Da die gesamte Handlung dieses Abends in Aranost spielte, hätte ich den Beginn auch als Beginn des Aranost Abenteuers behandeln können. Aber thematisch gehörte es für mich des Abenteuertitels wegen noch zum vorherigen Abenteuer. So gesehen also 2 in 1.
Abend 4 Kristalle Teil 3 Während Joris und Cameron sich in der Taverne „Zur Ankerkette“ einmieteten, zog es Caryen, Nerestro und Andara sogleich in den Tempel Tharons. Zu drängend war, was in Tharven geschehen war – zu bedeutsam die Kunde, die sie dem Illuminierten überbringen mussten. Auf dem Weg zum Kirchengelände sahen sie die wunderschöne, für das Fest der Freiheit geschmückte, Stadt. Sie waren rechtzeitig zu den Feierlichkeiten die den Sieg und die Vertreibung der Arakniden feiern sollte in die alte Königsstadt gelangt. Welche Ironie waren im Blick darauf die Nachrichten die sie bei sich trugen.
Aufgrund der von Behrin vorab übermittelten Botschaft wie wichtig ihre Nachricht sein würde wurden sie ohne Umschweife vorgelassen. Der Illuminierte erwartete sie bereits, allein, in der Stille des weiten, sonnenbeschienenen Tempels.
Caryen ergriff nach Vorstellung seiner Freunde das Wort. Ruhig aber bestimmt berichtete er von ihrem Kampf gegen Ayyyara – und der zu befürchtenden Rückkehr der Arakniden. Der Illuminierte hörte schweigend zu, doch seine Miene verhärtete sich zusehends. Er hatte es geahnt, sagte er. Eine düstere Bewegung im Schatten des Landes, tiefgreifender als der Zwist zwischen Aldarion und Vardamir. Sogar jenseits der Bedrohung durch die Garxx. In den letzten Wochen waren Priester verschwunden, der Kontakt zu einem Ordensbruder in Bingenberg war abgerissen. Dieser hatte von verschwundenen Menschen berichtet – all das hatte ihn beunruhigt. Doch jetzt ergab es ein düsteres Bild. Und dennoch wisse man nun noch nicht wirklich was vor sich ginge. Ist es nur eine Schattenweberin oder sind es gar mehrere? Konzentriert betrachtet er die drei so ungleichen Männer die vor ihm stehen. „Drei Männer!“, „die Arakniden die einst für die Finsternis standen“ – „das ist das Zeichen“ murmelt er mehr zu sich als für die Ohren der Anwesenden bestimmt.

Er führte sie in das obere Stockwerk des Tempels, in den Kristallraum – einen Ort, der so rein in Licht getaucht war, dass die drei Gefährten unweigerlich die Augen zusammenkneifen mussten. In der Mitte des Raumes schwebte ein Licht. Der Illuminierte sprach nun von der Vergangenheit, in der er einen Splitter der Sonne fand – ein Kristall der von Tharon selbst stammen sollte. Ein Engel war ihm damals erschienen und hatte zu ihm gesprochen. Neben anderen Weissagungen, die schließlich zur Begründung der Kirche führte, so sprach der Engel auch davon, dass einst drei Männer kommen würden die die Finsternis verfolgen. Ihm sei aufgetragen worden, sie zum Licht Tharons zu führen. Nun, so sagte er, sei dieser Moment offensichtlich gekommen.
Fragend sahen sich die drei Männer an. Nachdem alle drei sich gegenüber dem Kirchenoberhaupt dem Kampf gegen die Arakniden verschworen hatten, lies der Illuminierte das Licht zu seinen Händen schweben und es stellt sich als der Kristall Tharons heraus. Das oberste Relikt der Kirche.
Schweigend erhoben die drei Männer ihre Hände – und einer nach dem anderen berührte den Kristall.
