Autor Thema: Kampfbegriff "Schummeln" oder Eine Verteidigung der Bandbreite des Rollenspiels  (Gelesen 2031 mal)

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Offline Zed

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Vorwort
Ich verstehe deine Sichtweise. Solche Regelwerke kenne ich auch und halte sie für vergiftet.
Und ich verstehe deine, nur ich bin da entspannter.

Besser wäre immer der Tip, nur zu würfeln wenn alle Ergebnisse akzeptiert werden können.
Ja, ich spiele auch lieber solche Spiele.

Aber ich habe nicht das Bedürfnis, es den anderen Leuten, die es trotzdem spielen, es madig zu machen. Ich bin sogar bereit, mit ihnen zu spielen, weil es auf anderer Ebene Spaß macht. Dann weiß ich (weil ich in meiner Blase die Leute kenne), welche Erwartungen ich haben darf. Und letztendlich geht es mir beim Rollenspielen darum.
Nur wenn ich die SL bin, kriegen die Leute halt die Version ohne nachträgliche Anpassung. Und damit müssen sie klarkommen, wie ich mit deren Version klarkomme. Eigentlich nicht schwer.


Gegen den Anti-"Schummel"-Götzen

Um den Thread zu "Vertrauen" nicht noch weiter mit dem Unterthema "Schummeln" zu traktieren, habe ich diesen Thread eröffnet.

Der rigide Ideologe des absoluten Würfel- und Regelgehorsams ghoul verengt in seiner Streitschrift „Worte wider das Schummel-Erzählspiel" und den dahinter verlinkten Beiträgen unser vielfältiges Hobby auf eine dogmatische Entweder-Oder-Position in der Spielleitung. (Wir sprechen über Systeme, in denen Spielleitungen andere Verantwortlichkeitsbereiche haben als die Spielenden der Gruppe.) Hier meine Entgegnung:

Die falsche Prämisse des „Schummelns"
Der Begriff „Schummeln" ist bewusst abwertend gewählt und verschleiert die Tatsache, dass wir über Rollenspiel sprechen – einem kooperativen Erlebnis, nicht einem Wettkampf mit starren Regeln wie bei einem Kartenspiel. Eine Spielleitung, die spontan die Unterlinge des besiegten Bosses fliehen lässt, betrügt nicht ihre Freunde, sondern nutzt ein legitimes und notwendiges Werkzeug ihrer Rolle. Wer ein Rollenspiel wie ein Brettspiel behandelt, in dem jede Regelabweichung als moralisches Vergehen gilt, verkennt die zwei fundamentalen Unterschiede: Im Rollenspiel gewinnt niemand gegen die anderen – alle gewinnen gemeinsam an Erfahrung und Erlebnis – und die Spielleitung hat andere Verantwortlichkeitsbereiche als die Spielgruppe.

Es gibt kein Schwarz und Weiß
Die Gegner des "Schummel-Erzählspiels" sehen nur Extreme: Entweder man folgt blind jedem Würfelwurf oder man "schummelt". Diese Sichtweise ignoriert die vielen Abstufungen und Nuancen kreativer Spielleitung. Die Realität des Rollenspiels ist jedoch eine Bandbreite verschiedener Eingriffsmöglichkeiten. Die souveräne Spielleitung bewegt sich auf diesem Spektrum je nach Situation:

• Sie wertet einen Treffer ausnahmsweise als kritisch, mit der ein SC eines ohnehin niedergekämpften Bossgegner tötet, wenn dieser Move dramatisch sinnvoll ist.
• Sie mildert vielleicht einen zufälligen, tödlichen Treffer ab, wenn er durch Pech in einer trivialen Begegnung zustande kam, die narrativ bedeutungslos ist.
• Sie korrigiert on-the-fly die Schwierigkeit einer Begegnung, die aufgrund eines schlechten Regelwerks, aufgrund der Nicht-Vertrautheit mit einem Regelwerk oder auch einer eigenen, fehlerhaften Vorbereitung der Begegnung entstanden ist.
• Sie lässt Unterlinge gegen Ende der Spielsitzung ohne oder gegen den Moralwurf fliehen, um einen ohnehin gewonnenen Konflikt abzukürzen.

Weitere gute Gründe findet Ihr hier.

Dies sind also alles gute Gründe, dies sind keine Akte des „Schummelns", sondern Ausdruck eines verantwortungsbewussten Umgangs der SL mit ihrem spielmechanischen Werkzeugkasten. Im besten Fall sind derartige Eingriffe im Grundsatz mit der Gruppe abgesprochen.

Was sind die extremen Enden der Bandbreite?
Das eine Ende steht für absolute Spielleitungswillkür und das gegenüberliegende Ende für die vom Verfasser geforderte maximale Würfel- und Regeltreue. Es gibt wohl kaum jemanden, der unter einer absolutistischer Spielleitung spielen möchte, aber dass die einzige Alternative die extreme Art zu spielen ist, die der Verfasser uns einzureden versucht, ist ein offensichtlicher Trugschluss: Es gibt auch verantwortungsvolle Spielleitung jenseits des von ghoul postulierten Extrems, auch wenn das Label „Schummler“ etwas anderes suggeriert. In diesem Thread bekennt sich immerhin mehr als die Häfte zu einer flexibleren Spielleitung.

