Man liest es (auch hier im Tanelorn) immer wieder. D&D hat nur Kampfregeln, D&D kann keine Diplomatie, D&D hat Charakterklassen die bei sozialen Encountern nichts beisteuern können, D&D macht Diplomatie nur über einen simplen Fertigkeitswurf etc.
Nein, das ursprüngliche Argument war, dass bei D&D die Kampfregeln in Länge, Umfang und mechanischer Komplexität in absolut keinem Verhältnis zu
Regeln für Handlungen außerhalb des Kampfes stehen - und das bei einem System, dass sich noch nicht mal mit Fahrzeugen und Fahrzeugkampf, Flugzeugen und Luftkampf, Raumschiffen und Raumkampf sowie den damit verbundenen Reparaturen von technischem Gerät oder Dingen wie Sensorik und elektronischer Kriegsführung herumschlagen muss.
Das betrifft bei weitem nicht nur soziale Konflikte, sondern auch alles andere, was nicht direkt mit Kampf und Kampfmechaniken zu tun hat.
Was wiederum die Brücke zu dem Thema baut, aus dem die ganze Diskussion ursprünglich hervorging - Powergaming.
Warum gibt es bei D&D und ähnlich aufgebauten Regelwerken zu 95% Kampfpowergamer (mundan und magisch), plus vielleicht noch 5% Socialpowergamer (meistens mit dem Archetyp Horny Bard)?
Weil das Regelsystem in anderen Bereichen einfach nicht genug hergibt.
Ja, es gibt noch die Utilitypowergamer, die Magie ausnutzen, um das System zu brechen (oft mit dem Einsatz von beschworenen Kreaturen bzw. deren Spezialfähigkeiten in sehr spezifischem Kontext), die sind aber super selten.
Die sozialen Regeln kurz erklärt:
Der SL bestimmt ob der NPC freundlich, feindlich oder neutral gesonnen ist. Diese Einstellung bestimmt wie schlecht das schlechteste Ergebnis sein kann und wie gut das bestmögliche Ergebnis sein kann. Der Erzfeind wird z.B. im bestmöglichen Fall gerade mal so hilfsbereit sein wie ein freundlicher NPC bei total vermasselter Probe.
Das ist effektiv lediglich ein Modifikator auf meinen Skillwurf, der erhöht die mechanische Komplexität um genau 0.
Der Clou dabei ist jedoch das die Charaktere durch Rollenspiel (ja, D&D möchte auch das man Rollenspiel betreibt !) in der Lage ist die Einstellung des Gegenübers zumindest vorübergehend zu verbessern (oder zu verschlechtern). Und da haben wir auch schon den Punkt an dem jeder Charakter der Gruppe, auch der Barbar mit Charisma 3, einen Beitrag leisten kann. Wer die richtigen Argumente bringt kann das Ergebnis einer Diskussion damit massiv beeinflussen.
Und was macht das? Genau, es entwertet die regeltechnisch ohnehin kaum abgedeckten Social Skills noch weiter.
Also investiere ich meine Punkte doch lieber, um den krassesten Schnetzler der Schwertküste zu bauen, weil wenn es zu Social Encounters kommt, kann ich ja immer noch meine OT-Social Skills benutzen, um mich da durchzuschlagen. Muss ich keine Punkte drauf verschwenden, die ich auch in Kampf investieren kann, wo mir meine Skills als
Spieler nichts bringen.
(Ich habe auch schon in Runden gespielt, in denen gute Aktionsbeschreibungen einen Bonus auf Kampfwürfe gaben, das fand ich ganz cool, kenne aber auch genug Leute die da Sakrileg schreien würden.)
Deshalb frage ich mal in die Runde:
1. Was muss ein System für soziale Encounter denn leisten damit es eurer Meinung nach gut ist ?
Das hängt komplett vom Rest des Regelsystems ab.
Wenn die Kampfregeln einfach und schnell sind, dann kann das Sozialsystem es auch sein - es gibt ja genug Spiele, die überhaupt keine Regeln spezifisch für Kampf haben, sondern Kampf sowie auch soziale Encounter einfach als eine Form von Konflikt/Roadblock zum Erfolg abhandeln.
Wenn das Kampfsystem aber Feats, Manöver, Resistenzen/Schwächen und rundenbasierten Kampf mit Lebenspunkten hat, dann würde ich etwas ähnliches auch für Soziale Encounter oder technische Kontexte (sofern das Setting diese hergibt, D&D tut das ja eher nicht) erwarten.
Und nein, das heißt natürlich nicht, dass jede einzelne Situation mit der komplexen Regelmechanik abgehandelt werden muss - es gibt ja durchaus auch kampfähnliche Situationen, die man mit einem einfachen/konkurrierenden Fertigkeitswurf abdecken kann (aufgebrachte Frau versucht untreuen Piratenkapitän ins Gesicht zu schlagen - da würde man jetzt nicht unbedingt das volle Kampfsystem für auspacken).
Anmerkung: Und ja, natürlich hängt das auch ein bisschen vom Kontext/Setting/Fokus ab. Von einem Starship Troopers, Halo oder Helldivers-RPG erwarte ich jetzt keine komplexen Diplomatieregeln. Das sind aber auch Spiele, die wirklich einen sehr engen Fokus haben, bei denen solche Dinge keine große Rolle spielen.