Caryen spürte, wie Tharons Seele durch seine Adern floss, wie eine uralte Flamme, die sein Innerstes entzündete. Nerestro fühlte Macht in sich aufsteigen – durchdringend, fließend, konzentriert in seinem Ring, der zu glühen begann. Für Kratzer gehaltene Stellen in seinem Ring schmolzen und verformten sich zu einem Linienmuster. Und auch Andara wurde von Feuer erfasst. Er wurde in diesem Moment der erste Magier Calanors seit langer Zeit, der wieder über das Element des Feuers gebot. Doch Tharons Macht war im Gegensatz zu seinen Freunden keine Gnade ohne Preis. Schmerz begleitete sie, Stimmen flüsterten in seinem Kopf, als würde sich etwas in ihm dagegen sträuben diese Macht anzunehmen.
Am nächsten Tag wollte der Illuminierte den kleinen Reichsrat einberufen – Derenai Aldarion und Harumor Vardamir sollten hören, was geschehen war. Beide wären aufgrund des Festes der Freiheit in Aranost zugegen. Die Anführer der beiden größten Häuser des Landes sollten vorab informiert werden. Der Illuminierte hofft, dass sie die Größe der Gefahr erkennen und ihre Animositäten ruhen lassen würden. Und wenn diese beiden mit einer Stimme sprechen würden, so würde der große Rat sicher folgen. Nur in Einheit könnte man der Gefahr begegnen.
Dem zustimmend verließen die drei Helden den Tempel aufgewühlt und voller Gedanken. Sie waren müde und wollten nur noch schlafen.
Abend 4 Aranost Teil 1Am nächsten Morgen lag ein silberner Schimmer über Aranost. Die Stadt war im Fest der Freiheit gefangen – Fahnen wehten, Kinder lachten, Schauspielergruppen zogen durch die Straßen. Eine davon stellte die legendären Helden Lucifer, Kwork und Thagirion dar. Der Legende nach diejenigen die die Revolution gegen die Arakniden vor 100 Jahren angeführt hatten und für deren Niederlage verantwortlich waren.
Im Ratsturm der Königsburg begann die Sitzung. Derenai Aldarion war abwartend und aufmerksam. Harumor Vardamir hingegen trat mit kühler Skepsis auf – und zu Caryens Erschütterung erschien auch Yron Varantir, begleitet von seinem maskierten Leibwächter Valkrist. Was hatte sein Onkle hier zu suchen? Und auch Nerestro durchlief es. War das nun tatsächlich der Mörder seines Vaters? Doch er musste sich ruhig halten und war in Aranost auch unter einem Decknamen unterwegs. Würde man hier erfahren, wer er ist, so bestünde die Gefahr, dass er in Ketten gelegt würde. Oder Schlimmeres.

Caryen trug ihre Erlebnisse vor. Harumor jedoch schenkte der Geschichte keinen Glauben. Für ihn waren die Piraten der Südmeere und die Garxx eine weitaus realere Gefahr. Es entbrannte ein Streit mit Derenai, der dem jungen Paladin Glauben schenkte – als Sohn des legendären Harlak von Avernus kannte er die alten Geschichten um die Arakniden nur zu gut. Yron jedoch – der von Harumor selbst dazu gebeten worden war, stellte sich auf Caryens Seite und trat für ihn ein. Caryen und seine beiden Freunde waren irritiert. Das klang nicht nach dem Mann von dem Cameron berichtet hatte.

In der hitzigen Diskussion kam auch ans Licht, dass Caryens Ausbilder Halton Sonnenschreiter in Wahrheit Halton Aldarion war. Und Harumor Vardamir misstraute jedem aus dem Hause Aldarion. Und so ließ Harumor sich nicht bewegen. Ohne irgendwelche Beweise wollte er sich auf das Geschwätz – bei aller Wertschätzung für den Illuminierten – über eine Rückkehr der Arakniden nicht einlassen. Er verließ den Saal und ließ die Anwesenden enttäuscht zurück. Der Illuminierte hatte tatsächlich gehofft, dass Harumor die alte Feindschaft für eine höheres Ziel beilegen würde. Und so löste sich die Versammlung ergebnislos auf.