Pragmatismus leben und Dogmatismus fordern?
Auch Verfechter der „Spielleitung als Referee“ greifen selbst regelmäßig in den Machtlevel von Gegnern ein: Lassen sie den nächsten Konflikt vielleicht sofort nach dem Ende eines ressourcenkostenden Konfliktes stattfinden, oder gönnen sie der Gruppe zuerst eine Ruhephase? Das ist beispielsweise eine Entscheidung, die die Gegner in ihrer Stärke stark auf- oder abwertet. Einen Kampf abzukürzen kann auch ghoul unter Umständen gutheißen.

Jeder erfahrene Spielleiter weiß, dass es Situationen gibt, in denen ein dezenter Eingriff das Spiel flüssiger und unterhaltsamer macht. Einen aussichtslosen Kampf abzukürzen oder auf einen unnötigen Würfelwurf zu verzichten, ist kein Betrug - es ist für viele schlicht "gute Spielleitung".

Die Würfel dienen dem Spiel, nicht umgekehrt
Die Behauptung, das Ignorieren von Würfelergebnissen führe zu Langeweile und Vorhersehbarkeit, verdreht die Realität. Eine geschickte Spielleitung nutzt die Würfel als eines von vielen Werkzeugen zur Schaffung eines immersiven Erlebnisses. Sie erkennt, wann die kalte Mathematik des Zufalls die Geschichte bereichert und wann sie ihr schadet.

Flexibilität ist eine Stärke
Die Fähigkeit, sich an unerwartete Situationen wie sich an einen Irrtum bei der Vorbereitung eines Abenteuers spontan anzupassen und die Geschichte entsprechend zu lenken, ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Es zeugt von Kreativität und Improvisationstalent, wenn ein Spielleiter die Geschichte lebendig hält, auch wenn die Würfel einmal nicht mitspielen. Eine große Masse solcher Entscheidungen ist der Hauptfaktor, dass die gepriesene Flexibilität irgendwann unangenehme Spielleitungswillkür wird.

Viele Spielkulturen führen zum Glück
Die dogmatischen Entweder-Oder-Position verneint die Vielfalt der Spielkulturen: Jede Gruppe findet ihren eigenen Weg im Spektrum zwischen mechanischer Strenge und narrativer Freiheit, und das, ohne dass den Beteiligten willkürlich grundsätzliche Charakterschwäche vorzuwerfen ist. Der Versuch, allen Spielern ein einziges Extrem aufzuzwingen, verrät mehr über die Unsicherheit des Predigers als über die Qualität seines Spielstils.

Glaubst Du wirklich, dass andere Arten von Spielstilen weniger dramatisch oder spannend sind? Also nicht nur für Dich, sondern für alle?

Drama entsteht bei blindem Zufall zufällig, wahres Drama entsteht bei Anderen durch bedeutungsvolle Entscheidungen. Der Tod eines Charakters durch eine Verkettung unglücklicher Würfelergebnisse in einer belanglosen Begegnung erzeugt kein Drama – er erzeugt Frustration.

„Willst Du uns verbieten, schummeln „schummeln“ zu nennen?“
Die Spielleitung, die sich nicht der scheinbar absoluten Würfel- und Regeltreue unterwirft, ist nicht automatisch „Schummlerin“. Wenn eine solche Spielleitung verantwortungsvoll ihre Gestaltungsaufgabe wahrnimmt und selten und mit guten Gründen und im besten Fall mit dem Einverständnis der Gruppe spontan einen Würfelergebnis uminterpretiert, dann ist sie noch nicht der Inbegriff von Spielleitungswillkür.

Natürlich kann eine Gruppe sich darauf einigen, sich der Illusion hinzugeben, dass jede Art von Würfeldrehen und spontane Eingriff in Lebenspunkte unerwünscht sind. Natürlich kann sie definieren, dass alles andere „schummeln“ wäre. Die vielen konstruktiven Beispiele und Anregungen in diesem Thread haben mich sogar neugierig auf diese Extremart des Spielens gemacht.

Das Problem ist nur, diese Spielart als die einzig lautere zu postulieren. Die „Götzendiener des Anti-Schummelns“ laden jede Abweichung von ihrer Extremposition mit charakterlichen Defiziten auf,  d a s  ist der Übergriff auf unsere Identität.

„Ich hätte bei SLs, die „schummeln“, keinen Spaß.“
Bitte, gerne, das ist nicht das Problem. Ich hätte bei Spielleitungen, die autokratisch leiten, übrigens auch keinen Spaß. Gelegentliches, verantwortungsvolles Eingreifen der Spielleitung sei ihr zugestanden, das beeinträchtigt meinen Spielspaß als Spieler nicht, sondern kann es sogar bereichern. Du hast in meinen Augen nur kein Recht zu behaupten, dass es nur eine richtige Art gibt, Rollenspiele zu spielen, und dass Andere es falsch spielen.

