvoll, dass Til leicht erschaudert. Irgendwie hat er ein wenig Angst, herauszufinden, was es mit all dem auf sich hat. Es scheint ihm so überschaubar.
„… Also bin ich heimlich alleine in die Höhlen hinab geschlichen. Natürlich als Tier! Ich habe mich erst zurückverwandelt, als ich im versteckten Teetrink-Winkel angekommen war. Ich bin so froh, dass ich zumindest Dich jetzt wiederhabe!“, und sie nimmt Til im Laufen bei der Hand. Sie lächeln sich an.

In dem Moment beginnen die Bunnies aufgeregt auf und ab zu springen wie Flummibälle: Sie haben was gefunden. Til und Marlies gehen dorthin, und sehen etwas im Kies: Getrocknete Blütenblätter sind hier verstreut. Es sind aber keine Gewächse weit und breit zu sehen, außer etwas Moos!
„Dann muss das die Abzweigung sein, die Aneta hinauf geschwebt ist! Vielleicht ist das ein Zeichen? Wie eine … eine Brotkrumenspur!“
„Wahrscheinlich musste sie immer mal wieder ein kleines Schelmenspiel machen, um ihre Zauberei neu zu machen.“
„Schelmenspiel?“
„Klar. Damit ein Zauber draus wird. Vielleicht hat sie dafür Blütenblätter verstreut. Sehr feine Idee eigentlich! Wer ist das, diese Aneta, die Du suchst?“
„Kannst Du Dich nicht erinnern? Du … weißt doch Dinge, von … von früher …?“
„Ja, aber doch nicht, wie Changelings in ihren neuen Leben heißen!“, lacht sie, „Mit Menschennamen!“
„Stimmt, Du konntest Dich auch nicht dran erinnern, was mein Name ist.“
„Ja klar, weil ich den ja noch nie vorher gehört habe. So heißt Du doch erst jetzt. Also, wer ist Aneta?“
„Das allererste Wesen, das ich im Träumen getroffen habe! Ich fühle mich seitdem irgendwie mitverantwortlich für sie. Ich dachte, sie ist sicher bei den Boggans und Menschen von Holz-Giebel-Brunnen-Dorf. Aber sie ist ihnen entschwebt, jetzt müssen wir sie wiederfinden. Wenn es stimmen sollte, was Du sagst, und wir uns im Träumen allesamt wiederfinden können, dann ... ist das wahrscheinlich alles andere als einfach. ... Wie einen Sack Flöhe zu hüten!“
„Wenn es stimmen sollte, was ich sage?!“, fragt Marlies empört.
„Na ja, äh, Du bist ein Pooka, so wie ich …“
Sie hebt ihre Stupsnase, und versetzt, „Ich bin keine gewöhnliche Pooka! Ich flunkere fast nie, und wenn, dann nicht bei wichtigen Sachen! Nur bei meiner Lieblingsfarbe, die ist nämlich schillernd blau mit rosa Streifen, und ich sage immer, dass es malve ist. Und wie lange ich mir morgens die Zähne geputzt habe.“
Til mustert Marlies von der Seite. Was von dem, was sie jetzt gesagt hat, war eine Lüge, oder Halbwahrheit?
„Entschuldige, kleine Dame! Ich wollte Dir nicht zu nahe treten. Ich wollte sowieso mal aufhören mit der dauernden Flunkerei. Wollen wir ehrlich miteinander sein?“
„Au ja!“, lächelt sie freudig, „Wir sind von nun an immer und immer ehrlich miteinander!“
„Sehr gut! Schau mal, hier gibt’s so eine Art Pfad, der an der Höhlenwand hinauf führt!“

Im Zickzackkurs steigen sie zwischen den Felsen höher. Hier sind wieder jede Menge Kristalle an den Wänden eingelagert, und ihrer beider weißes Fell schimmert wie verrückt, besonders das von Marlies, das ohnehin schon so silbrig glänzt.

Ich mache den Move Delve the Depths: Hier heißt es einfach klettern, ich würfle für beide Geschick+Athletik. Fünf Erfolge für Til, aber für Marlies fällt ein knapper Patzer, sie rutscht unvermittelt ab! Damit ist der Move ein automatischer Fehlschlag:

Schreiend verschwindet Marlies in einer Staubwolke auf einer kleinen Lawine aus rutschendem Kies und Dreck, Til schreit entsetzt auf und versucht, sie rechtzeitig am Schlafittchen zu packen, das schafft er auch (mit einem hohen Wurf auf Geschick+Athletik), aber verliert dadurch selber den Halt, und rutscht ebenfalls mit hinab! Panisch quiekend hoppeln die Bunnies ihnen hinterher.

