Autor Thema: Fahrenheit 9/11  (Gelesen 5830 mal)

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Offline Doc Letterwood

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Fahrenheit 9/11
« am: 26.07.2004 | 14:06 »
Fahrenheit 9/11
USA 2004, ca. 110 min.
R: Michael Moore
Kinostart Deutschland: 29.07.2004

Provokant, emotional und humorvoll – Michael Moores neuer Film "Fahrenheit 9/11" nimmt den Präsidenten der Vereinigten Staaten und die Aktionen der Bush-Administration seit der Wahl 2000 aufs Korn.

(26.07.2004) George Walker Bush, 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, ist Hauptdarsteller eines Films, Washington die Kulisse, diverse Kongressabgeordnete und hohe Politfunktionäre die Nebendarsteller. Die Handlung: Die Arbeit des Präsidenten von seiner Wahl bis ins Jahr Drei nach dem Großen Anschlag.

Alles beginnt mit Bushs dubioser Wahl, die erst durch merkwürdige Umstände in Florida zu Stande kam. Sein erstes Jahr ist gekennzeichnet durch erstaunlich viele Urlaubstage des Präsidenten, der scheinbar lieber golfen und fischen geht, als im Oval Office zu sitzen. Doch am 11. September 2001 geht ein neuer Stern über seiner bislang glücklosen Präsidentschaft auf – durch das schlimmste und folgenreichste Attentat, das die westliche Welt nach dem Zweiten Weltkrieg erleben musste.

Engagement gegen die Regierung
Viele Probleme gab es im Vorfeld für Michael Moore, denn kaum eine große Verleihfirma in den USA wollte den Film in sein Programm nehmen. Man verscherzt es sich nicht gern mit der Regierung. Moore aber zeigt, wie die Bush-Administration und die „Falken“ in Pentagon und Weißem Haus auf den Anschlag reagierten: Seiner Meinung nach völlig überzogen, falsch und noch dazu ideologisch und religiös verbrämt.
Hinzu kommen die verfilzten Beziehungsgeflechte zwischen Wirtschaft, Lobby und Politik. Allem voran steht die schon fast persönlichen Beziehung des Bush-Clans zu den saudischen Öl-Multis, die nach Moores Dafürhalten maßgeblich zum Irak-Krieg beitrug.

Mit großem persönlichem Engagement prangert Moore die Missstände in Amerikas oberen gesellschaftlichen und politischen Etagen an – etwa, wenn er versucht, Kongress-Abgeordnete dazu zu überreden, ihre Kinder als Rekruten in den Irak zu schicken.

Hautnah am Geschehen
Filmisch ist Moore wie immer ein geschickter Handwerker: So zeigt er den 11. September in seiner Dokumentation nicht in Bildern. Denn die einstürzenden Twin Towers des World Trade Centers kennen wir zur Genüge. Statt dessen hören wir nur geschockte Passanten, Sirenengeheul, Schreie und die geballte Panik einer Weltmetropole – vor schwarzem Bildschirm. Nur hin und wieder zeigt die Kamera das gezeichnete Gesicht einer New Yorkerin oder eines New Yorkers, die fassungslos nach oben blicken. Die restlichen Film-Minuten bestreiten Interviews mit Kritikern, Archivmaterial über George W. Bush aus den letzten vier Jahren und, natürlich, Moores eigene amüsante und kritische Aktionen, die in keinem seiner Filme fehlen dürfen.

Abgesang auf „gods own country“
Michael Moore, der „erhobene Zeigefinger“ Amerikas, machte aus seiner Abneigung gegen die Bush-Regierung noch nie einen Hehl. Deutlich wurde das spätestens in der Oscar-Nacht von 2003, als er für „Bowling for Columbine“ (USA 2003) die Auszeichnung erhielt und am Mikrofon statt einer artigen Dankesrede sofort gegen den Irak-Krieg und die Regierung wetterte.

Jetzt ist er angetreten, um seinen großen Abgesang auf die hehren Ziele von „gods own country“ filmisch zu verankern. Dabei, so Moore, möge er sein Land sehr, sei sich aber auch darüber im Klaren, dass Amerika ganz und gar nicht das leuchtende Vorbild sei, für das es sich selbst so gerne hielte.

Nur zu gerne legt Moore den Finger auf die Wunde und streut Salz hinein – so auch in „Fahrenheit 9/11“. Seine Stärke hierbei sind die ungeschönte Authentizität der Bilder, die Interviews mit Kritikern und nicht zuletzt Moores ganz eigener Sarkasmus. So erfährt er, dass kaum einer der Abgeordneten je den umstrittenen "Patriot Act" gelesen hat. Sofort handelt Moore: In einem Eiskremwagen, den er dem Fahrer für ein paar Stunden abschwatzt, kurvt er immer wieder rund ums Capitol und liest per Lautsprecher das Gesetz den verblüfften Kongress-Abgeordneten vor.