Der Verfasser der Streitschrift geht zu weit
Würde ghoul einfach nur für seinen Lieblings-Spielleitungsstil werben, so gäbe es diesen Beitrag gar nicht. Aber er ignoriert die Bandbreite an glücklichen, hervorragend gelingenden Spielgruppen jenseits seines Reinheitsgebots und unterstellt Spielleitungen, die sich auch nur gelegentlich für Eingriffe in Würfelergebnisse und Lebenspunkte entscheiden, darüberhinaus charakterliche Deformationen: Sie „betrügen“, sie „entmündigen“, sie halten die „Spieler für dumm“, sie kreieren „einen langweiligen Plot“, sie „besudeln Spielkultur“. Es fällt die verabsolutierende Aussage „Eine schummelnde Spielleitung ist eine SCHLECHTE Spielleitung!“

Mit „Ich erkläre Dir, was ich für die richtige Spielweise halte", hätte niemand ein Problem. Damit, dass der Verfasser glaubt, die einzig (moralisch) richtige Spielweise zu vertreten, schon.

„Dann spiel halt AD&D 1e“: Die geheime Agenda des Verfassers?
Wenn Du mit nun mit ganz anderen Argumenten kommst, wie „Mein System hat aber gar keine Moralregeln, da kann und muss ich ganz als SL ganz alleine entscheiden, ob die NSCs fliehen oder standhalten“, erhältst Du regelmäßig die Antwort: „Dann spiele halt AD&D 1e, da ist alles geregelt wie in keiner anderen (A)D&D-Version.“ Der Hinweis auf das problemfreie AD&D 1e steht auch in ghouls aktueller Signatur.

Ist das Ganze also nur ein äußerst geschickter Zug eines hingebungsvollen Fans, das eigene Lieblingsspiel hoch emotionalisierend zu bewerben? Das vermag ich nicht zu entscheiden, aber die Hinweise darauf lassen sich auch nicht übersehen.

Edit: Einen Beitrag aus der folgenden Diskussion als Vorwort eingefügt.

Offline ghoul

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Siehe meine Antworten im Vertrauen-Thread. Doppeldiskussionen sind mir im Augenblick zu mühsam. Ich freue mich aber, dass du diskutieren willst.

Edit: Antwort #28.
« Letzte Änderung: Gestern um 09:12 von ghoul »
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PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.

Offline Aedin Madasohn

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folgt blind jedem Würfelwurf

einmal von der Seitenlinie:
es gibt ja auch die Möglichkeit, bei einem ausreichend großem Würfelpool des Chars und der Verteilungswahrscheinlichkeit von
den mathematischen Autoerfolgen auszugehen (etwa wenn jeder 3te Würfel im Eimer einen Erfolg ergeben sollte)
- wenn also eine banale&uninteressate Probe auf "Held schnürt sich am Morgen die Schuhe zu" ansteht, hier sich mal die Autoerfolge anzuschauen
und es dann auch handwedelig "gelingen" lassen

würde man bis zum Ermüdungstode die Spieler jede Banalität auswürfeln lassen, hätten wir ja irgendwann nach Gaußseinerverteilkurve
einen unabgewendeten Patzer beim morgentlichen Schleifebinden mit besonderer Kritizität, so dass Alrika Drachenmoscherin sich die Finger gebrochen hat
und 14 Tage in ingame ausfällt.
man möge mir jenseits von An-neck-toten den Mehrwert für den Tisch darlegen  ~;D

wenn also nur noch die "besonderen" Momente gewürfelt werden, dann wären wir ja hier:

wann die kalte Mathematik des Zufalls die Geschichte bereichert und wann sie ihr schadet

ein gewisses Prickeln beim Kampf mit den "echten" Gegnern liegt dann beim Würfelindiehandnehmen schon in der Luft.
DAS ist natürlich Bestandteil des Gruppenvertrages (welches Regelsystem will man nutzen und wie groß ist der Würfel-Zufall darin)

Systeme mit hohem Würfelglückanteil aber Ausgleichs-Gummi-Edgies erfreuen sich ja nicht ohne Grund ihrer Beliebtheit
(oder haben zumindest ihre Kunden nicht vergrault  >;D )

vielleicht von dieser Seite aus mehr die Diskussion betrachten?

zuerst das zu stark Würfelglück-zentrische System ausgesucht
UND DANN
per "Würfeldreher" auf das gewünschte DoppelteNetzundSicherungsgurt-Niveau zurück"skaliert"?
würde so mache freie-Wildbahn-und-Wiesentisch-Beobachtung erklären


Offline Zed

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Ich fühle mich nicht korrekt wiedergegeben.
Siehe meine Antworten im Vertrauen-Thread. Doppeldiskussionen sind mir im Augenblick zu mühsam. Ich freue mich aber, dass du diskutieren willst.