Dadurch muss ich den Move Reveal a Danger anschließen. Der Move leitet mich zur Domain Card, und da wir in einer Höhle sind, bedeutet das Wurfresultat hier Überflutung. Statt also dahin zurück zu kullern, wo sie herkommen, rauschen die beiden schreienden Pooka über eine Felskante, fallen durch die Dunkelheit — und platschen in einen unterirdischen See!

Nach Luft japsend tauchen sie beide über der Wasseroberfläche auf. Das Grundwasser das diese Höhle füllt ist eiskalt.
„Marlies!“, schreit Til entsetzt,
„Hier!“, bringt sie hervor.
Er bekommt sie zu fassen, es gibt hier nur ein wenig diffusen Lichtschein von hoch oben, der sich auf den Wellen bricht. Er drückt sie an sich, ihre kleinen Hände verkrallen sich in seinen Klamotten. Beide prusten, und sehen sich orientierungslos um.

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Das bedeutet wohl den Move Face Danger. Ich würfle für Til Stärke+Athletik, um ans Ufer der gefluteten Höhle zu gelangen, und für Marlies Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, um zu helfen, eine passende Stelle zu entdecken. Obwohl ich für beide ihren je vorletzten Willenskraft-Punkt einsetze, kommen nur fünf Erfolge zusammen. Aus denen machen die Challenge Dice auch gnadenlos einen Fehlschlag.
Das bedeutet den Folge-Move Pay the Price: Für den würfle ich aber nicht, da entscheide ich mich erneut für ein Encounter. Immerhin ist es naheliegend, dass dieser unterirdische See eigene Bewohner hat …!


Während die beiden paddelnd und japsend am Ufer entlang schwimmen, und versuchen, eine Stelle zu finden, die nicht so voller Schlick ist, dass Til sie beide irgendwie hinauf ziehen kann, kommt erneut Bewegung in die schwarze Wasseroberfläche.
„Da! Da ist irgendwas, das kommt auf uns zu!“, quietscht Marlies.
Til sieht sich gehetzt um. In dem Moment schnellt ein Fischkopf aus dem Wasser, mit großen Glubschaugen und den Zähnen eines Raubfischs, an einem knochigen, schuppigen, schlangenartigen Hals!



Der schreckliche Schlangenhals-Schnappfisch


Erst einmal müssen beide SCs einen Willenskraft-Wurf schaffen, um nicht in Panik zu verfallen und ihren jeweils letzten Punkt temporäre Willenskraft ablegen zu müssen (orientiert am Move namens Endure Stress), das schaffen beide knapp.

Dann brauchen wir Licht! Marlies besinnt sich auf ihre Feenkünste, schnippst hektisch mit den nassen Fingern, als hätte sie ein Sturmfeuerzeug, bis plötzlich tatsächlich kleine Funken entstehen! Ich würfle für sie Summer+Fae, ihr kurzes Schelmenspiel senkt die Schwierigkeit für den Effekt Flicker-Flies um eins, und im Fernen Träumen ist sowas relativ leicht. Es klappt gerade so, und bläuliche und silbrige Funken vertausendfachen sich um sie und Til, und umschweben sie, so dass sie nun alles genau sehen können! Das Feenlicht erweckt außerdem auf magische Weise ein Gefühl von Tapferkeit in den beiden, was Til bei seinen Würfen zum Kämpfen helfen kann.

… Natürlich wird auch die Fischfratze beleuchtet, als sie an ihrem überlangen Hals herab zuckt, mit aufgerissenem Rachen!

Das wird einen Battle-Move bedeuten. Til hat das Schwert von Yvamore gezogen, und bekommt den Bonus von seinem Aspekt ‚Überzeugter Pazifist, kämpft nur defensiv‘, und vom Schwert-Aspekt ‚Eignet sich auch hervorragend zum Parieren‘, und obendrein sinkt durch die Flicker Flies seine Schwierigkeit um eins, denn das Feenlicht löst den Mut der Verzweiflung in ihm aus. Marlies krallt sich an ihm fest und würfelt Wahrnehmung+Gremayre, um sich an die Art von Mythenwesen zu erinnern, mit dem sie es hier zu tun haben — und an eine Schwachstelle, die sie Til verraten kann. Gemeinsam kommen sie auf neun Erfolge, und die werden ein Strong Hit:

Minutenlang paddelt Til auf der Stelle, und wehrt das Zuschnappen der herniederfahrenden Kiefer verzweifelt mit dem gleißenden Schwert von Yvamore ab. Er bringt es nicht über sich, selbst einen Streich gegen das Untier zu versuchen. Alles, was er tun kann, ist Marlies und sich über Wasser halten, und verzweifelt die Bissattacken abwehren, eine nach der anderen! So kann dieser Kampf aber nicht entschieden werden! Plötzlich keucht die Kleine, „Das ist der Schlangenhals-Schnappfisch! … Er hat sein eigentliches Auge am Kinn, ganz versteckt! … Die großen Glubschaugen sind nur so zur Zierde da! … Hau‘ ihm genau aufs Kinn!“
Das ist zwar ein Angriff, aber mit der Absicht, zu Verscheuchen, nicht zu Töten. Mehrmals versucht Til es verbissen, jedoch ohne es zu schaffen! Dabei ändert der Schlangenhals-Schnappfisch auch seine Taktik, er hat seinen Leib unter die beiden vermeintlichen Leckerlis gebracht, und umwindet sie, schreiend werden sie in der Schlangenwindung in die Höhe gehoben! Der Fischkopf sperrt wieder seine Kiefer auf, um die gefangene Beute zu beißen. In dem Moment trifft Til mit der flachen Seite des Schwerts von Yvamore die genaue Mitte der Kinnlade des Monsters, wo ein nur Tennisball-großes, dunkles Auge sitzt! Mit einem gepeinigten Krächzen lässt das Biest die beiden fallen, und sie klatschen zurück ins Wasser, während der Schlangenleib fliehend abtaucht!

Das gibt den beiden Pooka je zwei Punkte Willenskraft zurück, und das ist auch gut, denn die kleine Marlies hatte ihren letzten temporären Punkt verbraucht um ihren Gremayre-Wurf zu verbessern, und war seitdem antriebslos. Jetzt erwachen ihrer beider Lebensgeister wieder umso mehr.

„Ist alles in Ordnung?“, prustet Til, während er versucht, das Schwert wieder sicher wegzustecken, den Kindling mit dem anderen Arm immer noch an sich drückend.
„M-hm“, nickt sie, während sie sich festklammert, und stellt eine zwanghafte Lüge hinterher, „Hab' jetzt nur unendlich Hunger auf Fischfrikadellen. … Und Du?“
„Ja, ich auch, und ich hab‘ einen Fischfrikadellen-Verkaufsstand gesehen, als wir abgestürzt sind, im Fallen! Da kann ich Dir vielleicht welche kaufen!“
„Echt?“, fragt sie zitternd, „Warst Du da nicht auch mit Runterfallen beschäftigt?“
„Nee, na ja, hauptsächlich, aber ich hab‘ trotzdem sowas gesehen, im Vorbeifallen.“
„Du verschaukelst mich.“
„Nee! ... Du kennst Dich jedenfalls echt gut aus mit allem hier!“, lobt Til, „Verborgenes, eigentliches Auge am Unterkiefer, hahaha! Ohne diesen Hinweis wäre das ein kleines bisschen schwierig geworden!“

Es hilft nichts, bevor ans Essen gedacht werden kann, muss der Face-Danger-Move erfolgreich nachgeholt werden. Diesmal ein Strong Hit:

Til schwimmt weiter an der Wasserkante entlang, und Marlies ruft plötzlich, „Da vorne, sieh‘ mal! Da sind Deine weißen Kaninchen! Sie haben es mittlerweile hier runter geschafft! Die haben eine gute Stelle gefunden, da kommen wir hoch!“
Tatsächlich hoppeln die sieben Kleinen Bunnies aufgeregt an einer Uferstelle auf und nieder. Dort ist weniger Schlick und schroffere Felsen, und Til kann mit Marlies dort an Land klettern.
„Danke, Bunnies!“, keucht er. Die sieben quieken lautstark, und springen aufgeregt um die beiden pudelnassen Pooka herum, um ihrer Besorgnis Ausdruck zu verleihen.
Marlies wringt angeekelt ihr Fell aus, und jammert, „Na toll, jetzt bin ich schmutzig geworden — und durchnässt!“
„Wir bekommen Dich wieder trocken … die Oberfläche ist ja ganz nah!“
„Quatsch, wir sind doch gerade wieder tiefer runter gestürzt!“
„Gar nicht mal so tief, keine Sorge. Du kriegst schon keinen Schnupfen. Komm‘ auf meinen Arm.“
„Schnupfen, schnickschnak. Um mein Fell mach‘ ich mir Sorgen! Guck‘ mich an, all das Shampoonieren und Bürsten! Total für die Katz‘! Bäh, was für eine eklige Brühe das war!“
„Shampoonieren und Bürsten …?“
„Ja natürlich, was glaubst denn Du. Was machst Du denn alles für Deine Fellpflege?“
„Äh … ich dusche jeden Morgen. Manchmal frisiere ich mir natürlich die Tasthaare, das schon, aber normalerweise …“
Du hast‘s gut! Du hast bestimmt kein Hauspersonal, die Dich blöd fragen, was Du da machst, weil die Deinen Pelzmantel ja überhaupt nicht sehen können …!“
„Öh …“
„Nimm‘ mich auf‘n Arm, mir ist kalt.“
Das macht Til, und ein Seufzer der Erleichterung entringt sich ihm, als ihm endlich bewusst wird, wie haarscharf das alles war. Er guckt zurück zu dem Grundwassersee, wo aber das Seeungeheuer auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.