Aktenzeichen 9/11 ungelöst   
Dabei gilt es zu bedenken, dass auch Moore keine endgültigen Antworten geben kann. Wer warum wie und mit wem was getan hat, bleibt letztendlich ungeklärt. Doch er schafft es, seinen kritischen Ansatz im Gehrin des Zuschauers zu verankern. In Europa muss er dafür ohnehin wohl nicht viel tun, denn sicher ist dieser Film Wasser auf die Mühlen des zurzeit herrschenden Anti-Amerikanismus.

Für alle Amerikaner aber ist Moores neuester Film eher ein unangenehmer Spiegel. Besonders für jene US-Bürger, die ihrer Regierung vorbehaltlos und unkritisch vertrauen und seit dem 11. September trotzig das Star-sprangled Banner hissen. Moore zeigt ihnen, wie hintergründig eine Regierungspolitik sein kann, wie sie schlingernd sie zwischen Dutzenden von Interessen lavieren muss und dabei vielleicht auch die falschen Entscheidungen treffen kann.

(www.sr-online.de, verfasst von mir)
« Letzte Änderung: 26.07.2004 | 14:08 von morebytes »
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Offline Vale waan Takis

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #1 am: 26.07.2004 | 14:12 »
Klingt doch sehr interessant und werde ich mir wohl geben

Klar muss man auch Moores Aussagen kritisch betrachten, aber Bowling for Columbine hat mir schon sehr gut gefallen und Fahrenheit 9/11 klingt ja recht ähnlich
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Offline Jahleesu

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #2 am: 27.07.2004 | 23:50 »
Ich bin schon sehr gespannt auf diesen Film... Bowling for Columbine war ja schon sehr fesselnd, mal sehen wie dieser hier wird....
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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #3 am: 11.08.2004 | 17:55 »
Hab ihn gestern gesehen... wie zu erwarten war, ist er ziemlich polemisch. Aber die grundsätzliche Botschaft, daß GWB sich ziemlich am Krieg bereichert hat und unter seiner Regierung ein ganz übler Polit-Filz gewachsen ist, die ist durchaus glaubwürdig rübergebracht. Und bei ein paar von den Bildern aus dem Irak-Krieg ist mir echt schlecht geworden... das ganze wurde dann Aussagen wie "Das ist ein sehr humaner Krieg" gegenüber gestellt...

Jedenfalls sehenswert!
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Offline Suro

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #4 am: 11.08.2004 | 20:32 »
Ich fand teilwiese was er über die Saudi´s erzählt hat etwas seltsam...
Aber alles in allem wieder ein wirklich guter Film, meiner Meinung nach.
Gerade die Reportagen aus dem Irak fand ich gut, auch die Gespräche mit den Amerkianischen Soldaten..
Da müsste eigentlich auch jeder Amerikaner merken, dass da irgendetwas falsch läuft.

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Offline carthinius

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #5 am: 18.10.2004 | 22:20 »
hab grad gesehen:

prosieben bringt den film am tag vor der präsidentschaftswahl, also am

01.11.04 um 20.15h!

dürfte gut was gekostet haben...
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Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #6 am: 20.10.2004 | 18:13 »
Bei Moore sind alle Fakten 100% richtig.
Aber Fakten die nicht in sein Bild passen werden ignoriert.
Und manchmal arbeitet er nicht mit Fakten, sondern mit Anspielungen.
Und manchmal sind auch Lügen drin, da er aber nur für die Fakten bürgt kann man ihn die Lügen ja nicht vorwerfen ;)
 
So gab es im Irak nur spielende Kinder, keine bösen Diktatoren die Frauen und Kinder vergewaltigen ließen oder Oppositionelle bei lebendigen Leib in den Schredder gestopft haben (natürlich mit den Füßen voran, sonsts bringts ja nix ).

Das Beste was man über den fetten, hässlichen Amerikaner aus Michigan sagen kann ist das er mit seinen Filme westliche Werte in Diktaturen wie Kuba und Iran bringt. Denn dort sind die Filme schon gelaufen, und einige Zauschaer werden sich fragen warum sie nicht solche Filme über ihre Länder und Regierungen drehen dürfen...

Ach ja, Kritiken zu Moores Werken:
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,310795,00.html
http://www.liberalismus.at/moore.php
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Eye Of Gruumsh

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #7 am: 20.10.2004 | 18:53 »
Ich halte Moores "zu 100% korrekt" Taktik ja auch nicht für ideal. Solche Aussagen führen leicht zu Missverständnissen, gerade wenn Fakten derart polemisch zusammengeschnitten werden.

ABER: Die groben Aussagen in dem Film sind nunmal korrekt. Im Irak starben und sterben Zivilisten. Bush hat die Aussagen von sich gegeben, die im Film gezeigt werden usw.
Kurzum: Der Versager darf nicht wiedergewählt werden. Das ist die Aussage des Films, die er sehr gut und auch noch mit genialen Gags gespickt rüberbringt.

Dass der Film kein unparteiisches Gesamtbild ergibt, ist ja wohl klar. Es ist Moores erklärtes Ziel, Bushs Wiederwahl zu verhindern. Dass hier und da gedreht wird, sollte jedem mit einem Fünkchen Verstand klar sein. Ich will solche Methoden ja nicht gutheissen, aber bewusst war es mir durchaus, als ich den Film gesehen habe.