Ohne Hinweise kann ich nix korrigieren oder klarifizieren, weder hier noch da.

Vorschlag ans Moderationsteam: Den Schummelkomplex ab vielleicht

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,130052.msg135269114.html#msg135269114

aus dem Vertrauensthread herauslösen.

Offline Paßwächter

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Offline Yney

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Zed, ich finde du bringst es hier auf den Punkt. Einen sehr großen Punkt (Danke für die Mühe in diesem Text), aber einen wie ich finde durchdachten. Ich fühlte mich beim Lesen mancher Diskussionen zu diesem oder ähnlichen Themen teils schon so, als würde ich da wirklich etwas grob falsch machen, wenn das, was hier als Schummeln klassifiziert wird, als verwerflich („geht gar nicht“ o.ä) eingestuft wurde.

Ich kann gut nachvollziehen, wenn gerade in Systemen oder wie ich vermute in Runden mit eher kompetitiven Charakter deutlicher Wert darauf gelegt wird, dass das Gewürfelte auch gilt. Es ist (nicht mehr) meine Art zu spielen, aber ich erinnere mich daran, dass uns das auch in meiner Anfangszeit Spaß gemacht hat. Und das ist nun keine Abwertung der Form „früher war ich dümmer“ sondern schlicht eine erneute Variante des guten alten:
Nicht besser oder schlechter – anders!

Ich habe und werde weiterhin Würfel auch mal uminterpretieren und hoffe dabei verantwortungsvoll zu handeln (mir selbst dieses Etikett anzuheften will ich mir nicht anmaßen). Das Vertrauen, angesprochen im anderen Thema, glaube ich mit meinen rollenspielenden Mitspielerinnen und -spielern zu haben. Bei meiner Art zu leiten und dadurch auch beim Basteln von Feenlicht habe ich durch die Erkenntnis, dass mir der Zufall an manchen Stellen gegen den Strich geht, die Konsequenz gezogen, dass Würfel klar als „Notlösung“ dienen. Zwischenmenschliches spielen wir aus, Würfe für Betören, Überreden o.ä. sind nonexistent. Das ist insgesamt eine schlankere und geschicktere Lösung, als ein Würfelergebnis nicht zu mögen ;)
Aber auch das ist ja nur eine Lösung von vielen. Das muss niemand gefallen (außer den Leuten in meinen Gruppen), das darf man anders sehen und darf sich davon distanzieren.

Aber ich würde mir wünschen, dass man ebenso, wie ich zugestehe, dass es anders geht auch umgekehrt Spielstile als valide akzeptiert, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Man kann natürlich immer gerne sagen: „Is nicht meins.“ Aber darüber hinaus sehe ich die Notwendigkeit einer Diskussion mit dem (meiner nach offensichtlichen Ziel) des Bekehrens und Überzeugens keinen echten Sinn. Und die Begründung bewusst zu provozieren, um Gegenargumente herauf zu beschwören, verstehe ich nicht.
Eine Unterhaltung, was einem an der einen oder anderen Variante (mit all ihren Zwischenschattierungen) gefällt und warum, gelingt doch eher, wenn da der Verständnis für die andere Seite mitschwingt. Zumindest für mich persönlich ist ein solcher Diskurs ebenso wenig ein Wettrennen, wie ein Rollenspieltag (also auch hier: Geschmacksache).

Ich fühle mich mit meiner Art zu spielen pudelwohl. Andere, wie Ghoul, spielen völlig anders und finden das für sich viel besser und fühlen sich dabei pudelwohl. Beide Gruppen haben Spaß beim Rollenspiel und erzählen sich, warum sie das so oder so bevorzugen. Das öffnet Horizonte. Im Vertrauen-Thema gibt es ja auch Anmerkungen, dass so manche Person Aspekte der anderen Sichtweisen interessant erscheinen. Und egal wie viel man davon übernimmt oder ablehnt: Hauptsache man spielt auf eine Art, bei der man sich pudelwohl fühlt.

Ich muss nicht auf „die beste“ oder „richtige“ Art spielen, um genau dieses Hauptziel zu erreichen.

Offline Kappadozius

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Respekt! 8)

Meiner Meinung nach, hast Du da ein schönes Plädoyer verfasst, Zed.
»Der Drache ist stets kleiner als sein Schatten in deinem Herzen!«

Offline Tudor the Traveller

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Hmm. Meiner Meinung nach ist Schummeln per Definition immer verwerflich. Es ist Betrug.

Aber wie beim Lügen gilt:

Die Unwahrheit zu sagen, ist nicht automatisch Lügen. Wenn Johnny Depp sagt, er sei Jack Sparrow und Piratenkapitän, ist das ja nicht wahr. Aber die Täuschung ist von allen Beteiligten gewünscht und daher nicht verwerflich.