Jetzt sind wir jedenfalls auf einer Parallelroute seit unserem fehlgeschlagenen Aufstiegs-Move, und müssen hier einen neuen Weg nach oben finden. Also Delve the Depths: Til würfelt Stärke+Athletik+Aspekt (‚Löwenschweif hilft beim Balancieren‘), Marlies wird getragen und macht den Ausguck mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit. Nur sechs Erfolge, aber dank gnädiger Challenge Dice dennoch ein Strong Hit: Unser achter Punkt Fortschritt, und als Folge-Move gibt’s obendrein wieder Find an Opportunity. Da wähle ich, statt zu würfeln:

Die neun finden beim Aufstieg erneut grob gemeißelte Steinstufen, die durch einen Felsenschacht aufwärts führen! Die haben vielleicht irgendwelche Kithain einstmals angelegt, um nach Cyenwen hinab zu gelangen, vielleicht ja auch Wichtel oder Zwerge, die zum Schürfen herkamen.

Der versteckte Pfad gewährt mir einen Folge-Move Delve the Depths, mit Bonus. Mit ordentlich Würfelpech wird der alldieweil ein Fehlschlag, das löst einen Reveal-A-Danger-Folge-Move aus. Das Wurfresultat dafür ist erneut ‚Flooding‘. Aber wir sind doch in einem Schacht der direkt nach oben führt …? Heißt das etwa …

Unter den Aufsteigenden ist plötzlich ein Knirschen und Rumoren zu hören, und dann ein donnernd lautes Krachen! Kiesel regnen auf sie herab. Til reißt die Augen auf, er befürchtet, die ganze Höhle könnte einstürzen. Aber tatsächlich sind die Bewegungen unter ihnen. Grundwasser hat sich seinen Weg gebahnt, und Felswände in der Tiefe brechen zusammen. Gurgelnd und rauschend füllen die Fluten die Kammern unter ihnen, eine nach der anderen, steigend.
„Beeilen wir uns lieber“, wispert Marlies furchtsam. Quiek-quiek-quiek, machen sieben panische Bunnies.
Til läuft die Stufen schneller hinauf. Das Rauschen wird mitnichten dabei leiser, es kommt rasant näher! Plötzlich bekommt er abermals nasse Füße! Die Flut steigt so schnell, wie er die gemeißelten Steinstufen hinauf springt!

Das ist erneut Face Danger: Til würfelt für seine Flucht Geschick+Athletik, erreicht nur vier Erfolge. Aber Marlies feuert ihn an, er müsse es schaffen, und unterstützt mit Charisma+Überzeugen. Und für sie fallen drei Zehner, und da ihre Charisma-Spezialisierung hier greift (ich habe ihr Charisma als Schutzsuchend definiert), verdoppeln sich alle Zehner zu gleich jeweils zwei Erfolgen! Damit kommen wir auf maximale zehn, und die Challenge Dice machen daraus einen Strong Hit!

Das verwende ich als Gelegenheit, um den Delve abzuschließen: Ich mache den Move Reach Your Objective. Ganz hier in der Nähe, durch einen Paralleltunnel, muss auch Aneta hinauf an die Oberfläche gekommen sein. Die Challenge Dice müssen dabei unseren gesammelten Fortschritt von acht unterwürfeln. Eine Drei und eine Neun, also ein Weak Hit:

Triefnass und japsend streckt Til seinen Kopf aus einem Erdloch. Er hat die zitternde Marlies auf dem Arm — und Kleine Bunnies sitzen auf seinen Schultern, seinem Rucksack, und seinem Kopf. Mit aufgeregten Knopfaugen sehen sie sich um. Sie sind zwischen den knorrigen Bäumen eines Waldrandes heraus gekommen.
„Geschafft …! Wir haben’s geschafft! Das ist die Oberfläche!“, keucht Til, und lügt unwillkürlich, „Hier muss auch so ein Imbis-Stand sein, ganz in der Nähe!“
„Ich brauch‘ einen Fön!“, jammert Marlies leise.

Für den erfolgreich abgeschlossenen Delve bekommen beide SCs einen zusätzlichen Erfahrungspunkt. Der Weak Hit muss bedeuten, dass jedoch Tils Erwartung sich als unzutreffend herausstellt: Hier ist weit und breit kein paralleler Zugang zum Unterreich von Cyenwen zu finden. Damit haben sie die Spur von Aneta verloren, die ihrer Wanderlust weiterhin allein nachgehen wird, und jetzt hat Til keinerlei Anhaltspunkte mehr, wohin es sie gezogen haben könnte!

