Autor Thema: [Ich erzähle von] Space:1999  (Gelesen 231 mal)

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Offline sma

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[Ich erzähle von] Space:1999
« am: 5.04.2025 | 17:43 »
1975 startete im UK die Fernsehserie Space:1999, die zwei Jahre später als Mondbasis Alpha 1 auch in Deutschland ausgestrahlt wurde und in insgesamt 48 Folgen das Schicksal der über 300 Besatzungsmitglieder beschreibt, nachdem durch einen Atommüllunfall der Mond aus der Erdumlaufbahn geschleudert wurde und nun allein durch das Weltall irrt.

Insbesondere die Adler-Raumschiffe (die in der Serie gefühlt zu Hauf geschrottet werden) sind ein ikonischer Teil der Popkultur geworden.

Warum sag ich das? Weil Modiphius zu der Lizenz klammheimlich ein wirklich schick designtes Rollenspiel geschrieben hat, dessen Schnellstarter ich gelesen habe.

Es ist ein leichtgewichtiges 2d20. Charaktere haben sechs Fertigkeiten (Befehlen, Fliegen, Medizin, Wissenschaft, Sicherheit, Technik) und sechs Ansätze (Mut, Mitgefühl, Entschlossenheit, Improvisation, Mysterium, Durchhaltevermögen), von denen man für eine Probe je eine wählt und mit W20 kleiner gleich der Summe der Werte (zwischen 4 und 8 ) würfelt.

Normalerweise wirft man 2W20, kann sich aber bis zu 3 weitere Würfel kaufen und mit besonderen Talenten ggf. Würfel erneut werfen. Eine 1 zählt als 2 Erfolge, eine 20 ist eine Komplikation. Diese verhindert nicht den Erfolg, sondern es passiert noch etwas anderes (man stolpert und verstaucht sich den Fuß o.ä.). Normalerweise braucht man einen Erfolg, manchmal reichen aber auch 0 oder es ist schwerer und die SL fordert 2 oder 3 Erfolge. Gegenstände oder besondere Umstände bzw. vorherige Komplikationen können Proben einfacher oder schwieriger machen. Hat man mehr Erfolge als gefordert, speichert man diese als Gruppenmomentum, von dem man oder andere Würfel oder andere Vorteile kaufen kann. Es gibt noch ein paar Sonderregeln, wie z.B. dass man andere unterstützen und damit 1W20 zur Probe beitragen kann, aber die spare ich mir hier.

Im Konfliktfall soll zunächst das Ziel definiert werden (z.B. erster beim Raumschiff sein). Dann legt die SL fest, welche Seite (ggf. wer dort) beginnt. Dann handeln die Seiten reihum in selbstgewählter Reihenfolge. Tja, und dann macht man in der Regel eine Probe, z.B. Sicherheit+Mut für einen Angriff oder Befehlen+Entschlossenheit um jemanden zur Aufgabe zu bewegen. Und ja, es ist gewollt, dass Spieler hier ihre besten Attribute ins Spiel bringen können – wenn sie das entsprechend begründen können. Es gibt unterschiedliche Ansätze, um ein und die selbe Sache zu lösen.

Ein einzelner Wurf entscheidet in der Regel über den Ausgang. Charaktere verfügen über "Spirit" (Mumm? Willensstärke? Ausdauer?) um sich 6x gegen eine Niederlage wehren zu können. Man müsste also 7x auf sie schießen, um sie umzubringen, aber dafür sind diese Regeln nicht gemacht. Sie wollen narrativer und abstrakter sein und Tod ist außerdem so gar keine Option in dem Spiel, es wird von Niederlagen gesprochen und das man bestenfalls aus dem Spiel ist. Alles weitere ist der SL überlassen – denke ich mal.

Der Schnellstarter kommt mit sechs Pregens. Interessanterweise sagt er, dass man am ehesten auf den Commander und den Sicherheitssalamander verzichten kann, Assistenz, Pilotin, Wissenschafterin und Arzt sind wichtiger. Hervorheben möchte ich, dass Penny, die Assistenz, das Talent hat, einen leckeren Tee zuzubereiten, was nicht nur gut für die Seele ist, sondern auch +3 Momentum gibt.

Zum Abenteuer kann ich leider noch nicht sagen, das will ich noch mitspielen.