Lügen können entschuldbar sein. Stichwort Notlüge oder auch Flunkern. Menschen sind so, da drehe ich ihnen nicht unbedingt einen Strick draus.

Daher gilt auch für das Würfeldrehen / Uminterpretieren, dass es nicht automatisch Schummeln oder verwerflich ist. Das hängt von den Umständen ab.

Regeluntreue zu RAW ist nicht unbedingt Schummeln. Ich kann Spielregeln auch in Absprache ändern. Die Absprache kann auch durch nachträgliche Anerkennung erfolgen. Wer sich im Mensch ärgere dich nicht darauf einigt, dass die Figuren nicht rausgeworfen werden können, weil das alle doof finden, schummelt imo nicht.

Und grundsätzlich stelle ich in Frage, ob eine SL im Rollenspiel in ihrer Funktion überhaupt Schummeln kann. Sie hat sowieso die Deutungshoheit im Spiel. (Edit: eine SL kann jederzeit einen Wurf nachträglich mit nahezu beliebigen Modifikationen belegen und ein beliebiges Ergebnis erzwingen)
« Letzte Änderung: 14.03.2025 | 21:50 von Tudor the Traveller »
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Offline 1of3

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Online Maarzan

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Ich halte den Beitrag im besten Fall für eine klare Verkennung der Problematik aus dem Vertrauensfaden.

Es liegt dort kein Konflikt zwischen Spielstilen oder mangelnde "Vielfalt" vor, sondern es geht um übergriffigen Umgang mit seinen Mitspielern und wo verschiedene Spielstile einfach Geschmackssache sind, ist die Frage des betrügenden Umgangs mit den Mitspielern tatsächlich klar schwarz- weiß. Ggf. kann es unterschiedlich schwere Fälle geben oder mildernde Umstände, aber OK ist es grundsätzlich nie.

"einem kooperativen Erlebnis, nicht einem Wettkampf mit starren Regeln wie bei einem Kartenspiel"
Gerade auch wenn es ein kooperativer Vorgang ist, kommt der Einhaltung von Regeln und dem offenen transparenten und wertschätzenden Umgang miteinander eine wichtige Rolle zu. Eigenmächtiges, heimliches und regelunkonformes Faktenschaffen ist das Gegenteil davon. Und bei manchen Spielstilen IST es ein Wettbewerb. So viel zur Vielfalt.

"Die Gegner des "Schummel-Erzählspiels" sehen nur Extreme: Entweder man folgt blind jedem Würfelwurf oder man "schummelt."
Nein, die Verteidiger des Schummelns übersehen bzw ignorieren ganz triviale Methoden aus dem Schummelvorwurf heraus zu kommen: sprecht gemeinsam darüber bzw. stellt rechtzeitig entsprechende Hausregeln auf.
Schummeln ist nicht irgendeine spielerische Maßnahme, sondern wie diese regel - und sozialwidrig eingesetzt wird. Fragen kostet nichts. Wenn die Lage wirklich so klar im Sinne aller am Spieltisch ist, dann sollte das eine Sache von wenigen Sekunden sein da Einigkeit zu erzielen.
Aber nicht aus eigener Herrlichkeit sich über bestehende Regeln hinwegsetzen, weil man selbst am besten weiß, was am besten für die Gruppe sein soll. 

"Im besten Fall sind derartige Eingriffe im Grundsatz mit der Gruppe abgesprochen."
Transparenz und Konkretisierung: nicht " im besten Fall" sondern grundlegend wäre es, dass so etwas idealerweise vorher abgeklärt und auch in einem Maße bestimmt wird, so dass die Betreffenden wissen worauf sie sich da einlassen, aber spätestens, wenn das dann am Spieltisch anliegt.

" Sie erkennt, wann die kalte Mathematik des Zufalls die Geschichte bereichert und wann sie ihr schadet. "
So viel noch einmal zur "Vielfalt". Es gibt andere Spielstile, für welche die "Geschichte" oder "Drama" nachrangig ist und damit für diese dann die "kalte Mathematik" oder ähnliche  Elemente entsprechend Priorität haben. Dringt aber bis zu den "Schummelaktivisten" offenbar nicht durch.

"Du hast in meinen Augen nur kein Recht zu behaupten, dass es nur eine richtige Art gibt, Rollenspiele zu spielen, und dass Andere es falsch spielen."
Nein, es gibt viele gleich berechtigte Arten Rollenspiel zu betreiben. Es gibt kein Recht Mitspieler zu bescheißen. Und da sind nicht die benutzten Methoden (Würfeldrehen, Werte anpassen, Quantenoger etc) relevant, sondern dass diese transparent in Absprache und im Konsens eingesetzt werden und nicht heimlcih und eigenmächtig.

