Autor Thema: Ist Kundenpräsentation nach innen eine Schwäche von Systemen abseits D&D?  (Gelesen 690 mal)

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Offline aikar

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Entschuldigt bitte den sperrigen Titel  ;D Das Thema ist ziemlich abstrakt und mir ist keine bessere Formulierung eingefallen. Und die Zeichenzahl ist begrenzt. Ich hoffe, ich kann meine Gedanken vermitteln.

Im Rahmen von https://www.tanelorn.net/index.php/topic,129945.msg135265205.html#msg135265205 habe ich angefangen, über ein Thema nachzudenken, das evtl. eine eigene Diskussion wert ist.


Hypothese (!):
Viele Vergleiche zwischen D&D und anderen Rollenspielen (und derer gibt es ja wirklich viele) laufen ins Leere, weil sie die unterschiedliche Position, Geschichte, Selbstwahrnehmung und Außenwahrnehmung außer Acht lassen.

D&D sieht sich selbst als eigenständiges Spiel, als Ursprung des  Pen & Paper-Rollenspiels und Marktführer, hinter dem alle Konkurrenten derselben Sparte bedeutungslos sind. Die Selbstpräsentation und Kundenkommunikation richtet sich primär nach außen, also an Personen, die noch keine Rollenspielenden sind, sekundär an die eigenen Spieler und praktisch gar nicht an Spielende anderer Rollenspiele. Das primäre Herausstellungsmerkmal ist, dass es ein Rollenspiel ist. Dass es DAS Rollenspiel ist. In den Werbetexten von D&D wird das Genre der Rollenspiele gar nicht erwähnt. Es gibt D&D und damit hat es sich.

Andere Rollenspiele sind letztendlich durch Abgrenzung von D&D entstanden und das wirkt im Kopf von Rollenspielproduzierenden bis heute nach. Man begreift sich nicht als ein Spiel, sondern als ein Rollenspiel. Im Grunde (auch wenn da jetzt einige aufschreien werden) als eine Variante von D&D. Herausstellungsmerkmale sind daher meist Unterschiede zur bekannten Referenz, direkt oder (über Vorgänger) indirekt. Man rechtfertigt die Existenz des Systems durch diese Unterschiede. Für Fans dienen Überhöhungen dieser Unterschiede als identitätsstiftendes Merkmal. Und das sind Argumentation, die nur mit Kenntnis weiterer Spiele, also für bereits bestehende Rollenspielende, Sinn ergeben. Das meine ich mit nach innen gerichteter Kundenpräsentation.

Fans kritisieren dann mangelnde Herausstellungsmerkmale oder Spezialisierungen bei D&D oder fordern "Optimierungen" ein und übersehen dabei, dass diese gar nicht das Ziel sind. Für D&D und diejenigen, die als Kundengruppe angesprochen werden, sind die Kernfeatures der Rollenspiele, die durch D&D erfunden wurden, Alleinstellungsmerkmal genug und diese sind es, die in der Bewerbung und Präsentation im Fokus stehen.


Warum schreibe ich im Titel jetzt von einer Schwäche? Weil ich glaube, dass dadurch die anderen Rollenspiele (und deren Fan-Communities) zu viel Aufwand für eine zu kleine Kundengruppe und den Konkurrenzkampf untereinander betreiben und das ein starker Faktor dafür ist, warum der Abstand zwischen D&D und anderen Systemen am Markt dermaßen groß ist.

Ich glaube aber auch nicht, dass sich das jetzt "einfach so" ändern lässt. Diese Problematik ist schon seit über 40 Jahren Teil der Rollenspielszene, hat gewuchert und Folgeeffekte wie stärkere Bekanntheit und inzwischen natürlich auch ein deutlich stärkeres Marketingbudget bei D&D entwickelt. Andere Rollenspiele sind inzwischen praktisch gezwungen, sich primär auf die bestehende Rollenspielcommunity als eingermaßen verlässliche Kundengruppe zu stützen.