Allgemein begrüße ich die Knappheit der Regeln und (ich verfolge das nicht so eng) Modiphius scheint über die Jahre verstanden zu haben, wie man die 2d20 Regeln in wenigen Worten (eigentlich sind es immer noch zu viele) klar zu beschreiben. Für Proben und Konflikte gibt es extra jeweils eine Seite mit einer schrittweisen Anleitung.

Überraschend finde ich, dass es kein Crowdfunding gibt, aber vielleicht denken die sich auch, diese doch recht obskure Serie aus den 70ern interessiert außer Briten kaum jemanden (also keine Amis). Als Kind hat mir aber Space:1999 auch gefallen … da habe ich dann auch nicht hinterfragt, dass es völliger Schwachsinn ist, den Mond aus der Umlaufbahn zu sprengen … ganz zu schweigen von der Idee, radioaktive Abfälle auf den Mond zu bringen. Und selbst wenn das funktionierten würde, die Katastrophe für die Erde wäre weit größer, als alles, was man sich so vorstellen kann. Angefangen von fehlenden Gezeiten, über totaler Dunkelheit in der Nacht bis hin zu extremen Schwankungen der Erdachse wäre nichts mehr, wie zuvor.
« Letzte Änderung: 5.04.2025 | 19:14 von sma »

Online schneeland

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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #1 am: 5.04.2025 | 19:09 »
Danke für den Ersteindruck! So 100% bin ich mit 2W20 ja immer noch nicht warm geworden, aber vielleicht noch da bei dieser Gelegenheit nochmal ein Blick.
Und über das Setting denkt man wahrscheinlich wirklich besser nicht zu intensiv nach :)
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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #2 am: 5.04.2025 | 19:44 »
Na, da lasse ich mich mal ein wenig überraschen. Ich kann mich nämlich auch noch dunkel erinnern, daß mich die Serie als Kind fasziniert hat...um allerdings damit heute als halbwegs "ernsthaftes" Rollenspiel anzutreten, müßte man mMn gleich als erstes eine Alternativerklärung dafür finden, was den Mond überhaupt auf seine Reise geschickt hat, denn es stimmt natürlich schon, daß eine bloße atomare Explosion mit nicht mal genügend Energie, um ihn in Stücke zu sprengen, lääängst nicht reicht, um ihn in vergleichbar kurzer Zeit interstellare Entfernungen zurücklegen zu lassen. Die könnte höchstens als Alibi-Auslöser für ein anderes physikalisches Handwedelphänomen herhalten, und dann könnten wir allerdings langsam zu reden anfangen. :)

Also mal schauen, was Modiphius sich da so hat einfallen lassen. Der 2D20-Zug ist bei mir zwar längst abgefahren (ernsthaft bespielen wollen würde ich gerade dieses Setting eher mit etwas noch Leichtgewichtigerem, weil es bei allem SF-Dekor gar nicht viel an regelseitigem Fertigkeits- oder Technikdetail bräuchte...Lasers & Feelings könnte womöglich ganz unironisch schon reichen, und mehr Komplexität als bei z.B. Turbo-Fate wäre mMn definitiv verschwendet), aber das heißt ja nicht, daß nicht doch noch ein paar gute Ideen eingeflossen sein könnten.

Offline caranfang

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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #3 am: 5.04.2025 | 20:26 »
Regeltechnisch steht es wohl eher STA, Dune und ähnlichen '2D20-Leichtgewichten' habe als den komplexeren Schwergewichten wie z.B. Conan.

Offline sma

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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #4 am: 5.04.2025 | 20:52 »
Ich würde
(ernsthaft bespielen wollen würde ich gerade dieses Setting eher mit etwas noch Leichtgewichtigerem)
Ich würde dies 2d20 Variante als leichtgewichtig bezeichnen. Im Laufe der Jahre ist das System ja immer Fate-ähnlicher geworden und ich würde drei Komplexitätsklassen unterscheiden: Schwergewicht wie Conan oder Infinity, Mittelgewicht wie STA oder Homeworld und Leichtgewicht wie Dune – oder eben Space:1999.

Es gibt im Schnellstarter noch nicht einmal Regeln für Waffen oder ein Schadenssystem. Der Sicherheitsmann kann als höchstes der Gefühle jemanden per Talent entwaffnen.