Und wer von Vielfalt redet, müsste damit beginnen anzuerkennen,  dass es diese anderen Stile gibt, welche Spaß aus anderen Quellen als sie selbst ziehen und sie damit ihre Mitspieler potentiell schädigen, wenn sie den Spielstil heimlich in eine andere Richtung drücken.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline felixs

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Hmm. Meiner Meinung nach ist Schummeln per Definition immer verwerflich. Es ist Betrug.

Ich denke, genau das ist das Problem - es ist recht sinnlos, eine Diskussion über emotional und moralisch geladene Begriffe zu führen, ohne diese zu definieren.
Und da im Zweifelsfall immer jemand kommen kann und sagt "schön und gut, aber X bedeutet nunmal landläufig Y, also verstehe ich das so", empfiehlt es sich vermutlich, von Begriffen wie "Schummeln" völlig abzusehen und die mit etwas neutralerem zu ersetzen.

Ist ein bisschen wie in der Diskussion darüber, ob der Hintergrund Teil der Regeln ist, oder nicht. Es hängt an der Definition. Und die Frage beinhaltet einen Grundwiderspruch, den man zwar wegdefinieren kann, der aber vermutlich trotzdem wieder auftauchen wird.

Und grundsätzlich stelle ich in Frage, ob eine SL im Rollenspiel in ihrer Funktion überhaupt Schummeln kann. Sie hat sowieso die Deutungshoheit im Spiel. (Edit: eine SL kann jederzeit einen Wurf nachträglich mit nahezu beliebigen Modifikationen belegen und ein beliebiges Ergebnis erzwingen)

Auch das ist ein wichtiger Punkt, denke ich.
Das Beispiel in Klammern halte ich für ungeeignet, wegen "nachträglich" - da kann man ein Problem draus machen, wenn man will (ich will nicht, aber ich erwarte, dass andere das wollen).

Der Punkt ist aber genau die besondere Position des Spielleiters. Er kann ohnehin so ziemlich alles nach Gutdünken regeln und damit die Situation beliebig drehen. In der Regel wird er das in der Weise tun, die dem (von allen am Tisch) gewünschten Spielerlebnis hilft. Wenn am Tisch Leute mit sehr unterschiedlicher Erwartung sitzen, dann wird das schwierig, so oder so.

Ergo: Es ist alles eine Frage des Spielstils und der Konvention. Es ist entsprechend nützlich, darüber nachzudenken und auch Einblicke in die Gedanken- und Empfindungswelt anderer zu bekommen.
« Letzte Änderung: 14.03.2025 | 22:08 von felixs »
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Offline Zed

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Und grundsätzlich stelle ich in Frage, ob eine SL im Rollenspiel in ihrer Funktion überhaupt Schummeln kann.
Ich glaube nicht. Schon weil Rollenspiel kein Karten- oder Würfelspiel ist, und weil die Spielleitung (in den hier besprochenen Rollenspielen) schon der Definition nach ein anderes Set an Aufgaben hat als die Spielenden.

Aber: Sicher kann eine Spielleitung sich natürlich verwerflich verhalten, absolutistisch, willkürlich oder autokratisch, und ja, das ist extrem und wird wohl einhellig abgelehnt.

Zu diesem Schreckgespenst der Spielleitung gibt es aber natürlich mehr als  e i n e  hervorragend funktionable Alternative.

Offline Tudor the Traveller

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Auch das ist ein wichtiger Punkt, denke ich.
Das Beispiel in Klammern halte ich für ungeeignet, wegen "nachträglich" - da kann man ein Problem draus machen, wenn man will (ich will nicht, aber ich erwarte, dass andere das wollen).

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Wer will mir als SL eine solche Setzung verbieten?
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Offline 1of3

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Naja, SL gibt's halt nicht. Also schon. Aber nicht rollenspielübergreifend. Was eine SL tun oder nicht tun soll, unterscheidet sich schon laut einschlägigen Rollenspiel-Produkten enorm.

Offline Tudor the Traveller

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Wirklich "enorm"? Da hast du sicherlich eine breitere Erfahrung als ich. Könntest du Beispiele für enorme Unterschiede geben?
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Online schneeland

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Und grundsätzlich stelle ich in Frage, ob eine SL im Rollenspiel in ihrer Funktion überhaupt Schummeln kann. Sie hat sowieso die Deutungshoheit im Spiel. (Edit: eine SL kann jederzeit einen Wurf nachträglich mit nahezu beliebigen Modifikationen belegen und ein beliebiges Ergebnis erzwingen)

Da würde ich klar sagen: natürlich kann sie (also die SL schummeln).
Wenn man Schummeln als nicht abgesprochenes Abweichen von den vereinbarten Regeln versteht, dann ist eine solche nachträgliche Korrektur der Ergebnisse zur Erreichung eines gewünschten Spielzustandes Schummeln. Es ist nur im Zweifelsfall nicht nachprüf-/-weisbar. Das gilt m.M.n. unabhängig von einer eventuellen Informations- und Machtasymmetrie zwischen SL und Spielern.

