Autor Thema: [System]Narnia-Durch den Wandschrank  (Gelesen 1909 mal)

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wjassula

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[System]Narnia-Durch den Wandschrank
« am: 8.08.2004 | 14:28 »
So, hier mal zur Kritik:

Durch den Wandschrank

In "Durch den Wandschrank" verkörpern die Spieler und Spielerinnen eine Gruppe von Kindern, die während des 2.Weltkrieges aus unserer Welt in das Zauberland Narnia reisen, wie in den Büchern des englischen Schriftstellers C.S. Lewis. In Narnia tummeln sich sämtliche Fabelwesen der europäischen Mythologien, eingebettet in den ethisch-moralischen Hintergrund des Christentums. Im Mittelpunkt der Geschichten stehen stets die Auswirkungen des Handelns der Kindergruppe auf die gesamte Welt Narnia, deren oberster Schiedsrichter der gewaltige Löwe Aslan als Heilandsfigur ist.
Genau so soll es auch in "Durch den Wandschrank" sein. Während das Entwickeln des Plots auf den ersten Blick nach dem bekannten Muster der meisten Fantasy-Rollenspiele verläuft (eine Spielleitung beschreibt Narnia und bestimmt die Reaktionen seiner Bewohner, während die Mitspieler und Mitspielerinnen jeweils eine fiktive Persönlichkeit durch den Plot führen), rücken die Spielmechanismen die Gruppendynamik oder besser: den Gruppenzwang in den Mittelpunkt. Zentrales Mittel der Konfliktlösung ist die Entscheidung durch die Gruppe, so dass "Durch den Wandschrank" ohne Würfel auskommt. Richtig gespielt, geraten die Charaktere bald in einen Zwiespalt zwischen ihren Schwächen (oder sollen wir sagen: ihrer persönlichen Freiheit ? Ihrer Lust am Ungehorsam?) und den ihnen zugedachten Rollen (oder sollen wir sagen: Dem Gruppenzwang? Den Zwängen der Gesellschaft?). Daraus ergibt sich hoffentlich ein lustvoll fieses Spielerlebnis, bei dem man ständig das Gefühl hat, über ein Minenfeld zu laufen und die braven Kinderchen der anden Mitspieler und Mitspielerinnen bald zu hassen lernt. Oh, lieber Leser und Leserinnen, wir erkennen ja unseren Autoren gar nicht wieder...Kommt er auch nicht auch so aufsässig und vorlaut vor? Ob wir da nicht Aslan rufen sollen? Wir meinen natürlich: Man lernt bald, seine Rolle anständig auszufüllen.
 Es ist möglich, "Durch den Wandschrank" ganz ohne SL zu spielen. Für diese Variante möchtet ihr vielleicht "Puppetland" lesen.

Charaktererschaffung

Alle Mitspieler denken sich einen Namen aus und wählen ihr Geschlecht: Junge oder Mädchen. Das Geschlecht bestimmt, welche Rollen den Spielern zur Verfügung stehen, und welche Anima oder welcher Animus damit verbunden ist. In gewissen vegetarisch essenden und schwedische Gymnastik treibenden Kreisen ist man der Auffassung, dass das Geschlecht des Spielers oder der Spielerin nicht zwangsläufig mit dem des Charakters übereinstimmen müssen. Aber liebe Adamssöhne und Evastöchter, welcher starke Junge will den schon ein Mädchen sein? Und ihr braven Mädchen möchtet doch auch bestimmt nicht so laut und grob wie die Jungens sein, oder? Na also.

Jungen können sein: Anführer (Anima: die tyrannische Mutter), treuer Freund (Anima: das Hausmädchen) oder Bettelknabe mit goldenem Herzen (Anima: Lolita)
Mädchen können sein: Prinzesschen (Animus: der Narr), schon eine richtige grosse Krankenschwester (Animus: der tyrannische Vater), unsere kleine Klassenbeste (Animus: Besserwisser).

Ihr könnt euch natürlich noch weitere Rollen ausdenken. Beachtet aber dabei, dass die Rolle auch immer eine Funktion für die Gruppe beinhalten muss. Niemand ist doch gern allein. Wenn ihr euch beim Ausdenken vorstellen könnt, dass man sich in dieser Rolle in einer Gruppe richtig oder falsch verhalten kann, dann liegt ihr bestimmt richtig. Hört einfach auf den kleinen Aslan in eurem Herzen.

Sind Name, Geschlecht und Rolle mit Animus/Anima gewählt, beginnt das Spiel.

Konflikte: Zweifel am Verhalten anderer.