Aber wenn meine Hypothese stimmt, wäre es evtl. sinnvoll, es bei der Entwicklung und Bewerbung von Rollenspielen im Hinterkopf zu behalten, wie weit diese unbewusst von dieser Denke beeinflusst wird und wo man vielleicht gegensteuern sollte, wenn man Neukunden gewinnen will.
So sehe ich z.B. den Ansatz von Ulisses, gekapselte One-Shot-Rollenspiele herauszubringen als richtigen Weg. Ich brauche sie persönlich vielleicht nicht, aber es ist ein Schritt, dieser Spirale des Kämpfens um Reste zu unterbrechen. Es wurde hier vor kurzem auch mal kritisiert/hinterfragt, warum bei der Rollenspieltheorie nichts weitergeht. Die Vorstellung von Rollenspielsystemen als eigenständige Spiele und nicht als konkurrierende Varianten voneinander oder von D&D könnte auch gänzlich neue Arten von Spielen hervorbringen. Man könnte sich auch mal die Webseite von D&D ansehen und wie dort das Spiel verkauft wird im Vergleich zu anderen Systemen.

Und vielleicht ergibt sich daraus auch mal die Erkenntnis, dass für den absoluten Großteil der aktiven und potentiellen Spielenden (und damit für den wirtschaftlichen Erfolg) die simple Aussage "Es ist ein spaßiges Rollenspiel" wichtiger ist, als die Kleindebatten, in denen wir uns oft verlieren.

Ich hoffe, dass war jetzt nicht zu konfus.  ;D
« Letzte Änderung: 17.02.2025 | 10:11 von aikar »
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Offline Seba

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Ist theoretisch total richtig. In Deutschland wird extrem viel Brettspiel gespielt und auch entwickelt. Eigentlich muss man sich da einreihen und nicht in die Rollenspiel-Nische.
Nur schaffst du das abdeckend halt auch nur mit dem entsprechenden Verlag im Rücken. So gesehen ja bei DSA in den 80ern. Ohne die glückliche Fügung mit Schmidt Spiele würde hier fast kein Mensch DSA spielen.

Offline ghoul

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Ja, an DSA und Midgard musste ich jetzt auch denken als selbstreferenzielle Spiele.
Auch von Pegasus gab es doch mit "Zeit der Helden" oder so ähnlich so einen Versuch, ein selbstreferenzielles Franchise zu schaffen.
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PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.

Offline Aedin Madasohn

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Dass es DAS Rollenspiel ist. In den Werbetexten von D&D wird das Genre der Rollenspiele gar nicht erwähnt. Es gibt D&D und damit hat es sich

das ist Marketing1984.
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bigWizard schweigt Konkurrenzprodukte wie "Kaufsystem" einfach tot.
Warum seine Marktdominanz damit verbrauchen, Begriffe der Konkurrenten aufzugreifen als "wir sind aber kein offenes Kaufsystem, sondern ein streng vernageltes Specie/Klasse/Stufensystem". einfach den ersten Halbsatz streichen.

die simple Aussage "Es ist ein spaßiges Rollenspiel"
wenn woanders better driving geht, geht natürlich auch spaßiger Rollenspiel (bis der erste Böhermann daraus spießiger Rollenspiel rendert  >;D )
eher so ein entdecke die Möglichkeiten aus schrankenlos vielen coolen Rollen für einen Spielspaß ohne Ende

Man könnte sich auch mal die Webseite von D&D ansehen und wie dort das Spiel verkauft wird im Vergleich zu anderen Systemen
Paradebeispiel natürlich DSA, wo es so viele Publikations-Überschnitte gibt, dass es abschreckend wird.
Habe mich der Tage als DSA4.1er mal mit 5er befasst, was da als Artefakte und Chimären-Spielehilfe inzwischen gibt
und habe mich erstmal zwischen Kodice und Kompendium verhedert

also, spontaner Lustkaufimpuls erstmal an die Wand geklatscht  ~;D
mein Sparschwein grunzt wohnig "Danke" für diese Produktpräsentation   

kurzum, selbst eine Innenwendung der D&D Konkurrenten an Nischennerds ist so nicht fassbar, wie soll da die Außenwendung an Normalos klappen?