Und die im Spiegel belächelten Anwälte in Diensten Moores sind da auch nicht zum Spaß da, sondern weil es genug Idioten gibt, die irgendwelche Fakten in seinen Filmen als unkorrekt darstellen, obwohl sie es gar nicht sind. Das gab es schon bei Bowling For Columbine zu Genüge.

Okay, Moore ist verdammt selbstgerecht mit seiner Faktenkorrektheit. Aber er hat im großen und ganzen Recht, und er betont jedesmal wieder, dass seine Filme seine Sicht der Dinge darstellen. Mich nervt diese ewige Kleinscheisserei ungemein.

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #8 am: 20.10.2004 | 19:57 »
Um zu wissen das im Irak Zivilisten sterben braucht man diesen Film nicht, da reicht gesunder Menschenverstand.

Die Bushsprüche sind aus dem Zusammenhang gerissen.
Wenn man ähnliches mit Moore machen will müsste man nur eines der Kopfabschneidvideos oder Bilder von zivilen Opfern der Autobomben mit Moores Aussage unterlegen in denen er die Aufständischen mit den "Minutemen" der amerikanischen Revolution vergleicht.
Das und das geht in die Richtung ist aber weniger polemisch.

Allerdings gibt es tatsächlich einen den man nicht wiederwählen sollte:
Diesen Abgeordneten der zugibt noch nie ein Gesetz gelesen zu haben für das er gestimmt hat. Denn Gesetze zu lesen und dann zum Wohl seiner Wähler abzustimmen sollte eigentlich sein Job sein.

Hey, man kann auch für Kerry stimmen wenn man von seinem Programm überzeugt ist ( oder gegen Bush ist ). Nur wird sich dann nichts ändern, ausser das die neue Regierung versuchen wird mehr Unterstützung aus Europa für den Irak zu bekommen. Nur wird es da sehr schnell ein Nein/No kommen, was die andere Hälfte der Amis anpissen wird die der Meinung sind das wir nur wegen Bush gegen den Krieg gewesen sind.


Nervige an Moore ist vor allem der Hype der hier in Deutschland um ihn gemacht wird. Das der Ami an sich dumm, fett und kriegslüstern ist und keine Kultur hat war schon vor Bush ein beliebtes Vorurteil, dank Bush und Moore kann man das jetzt auch Problemlos an jedem Stammtisch vertreten.
Und die deutschen Medien machen da munter mit. Da wird dann aus einem Buch das hauptsächlich mit Vorkommnissen aus der Clinton Präsidentschaft auseinandersetzt in der deutschen Übersetzung zu "einer Abrechnung mit Amerika unter Bush".

Gegenstandpunkte gibt es in den deutschen Medien gar nicht oder nur selten, und wenn dann passen sie ins übliche Amerikabild.
Bestes Beispiel die erste Stern Homestory über Kerry: Fazit: Karrieregeiler Schmalspur Kennedy der sein Vorbild imitiert um Präsi zu werden.

Nicht das es in den USA besser ist. Moore sitzt beim Parteitag der Demokraten neben Carter (der auch schon Saddam aufgerüstet hat und den Iran angegriffen hat ) und wird für seine Polemik gefeiert, macht jedoch ein Sender eine kritische Berichterstattung über Kerrys Anti-Vietnam aktivitäten gibts Protest:
http://sbgweb2.sbgnet.com/press/release_20041019_87.shtml
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Preacher

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #9 am: 20.10.2004 | 20:02 »
Nervige an Moore ist vor allem der Hype der hier in Deutschland um ihn gemacht wird.

DA stimm ich dir vorbehaltlos zu. Ich halt von dem guten Mann auch nicht viel. Seine Filme wie seine Bücher spielen auf kreative Weise mit den Fakten und sollten als das betrachtet werden, was sie sind: Stimmungsmache und Propaganda. Nicht als über jeden Zweifel erhabener Tatsachenjournalismus - aber leider sehen das viele so.
Daß er ein geschickter Filmemacher und Unterhalter ist gesteh ich ihm ja zu, und auch Bowling für Columbine mochte ich, ebenso wie das erste Kapitel aus Stupid White Men. Aber Ersterer wirkt vor allem durch seien Emotionalität und letzteres ist eben nur ein Kapitel aus einem ganzen Buch.
Wie gesagt: Kritisch und mit Vorsicht genießen.

Nurgid Vanderhole

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #10 am: 20.10.2004 | 20:08 »
Aber haben Dokumentationen nicht den Sinn ein Meinung rüberzubringen? Aus diesem Grund würde ich den Moore als guten Dokufilmer bezeichnen.

Darnok

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #11 am: 20.10.2004 | 20:17 »
Zitat
Allerdings gibt es tatsächlich einen den man nicht wiederwählen sollte:
Diesen Abgeordneten der zugibt noch nie ein Gesetz gelesen zu haben für das er gestimmt hat. Denn Gesetze zu lesen und dann zum Wohl seiner Wähler abzustimmen sollte eigentlich sein Job sein.

