Autor Thema: Wie schwer sind hier die Taschenlampen?  (Gelesen 436 mal)

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Offline 1of3

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Wie schwer sind hier die Taschenlampen?
« am: 14.02.2025 | 13:14 »
In anderen Themen kam die Frage auf, wozu eine Core Story gut sei, begleitet von Verwirrung, was das überhaupt sei. Ich antwortete, ich wolle wissen, wie ich zu spielen habe. Hierauf reagierten hoch geschätzte Personen mit äußerstem Unverständnis.

Ich versuche es mal anders. Ich sitze in der Runde und soll hier einen Protagonisten spielen. Und dann kommt ein Monster auf mich zu. Was tue ich?

Laufe ich schreiend weg?
Laufe ich brüllend auf es zu?
Zweifle ich an meinem Verstand?
Frage ich, ob es ihm gut geht?

Um sinnvoll mitspielen zu können, muss ich also wissen, welche Haltung von meiner Figur in Bezug auf welche Dinge in der Fiktion erwartet wird.

Hier sind zwei Informationen hilfreich: Wer sind die Protagonisten? Was tun sie üblicher Weise?

- Umtriebige Volljährige, die sog. Monstern Masken vom Gesicht reißen
- Eine Auserwählte und ihre Getreuen, die die Mächte der Finsternis in Schach halten
- Ältere Damen, die der treudoofen Polizei helfen, Morde aufzuklären

Die Fragestellung hat nicht unbedingt mit der Hintergrundwelt zu tun: Die älteren Damen und die treudoofe Polizei könnten im alten Rom(TM) oder auf einer Raumstation wohnen. Die Mächte der Finsternis könnten Vampire oder zeitreisende Dinosaurier mit Plasmaknonen sein.

Es hat auch nicht unbedingt damit zu tun, wie kunterbunt oder düster wir die Welt darstellen. Es geht eher um das Verhalten, das die Protagonisten dazu an den Tag legen. Wenn es dabei Unklarheiten gibt, dann kommt es zu Vorfällen, die hier im Glossar als Taschenlampen Fallen Lassen eingegangen sind.

Also, wenn ihr Core Story als Begriff doof findet: Dann sagt mir, wie schwer hier die Taschenlampen sind.



Online Arldwulf

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Re: Wie schwer sind hier die Taschenlampen?
« Antwort #1 am: 14.02.2025 | 13:24 »
Also ist die Frage: Welches Verhalten legen die Protagonisten an den Tag, und was sagt dies über ein Spiel aus?

Ich würde dir zumindest zustimmen, dass es etwas über ein Spiel aussagt, aber eigentlich könnte man dies zum einen auf die ganze Spielwelt ausweiten (wie reagieren die Monster, wie reagiert ein einflussreicher NSC, etc.)

Aber außerdem würde ich auch das Regelwerk nicht außer acht lassen, da dies zu Diskrepanzen führen kann zwischen dem was der IG Character als Teil seiner Spielwelt tun würde und dem was das Regelwerk oder die Gruppendynamik unterstützt.


Online nobody@home

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Re: Wie schwer sind hier die Taschenlampen?
« Antwort #2 am: 14.02.2025 | 13:52 »
Ich weiß ja nicht, ob der Taschenlampenbegriff uns hier so viel weiter bringt als die "Core Story" auch schon. :)

Aber ja, "Wen spielen wir hier eigentlich so überhaupt?" ist eine Frage, auf die zum einen jede Gruppe für ihre angedachte Kampagne (oder auch nur einen One-Shot) ihre eigene Antwort finden muß und für die zum anderen die meisten Spiele zumindest einen oder mehrere Vorschläge ihrer Verfasser mitbringen, deren Verbindlichkeit dann auch wieder schwanken kann.

Beispielsweise sind in den meisten Fantasyspielen "Monster" (natürlich selbst schon ein etwas vorbelasteter Begriff) normalerweise in erster Linie Gegner, die bekämpft, oder Hindernisse, die umgangen werden wollen. Gelegentlich findet man auch mal etwas neutralere Exemplare, bei denen ein Verhandlungsversuch tatsächlich mehr als nur "Okay, die lassen euch in Frieden vorbeiziehen" (was ja auch nur 'ne andere Form von Umgehen wäre) abwerfen kann, und mit noch größerem Seltenheitswert vielleicht auch mal ein paar ausgesprochen "nette", aber speziell die Letztgenannten sind normalerweise die große Ausnahme -- und wo das mal nicht so ist und es tatsächlich öfter als nicht zum guten Ton gehört, in den Nachbardungeon einfach nur abzusteigen, um guten Tag zu sagen und ein bißchen mit den Ghulen und Goblins zu tratschen, da ist dann wohl die ganze Kampagne schon ein echter Ausnahmefall, und das will ich dann schon auch im Vorfeld wissen. :)

Online Zed

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Re: Wie schwer sind hier die Taschenlampen?
« Antwort #3 am: 14.02.2025 | 14:17 »
Ich versuche es mal anders. Ich sitze in der Runde und soll hier einen Protagonisten spielen. Und dann kommt ein Monster auf mich zu. Was tue ich?

Laufe ich schreiend weg?
Laufe ich brüllend auf es zu?
Zweifle ich an meinem Verstand?
Frage ich, ob es ihm gut geht?

Um sinnvoll mitspielen zu können, muss ich also wissen, welche Haltung von meiner Figur in Bezug auf welche Dinge in der Fiktion erwartet wird.

