Autor Thema: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?  (Gelesen 322 mal)

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Offline gilborn

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Von einigen Mitforisten habe ich schon gelesen, dass sie Solospiel betreiben. Es hört sich dabei durchaus so an, dass sie das auch mit Spielen machen, die eigentlich für eine klassisches 1SL + X SCs ausgelegt sind.

Wie sieht bei so einem Spiel Solospiel aus?
Gibt es eine Story die sich organisch entwickelt ausgehend von einer interessanten Ausgangssituation?
Oder setzt man zwei Gegnergruppen gegeneinander an und spielt dann quasi Schach gegen sich selbst (mit all den Problemen die es mit sich bringt)?
Woher kommt Spannung beim Solospiel? Play to find out?

Offline Paßwächter

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #1 am: Gestern um 09:40 »
Das hängt nicht unwesentlich von der Füllung des Begriffs "Spannung" ab. Wenn "Spannung" sich auf den Effekt von Kämpfen beschränkt, kann man das ja auswürfeln und ansonsten eine Handlung improvisieren, die die Kämpfe miteinander verbindet und die Auswahl der Gegner plausibilisiert.

Ich teste Spielsysteme, indem ich eine meiner schizophrenen Phasen ein paar andere, für die es Charakterwerte gibt, leiten lasse. Vermutlich ähnelt das zumindest dem, was mit "Play to find out" gemeint ist. Es ergibt schon mal einen Eindruck, auf welche Faktoren es beispielsweise beim Kampf so ankommt und worauf man achten sollte. Die Zeit dazwischen versuche ich anhand dessen, was ich von dem Spiel weiß, mit genretypischen Abenteuern zu füllen, und erkunde auf die Weise, wie stimmig sich die Welt für mich verhält, ob Regelwerk und Welt sich vernünftig miteinander verbinden bzw. wo ich Lücken finde, die ich nicht mithilfe des Spielmaterials schließen kann.

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Offline Writer _Ben

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #2 am: Gestern um 09:49 »
Moin, alle Deine Fragen können mit "ja" beantwortet werden. 😉 Denn es gibt nicht den einen Weg. Grundsätzlich kannst Du jedes RPG für Solo-Spiel nehmen, wenn du dazu einen GME, einen Game Master Emulator, verwendet. Oder auf Deutsch Orakel und Zufallstabellen. Ich nutze diese zweiseitige hier, die 2$ kostet: https://silvernightingale.itch.io/ultimate-one-page-rpg-toolkit
Ein Beispiel wie so ein Spiel aussehen könnte: Ich habe mir mit meinem eigenen Rollenspiel einen Charakter erstellt, den ich Torgan genannt habe. Der kommt benommen zu sich, findet sich in den Bergen wieder, hat sein Gedächtnis verloren, kann sich an die letzten zwei, drei Tage nicht mehr erinnern und stellt fest, dass seine Kleidung blutverschmiert ist. Doch das ist nicht sein Blut. Und wie ihr gerade so zu sich kommt, hört er plötzlich Hufgetrappel...
Das war der Beginn eines Solospiels von mir. Torgan muss ich jetzt zunächst schnell entscheiden, ob er sich verstecken will, bevor der Reiter ihn erreicht oder ob er sich dem Reiter den Weg stellt. Mittelfristig muss Torgan natürlich auch herausfinden, was zum Teufel da in den Bergen passiert ist und wessen Blut an seiner Kleidung klebt.
Damit hast du schon einmal ein Ziel und eine Herausforderung für deine Solo-Session. Außerdem hilft es, wenn dein Charakter gut ausgearbeitet ist, damit du einige Anknüpfungspunkte aus seiner Vergangenheit für das gegenwärtige Szenario hast.
Ich habe für mich beim Solospiel herausgefunden, dass es mir sehr hilft, wenn ich eine regelleichtes Rollenspiel als Grundlage verwende. Oder zumindest eines, dessen Regel ich sehr gut kenne. Dann bleibt das Spiel im Fluss und ich muss nicht so oft Regeln nachschlagen.
Außerdem hilft es mir zu Visualisierung Minis zu verwenden und Battlemats oder Karten. Was ich beim Solospiel immer noch schwierig oder gewöhnungsbedürftig finde ist: Lasse ich das jetzt alles still in meinem Kopf ablaufen, oder spreche ich die Dialoge laut aus, was ich immer noch komisch finde.
Deshalb bevorzuge ich Coop-Play, also Rollenspiel mit meinen Freunden zusammen, aber ohne Game Master. Das läuft ja im Grunde genommen wie die Solospiel-Sessions, nur zusammen.
Hilft Dir jetzt ein bisschen weiter? Sonst stell einfach weiter Fragen hier. :)

Offline YY

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #3 am: Heute um 01:12 »
Gibt es eine Story die sich organisch entwickelt ausgehend von einer interessanten Ausgangssituation?
Oder setzt man zwei Gegnergruppen gegeneinander an und spielt dann quasi Schach gegen sich selbst (mit all den Problemen die es mit sich bringt)?