Da bist du aber auch den Verkürzungen des Films aufgesessen. es ist ja nicht so, dass der Herr noch nie ein Gesetz gelesen hat. Aber wie auch im Bundestag haben die Fraktionen ihre Spezialisten für bestimmte Sachthemen die die Arbeit in den Ausschüßen leisten und dann ihrer Fraktion eine Empfehlung zum Abstimmungsverhalten geben. Heiße Debatten vor gefültem Plenum gibt es nun einmal nur bei öffentlichkeitsrelevanten Themen wenn genug Kameras da sind. Neue politische Lösungen werden dabei nicht gefunden. Wenn es um Abstimmungen geht, folgt man der Fraktionsdisziplin, wobei das gerade im amerik. Senat bedeutend schwächer ausgeprägt ist als in Deutschland.

Preacher

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #12 am: 20.10.2004 | 20:33 »
Aber haben Dokumentationen nicht den Sinn ein Meinung rüberzubringen? Aus diesem Grund würde ich den Moore als guten Dokufilmer bezeichnen.
Ich würde eher sagen, der Sinn von Dokumentationen ist es, Fakten rüberzubringen. In dem Fall wäre er ein schlechter. Ist aber wie immer Ansichtssache. Da er aber selbst sagt, daß er Stimmungsmache und keinen Faktenjournalismus betreiben will erreicht er sein Ziel voll und ganz.

Ich für meinen Teil hab aber lieber Fakten. Meinung bilden kann ich selbst.

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #13 am: 20.10.2004 | 20:41 »
Zitat
Aber haben Dokumentationen nicht den Sinn ein Meinung rüberzubringen? Aus diesem Grund würde ich den Moore als guten Dokufilmer bezeichnen

Eine Dokumentation soll vor allem Fakten liefern und Zusammenhänge aufzeigen, dem Zuschauer bleibt es selber überlassen sich dazu eine Meinung zu bilden.
Bei Farenhate wurden die Fakten und Zusammenhänge nach bestimmten Kriterien ausgesucht um Moores Meinung zu verbeiten.
Moores Meinung begründet sich nicht in den Fakten, sondern die Meinung filtert sie.

Bei Moores Filmen bleibt auch manchmal offen welche Meinung Moore vertritt.
Geht es in "Bowling for Columbine" um Schußwaffen und Schußwaffenbesitz oder um die gewalttätige rassistische Geschichte der USA ?
Laut Moore nicht, es geht um die Kultur der Angst die von den Medien geschührt wird.

Er begründet diese Meinung mit dem Beispiel Kanada in dem es mehr Waffen und laxere Gesetze gibt, sowie mit anderen Ländern die eine gewalttätige Geschichte haben (und ignoriert das auch Kanadier und wir Deutschen US-Medienprodukte konsumieren ).

Wenn es aber nicht um die Waffen geht, warum führt er dann Charlton Heston vor, und schneidet zwei seiner Reden und das Interview so das dieser Mann wie ein verrückter, rassistischer Waffennarr erscheint ?

Ach ja, wie diese "Kultur der Angst" dazu führt das zwei Schüler planvoll ihre Klassenkameraden ermorden wird aus Moores Film nicht klar. Die beste Erklärung für diese Verhalten findet sich eher in einem Musikvideo und den Lyrics von Korns "Thougtless"

Zitat
Da bist du aber auch den Verkürzungen des Films aufgesessen. es ist ja nicht so, dass der Herr noch nie ein Gesetz gelesen hat.
Das soll er mal seinen Wählern erklären. ;)
Allerdings frage ich mich warum Moore gerade diese Interview für den Film ausgewählt hat. Hat er keinen anderen Abgeordneten gefunden der ihn erklärt hat das sich Sachausschüße damit beschäftigen ?
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Offline alderaan

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #14 am: 20.10.2004 | 21:14 »
nun wer sein ganzes Wissen über Bush und seine Taten auf Moors Filmen zu begründen versucht ist natürlich schlecht beraten, aber wer sich für so ein Thema wirklich interessiert der zieht ja auch  noch andere Quellen herbei um sich ein "objektiveres" Bild zu machen.......das was Moor macht eine andere art von Wahlwerbespot und ich würd es garnicht zu dem Bereich Doku zählen, da die gewisse Objektivität und auch teilweise der Ernst fehlt!! Dennoch würde ich sagen das dieser Film ein muss ist.....da er sehr real die Grausamkeit eines ("kurzen")  Krieges zeigt.


(hab alle FIlme gesehen und alle Bücher gelesen.....und muss Sagen....die Fakten stimmen einfach und das ist das erschreckende daran!!)
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Eye Of Gruumsh

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #15 am: 20.10.2004 | 21:30 »
@Preacher:
Ja, da hast du schon recht. Moores Werke sind sinnvoller für Leute, die sich ihre Meinung gebildet haben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand, der in Fahrenheit geht, eine unparteiische Betrachtung beider Seiten erwartet.
Als sinnvolles Entertainment schätze ich seine Filme und Bücher aber sehr.