Offline Eismann

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Das Erreichen von Neukunden ist sowas wie der heilige Gral. Ich hab das eine oder andere Mal erlebt, dass das versprochen wurde, aber rumgekommen ist dabei nie etwas. Rollenspieler sind ganz ok kostengünstig zu erreichen, gerade über Social Media. Aber um Neukunden zu werben, muss man bereits eine entsprechende Reichweite haben. Ein Beispiel wäre da Rocketbeans TV, die ihre Rollenspielbox innerhalb kürzester Zeit 6000 Mal verkauft haben. Aber eben nicht als Rollenspiel, sondern eher als Merch zu ihren Rollenspiel-Streams.
Nun steckt in Rollenspielen aber kaum Geld drin, daher müsste man ohne eine solche schon vorhandene Plattform mehr Geld in die Sichtbarkeit stecken, als Gewinn über Neukunden dabei herum kommt. Oder wenn man denn schafft eine so weitreichende Plattform aufzubauen, kann man sie weitaus gewinnbringender für andere Dinge nutzen.

Offline Zanji123

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das lässt sich eigentlich auf das große Stichwort "Marketing und Budget" herunterbrechen

ich mein schaut euch die Homepages an:

google: Mit D&D anfangen -> zack kommste auf die Seite

https://dnd.wizards.com/de/what-is-dnd/rules-introduction

google: mit Das Schwarze Auge anfangen..... öhm... ja erste Empfehlung ist ein Video von 2021 von orkenspalterTV, dann ein Beitrag aus 2020 aus DSA Forum und erst DANN kommt gleich der Schnellstarter erst mit "Das Schwarze Auge Ulisses" kam ich auf die Seite

https://ulisses-spiele.de/game-system/das-schwarze-auge/

 
selbst die "was ist D&D" Seite https://dnd.wizards.com/de/what-is-dnd   macht einfach mehr Lust auf das System als der kurze Abschnitt über Aventurien

richtig witzig wird's dann wenn du bei D&D auf Produkte gehst und das ganz logisch nach "Einsteiger" "Grundlegende Bücher" und "Hier geht's weiter" gegliedert ist

Bei Ullises: bis du mal den Link zum Shop gefunden hast bist du hier... https://www.f-shop.de/das-schwarze-auge/  also erstmal auf "ROLLENSPIEL" geklickt und da unter Einsteigerprodukte ist das DSA 2 Remastered Abenteuer  Liebliche Prinzessin Yasmina ... what?
und richtig witzig wird's wenn du dann unter "Regel und Quellenbände" klickst und von einer Liste an ca 86 Produkten zugemüllt wirst in der auch noch die DSA Bibliografie ist welche nicht mal ein Regelband ist und in der auch die Vademecums drin sind die imho nicht zum Regelbestand gehören



9 von 10 Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.... die zehnte sitzt in der Ecke und summt die Pokécenter Melodie

Offline aikar

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Bei Ullises: bis du mal den Link zum Shop gefunden hast bist du hier... https://www.f-shop.de/das-schwarze-auge/  also erstmal auf "ROLLENSPIEL" geklickt und da unter Einsteigerprodukte ist das DSA 2 Remastered Abenteuer  Liebliche Prinzessin Yasmina ... what?
und richtig witzig wird's wenn du dann unter "Regel und Quellenbände" klickst und von einer Liste an ca 86 Produkten zugemüllt wirst in der auch noch die DSA Bibliografie ist welche nicht mal ein Regelband ist und in der auch die Vademecums drin sind die imho nicht zum Regelbestand gehören
Der korrekte Vergleich wäre https://ulisses-spiele.de/game-system/das-schwarze-auge/. Macht es aber auch nicht viel besser.
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Offline Raven Nash

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Nunja, D&D ist ja "The world's greatest role-playing game". Und das steht auf jedem f*cking Produkt drauf. Das sieht zwar nach Gehirnwäsche aus, ist aber einfach effektives Marketing (Ähnlichkeiten sind rein zufällig).
D.h. im Umkehrschluss natürlich auch, dass alle anderen deutlich weniger wert sind (es kann halt nur ein "greatest" geben).

Mit dieser breiten Brust agiert aber kein anderes System (ein deutscher Verlag würde sich das sowieso nicht trauen).

Die Innenwerbung sind aber IMHO die vielen Settings. Wozu ein neues System lernen, wenn das interessante Setting ohnehin auch für 5e verfügbar ist? Der neugierige Blick des D&D-Spielers wird sofort wieder zurück zum bekannten System gelenkt, und die Kirschen aus Nachbars Garten werden über den Zaun geworfen.