In der Ankerkette diskutieren die Freunde ausgiebig über ihre nächsten Schritte. Sie mussten Beweise finden. Sollten sie nach Bingenberg reisen und versuchen heraus zu finden was dort geschah? Doch Nerestro wollte Meneldur den alten Königsberater suchen. Dieser würde vielleicht wissen wo Tokaro sich aufhält oder hat zumindest Hinweise über ihn.

Wenig später erreichte Caryen eine Einladung – Yron wolle ihn sprechen. Zusammen mit Nerestro und Andara besuchte er die Stadtvilla seines Onkels. Yron empfing ihn mit offenen Armen, sprach von Familie, von Caryens kranken Vater und von Verantwortung die er als Sohn des Hauses Varantir tragen würde. Doch Caryen blieb standhaft – er hatte der Vergangenheit abgeschworen. Als jedoch Samia Varantir, seine Mutter, den Raum betrat, geriet sein Herz ins Wanken. Ihre Worte waren nicht politisch, nicht berechnend. Sie waren ehrlich und von Liebe geprägt. Lange hatte er sie nicht gesehen und lange vergessene Kindheitserinnerungen und Gefühle stiegen in ihm auf. „Komm zurück“, bat sie. „Du bist unser Sohn.“ Und auch Yron sprach angesichts der von ihm geschilderten Gefahr die Vergangenheit zu vergessen und gemeinsam nach Vorne zu blicken. Doch Caryen verneinte. Er verließ sie – nicht aber, ohne von Samia seinen alten Siegelring zurückzuerhalten den er einst auf dem Boden der Eingangshalle zurück ließ als er sein Zuhause verlassen hatte. „Ich habe ihn stets bei mir getragen“, flüsterte sie. „Wir sind deine Familie und du bist immer willkommen.“

Noch am selben Tag besuchten sie Derenai Aldarion, um nach Meneldur zu forschen und über die Ratssitzung zu sprechen. Nerestro hoffte noch immer, über ihn Hinweise auf seinen Bruder Tokaro zu finden. Allerdings hatte er inzwischen herausgefunden, dass Meneldur vor langer Zeit Aranost verlassen hätte und niemand wüsste wo er wäre. Derenai rief seinen Vater, Harlak von Avernus, hinzu. Dieser war ein guter Freund von Meneldur und erzählte von einem Brief Meneldurs den dieser ihm geschick hatte. Er wollte nach Avernus kommen um mit ihm über wichtige Dinge den König betreffend zu sprechen. In dem Schreiben bat Meneldur darum, sich im Falle seines Verschwindens an Gorlan den Archivar zu wenden.
Die Gruppe begab sich zur Bibliothek. Hier trafen sie den sehr alten Gorlan. Dieser war ein Vertrauter Meneldurs und nachdem die Freunde das Gespräch mit Harlak erwähnten, übergab er ihnen ein altes Pergament Meneldurs. In diesem Stand ein rätselhaften Satz:
„Wenn das Auge des Drachen sich zu Mittag bettet, findet sich das Geheimnis hinter der Sonne.“
Zunächst blieb es rätselhaft. Doch dann hatte Caryen eine Eingebung. In Yrons Besprechungszimmer in dem sie zuvor waren, befand sich ein kunstvoller Kaminsims mit einer Drachenfigur, die eine Uhr umschlang. Ihr gegenüber: ein Gemälde von Aranost – mit einer strahlenden Sonne darüber.
Yrons Stadtvilla... war einst Meneldurs Refugium. Wie ihnen Gorlan dann auch bestätigte.
Mit entschlossenen Blicken schmiedeten die Gefährten einen neuen Plan. Ihre Abreise würde sich verzögern.
Metagespräch
Unser erstes "Abenteuer" ganz ohne Kampf und nennenswerte Skillchecks. Wir hatten nur Dialog um Dialog. Und rückwirkend betrachtet war das Aranostabenteuer schon einer der bisherigen Höhepunkte in der Kampagne.