„… Wie ein Sack Flöhe“, sagt er resigniert nach einiger Suche, „Wie schon gesagt. Puh, das Träumen ist groß. … Hey, Marlies? Kennst Du eigentlich jemanden mit dem Namen Niedzwiedz?“
„Ni-etsch-Wetsch? Haha, das klingt lustig! Ist das ein deutscher Name?“
„Im Deutschen gibt’s dieses Wort natürlich auch, aber da heißt es was ganz anderes. Nee, das ist Polnisch. Da heißt es Bärchen.“
„Oh, wie niedlich! Bärchen!“
„Kennst Du so jemanden?“
„Klar! Mein Cousin in der Herbstwelt, der heißt auch Bärchen!“
„Wirklich?“
„Ja, beide meiner Cousins sogar. Beide heißen Bärchen.“
Til muss lachen, „Au Mann, das ist ja … Glaubst Du nicht, dass es ein heiloses Durcheinander ist, wenn wir Pooka miteinander abhängen? Alle beschwindeln sich gegenseitig in einem fort!“
Marlies schüttelt begeistert den Kopf, „Nein, Til! Das ist wunderbar! Wir schwindeln ja auch fast nie. Erinnere Dich!“
„Ich kann mich nicht so erinnern, nicht so wie Lobo und Du es zu können scheint … alles, was mir einfallen will aus der Zeit vor meiner eigenen Geburt, sind Backrezepte für Maisbrot! … Kennst Du einen gewissen Lobo?“
„Ich habe mich selber mal eine Weile so genannt! Lobo-Bobo. Aber dann bin ich zu Marlies Lore zurückgekehrt. Das ist hübscher.“
„Oh weiha …“
„Mach‘ Dir keine Sorgen mehr, lieber Til! Wir finden alle wieder zusammen! Vielleicht kann ich Dir helfen! ... Du hast also schon einen Kindling wiedergefunden, der wie ein Bärchen aussieht?“
„Na ja, nein, nicht direkt. Was nützt es, einige von Euch wiederzufinden, wenn man kurz darauf aufwacht … und hinterher nicht weiß, wie man Euch jemals erneut wiederfinden soll? Ich hatte gedacht, ich kann alle in Holz-Giebel-Brunnen-Dorf versammeln …“
„Zusje wird eine Idee haben, wie das zu machen ist. Sie ist klug, und hat viele, viele Feenkünste! Ehe Du Dich versiehst, sind wir wieder zu viert!“
„Das müssten aber fünf sein, oder vielleicht sechs. Oder? Du, ich, Zusje, Lobo das Bärchen, Aneta, … und vielleicht Niedzwiedz der Wolf! Aber bei dem weiß ich nicht, ob er nicht ausgedacht war.“
„Deine Aneta und den Wolf kenne ich nicht. Zu unserem Eidbund gehören wir vier: Ein Feldhase, ein Bär, und Zusje und ich, die Schwestern.“
„Was für Tiere seid Ihr denn?“, fragt Til interessiert.
Marlies strahlt gewinnend, „Nerze! Alle beide! Ich habe außerdem was von einem Vögelein, und Zusje etwas von einem gemütlichen, alten Gluckenhuhn! Ähm, aber sage ihr nicht, dass ich das gesagt habe.“
Til kichert, „Keine Sorge! Ich weiß ja nicht einmal, was von dem, was Du gerade gesagt hast, geflunkert war!“
„Nichts war geflunkert, i wo! Na hör‘ mal, als würde ich Dir einfach ins Gesicht lügen, Til! Ich habe doch meine Manieren!“
„Na gut! Wir sollten jedenfalls nicht hier in der Wildnis bleiben. Ich bringe Dich erstmal in meine Freistatt, da gibt’s Essen, und bestimmt borgt uns einer meiner Nachbarn Shampoo für Dein Fell.“
„Oh, eine Freistatt? Ich würd‘ ja so schrecklich gern mit in Deine Freistatt! Aber wir müssen doch zu Zusje, bevor sie merkt, dass ich ihr weggelaufen bin! Dann kann ich Euch vielleicht einander vorstellen, wenn sie Zeit hat. Und dann denken wir uns gemeinsam aus, wie wir weitermachen!“

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Hier ist das Profil für unsere neue Verbündete:

Marlies Lore Girardin
Alter: 9; Kith: Pooka (Nerz/Wellensittich); Hof: Licht; Erben: Orchidee/Pfau; Schein: Kindling
Attribute: Geschick 3, Konstitution 2, Stärke 1 | Charisma (Schutzsuchend) 4, Erscheinungsbild (Edel) 4, Manipulation 2 | Geistesschärfe 3, Intelligenz 2, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Anführen 1, Athletik 2, Aufmerksamkeit 2, Ausdruck 2, Empathie 2, Gewahren 3, Überzeugen 2; Etikette 3, Heimlichkeit 2, Tierkunde 1; Computer 1, Enigmas 2, Geisteswissenschaft 1, Gremayre (Eidbund) 4, Linguistik 1, Politik 1
Hintergründe:
 • Gedenken 5
 • Ressourcen (Künftige Millionenerbin) 3
Aspekte:
 • Erbin einer Million, die fortwährend Schwierigkeiten und Verpflichtungen bedeutet +2
 • Ist das heimliche Verbindungsglied zwischen den anderen Freunden +2
 • Warmes, elegantes Nerz-Fell +1
 • Heimlich verliebt in Archie +1
 • Waise, die Villa ist kein Zuhause
 • Schüchtern
 • Macht sich nicht gern schmutzig
Künste: Naming 1, Oneiromancy 1, Summer 1
Reiche: Actor 3, Fae 3, Nature 2
Glamour: 5
Willenskraft: 4
Ausrüstung: Umhänge-Portemonnaie, kleiner Taschenspiegel


Das liegt zwar an dieser Stelle nicht auf der Hand für Til, aber anstelle von Aneta diesmal Marlies wiedergefunden zu haben, ist ein Milestone auf seiner großen
Queste (Extrem): Das Wesen namens Niedzwiedz finden und beschützen.
Damit steigt deren Fortschritt auf 1,5 (ein bisher voller Punkt Fortschritt, markiert als Asteriskus, und ein halber Punkt, markiert als Kreuzchen).

Erstmal machen wir den Move namens Make Camp, um verbrauchte Willenkraft zurück zu bekommen. Sie müssen auch tatsächlich ihr Fell trocknen. Zwei Würfe auf Konstitution+Supply ergeben bedauerlicherweise einen Fehlschlag. Das bedeutet wohl, dass aller Proviant aus Tils Rucksack verloren gegangen ist oder zu Matsche durchnässt, und dass sie kein Feuer entfacht bekommen. Also lege ich die letzten drei verbleibenden Punkte Supply ab.