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Online schneeland

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Andere Rollenspiele sind letztendlich durch Abgrenzung von D&D entstanden und das wirkt im Kopf von Rollenspielproduzierenden bis heute nach. Man begreift sich nicht als ein Spiel, sondern als ein Rollenspiel. Im Grunde (auch wenn da jetzt einige aufschreien werden) als eine Variante von D&D. Herausstellungsmerkmale sind daher meist Unterschiede zur bekannten Referenz, direkt oder (über Vorgänger) indirekt.

Würde ich, glaube ich, so nicht unterschreiben. Es gibt sicher Systeme, die sich noch in Abgrenzung zu D&D verstehen, aber wenn ich jetzt ein beliebiges z.B. Alien, Outgunned, Trophy Dark oder Stonetop in die Hand nehme, dann sehe ich da keine direkten Bezüge zu D&D mehr. Es sei denn, man betrachtet die Tatsache, dass sich die Spiele immer noch als Rollenspiele verstehen, schon als Abgrenzungsproblem.

Man rechtfertigt die Existenz des Systems durch diese Unterschiede. Für Fans dienen Überhöhungen dieser Unterschiede als identitätsstiftendes Merkmal.
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Fans kritisieren dann mangelnde Herausstellungsmerkmale oder Spezialisierungen bei D&D oder fordern "Optimierungen" ein und übersehen dabei, dass diese gar nicht das Ziel sind. Für D&D und diejenigen, die als Kundengruppe angesprochen werden, sind die Kernfeatures der Rollenspiele, die durch D&D erfunden wurden, Alleinstellungsmerkmal genug und diese sind es, die in der Bewerbung und Präsentation im Fokus stehen.

Das klingt jetzt schon ein bisschen wie "warum überhaupt diese komischen anderen Rollenspiele machen, geht doch alles mit D&D - und wenn nicht, musst Du halt ein besserer Spielleiter werden". Was ja durchaus eine Sichtweise ist, die von D&D-Spielern vertreten wird, und m.E. auch ein Stück weit erklärt, warum die Fronten in Diskussionen teilweise so verhärtet sind.

Ich habe übrigens auch nicht das Gefühl, dass Leute, die kein D&D (mehr) spielen, von D&D wirklich einfordern, dass es sich ändert - nur können sie in der Regel benennen, was ihnen an D&D nicht gefällt (die Änderungswünsche nehme ich im Zweifelsfall eher innerhalb der D&D-Spielerschaft und v.a. bei Editionswechseln wahr).

Warum schreibe ich im Titel jetzt von einer Schwäche? Weil ich glaube, dass dadurch die anderen Rollenspiele (und deren Fan-Communities) zu viel Aufwand für eine zu kleine Kundengruppe und den Konkurrenzkampf untereinander betreiben und das ein starker Faktor dafür ist, warum der Abstand zwischen D&D und anderen Systemen am Markt dermaßen groß ist.
...

Das ist einerseits richtig: die Gewinnung von echten Neukunden wäre natürlich sehr wünschenswert. Aber, wie Eismann schon feststellte, ist das auch deutlich schwerer und ohne ordentliches Marketingbudget dürfte da wenig zu machen sein - denn wenn man nicht irgendwo ein komplett neues Segment aufmacht, gibt es ja mittlerweile in vielen Bereichen schon etablierte Platzhirsche, deren Marken größere Marktdurchdringung haben.

Es stellt sich dann für mich auch ein bisschen die Frage: ist die Konsequenz Deiner Aussage dann nicht auch, dass man es einfach sein lassen sollte, andere Rollenspiel als D&D zu machen?

Und vielleicht ergibt sich daraus auch mal die Erkenntnis, dass für den absoluten Großteil der aktiven und potentiellen Spielenden (und damit für den wirtschaftlichen Erfolg) die simple Aussage "Es ist ein spaßiges Rollenspiel" wichtiger ist, als die Kleindebatten, in denen wir uns oft verlieren.