Die Anfangsszene im Tempel war erhebend und mystisch zugleich. Ich liebe Prophezeiungen und foreshadowing. Nicht umsonst mag ich Mandos/Namo. Meines Wissens habe ich das bisher zwar nur an diesem und dem folgenden Abend benutzt, aber das war schon intensiv. Die Spieler fragen sich was das bedeuten würde. Regeltechnisch haben sie grundsätzlich gewisse Sonderfertigkeiten erhalten. Warum und wieso - werden sie am ende der Kampagne erfahren. Wiedermal ein Hinweis darauf, dass der Magier der Gruppe vielleicht anderes empfindet wie sie. Und der wichtigste regeltechnische Effekt war hier durch die Segnung Tharons die Einführung von Schicksalspunkten. Ohne die ist in Rolemaster vermutlich keine Kampagne so wirklich machbar.
Absolutes Highlight und Strom im Laden war aber bei der Ratssitzung als Yron Varantir auftauchte. Am zweiten Abend namentlich erwähnt und verbindendes Backgroundelement von Caryen und Nerestro. Damit habe ich die Spieler auch komplett offguard erwischt. Dazu mit dem Song der Lannisters aus Game of Thrones (Rains of Castemer) aufgetreten. Das war im Nachhinein noch gewaltiger als es sich damals angefühlt hatte. Die nächste Überraschung war dann, dass er zunächst mal kein Asshole war und sich sogar für Caryen einsetzte. Eigentlich war der Charakter ja nur kurzfristig entstanden, da ich Caryens Vater (der eigentlich diese Position inne haben sollte) außen vor lassen wollte. Der Vater des Spielers war verstorben, so dass ich keine psychisch vielleicht belastende Situation für den Spieler schaffen wollte. So konnte ich aber auch mit losgelassener Handbremse spielen. Als wäre das nicht schon genug erschien dann ja bei dem Treffen in der Stadtvilla Yrons auch noch die Mutter des Charakters und da war dann ganz vorüber. Das waren enorm tolle Charakter- und Dialogmomente. Von letzteren hatten wir ja ohnehin viele an dem Abend. Da bisher Nerestros Story stark im Mittelpunkt stand, war Aranost auch ein stückweit für Caryen. Die Kirche, seine Familie - fundamentale Bausteine seines Lebens.
Yron ist quasi der erste absolute NSC Hauptcharakter und ist auch gleich eingeschlagen. Dadurch dass er sich absolut freundlich und helfend gab - Nerestro umgekehrt aber nicht riskieren wollte sich zu offenbaren - war das toll von der Atmosphäre. Durch die Gesamtsituation stand auch ein Angriff auf Yron außer Frage, so das richtig Zeit war diesen charakterlich einzuführen. Hat aber der Spieler von Caryen auch mega gut ausgespielt alles. Der war stellenweise richtig gequält - gerade in der Mutterszene.
Hier waren dann aber auch zwei schöne - mehr oder weniger - easter eggs für die Spieler. Die Szene in dem die alten Helden nachgestellt wurden war witzig und schön zu gleich. Sie hatten Spuren hinterlassen. Und Harlak war früher ein prominenter Luftschiffkapitän in der alten Kampagne. Aber hier war schön spürbar - die easter eggs machen Spaß - aber der Fokus lag inzwischen wirklich nur noch auf der aktuellen Kampagne. Spätestens hier war auch der Paladinspieler bei seinem Charakter angekommen.
Neben Yron Varantir wurden aber gleich ein Stapel wichtiger NSC eingeführt. Valkrist, Samia Varantir, Derenai Aldarion, Harumor Vardamir und der Illuminierte selbst. Das war echt schon übel für die Spieler. Ich hatte für alle NSC Bilder ausgedruckt und an den Schirm gehangen. Ich glaube sonst wäre da keiner mehr mitgekommen.
In Aranost sollten einige Storyfäden zusammenlaufen bzw. beginnen. Und das war auch gelungen. Brutal war aber wirklich, dass wir an dem Abend wirklich keinerlei Charakterblatt benötigt hätten. Wie man im Bericht lesen kann, hatte ich da schon Sorge wie das ankam und deswegen für den nächsten Abend einen kleinen Kampf eingebaut.
Hinter dem Spielleiterschirm:
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