Wir alle schneiden ja manchmal ganz gerne auf, oder? Seht ihr, auch Erwachsene tun das furchtbar gerne, sie geben es nur nicht so brav zu wie ihr guten Kinder. Grundsätzlich können die Charaktere alles tun - unter zwei Bedingungen. Ordnung muss sein!

- Ein 8-12 jähriges Kind muss real dazu in der Lage sein (oder in Narnia besondere Fähigkeiten erlangt haben)

- Es darf niemals, nicht , nirgends, nie gegen die Rolle verstossen!

Ob diese Bedingungen erfüllt sind, entscheiden stets die anderen Spieler.

Sie wenden sich dabei in direkte Rede an die Mitspieler und Mitspielerinnen und äussern aller  mit der Stimme ihre Charakters Zweifel am Verhalten eines anderen Charakters. Fallen sie aus der Rolle, sprechen also nicht in direkter Rede, kann das natürlich schnell dazu führen, dass andere Zweifel an ihrem Verhalten anmelden...

Der Spieler oder die Spielerin, der oder die den Zweifel ausgesprochen hat, versucht nun, die anderen Spieler und Spielerinnen (ausser dem oder der angezweifelten) davon zu überzeugen, dass  hier irgend etwas nicht stimmt. Die anderen antworten ebenfalls in direkter Rede, stellen Fragen, nehmen den/die AngezweifelteN in Schutz. Der oder die AngezweifelteR darf sich natürlich verteidigen, solange er oder sie dabei nicht aus der Rolle fällt. Überhaupt kann man natürlich grade während so eines Streitgespräches plötzlich selbst in seiner Rolle angezweifelt werden: was wäre das denn für ein treuer Freund, der sich gegen den Anführer wendet? Aber sagen Freunden nicht Freunden immer die Wahrheit? Und warum schlichtet der Anführer den Streit denn nicht? Aber wie kann das Prinzesschen ihn denn kritisieren?

Die Phase des Zweifelns muss sich also nicht zwangsläufig die ganze Zeit über mit der oder dem ursprünglichen SpielerIN beschäftigen - wenn die Gruppendynamik umschlägt, wird eben jemand anders angezweifelt. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die Spieler sich gegenseitig den schwarzen Peter herumgeben, wird ersteinmal irgend jemand angezweifelt.

Die Spielleitung darf sich in dieser Phase ausdrücklich NICHT am Gespräch beteiligen, gleich, in welcher Rolle.

[Variante: Die SL verkörpert immer Herrn und Frau Biber. Herr Biber unterstützt den Zweifel, Frau Biber argumentiert dagegen]

Die Phase des Zweifels endet, wenn

a) alle Zweifel ausgeräumt sind - das freie Rollenspiel geht weiter.
b) alle Mitspieler die Lust daran verlieren. Aber Obacht: plötzlich die Lust daran zu verlieren, dass ein Kamerad sich ganz untypisch verhält, kann beedeuten, dass man aus der Rolle fällt und angezweifelt wird.
c) ALLE anderen Spieler und Spielerinnen sich darüber einig werden, dass mit EINEM Mitspieler oder einer Mitspielerin etwas nicht stimmt, also dass er oder sie sich nicht charaktergerecht verhalten hat. Sei es, dass jemand sechs Meter weit springen wollte, und die anderen es ihm nicht zutrauen; sei es, dass der Anführer sich nicht in den dunklen Wald traut, sei es, dass der treue Freund laut übereinstimmender Meinung aller völlig grundlos am Anführer gezweifelt hat. Das ist dann ein berechtigter Zweifel, denn deine Freunde kennen dich besser, als du dich selbst!

Die Folgen berechtigten Zweifels

Der oder die Angezweifelte verliert sofort die Kontrolle über seinen Charakter, der im folgenden von der Spielleitung als Animus/Anima geführt wird.

Aslan taucht in Narnia auf, und erscheint der Gruppe.

Die Situation, in der der Zweifel auftrat, ist ab sofort der Hauptkonflikt des Spiels.

Der oder die Angezweifelte übernimmt die Rolle Aslans.

Aslan bestimmt, was genau der anstehende zentrale Konflikt ist. Bedingug dabei ist, dass dieser Konflikt eine Möglichkeit beinhaltet, den aus der Rolle gefallenen Charakter über sein Fehlverhalten zu belehren, und ihm letztendlich die Wandlung von Animus/Anima zurück in die Rolle zu ermöglichen.
Der Spieler oder die Spielerin, der oder die Aslan spielt, darf dabei uneingeschränkt Hintergrund erfinden, neue Elemente ins Spiel einbringen, die gesamte Situation auf den Kopf stellen usw..

Aslan begleitet die Gruppe durch den von ihm definierten Konflikt. Er kann niemals angezweifelt werden.