Du fällst ja nicht vom Himmel. Es gibt ja (außer vielleicht bei One-Shots) zuvor Gespräche mit der SL, in was für einer Welt sich die SCs bewegen und auf welche Art von Spiel Ihr Euch einlasst.

Die Einschwörung auf meine Kampagne wird in etwa so gelautet haben:

"Ihr kennt ja den Herrn der Ringe. Euch erwartet eine hoffentlich ähnlich epische Welt mit verfallenen Ruinen, beschworenen Dämonen, hilflosen Dörfern und vergessenen Schätzen.

Ihr seid zu Beginn sicher nicht so mächtig wie Gimli mit der Axt, Aragon mit seinem Schwert oder Legolas mit dem Bogen. Aber dass kann werden.

Wir passen nicht gut zusammen, wenn ihr Figuren spielen möchtet, die rauben, vergewaltigen und bei Gefahren lieber abhauen als sich zu überlegen, wie man denen begegnen kann. Und auch wenn Ihr eigentlich jede Freiheit habt zu tun, was ihr möchtet: Die Abenteuer wenden sich sehr häufig an Figuren, die versuchen, die Welt ein Stück besser zu machen.

Ich möchte so vielschichtig spielen, dass es keine klaren, weißen, reinen unschuldigen Helden gibt. Wir spielen keine Märchen. Die Wirklichkeit, in der wir spielen, ist zu vielschichtig, um immer maximalen Erfolg haben zu können - alle Bösen zu bekehren und dabei alle Unschuldigen in Sicherheit zu bringen: Das wird nur selten gelingen."


Was also solltest Du in unserer Kampagne mit dem Monster machen?

Du bist sicher nicht alleine, Du kannst Dich mit Deinen Gefährten absprechen.

• Läuft es an Euch vorbei? Warum solltet Ihr es dann angreifen?
• Läuft es brüllend auf eine Gruppe spielender Kinder zu? Bitte gerne etwas ausdenken, dass es die Kinder nicht frisst.
• Läuft es brüllend auf Euch zu? Umsichtig wäre, sich zu wappnen, aber ein sofortiger Angriff muss nicht sein. Könnte aber, und wenn sich herausstellt, dass das Gebrüll nur Fiffis Art ist, seine Freude zu zeigen, dann werdet Ihr Euch vielleicht mit Fiffis Frauchen auseinandersetzen müssen, falls Ihr Fiffi tötet.
Reiche ein oder zwei coole Ideen für mitreißende Abenteuereinstiege ein. Die drei Höchstplatzierten gewinnen je Gutscheine über 50€. Einsendeschluss: 24.02.'25: Die zweite Abenteuer-Einstiege-Challenge.

Offline Boba Fett

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Re: Wie schwer sind hier die Taschenlampen?
« Antwort #4 am: 14.02.2025 | 17:27 »
Ich finde schon, dass eine Antwort auf die Fragen "Was sind die Genre-Konventionen in diesem Setting?" und ein "Was machen die Charaktere eigentlich typischerweise in diesem Rollenspiel/dieser Kampagne?" eine Menge Orientierung gibt und auch potentiellen Mißversändnissen vorbeugt.

Und nein ein "Ihr kennt doch sicherlich Herr der Ringe" ist ganz oft nicht hilfreich genug. (Betonung liegt auf "genug")
Denn zwischen dem DSA Bauerngaming und den D&D Fantasy-Superhelden liegen Welten. Und trotzdem sind die beide in etwa so wie Herr der Ringe.
(Übrigens no offense zu Bauerngaming Liebhaber und D&D Spielern. Da lag keine Wertung in meinem Satz!)

Es gibt ja sogar Mißverständnisse innerhalb des gleichen Rollenspiels.
Denn waren Shadowrun Charaktere der ersten SR Edition noch Punks und Underdogs, die gegen das System aufbegehrten,
waren Charaktere in dem selben Spiel zwei Editionen später Heist & Spec Ops Söldner, die illegale Dinge gegen Kohle ausführten.

Oder man muss beachten, in welcher Setting Periode man spielt ("die Typen in den weissen Rüstungen sind die bösen!" - "Sind das nicht Clonetrooper?" - "Verdammt, falsche Ära." -  "Wir sind nicht die Typen die auf euch schossen!" *handwedel*)...

Auch Cthulhu Mythos Rollenspiel kann man ganz ganz unterschiedlich spielen. DSA übrigens auch.

Und ich glaube einfach, Rollenspieler haben gerne Informationen im Voraus um zu wissen, was für Charaktere ins Spiel passen und welche eher fehl am Platz sind.
Und auch, welche Verhaltensmuter zum Spiel beitragen und welche eher aus der Immersion reissen.
"Hast Du wirklich 'Nieder mit der Monarchie!' gebrüllt, als Du vor Ludwig XIV standest?"
"Ja, wieso, ist doch die Zeit der Guillotine..."
"Vierzehn, nicht Sechzehn, und Du bist ein Musketier!"
"War, mein Lieber, war! Jetzt bekommt er gerade die Augenbinde!"


Spielleiter: "Was willst Du mit einem Rüschenkleid?"
Spieler(in): "Du sagtest, wie Spielen Ende des 18. Jahrhunderts..."
Spielleiter: "Also, Dein Charakter steht in ihrem Rüschenkleid vor Häuptling Chingachgook..."

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