@Alrik:
"Bowling For Columbine" beschäftigt sich mit dem Massaker von Columbine, speziell versucht Moore Gründe für diese Taten zu finden. Als Teile der Lösung stellt er unter anderem den weit verbreiteten und akzeptierten Waffenbesitz sowie die durch die Medien geschürte Angst dar.
Das Argument der gewalttätigen Geschichte der USA, das Heston anführt, widerlegt Moore mit den Beispielen anderer Länder.
Musikvideos von einschlägigen Interpreten (Manson) werden als Argument oft von Waffenbefürwortern angeführt, im Film aber nur kurz behandelt und ganz sicher nicht als "beste Erklärung" angegeben.

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #16 am: 20.10.2004 | 22:56 »
Wobei es eben laut Moore nicht der Waffenbesitz ist, sondern die von den Medien geschürte Angst.

Das Interview mit Heston ist am Schluß vom Film. Moore wiederlegt danach nichts mehr. Die Waffendiskussion ist der Einstieg ( Bankszene ) danach ist das Thema abgehakt. Thematisch hätte das Heston Interview also am Beginn des Filmes gehöhrt. (Wenn es um das Waffenargument geht- wenn er Heston nur vorführen will sitzt es richtig... )

Das Video und der Song Thougthless wurde erst nach Columbine veröffentlicht und beschäftigen sich mit den Gedanken eines potentiellen Amokläufers, hier die Lyrics.
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Eye Of Gruumsh

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #17 am: 21.10.2004 | 15:48 »
Ja, Misshandlungen an der Schule sind auch ein Faktor, der da mit reinspielt. Aber eben auch nur ein Teil des Problems, denn es ist viel zu leicht, in den Besitz von Feuerwaffen zu gelangen. Das spielt jetzt bei Columbine nicht so die Rolle, da ein Erwachsener den zwei Amokläufern die Waffen besorgt hat, aber theoretisch wäre es den beiden auch möglich gewesen, sich selbst welche zu holen.

Mal zurück zum Thema: Fahrenheit 9/11 ist heute auf DVD erschienen, bei amazon.de für 14,99 € zu haben.

Catweazle

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #18 am: 21.10.2004 | 17:11 »
@Alrik:
Zitat
Das Interview mit Heston ist am Schluß vom Film. Moore wiederlegt danach nichts mehr. Die Waffendiskussion ist der Einstieg ( Bankszene ) danach ist das Thema abgehakt. Thematisch hätte das Heston Interview also am Beginn des Filmes gehöhrt. (Wenn es um das Waffenargument geht- wenn er Heston nur vorführen will sitzt es richtig... )

1. Moore widerlegt Hestons "Argumente" noch während des Interviews. Er muss danach also auch nichts mehr widerlegen.
2. Das Thema Waffen ist im ganzen Film nicht abgehakt und Columbine zieht sich durch den ganzen Film und wird immer wieder aufgegriffen. So zum Beispiel auch bezüglich des Zeitpunktes der Veranstaltung der NRA in Columbine. Somit ist jeder Zeitpunkt der richtige, das Interview mit Heston zu bringen.
3. Heston vorzuführen und Argumente gegen den Waffenbesitz vorzubringen ist eins. Man kann den -... was war er doch gleich? Vorsitzender der NRA glaube ich - den Vorsitzenden der NRA nicht vorführen, sich selbst widersprechen lassen ohne ein Argument gegen den legalen Waffenbesitz vorzubringen.
4. Moore ist auch Entertainer. Er benötigt somit auch einen Spannungsbogen. Das tut aber seiner "Argumentation" keinen Abbruch. Wobei Moore weniger argumentiert als viel mehr die absurden Situationen und Gespräche, die er verursacht für sich sprechen lässt.

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #19 am: 21.10.2004 | 21:22 »
@dailor
schon diese Kritk an Moores Werk gelesen ?

1.) Hestons Argumente (gewalttätige Geschichte, Zersplitterte Gesellschaft) wurde von Moore im Film schon vorher wiederlegt. Heston bietet also keine neue Erklärung, Moore hätte also diesen Teil des Interviews weglassen können.
2.) Die Ausage des Filmes ist es, das Waffen und Waffenbesitz nicht das Problem sind. Moore verwendet sogar einen Großteil der Zeit darauf dies nachzuweisen.
Es gab keine Veranstaltung der NRA in Columbine. Es gab eine Mitgliedsversammlung in Denver, die nicht abgesagt werden konnte weil sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Die üblichen Tagesordnungspunkte ( wohl Rechenschaftsbericht und Entlastung des Vorstandes, Wahl des Vorstandes ect.) wurden abgehalten, Wettschießen und andere "Shows" wurden abgesagt.
Hestons Teil der Rede in der die abgesagten Veranstaltungen erwähnt werden fehlt vollkommen, der Schluß mit "from my cold dead hands" stammt aus einer Rede die ein Jahr später gehalten wurde.
3.) Was ist das für ein Argument ? Wer sich von Moore reinlegen lässt ist zu dumm eine Waffe zu besitzen ? Nur Paranioiker die sich nicht durch eine sorgsam geplante Charade reinlegen lasse dürfen Waffen besitzen ? ;)
4.) Und die Gespäche schneidet er dann so wie es ihn passt, anderes lässt er weg. Übrigens, mit solchen absurden Situationen arbeiten auch die protestwarriors die sich mit zynischen Spüchen auf Friedensdemos rumtreiben.