Natürlich können sich Spieler und SL vorab darauf einigen, dass der SL bestimmte oder alle Regelübertretungen erlaubt sind. In dem Fall liegt dann auch kein Schummeln vor.
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Offline Zed

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@Maarzan

Danke, dass Du meinen Beitrag so aufmerksam gelesen hast, wie die vielen Zitate es mir zeigen.

Maarzan, ich denke, wir kommen nicht zusammen. Für Dich ist der kleinste, seltenste, wirklich gut zu begründende Eingriff in Gewürfeltes schon "bescheißen" und Ausdruck der "eigenen Herrlichkeit". Ja, kommunizierte Ausnahmen und abgestimmte Hausregeln sind für Dich akzeptabel und auch sonst kein Problem (und diese Fälle können wir daher auch einfach raushalten). Aber bei allem darüber hinaus gibt es für Dich nur schwarz und weiß, wenn ich Dich richtig verstehe.

Ich möchte "zu meiner Verteidigung" noch sagen, dass auch ich willkürliche SL-Eingriffe ablehne und für extrem halte. Unser Unterschied ist halt, dass nicht schon ein "Verstoß" eine Spielleitung zu der Unperson macht, die Du beschreibst.

Als letzter Versuch, Dich ins Grübeln zu bringen: Ist keine dieser Gründe für Dich unter keinen Umständen als Ausnahme akzeptabel? Und bist Du davon überzeugt, dass die 45 Leute, die in der Umfrage für etwas anderes als "n i e  einzugreifen" gestimmt haben, schlechte Spiele leiten, ihre Gruppen betrügen, kein wirkliches Drama und keine wirkliche Spannung kreieren?

Offline Zed

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Das gilt m.M.n. unabhängig von einer eventuellen Informations- und Machtasymmetrie zwischen SL und Spielern.

Wie würdest Du die Aufgabe und die der Spielleitung zugewiesenen Werkzeuge einer, sagen wir, DnD-Spielleitung beschreiben?

Ich frage, weil es sehr helfen könnte, Zweierlei herauszufinden: In welchen Fällen ist der Vorwurf "Schummeln" kein Kampfbegriff? Und in welchen Momenten ist "Spielleiten" qualitativ das gleiche wie "Würfelergebnisse drehen" oder spontan Lebenspunkte nachjustieren?

Zitat
Natürlich können sich Spieler und SL vorab darauf einigen, dass der SL bestimmte oder alle Regelübertretungen erlaubt sind. In dem Fall liegt dann auch kein Schummeln vor.
So geht es natürlich auch.

Ergo: Es ist alles eine Frage des Spielstils und der Konvention. Es ist entsprechend nützlich, darüber nachzudenken und auch Einblicke in die Gedanken- und Empfindungswelt anderer zu bekommen.
Wenn die letzte Woche seit dem "Vertrauen"-Thread mich für eins sensibilisiert hat, dann für ein  s e h r  ausführliches Gespräch über die gegenseitigen Erwartungen mit meiner nächsten Gruppe, falls ich mir eine weitere Gruppe zulege.

Online Isegrim

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Natürlich können sich Spieler und SL vorab darauf einigen, dass der SL bestimmte oder alle Regelübertretungen erlaubt sind. In dem Fall liegt dann auch kein Schummeln vor.

Naja, aber sehr oft einigt sich eine Gruppe eben nicht explizit auf irgendwas. Man macht, was man schon immer gemacht hat, was aber je nach Spielstil, Sozialisation etc unterschiedlich sein kann. Und erst, wenns zu Konflikten kommt, ist es plötzlich ein Problem.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline felixs

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"Eine chaotische Gottheit ändert das Schicksal deiner Figur ohne ersichtlichen Grund "

Wer will mir als SL eine solche Setzung verbieten?

Niemand - ich frage mich nur, warum man das machen sollte. Außer, es passt zur Spielwelt.

Ich wollte Dir auch gar nicht widersprechen. Meine nur, dass sehr hypothetische Beispiele möglicherweise neue Konflikte aufreissen, die eigentlich unnötig wären.
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Offline Issi

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Habe ja schon geschrieben, dass die Fairness im Rollenspiel mMn nur eine relative, keine absolute sein kann.

Gilt mMn. auch für SL, die niemals irgendeinen Würfel drehen oder im Kampf niemals an den LP schrauben.

Man spielt zusammen.
Man spielt mit Menschen zusammen.
Man spielt mit Menschen zusammen eine Geschichte.


Edit.
Dass es sowas wie "cleanes Leiten" gibt, halte ich mit Verlaub, für eine Illusion.




« Letzte Änderung: 14.03.2025 | 22:59 von Issi »

Online schneeland

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Wie würdest Du die Aufgabe und die der Spielleitung zugewiesenen Werkzeuge einer, sagen wir, DnD-Spielleitung beschreiben?

Ich frage, weil es sehr helfen könnte, Zweierlei herauszufinden: In welchen Fällen ist der Vorwurf "Schummeln" kein Kampfbegriff? Und in welchen Momenten ist "Spielleiten" qualitativ das gleiche wie "Würfelergebnisse drehen" oder spontan Lebenspunkte nachjustieren?