Das ist zweifellos richtig, aber jetzt m.E. auch keine Besonderheit des Rollenspielbereichs und m.M.n. auch kein Grund mit dem detaillierten Diskutieren aufzuhören - dem durchschnittlichen Musikkonsumenten ist vermutlich auch die Differenzierung zwischen Doom-, Death- und Black Metal ziemlich egal, weil er letztlich alles für komischen Krach hält, aber deshalb ist das für Fans entsprechender Spielarten der Musik ja trotzdem nicht weniger relevant :)
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Offline aikar

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Das klingt jetzt schon ein bisschen wie "warum überhaupt diese komischen anderen Rollenspiele machen, geht doch alles mit D&D - und wenn nicht, musst Du halt ein besserer Spielleiter werden"
Es stellt sich dann für mich auch ein bisschen die Frage: ist die Konsequenz Deiner Aussage dann nicht auch, dass man es einfach sein lassen sollte, andere Rollenspiel als D&D zu machen?
Nein, nicht im Geringsten!
Und schon gar nicht von mir, meine Wohnungswände und Festplatten sind mit hunderten Rollenspielen voll ;)

Im Gegenteil. Es ist eher eine Vermutung, dass andere Rollenspiele bzw. deren Produzierende und auch Community unter einem unbewussten und unnötigen (!) Minderwertigkeitskomplex leiden, der sich negativ auf die Verbreitung auswirkt.

Meiner Hypothese nach schmoren die kleinen Rollenspielsysteme im eigenen Saft und haben ihre abgrenzenden Besonderheiten zu etwas erhoben, was man im kleinen Kreis zelebriert und fast schon eifersüchtig hütet. Dabei bin ich explizit nicht gegen die Besonderheiten, Vielfalt ist absolut Wünschenswert. Es geht mir um den Umgang damit und den oft kleinlichen Hickhack, der damit einhergeht und den kleinen Systemen meiner Meinung nach weniger nützt als schadet.

Aber wie gesagt, es ist ein ziemlich abstrakter Gedanke und nachvollziehbar, dass es da zu Missverständnissen kommt.

Es hat sicherlich auch mit der generell anderen Herangehensweise bei Werbung im amerikanischen Raum zu tun und dieses übertriebene Gehabe der Amerikaner geht ja vielen Europäern, mich eingeschlossen auf die Nerven. Aber trotzdem habe ich bei D&D oft den Eindruck selbstbewusster Begeisterung, während kleinere Systeme und deren Fans lieber auf Kleinigkeiten herumhacken und sich fast schon entschuldigen, anstatt das große Ganze zu feiern. Klar gibt es genug Kritik an D&D. Aber im Vergleich zur Gesamtspielerschaft und Präsenz ist das eigentlich überschaubar. Selbst während einer Krise wie der OGL-Debatte.

Wie gesagt, es ist vor allem eine Gefühlssache. Und vielleicht bin ich da auch einfach nur voll auf die Marketing-Abteilung von D&D angesprungen. Ich werde mir mal die Zeit nehmen, ob ich noch eine bessere Formulierung finde.
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Online schneeland

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Es hat sicherlich auch mit der generell anderen Herangehensweise bei Werbung im amerikanischen Raum zu tun und dieses übertriebene Gehabe der Amerikaner geht ja vielen Europäern, mich eingeschlossen auf die Nerven. Aber trotzdem habe ich bei D&D oft den Eindruck selbstbewusster Begeisterung, während kleinere Systeme und deren Fans lieber auf Kleinigkeiten herumhacken und sich fast schon entschuldigen, anstatt das große Ganze zu feiern.

Wahrscheinlich liegt hier ein deutlicher Unterschied: die direkte Abgrenzung zu D&D habe ich eigentlich maximal bei Kleinstsystemen aus 1-Mann-Verlagen wahrgenommen. Wenn ich z.B. Free League oder 2LM anschaue, dann habe ich da den Eindruck, dass die auch ganz gut sich selbst und ihre Spiele feiern, nur eben ohne dieses "alles auf 11 gedreht", das es im D&D-Marketing gibt.

Wie gesagt, es ist vor allem eine Gefühlssache. Und vielleicht bin ich da auch einfach nur voll auf die Marketing-Abteilung von D&D angesprungen.

Das mag schon mit reinspielen: in den Anfangsjahren, als ich noch einigermaßen gehypt für die 5e war, habe ich "the world's greatest role playing game" einfach geflissentlich ignoriert, mich aber über durchaus über die Streaming-Events gefreut. Aber das ist dann ziemlich schnell umgeschlagen, und seitdem finde ich das hauptsächlich nervig - da bin ich ganz froh, dass ich das nicht bei anderen Rollenspielen auch noch bekomme. Möglicherweise ist das aber auch einfach nur ein Zeichen, dass ich alt werde  ;D
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Offline nobody@home

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Wahrscheinlich liegt hier ein deutlicher Unterschied: die direkte Abgrenzung zu D&D habe ich eigentlich maximal bei Kleinstsystemen aus 1-Mann-Verlagen wahrgenommen. Wenn ich z.B. Free League oder 2LM anschaue, dann habe ich da den Eindruck, dass die auch ganz gut sich selbst und ihre Spiele feiern, nur eben ohne dieses "alles auf 11 gedreht", das es im D&D-Marketing gibt.