@Eye Of Gruumsh
Zitat
Das spielt jetzt bei Columbine nicht so die Rolle, da ein Erwachsener den zwei Amokläufern die Waffen besorgt hat, aber theoretisch wäre es den beiden auch möglich gewesen, sich selbst welche zu holen.
Die Amokläufer hätten auch Kettensägen, Äxte, Samuraischwerter oder ganz normale Küchenmesser verwenden können. Wäre dann der leichte Zugriff auf Küchenmesser Grund für den Amoklauf ?

edit: Die NRA Jahresversammlung war in Denver, nicht Flint
edit2: protestwarriorlink gesetzt
« Letzte Änderung: 21.10.2004 | 21:34 von Alrik aus Beilunk »
Quote: Ambrose Bierce  
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Eye Of Gruumsh

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #20 am: 21.10.2004 | 21:59 »
Zitat
Film: Nach dem Hinweis auf rassistische Symbole zur Angstmache, wird ein Werbespot aus dem Bush/Quayle Wahlkampf 1988 gezeigt. Ein Hafturlaub für Gefangene in Massachusetts wird kritisiert durch Bilder von Häftlingen, die ein Gefängnis verlassen. Dabei ist der scheinbar zum Spot gehörige Text eingeblendet "Willie Horton freigelassen. Daraufhin mordet er wieder."

Wirklichkeit: Die Texteinblendung ist eine nachträgliche Einblendung durch Moore in fast identer Schrift des Originaltextes, die nicht Teil des Spots war. Außerdem ist der Text falsch. Horton (ein Schwarzer im Gefängnis wegen Mordes) tötete nach dem Hafturlaub nicht wieder, sondern vergewaltigte eine Frau.
Ach so, er hat nur ne Frau vergewaltigt. Na dann. Moore ist echt ein dreckiger Lügner, den armen Horton so zu denunzieren... lasst den armen Kerl wieder aus dem Gefängnis, er hat gar nicht _noch_ einen Mord begangen!
Das sind so Kritiken, wo ich am liebsten laut schreien würde. Es gibt Leute, die jedes Haar einzeln spalten, so vollkommen belanglos es auch sein mag.

Ein paar Punkte mögen berechtigt sein, aber meine Meinung zu diesem Thema steht ja oben.

Zitat
Die Ausage des Filmes ist es, das Waffen und Waffenbesitz nicht das Problem sind. Moore verwendet sogar einen Großteil der Zeit darauf dies nachzuweisen.
Könntest du mir bitte aufzeigen, wo Moore darauf hinweist?
Die ganzen Szenen mit dem Verdächtigen des Oklahoma bombings, oder mit der Bank, ob nun wahr oder nicht, sind doch genau deswegen im Film, weil Moore der Meinung ist, dass die Leute zu viele Waffen horten und genau das ein Gefahrfaktor ist.
Moore fährt sich in dem Film wirklich nicht bloß auf die durch die Medien geschürte Angst als Grund für das Massaker ein, sondern zählt dies zusammen mit anderen Faktoren wie den verbreiteten Waffenbesitz als mögliche Gründe auf.

Bezüglich Waffen: Ich denke doch, dass es bei der Benutzung einer Kettensäge eine höhere Hemmschwelle zum töten gibt als bloß einen kleinen Abzug zu bedienen. Und es ist wesentlich leichter, mit automatischen Schnellfeuerwaffen Leute zu töten, als mit einfachen Küchenmessern.

Aber ich will hier jetzt keine Grundsatzdiskussion über das Massaker führen, sondern wollte lediglich aufzeigen, dass BfC sehr wohl eine eindeutige Aussage hat.

Offline Visionär

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #21 am: 21.10.2004 | 22:36 »
Ich halte Moores Filme, vor allem 9/11, für gut gemachte demokratische Propaganda. Man kann sich den Film ansehen und man wird sich gut amüsieren, während Bush so richtig runtergezogen wird. Denn eines muss man dem Film lassen: die Schnitte sind gut in Szene gesetzt, die Anspielungen passen und die Hintergundmusik führt auch in die richtige Richtung. Nur: Auf keinen Fall darf man das gesehene für Ernst nehmen und als Wissen über die amerikanische Politik verwenden. Ich kann mich der Aussage, dass sich ein undifferenziertes Bild vom "Ami" gebildet hat, und das fast niemand dem widerspricht.