Für mich passt das, was Dungeon World zur Spielleitung sagt, auch recht gut zu D&D:

Zitat
Agenda:
...
* eine fantastische Welt darstellen
* das Leben der Charaktere zu einem Abenteuer machen
* spielen, um herauszufinden, was passiert

Zitat
Das Spiel leiten:
...
* die Situation beschreiben
* die Regeln befolgen
* Spielzüge durchführen
* deine Vorbereitungen nutzen

Jetzt übertragen sich die Spielzüge natürlich nicht 1-zu-1 auf D&D-Regeln, aber der Kern passt schon ganz gut: der SL kann im Rahmen seiner Vorbereitung Fakten über die Welt und über die Antagonisten etablieren, und kann auch - idealerweise im Rahmen von Genrekonventionen und genereller Plausibiltät - Ausgangssituationen gestalten, auf die die Spieler treffen. Er ist dabei aber an die Regeln gebunden und kann z.B. nicht einfach entscheiden, dass ein Feind nur durch magische Waffen verwundbar ist, oder dass die Waffe des Kriegers nur 1W3 Schaden anrichtet, wenn die Regeln oder sein Vorbereitungsmaterial etwas anderes sagen, nur weil er nicht möchte, dass der Feind zu früh zu Boden geht.

Jetzt ist es natürlich so, dass niemand perfekt und immer 100% geistig präsent ist, und manchmal finden sich vielleicht während des Spiels Lücken im Vorbereitungsmaterial oder Widersprüche mit den Regeln, die der SL vorher nicht bemerkt hat. Aber a) kann man dann immer noch das Einverständnis der Gruppe einholen, wenn etwas geretconnt werden muss und b) sind gelegentliche menschliche Fehler für mich kein Grund, die generelle Konvention, dass auch der SL an die Regeln gebunden ist.

Und wie gesagt, je nach Spiel kann ich auch gut damit leben, wenn z.B. zu Anfang die Ansage kommt: Ihr seid Pulp-Helden, Ihr werdet nicht einfach von einem Handlanger erschossen.

Naja, aber sehr oft einigt sich eine Gruppe eben nicht explizit auf irgendwas. Man macht, was man schon immer gemacht hat, was aber je nach Spielstil, Sozialisation etc unterschiedlich sein kann. Und erst, wenns zu Konflikten kommt, ist es plötzlich ein Problem.

Das ist schon richtig. Als ich vor gut 30 Jahren angefangen habe, haben wir das auch nicht gemacht. Und es ist ja jetzt auch kein Verbrechen, einfach loszuspielen. Aber mein Eindruck ist schon, dass es ein Gewinn ist, wenn man zum Beginn einer neuen Kampagne und noch mehr zum Start mit einer neuen Gruppe lohnenswert ist, mal grob die jeweiligen Erwartungshaltung abzugleichen und zu schauen, ob man da zusammenkommt. Und im schlimmsten Fall macht man's halt später, aber m.E. sollte nach einer Konfliktsituation der Erwartungsabgleich nachgeholt werden, weil es sonst ja doch berechenbar irgendwann wieder knirscht.
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Offline 1of3

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Wirklich "enorm"? Da hast du sicherlich eine breitere Erfahrung als ich. Könntest du Beispiele für enorme Unterschiede geben?

Gern. Gibt es variable Schwierigkeiten? Haben NSCs Werte? Hat die SL Ressourcen, mit denen sie haushalten muss? Spielt die SL jeden NSC? Verteilt die SL XP? Darf die SL sagen, ob gewürfelt wird? Rahmt die SL jede Szene? Verteilt die SL Loot und wie genau? Dürfen NSCs wirksam lügen? Gibt's überhaupt NSCs? Bleibt die SL die ganze Sitzung SL? Gibt's überhaupt eine?

Offline Marduk

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Schummeln ist schummeln und daher erstmal Mist. Gibt es eine Absprache, daß die SL hinter dem Schirm Anpassungen vornimmt, ist das kein Schummeln also valide. Da mach ich es mir einfach.

Übrigens gibt es auch SL, wie mich, die gerne Drama und so habe und trotzdem solche Anpassungen nicht vornehmen. Ich lasse mich auch gerne überraschen und und brauche für eine gute Geschichte kein Drehbuch oder erzwungene Dramaturgie.
Als SL: -
Als Spieler: Runequest Glorantha, Hero Quest Glorantha

Offline Doc-Byte

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Auf die Gefahr hin, jetzt gleich das nächste Fass aufzumachen, aber ich glaube, die folgende Meinung passt schon zum Thema: "Das Regelwerk sollte dem Spiel dienen, nicht das Spiel dem Regelwerk!"
If you want to take back what they stole / Feed the rage in your heart / Till it's ready to blister. / Now put your gun in your hand / And take it to Mister