Auch wenn die Session Spaß gemacht hat, war es für mich eine der mental anstrengendsten Sitzungen seit langem. Das System suggeriert mit seinem "Ein unmodifizierter W20 für alles" einen Grad an Einfachheit, der schnell darüber hinweg täuscht, dass man (als SL) sehr viele Kleinigkeiten im Kopf haben muss oder nachschlägt. Nicht weil die Mechanik sich ändern würde, sondern weil die Zahl der Enabler für einen schnellen Einstieg so unglaublich hoch ist.
Ich versuche das an einem Beispiel zu verdeutlichen. Es kommt zu einer Begegnung mit vier Mechs. Als SL muss ich ein Bild aller Mechs und Bauweisen im Kopf haben. Also blättere ich von Seite 120 irgendwo auf die Mech-Seiten, deren Ordnung nicht zu erkennen ist. Dann wähle ich eine Aktion, sagen wir eine Waffe. Ich suche also im Kapitel „Systeme“ nach den Waffeneigenschaften, diese ist nach Techleveln sortiert, ich weiß aber nicht, welchen Level die Waffe hat. Anschließend muss ich bei der Waffe die Bedeutung der Keywords nachschlagen, die wenigstens alphabetisch sind. Und da sind wir noch nicht bei den möglichen Quereffekten mit anderen Modulen.
Ich bin fest der Überzeugung, dass das innerhalb der ersten 3–5 Sessions besser wird, weil man einfach die Elemente kennt. Aber eine bessere Darstellung der Gegner wäre wünschenswert. Schwer, ohne massiv Platz aufzuwenden.
Das erzeugte bei mir fürs erste Mal ein Gefühl der Überforderung, wodurch ich nicht in einen stringenten Erzählflow kam, sondern mich irgendwie von Aktion zu Aktion hangelte. Nebenbei: Der Superduperendboss Behemoth hat dagegen genau eine (in Zahlen: 1) Angriffsaktion. Diese ist sehr mächtig und schmerzhaft, erfordert aber in einer Runde bis zu sechs Erzählvarianten der gleichen Sache. Und als SL will ich ja eine spannende Geschichte erzählen.
Die Aktionen Mech/Area Salvage funktionieren gut für das, was sie sollen, sind aber für ein Erzählspiel auch sehr Meta. Atmosphäre wird dann schnell auf Zahlenzusammentragen reduziert. Vielleicht hätte ich das auch besser verpacken können, bzw. besser in die Geschichte einpacken. Nicht einfach auf offenen Feld suchen, sondern nur wenn es auch einen Ort gibt, der was hermacht.
Vermutlich darf man sich als SL einfach nicht dazu verleiten lassen zu glauben, man müsste die Geschichte gestalten, sondern noch viel mehr Verantwortung an die Spieler übergeben. Die „Ja, aber …" oder hier sogar "Ja, aber … oder aber …“-Herangehensweise erlaubt einfach keinen kreativen Leerlauf. Klar, das Regelwerk sagt schlicht: "Im Kampf mach halt ½ Schaden und nimm selber Schaden", aber irgendwie fühlt sich das unbefriedigend an.
Alles in allem rückt Salvage Union in meinem Hype-Listing einen Platz hinter Shadowdark zurück und vermutlich muss ich den Quickstarter noch zweimal testen, bis ich etwas Sicherheit in dem Setting gewinne.