Viele Deutsche halten den Amerikaner für dumm und ungebildet, weil "sie" zum Beispiel nicht wissen, wo Deutschland liegt oder Albanien. Es gibt bestimmt Amerikaner, die das wissen. Wenn ihr demnächst mal wieder dieser Stammtischpolemik begegnet, fragt doch einfach mal den Betreffenden, ob er wisse wo Alabama oder Utah liegt. Nein, "irgendwo in Amerika" ist keine gültige Antwort. Fragt nach dem Präsidenten von Polen und Österreich, auch hier bin ich sicher, werden es nicht alle wissen.

Kriegslüstern? Es gab genug Proteste innerhalb der USA gegen den Irak - Feldzug. Es gab damals auch genug Protest gegen Vietnam. Es gibt/gab sogar eine kommunistische Strömung in den USA, obwohl nicht populär! Also gibt es auch hier eine kritische politische Schicht, wir kriegen es nur nicht allzusehr mit. Das politische System ist antiquiert, daher resultieren IMHO einige Probleme (Die Sache mit den 538 Wahlmännern, nicht wahr?) Die Jungs und Mädels die in den Krieg ziehen, machen dies meistens, um ans College zu können. Denn im Gegensatz zu uns, gibt es dort kein Bafög oder ähnliches, und studieren ist teuer. Wenn du die Wahl hast: Militär, Studium, Karriere oder durchschnittlicher, unterbezahlter Job... ich würde (vielleicht) ersteres wählen.

Übrigens entsendet die OSZE Wahlbeobachter nach Florida, um zu überprüfen, ob alles glatt geht. Sonst gehen die nur in die Dritte Welt.
Stop being yourself! You make me sick!

Catweazle

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #22 am: 21.10.2004 | 22:40 »
@Alrik:
Nein, diese Seite habe ich noch nicht gelesen. Ist aber auch nicht so das gelbe vom Ei. Es wird vieles unterstellt, das so nicht der Fall ist. Z.B. heißt es permanent "...dadurch entstand der Eindruck, dass...". Bei mir nicht (nicht bei allem, jedenfalls). Rechtsgerichtete schießen gegen Linksgerichtete. "Du lügst" - "Nein Du lügst".

Ein solches Thema kann nicht objektiv behandelt werden und Moore vorzuwerfen er sei einseitig ist wie Alice Schwarzer vorzuwerfen, sie sei männerfeindlich. Moores Anliegen ist gerechtfertigt. Den Beweis dafür tritt er in seinen Filmen an. Dass er dabei polemisiert sollte jedem klar sein.

Ad 1.: Hestons Kritikpunkte wurden zuvor dargelegt. Es gibt hunderte von Begründungen sie dennoch am Ende aufzugreifen OHNE gleich "Vorführung" unterstellen zu wollen. Dramaturgie, Verdeutlichung, vorheriges Heranführen an die Thematik um nur einige zu nennen.
Ad 2: Ob wirklich alle diese Veranstaltungen abgesagt wurden sei einmal dahin gestellt. Hier gibt es sicher auch andere Aussagen. Aber im Grunde muss man sich nur eines vor Augen führen: ein Jahr nach dem tragischen Vorfall in Littleton oder woauchimmer wagt es Heston auf einer Veranstaltung von Waffennarren diesen Satz zu sagen. ... da hätte Moore gar nichts verfälschen müssen. Es wäre noch immer absurd gewesen.
Ad 3: Nein, das Argument, dass freier Waffenbesitz in einer Nation, in der Angst herrscht, nicht gerechtfertigt werden kann. Noch nicht einmal von einer wichtigen Persönlichkeit der Waffenlobby selbst.
Ad 4: Glaubst Du denn, die von dir angeführte Quelle macht nicht das gleiche (die Kritik an Moore üben, meine ich)?

Meine Meinung: wer unreflektiert Meinungen Moores übernimmt ist genau so doof wie der, der unreflektiert die Bild-Zeitung oder die TAZ liest. Grips einschalten, dann schauen. Und Grips eingeschaltet lassen! Moore würde für Zuschauerzahlen alles machen. Er ist kein heiliger, kein Jesus und kein Ghandi, dessen muss man sich bewusst sein. Aber seine Kritik ist berechtigt und gut inszeniert.

- Die Bank verschenkte Waffen an Gründer eines neuen Kontos bei ihnen. Wen interessiert da, wie es gemacht wird? Das ist doch sowieso absurd. Und in Zeiten nach Littleton sowieso.
- Heston, Frontmann der mächtigen NRA, konnte die hohe Mordrate in den USA durch Schusswaffen nicht begründen, befürwortet dennoch den Waffenbesitz für Jedermann und sagte ein Jahr nach Littleton auf einer Versammlung "from my dead cold hands". Herrlich.
- Die Sündenbocksuche, die Absurditäten, das Kuriositätenkabinett des amerikanischen Waffen-Narren hat Moore königlich inszeniert. Dafür bekommt er keinen Pulitzerpreis, aber wer außer ihm würde dieses heiße Eisen in den USA denn sonst anpacken und den Amerikanern einen (Zerr-)Spiegel vorhalten?


Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #23 am: 21.10.2004 | 23:56 »
Zitat
Die Ausage des Filmes ist es, das Waffen und Waffenbesitz nicht das Problem sind. Moore verwendet sogar einen Großteil der Zeit darauf dies nachzuweisen.
Könntest du mir bitte aufzeigen, wo Moore darauf hinweist?
Die ganzen Szenen mit dem Verdächtigen des Oklahoma bombings, oder mit der Bank, ob nun wahr oder nicht, sind doch genau deswegen im Film, weil Moore der Meinung ist, dass die Leute zu viele Waffen horten und genau das ein Gefahrfaktor ist.
Warum verwendet er dann soviel Zeit darauf Vergleiche mit Kanada anzustellen ? Gibt es nicht eine Szene im Film in der er die Gründe aufzählt die es nicht sind ?

Zitat
Bezüglich Waffen: Ich denke doch, dass es bei der Benutzung einer Kettensäge eine höhere Hemmschwelle zum töten gibt als bloß einen kleinen Abzug zu bedienen. Und es ist wesentlich leichter, mit automatischen Schnellfeuerwaffen Leute zu töten, als mit einfachen Küchenmessern.
Natürlich ist es leichter, vor allem im Affekt. Aber der Amoklauf war geplant. Hätten sie den Plan aufgegeben wenn sie nicht an Schußwaffen gekommen wären ?
Robert Steinhäuser hatte auch kein Problem an die Waffen zu kommen- trotz stärkerer Waffenkontrollen und ganz ohne künstlich geschürte Angst.


@dailor
Tatsächlich kann man das nicht objektiv sehen, deshalb auch nichts zu 1.
Ad2: Warum ist das absurd ? "From my cold dead hands" ist eine stehende Redewendung. Warum soll man sich nicht mit so einem Zitat für eine antike Waffe bedanken ? Wieviel Jahre nach Littelton darf man sie wieder verwenden ?
( ich bin sogar stolzer Besitzer eines Nuclear War Aufklebers mit dem Aufdruck: "They can have my nuclear bomb if they pry it from..." TMFlying Buffalo Games 1997... darf man sowas 50 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki drucken ? )

Ad3: Und wenn man nicht der Meinung ist das Angst herrscht ? Oder wenn man die Waffe nicht kauft weil man Angst hat, sondern weil man Sportschütze, Jäger, Farmer oder Waffensammler ist ?
Übrigens, wenn Angst herrscht wählen die Leute auch radikal. Soll man solange die Wahlen aussetzen ?

Ad4:Ja, diese Quellen üben Kritik an Moore. Aber nicht mit den gleichen Mitteln wie Moore. Deswegen halte ich sie für seriöser.

Im übrigen hat mir Moores Arbeit mal gefallen. "Roger and Me" war gut, "Canadian Beacon" war gut.
Sauer aufgestoßen ist mir erst "Bowling for Columbine", unm genau zu sein der Cartoon der auf Viva lief und in dem er die NRA mit dem KKK in Verbindung bringt.
Dummerweise hatte ich mich schon lange vorher über den amerkanischen Bürgerkrieg und den KKK informiert (ausgelöst durch "Glory" + "Missisipi burning" und Berichte über KlanAktivitäten in der Deutschen Nazi-Szene ) ... und da stößt man früher oder später auf die NRA, Ullises S. Grant und die Anti-Klan Gesetze.

Zitat
- Die Sündenbocksuche, die Absurditäten, das Kuriositätenkabinett des amerikanischen Waffen-Narren hat Moore königlich inszeniert. Dafür bekommt er keinen Pulitzerpreis, aber wer außer ihm würde dieses heiße Eisen in den USA denn sonst anpacken und den Amerikanern einen (Zerr-)Spiegel vorhalten?
Matt Gröning ?
Trey Parker und Matt Stone ?
Woody Allen ?
TC Boyle ?
John Irving ?
Zucker Abrahmas Zucker ?

Der "durchgeknallte Waffennarr" ist ein Standard in der US Popkultur.

Um rauszufinden das sich recht viele ernsthaft mit dem Thema beschäftigen reicht eine Google Suche mit dem Stichwort "Gun Control"
Quote: Ambrose Bierce  
Cynic, n: a blackguard whose faulty vision sees things as they are, not as they ought to be.

Eye Of Gruumsh

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Re: Fahrenheit 9/11
« Antwort #24 am: 22.10.2004 | 16:17 »
Zitat
Warum verwendet er dann soviel Zeit darauf Vergleiche mit Kanada anzustellen ? Gibt es nicht eine Szene im Film in der er die Gründe aufzählt die es nicht sind ?
Er stellt fest, dass es auch anderswo viele Waffen gibt, und kommt daher zu dem Schluß, dass es nicht der einzige Grund sein kann.
Er sagt keineswegs, dass Waffen gar nichts damit zu tun haben, schließlich wäre die Zahl der jährlich erschossenen Menschen mit weniger Waffen deutlich geringer, das ist ja wohl sicher. Da kannst du noch so oft "Guns don't kill people, people do" sagen.