Sehe ich ähnlich. Gerade das Direkt-von-D&D-Abgrenzen kenne ich eigentlich nur von einschlägigen kleinen Heartbreakern, die dann oft genug noch recht dicht an D&D mit abgefeilten Seriennummern sind und deren Verfasser vielleicht wirklich nie etwas anderes kennengelernt haben. (Okay, und ein Stück weit von Midgard zumindest in den "Bei uns sind Zauberer keine Artillerie!"-Altfassungen. ;))

Aber schon aus der Zeit in den Mittachtzigern, in der D&D gerade in Deutschland auch nur ein etwas bekannteres Nischenprodukt neben anderen war (immerhin genug, um's in die deutsche Übersetzung zu schaffen -- so richtig die Augen geöffnet haben mir ja erst meine sich verbessernden Englischkenntnisse zusammen mit der Entdeckung des einen oder anderen Nerd-Ladens), bin ich's eigentlich gewöhnt, daß praktisch beliebige Rollenspiele sich recht selbstverständlich selbst genug sind und gar nicht erst großartig merkbar zur Konkurrenz hinüberschielen.

Offline aikar

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Sehe ich ähnlich. Gerade das Direkt-von-D&D-Abgrenzen kenne ich eigentlich nur von einschlägigen kleinen Heartbreakern
Ich meinte das auch nicht in einer wörtlichen betonten Abgrenzung im Marketing-Sprech, sondern in einer verinnerlichten, gewachsenen, unterbewussten Abgrenzung, die zu einer anderen Herangehensweise in Kommunikation und Community führt.

Ach, ich lass es sein, ich kann wohl nicht erklären, was ich meine  ;D
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Offline Aedin Madasohn

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Ich meinte das auch nicht in einer wörtlichen betonten Abgrenzung im Marketing-Sprech, sondern in einer verinnerlichten, gewachsenen, unterbewussten Abgrenzung, die zu einer anderen Herangehensweise in Kommunikation und Community führt.
Ach, ich lass es sein, ich kann wohl nicht erklären, was ich meine  ;D

Freudscher MW-Komplex im Autoren-Unterbewusstsein, der trotz erwachter eigener Schaffensgenialität sich niemals aus den kommunikativen Abwärtsspirale-Fängen des ÜberD&Ds befreuden befreien kann 
;D  >;D  ~;D

Offline Paßwächter

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Wenn ich es richtig verstanden habe...

Ist es möglich, daß "Abgrenzung" und "Besonderheit" ineinander übergehen können?
Wenn die One Roll Engine betont, daß man mit dem Regelwerk mit nur einem Wurf viele Ergebnisaspekte abdecken kann, dann ist das eine Besonderheit. Aber es ist natürlich auch eine Abgrenzung gegenüber sehr vielen anderen Spielen. Bzw.: eben weil es dies das Regelwerk von anderen unterscheidet, ist es sowohl Abgrenzung als auch Besonderheit.
Die jeweilige Besonderheit zu benennen, ist damit immer schon eine implizite Abgrenzung, aber sich gar nicht dazu zu äußern, ist ja irgendwie auch keine plausible Lösung. Für eine Besonderheit braucht es nur eine diffuse Menge anderer Optionen, es muß nicht ein einzelner Konkurrent sein. D&D hat insofern möglicherweise keine Selbstwahrnehmung von "Besonderheit", weil es sich in einer Zeit entwickelt hat, als es im P&P noch niemand gab, von dem man sich sinnvoll hätte abgrenzen können.

Die Unterschiede in den Communities dürften auch daher rühren, daß es halt auch verschiedene Menschenschläge sind, die auf dies oder jenes wert legen - und wenn die sich in einer Blase tummeln, wird eine solche Blase anders gestaltet sein als eine, in der Menschen etwas anderes wichtig finden. Auch da ergibt sich die Abgrenzung mehr oder weniger ganz von selbst, unabhängig von eventuellen Konkurrenten.