Marlies und die Kleinen Bunnies werden ordentlich quengelig, während Til verzweifelt versucht, ein Feuer zu entzünden.
„Ich will jetzt was zu Essen! Und ich will zurück zu Zusje! Hier ist es gräulich. Was für ein gräulicher Wald!“
Quiek-quiek, zetern die Bunnies.
„Ich geb‘s auf“, sagt Til entnervt, „Da wird kein Lagerfeuer draus. Tut mir leid! Hey, verwandeln wir uns in Tiere. Dann werden wir im Rennen trocken! Hm? Was meint Ihr?“, er versucht ermunternd zu klingen.
„Okay.“
„Findest Du zu Deiner Schwester Zusje zurück, als Tier?“
„Glaub schon … also los …“
Til fällt ein, wie er den Bären-Kindling verloren hatte, weil der Rapunzel-Traum zu Ende gewesen war, und er einfach aufgewacht war! Das darf nicht nochmal passieren.
„Halt, Marlies, warte mal! Wo können wir uns im Notfall wiederfinden? Dieser Teetrink-Winkel da unten ist als Treffpunkt viel zu abgelegen. Lieber was Oberirdisches! Kennst Du den Weg nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf?“
„Wieso abgelegen?“, staunt das Mädchen mit großen Augen, „Träum‘ Dich doch einfach dort hin!“
„Das geht?!“
„Klar, Zusje kann das doch auch …“
„Meine Freistatt scheint da etwas anders zu funktionieren. Ich gehe durch eine der Türen, und die führt in die Ewigen Wälder hinaus. Ich vermute mal, an deren Rand sind wir jetzt auch. Nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf ist es ein ganzes Wegstück, und von dort nach Cyenwen noch viel weiter! Ein Abenteuer für sich!“
„Ist doch umso toller!“, strahlt Marlies.
„Ja, schon, aber nicht so verlässlich …“
„Nicht so verlässlich, Schnickschnack. Sowas sagen sonst nur meine Haushälter und Lehrer!“
„Okay, okay. Ich will versuchen, keinen Erwachsenen-Quatsch zu sagen. Hab‘ schon kapiert, dass Kindlinge das nicht mögen.“
Sie nickt zufrieden.
„Dann … machen wir es anders. Hm, also Belgien, ja?“
„Belgien! Genau genommen das schöne Den Haag!“
„Ja, okay. Halt, Den Haag ist nicht in Belgien!“
„Hihi!“
„Ich komme übrigens auch nicht aus Bayern. Das war ehrlich gesagt gelogen. Ich komme aus Bielefeld. … Halt, nein, das war auch gelogen! Egal. Sag‘ mir doch Deine Emailadresse, dann können wir uns in der Herbstwelt schreiben!“
„Oh, das ist schlau! Ich habe aber doch gar keine Emailadresse.“
„Ja, auch schon wieder altmodisch, was? Also Social Media?“
„Nee, darf ich alles nicht. Zusje hat‘s verboten. Sie kann solch ein Drache sein; wenn ich doch heimlich da surfe, droht sie damit, Feuer zu spucken. Buchstäblich Feuer zu spucken!“
„Echt mal?“
Marlies nickt unsicher.
„Okay, nicht schlimm. Dann sag‘ mir Eure Telefonnummer, oder noch besser, ich sag‘ Dir meine, dann könnt Ihr Euch bei mir melden, wenn Ihr wollt! Aber wir haben nichts zum Schreiben da, Du musst sie Dir einfach merken!“
„Ich kann mir keine Zahlenfolgen merken, Til.“
„Ach nein?“
„Nee, das muss alles eingespeichert sein, wenn’s funktionieren soll. Und überhaupt, mein Hauspersonal telefoniert immer für mich.“
„Ihr seid ziemlich reich in der Herbstwelt, oder …?“
„Wir sind die reichste Familie von Den Haag!“
„Aber das ist doch gar nicht in Belgien!“
„Ich bin in Geografie auch eine Null. Null, null, null, komma null.“
„Stimmt das?“
Frag‘ doch nicht immer! Du weißt, dass ich sowieso lüge, wenn Du direkt fragst!“, sagt sie, plötzlich ganz verzweifelt, wie als hätte man sie bei einer schuldbewussten Leidenschaft ertappt.
„Keine Ahnung … Ich lüge manchmal auch einfach so, ohne direkt was gefragt worden zu sein.“
„Ja, das auch. … So warst Du schon immer.“
„Ach ja? Und Du womöglich auch, und die anderen beiden Pooka, aus unserem … wie hast Du das genannt … Eidbund?“
„Ja, nur ich eben nicht. Ich lüge nie bei wichtigen Sachen, ich bin immerhin wohlerzogen. Wie ich schon sagte!“
„Und das war keine Lüge?“
„Lenk‘ nicht ab! Aber Du hast Recht, es wäre fein, wenn wir uns in der Herbstwelt erreichen könnten! Aber das ist doch so weit weg! Du lebst im Nachbarland! Das klappt nie.“
„Heutzutage sollte das alles kein Problem sein! Es gibt immerhin Telefonie, und Internet, und Magnetschwebebahnen!“
Jetzt wo Til davon redet, kommt ihm das alles immens weit fern vor, wie eine künstliche, unwirkliche, geradezu fiktive Welt.
„Verabreden wir uns in der Klause von Zusje! Da, wo wir jetzt hinlaufen wollen. Wirst sehen! Die liegt genau zwischen dem Schloss der Goldenen Sonne, und der Stelle, wo der Tulgee-Wald jetzt seit neuestem beginnt! Keine Grimgoriminatori weit uns breit!“
„Schloss der Goldenen Sonne? Klingt ja prächtig!“
„Na, aus dem ‚Kristallkugel‘-Märchen. Man braucht den Wünschehut auch gar nicht, um dorthin zu kommen. Zusje kommt mit ihrem Wunschring dorthin, wann immer sie will. Und mich nimmt sie mit!“
„Stark. Okay, laufen wir los! Halt, nein. Marlies, weißt Du was? Ich muss doch den Boggans berichten, dass wir Aneta verloren haben! Die machen sich doch auch Sorgen. Und die armen Dörfler haben drei Grimgoriminatori bei sich im Dorf! Als Besatzer sozusagen. Ich kann doch jetzt nicht mit Dir ganz woanders hin hoppeln. Lass‘ uns zuerst nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf laufen. Das ist wahrscheinlich nicht allzu weit von hier.“
„Aber ich muss doch zu Zusje zurück.“
„Dort gehen wir als nächstes hin. Okay?“
„Na gut! Aber Du erklärst meiner Zusje alles!“


Evolution: Marlies Lore bekommt einen dritten Punkt in Aufmerksamkeit, und einen zweiten Punkt in ihrem Aspekt ‚Warmes, elegantes Nerz-Fell‘, das wird im Nachhinein noch glänzender werden. Til bekommt einen zweiten Punkt in der Kunst Wayfare, er wird demnächst bemerken, wie ein neues, intuitives Verständnis dafür aus seinem Unterbewusstsein heraufsteigt. Damit hat er nach Hopscotch jetzt auch den Zauber Quicksilver freigespielt. Fernerhin lasse ich ihn einen zweiten Punkt in Ausweichen lernen, und einen dritten Punkt in Empathie.


Beide Pooka springen also zwischen die Baumwurzeln, und kommen als Tiere wieder hervor. Marlies ist ein ganz reizender kleiner Nerz, der nun zwischen den Grashalmen hervor blickt. Vorsichtig beschnuppern sie sich.