Genau, man schafft eine Ausgangssituation und von dort aus geht es dann weiter; idealerweise nimmt das irgendwann so viel Fahrt auf bzw. entwickelt so ein Eigenleben, dass man im Prinzip keinen Arbeitsaufwand für die großen Pinselstriche, sondern nur noch für die Ausgestaltung hat.

Nur kurz zu den Problemen bei "zweihändigem" Spiel, also beim Führen zweier konkurrierender Parteien durch einen Spieler: wer zwischen seiner SL-Rolle und seinen NSC-Handlungen sauber trennen kann, der kann auch weitestgehend problemlos Solospiel in solchen Konfliktkonstellationen betreiben.


Woher kommt Spannung beim Solospiel? Play to find out?

Regelmäßig ja; zumindest beim "vollen" Spiel. Wenn man zu Testzwecken gezielt Teilsysteme bespielt, sieht das natürlich anders aus.

Grundsätzlich ist es aber mMn die große Stärke von "modernem" Solospiel, dass sich das Spiel irgendwann ein Stück selbständig macht. Die klassischen Solo-Abenteuer, d.h. Spielbücher, haben das Thema Solospiel mMn um Jahrzehnte zurückgeworfen oder vielmehr verzögert.


Ich habe für mich beim Solospiel herausgefunden, dass es mir sehr hilft, wenn ich eine regelleichtes Rollenspiel als Grundlage verwende.
...
Außerdem hilft es mir zu Visualisierung Minis zu verwenden und Battlemats oder Karten.

Das geht mir genau umgekehrt.
Beim Solospiel habe ich die Gelegenheit, komplexe Systeme voll zu nutzen, ohne dass mir nicht so regelfeste Teilnehmer zum Bremsklotz werden.
Genauso ist der große Nachteil von theater of the mind im Solospiel automatisch ausgeräumt, weil es keine Übertragungsfehler durch Beschreibung oder unaufmerksame Spieler gibt.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Writer _Ben

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #4 am: Heute um 07:49 »
Das geht mir genau umgekehrt.
Beim Solospiel habe ich die Gelegenheit, komplexe Systeme voll zu nutzen, ohne dass mir nicht so regelfeste Teilnehmer zum Bremsklotz werden.
Allerdings hatte ich noch folgenden Nachsatz geschrieben: "Oder zumindest eines, dessen Regeln ich sehr gut kenne." Und das kann ja ruhig komplexer sein. 😉

Offline Sternschnuppe

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #5 am: Heute um 11:55 »
Es gibt viele Möglichkeiten für was du ein Solo Spiel (speziell GME / Mythic Magazines) nutzen kannst.

Sicherlich "Play to find out", aber z.B. auch dafür ein neues Rollenspielsystem auszuprobieren, bevor du es deiner Spielgruppe vorstellst. Oder es gibt ein Buch/Film in dem du einen Charakter übernehmen oder implementieren möchtest. Oder dein PC Spiel hat dir zu flache Charaktere. Oder du hast da einen NSC dem du einen lebendigen Hintergrund verpassen willst. Oder du willst etwas spielen, mit dem du andere am Tisch langweilen / vor den Kopf stoßen würdest. Etc.

Online Schalter

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Re: Wie funktioniert Solospiel mit Standardrpgs?
« Antwort #6 am: Heute um 13:01 »
Von einigen Mitforisten habe ich schon gelesen, dass sie Solospiel betreiben. Es hört sich dabei durchaus so an, dass sie das auch mit Spielen machen, die eigentlich für eine klassisches 1SL + X SCs ausgelegt sind.

Ich kenn' mehrere Solo Engines, die eigentlich komplette, eigene Spielsysteme sind. Ganz besonders Ironsworn finde ich klasse mit seiner Logik. Da dort alles, was man macht, um gezielt die Handlung voranzubringen, mit sogenannten Moves funktioniert. Die vereinen von ihrer Denkweise her sowohl Positiv- und Negativausgänge von Würfen, wie man das vom klassischen Gruppen-Spiel mit SL kennt, als auch das Element von Zufallstabellen für Reisebegegnungen, Nebenereignisse, etc.. Finde ich sehr elegant und inspirierend.
Leider ist mir aber das restliche Spielsystem bei Ironsworn ein Graus, mit der Definition der Eigenschaften. Ich verwende es also immer nur aufgebohrt, also nur mit den Regeln der Moves als Rahmen. Und dann kombiniert mit dem anderen System meiner Wahl, letztlich oWoD. Das fügt sich mit ein paar Hausregeln gut zusammen.
Beispiel hierfür: Der Spielbericht zu meinem Changeling-Projekt.

Natürlich gibt's auch Solo Engines, die systemneutral funktionieren, wie der oben von Writer_Ben genannte. Da kann man ganz ohne Hausregeln nach dem Lieblings-Regelsystem spielen.