Das Spiel geht weiter.

Treten weitere Zweifel auf, werden diese wie gehabt ausgespielt. Theoretisch kann dabei auch Aslan von einem Spieler oder einer Spielerin zum nächsten oder zur nächsten wechseln, allerdings wird er die Situation stark beeinflussen können, denn er kann ja nicht angezweifelt werden.

Konsequenzen

Zahlreiche. Bewusst aus der Rolle fallen, um Aslan zu werden. In der direkten Rede immer abstrusere Erklärungen für das Verhalten anderer finden, weil man es ihnen nicht gönnt, Aslan zu sein. Dabei selbst nicht aus der Rolle fallen. Oder eben so lange wie möglich versuchen, NICHT aus der Rolle zu fallen - wie sich das für brave Jungs und Mädchen gehört. Spieltechnisch ringt die Gruppe um die Kontrolle über die Konfliktstellung. Wahre Freunde gönnen sich natürlich die Kontrolle. Und wie bleiben die anderen in ihren Rollen, wenn plötzlich eine Lolita dabei ist ? Oder eine tyrannische Mutter? Denn die dürfen ja auch Zweifeln...und echte Freunde sehehn natürlich durch Anima und Animus das wahre Wesen, und können nicht sauer werden, ohne aus der Rolle zu fallen.

Spielende

Wenn der Konflikt des letzten Aslans gelöst ist, und der oder die als letztes zu Anima oder Animus gewordeneR SpielerIN bekehrt wurde. Das kann inklusive Charaktererschaffung 10 Minuten dauern oder auch eine Stunde. Viel Spass!

Offline Lord Verminaard

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #1 am: 9.08.2004 | 11:59 »
Kurzer Erstkommentar:

1. Ich LIEBE Narnia! :D

2. Kannst du mal ein Spielbeispiel mit einem Konflikt bringen? Ich kann mir das noch nicht so recht vorstellen, vor allem was genau Aslan denn nun aus dem Konflikt macht und was "der Konflikt" eigentlich jeweils ist.

3. Wie genau ist das mit der Anima gemeint? Ich fürchte ich raff es nicht. Jeder Charakter hat einen andersgeschlechtlichen Widerpart, zu dem er/sie umschlägt, wenn es einen berechtigten Zweifel gibt? Wie soll denn das laufen? Wie verkörpert ein 8-jähriger Junge "die tyrannische Mutter"?

4. Wie genau ist die Konfliktbewältigung in die Spielrealität eingebunden?
Sp1: "Ich schnappe mir das Schwert und ersteche den Werwolf."
Sp2: "Das kannst du gar nicht."
Heißt das StandBy, also es steht noch gar nicht fest, ob die Aktion stattfindet oder nicht? Und wenn sich der Zweifel durchsetzt und Aslan aufkreuzt, was passiert dann mit dem Werwolf? Nur mal so als Beispiel.

5. Siehst du kein Problem mit Schachtel-Ebenen? Die gesamte Diskussion läuft In-Character, aber das ist nicht zwangsläufig alles dieselbe Ebene:
Ebene 1: Sp1 will den Werwolf erstechen
Ebene 2: Sp2 zweifelt das an.
Ebene 3: Sp3 zweifelt die Loyalität von Sp2 an.
Ebene 4: Sp2 zweifelt irgendwas an Sp3 an.
usw.

6. Du stellst zwei Axiome auf, Glaubwürdigkeit und Rollengerechtigkeit. In der Konfliktbewältigung vermischt du aber beide und stellst dann letztendlich nur noch auf die Rollengerechtigkeit ab, bzw. lässt den Einwand gelten, es sei nicht rollengerecht, die Glaubwürdigkeit anzuzweifeln. Was du womöglich damit erreichst ist, dass die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt.

7. Das ist als konstruktive Kritik und nicht als bloße Nörgelei gemeint, ich hoffe, das kam auch so rüber! :)
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wjassula

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #2 am: 9.08.2004 | 13:16 »
Nein, nein überhaupt nicht! Danke für die Kommentare!

Zitat
Wie ganu ist das mit der Anima gemeint?

Anima oder Animus sind sozusagen die "dunkle Seite" der jeweiligen Rolle, der Gegenpol, der Widerpart. Am ehesten dürfte das vielleicht bei "Anfüher" vs. "Tyrann" einleuchten. Die positiven Seiten einer Rolle schlagen ins Negative um.
Die Bezeichung ist der jungschen Psychologie entnommen, halb ernsthaft, halb ironisch, um den ganzen (Geschlechter-)rollen-Bezug der Sache noch zu unterstreichen.