Ansonsten: Wer Fantasy mit fliegenden Drachen oder Horror mit Tentakelmonster spielen kann, kann auch SF mit einem Mond auf Odyssee spielen. Die suspension of disbelief muss in allen Fällen die selbe Arbeit leisten.

PS: Der Canon sagt auch irgendwas mit Raumlöchern, durch die man fallen kann, wodurch der Mond das Sonnensystem verlassen konnte.

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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #5 am: 6.04.2025 | 12:53 »
Ansonsten: Wer Fantasy mit fliegenden Drachen oder Horror mit Tentakelmonster spielen kann, kann auch SF mit einem Mond auf Odyssee spielen. Die suspension of disbelief muss in allen Fällen die selbe Arbeit leisten.

SoD ist 'ne schöne Sache und ich halte meine eigentlich auch für recht flexibel. Nur kann sie leider nicht einfach so von oben herab befohlen werden, wenn's dann für sie doch mal zu dicke kommt.

Und: in der Praxis wäre es auch gar nicht mal so schwer, sich eine Erklärung für den Mondflug aus den Fingern zu saugen, die nicht einfach bloß auf "Atommüll ist maaagisch!" hinausliefe. (Wenn ein Auto Wochen und Monate ohne Benzin durch die Gegend rollen könnte, würden die meisten Leute sich ja auch nicht mit "Ach ja, das hat Pipi Langstrumpf damals einmal kurz angeschubst!" zufrieden geben.)

Beispiel: Man nehme die gute alte Verschwörungstheorie vom Mond als außerirdischem Raumschiff. Dann wäre es plötzlich gar nicht mehr so abwegig, daß so ein Atomknall an der Oberfläche den Bordcomputer aus seinem schon halbewig währenden Dornröschenschlaf wecken und zu einem spontanen Alarmmanöver veranlassen könnte...und ab da würde sich die Odyssee (einschließlich der Tatsache, daß der Mond im Lauf der Serie recht offensichtlich regelmäßig seine Geschwindigkeit ändert, um den Leuten Zeit genug zu geben, mit ihren langsamen Adlern die Umgebung zu erkunden) dadurch erklären, daß derselbe Computer versucht, sich mit mehr oder weniger Dachschaden und/oder seit Jahrmillionen nicht mehr aktualisierten Sternkarten irgendwie zu orientieren und Kontakt zu seinen "Herren" wiederherzustellen. Und das gäbe den Alphanern, wenn sie erst mal dahinterkämen, daß sie doch nicht bloß auf einem toten Himmelskörper durch das Nichts treiben, auch direkt etwas mehr zu tun als immer nur zu warten, bis das nächste Abenteuer der Woche mehr oder weniger zusammenhanglos vom Himmel fällt...

Offline sma

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Re: [Ich erzähle von] Space:1999
« Antwort #6 am: 6.04.2025 | 13:37 »
Und: in der Praxis wäre es auch gar nicht mal so schwer, sich eine Erklärung für den Mondflug aus den Fingern zu saugen, die nicht einfach bloß auf "Atommüll ist maaagisch!" hinausliefe.
Deine Idee gefällt mir, aber braucht genau so viel SoD wenn nicht noch viel mehr.

Ich weiß nicht, warum ChatGPT auf einmal mit "Geile Frage! 😄" und viel zu vielen Emojis auf mich reagiert, aber wenn die Antworten trotzdem stimmen, dann müsste das magische Mondraumschiff die 200.000.000.000x den Jahres-Energieverbrauch der Menschheit aufbringen, um den Mond zu bewegen. Das wäre die Schubkraft von 66.000.000.000 Saturn-V-Raketen. "LOL" sagt da ChatGPT.

Und Project-Orion-Style (seine Worte, nicht meine) bräuchte man 24 Billionen Atombomben (a 1,2 Mt TNT).

Und da man ja auch etwas für den Rückstoß braucht… das wäre 200x die gesamte Masse des Asteroidengürtels, oder 2% der Mondmasse, wenn man das ionisiert. Traditioneller Treibstoff wäre noch viel mehr.

Die Außerirdischen bräuchten also irgendeine magische Technologie, die genau so unglaubwürdig wie alles andere auch wäre. Nimmt sich also am Ende nix. Da kann man dann auch akzeptieren, dass Atommüll sich "entzündet" und "explodiert". Der gute Anderson war halt Puppenspieler mit viel Kreativität und kein Physiker, da kann man das auch verzeihen ;-)