Nerz
Attribute: Geschick (Wieselflink) 4, Konstitution 2, Stärke 1 | Charisma 2, Erscheinungsbild -, Manipulation - | Geistesschärfe 3, Intelligenz 2, Wahrnehmung (Witterung) 4
Fertigkeiten: Aufmerksamkeit 3, Athletik 3, Ausweichen 4, Empathie 2, Heimlichkeit (Verstecken) 4, Überleben 3
Glamour, Willenskraft, Künste, und Reiche: Wie in der menschlichen Gestalt.
Gesundheitsstufen: OK, -1, -2, -3
Aspekte:
• In Wald und Gewässern von Instinkten geleitet +2
• Semiaquatische Schwimmkünste +2
• Warmes, elegantes Nerz-Fell +1
• Furchtsamer Respekt vor großen Tieren
• Tiefe Naturliebe

Für den Rückweg ins Dorf lohnt sich eigentlich kein voller Undertake-a-Journey-Move, weit ist es nicht, nur ein paar Stunden. Fraglich ist nur, ob die SCs den Weg finden, also mache ich um diese Reise zu repräsentieren einen schnellen Gather-Information-Move. Dafür würfle ich Wahrnehmung+Überleben mit den Spielwerten der beiden Tiere. Ein Weak Hit: Irgendwas wird also die Spurensuche der Charaktere verkomplizieren! Das könnte alles mögliche sein: Die befürchteten Grimgoromn-Reiterpatrouillien mit ihren Fangnetzen, wilde Tiere, der Bryndrick, eine weitere Nixe, oder noch andere Schwierigkeiten? … Hold Bond, sagen die Orakelwürfel dazu. Das bringt mich darauf, dass das Schwesterlein von Marlies sich möglicherweise tatsächlich Gedanken macht um ihr Mündel. Die Feenkunst Flicker Flash wird sie zurück rufen; schneller als ein normales Kleinkind von der heimischen Gartenschaukel ins Haus gerufen werden kann, wenn’s Essen gibt!

Der Nerz hält inne, wechselt einen Blick mit dem großen Feldhasen, und verschwindet in einem goldenen Wölkchen aus Glitzerstaub, noch bevor er auch nur mit der Pfote zum Abschied grüßen kann. Til guckt groß, und sucht dann eine halbe Stunde aufgeregt umher, nach irgendeiner Spur oder Fährte! Schließlich vermutet er, dass die Familienbande angezogen wurden, um Marlies nach Hause zu holen. Er hat ja die Beschreibung davon, wo im Grimm‘schen Märchenland er Marlies und ihre Schwester wiederfinden kann! Aber vorerst muss er seiner Verpflichtung nachkommen, und die Boggans warnen.


Also eilen die Hoppelhasen nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf. Das ist immer noch von den Grimgoriminatori abgeriegelt und bewacht. Erst einmal ins Dorf eingeschlichen, verwandelt er sich ungesehen zurück. Nun hat er auch wieder seinen Hasenkopf auf den Schultern — plötzlich wieder ohne seine kleine Artgenossin zu sein hat ihn ziemlich melancholisch werden lassen. Heimlich findet er zu Dwyddle Umswydd, und erstattet dem und seinen Boggan-Freunden detailliert Bericht. Die Heinzel versprechen ihm, nach Aneta zu suchen, und auch dem Bären-Kindling sichere Wege zu ermöglichen, sollte er sich doch noch hierher verirren. Im Gegenzug sagt er ihnen zu, dass er versuchen würde, Hilfe hierher zu holen, um die Truppen von Grimgoromn loszuwerden. Wenn’s geht, mit politischer Macht, nicht mit Waffengewalt.


Am nächsten Tag kehrt Til in seiner Hasengestalt zusammen mit seinen Kaninchen zu seiner Freistatt zurück. Der Bryndrick ist als Silhouette im Schatten der Baumgrenze zu sehen, ewig beobachtend. Wahrscheinlich ist es Zeit für ihn, wieder mit dem Menschsein in Kontakt zu treten.

Vorerst bittet er die Kleinen Bunnies, den Freistatt-Schlüssel wiederzufinden, und tritt wieder mit ihnen ein. In den sommerlichen Straßen des Traums von Vährwerder kommt ihm plötzlich eine Idee: Bisher hat er ja nur einen der vielen Schlüssel für die geheimen Seitentüren. Er weiß nicht einmal, wie viele es gibt, aber alle davon müssen Schlüssel haben.
„… Könnte es nicht sein, Bunnies, dass eine andere davon in das Grimm’sche Märchen von der Kristallkugel führt … zum Palast der Goldenen Sonne? Das wäre doch zukünftig vielleicht ganz praktisch, oder?“
Zwei der Bunnies nicken begeistert, eins tippt sich mit seinem winzigen Pfötchen an die Stirn, und vier machen Bocksprünge, insgesamt scheinen sie also indifferent.
Til will es auf jeden Fall versuchen: Wer sagt, dass die übrigen Freistatt-Schlüssel nicht alle innerhalb der Freistatt-Traumwirklichkeit warten ...?