Ein Achtjähriger verkörpert eine tyrannische Mutter genau so, wie er es aus seiner Umwelt  oder aus seinen Alpträumen kennt, denke ich. So beinharte Psychologen würden wohl behaupten, dass es zur menschlichen männlichen Natur gehöre, sich die Mutter als tyrannisch vorzustellen. Ich würde eher sagen, dass es zu bestimmten Zeiten und bestimmten Orten gesellschaftliche Verhältnisse geben kann, die solche Strukturen produzieren, aber das ist ein anderes Thema.

Was aber eh viel wichtiger ist: Bei der ganzen Geschichte mit den Rollen geht es aber eh nicht um Simulationismus, also die Rollen möglichst genau nach einem anerkannten Schema auszurichten. Du solltst/musst ja so spielen, wie die anderen es wollen.- Die entscheiden, ob du es "richtig" oder "falsch" machst. Das ist der Witz.

Zitat
Wie genau ist die Konfliktbewältigung in die Spielrealität eingebunden?

Wie gesagt, in direkter Rede.

Lucy: "Ich ziehe das kleine Messer, das mir Frau Dachs gegeben hat, und stürze mich auf den Wolf."
Edmund:"Lucy, nicht! Dafür bist du doch viel zu schwach."
Peter: "Zurück, Lucy, Ich erledige das!"
Suse:"Ja, Lucy, lass das lieber Peter machen!"

Der Wolf? Der spielt erstmal keine Rolle. Der Konflikt zwsichen den Spielern hat immer Vorrang, weil er darüber bestimmt, was die einzelnen Leute tun können und was nicht. Äusser Konflikte (wie Kämpfe) sind immer bestimmt duch den Gruppenkonflikt. Um noch mal auf Jung zuürckzukommen: Narnia ist eben auch eine psychische Landschaft, und verändert sich je nach den Veränderungen innerhalb der Kindergruppe, um die sich alles dreht.
 
Ausserdem können die Spieler ja jederzeit einen Konflikt aufmachen, dazu braucht es gar keine wirkliche "Bedrohung" aus der Spielwelt. Schon die Tatsache, DASS jemand etwas tut (oder nicht tut) kann ihn oder sie aus der Rolle fallen lassen.

Zitat
Siehst du kein Problem mit Schachtel-Ebenen? Die gesamte Diskussion läuft In-Character, aber das ist nicht zwangsläufig alles dieselbe Ebene:

Ich bin nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Wenn du mit Verschachtelung meinst, dass Zweifel an einem anderen Charakter dazu führen können, dass wiederum dieser Charakter angezweifelt wird, was widerum dazu führt, dass usw. : das ist gewollt.

Wenn du meinst, dass "Spielerwissen" und "Charakterwissen" durcheinander laufen: Das ist gradezu das Thema des Spiels. Die Spieler übernehmen die Rollen von Kindern, die in einer Rolle stecken. Die Kinder können natürlich ingame  nicht präzise formulieren, dass sie innerhalb der Gruppe eine gewisse Rolle einnehmen,obwohl es ihnen unausgesprochen durchaus klar ist. Die Spieler wissen das aber, und bedenken die ganze Zeit zwei Ebenen: Was wil ichl, dass der Konflikt wird? Und wie finde ich eine Gelgenheit, jemand anders ans Bein zu pinkeln? Und zwar so, dass die anderen meinen Zweifel unterstützen?  Und erst dann ingame: Wie sag ich das so, dass auch eine 10jährige das hätte sagen könne, damit die anderen (als Spieler) mit nicht ans Bein pinkeln?

Klar gehen da die verschiedenen Ebenen von "Rollen", die man so spielt, durcheinander, aber darum geht es in dem Spiel.

Bei Frage Nummer 6 vesteh ich dich nicht. Hilft es dir, wenn ich sage, dass über "Rollengerechtigkeit" und "Glaubwürdigkeit" immer die anderen entscheiden? Dass sie sich also z.B. auch einfach gegen dich verbünden können, und dein Verhalten für "falsch" erklären könne, ganz egal, was du gemacht hast? Und dass du dann ganz alleine noch so oft behaupten kannst, das wäre aber nicht glaubwürdig, weil die anderen dir nicht zustimmen?

Ich glaube im Übrigen, dass das Spiel erheblich einfacher einleuchtet, wenn man es einfach ausprobiert, als wenn man lange über Rollenebenen und Psychologie redet. Daran habe ich zwar (ein bisschen) beim Ausdenken gedacht, dass müssen die Spieler aber gar nicht, die sollen es ja viel mehr erleben.Nicht, dass ich deine Fragen für Überflüssig halte-im Gegenteil! Nur verwirren die Antworten vielleicht mehr, als dass sie erhellen. Deshalb hast Du Recht, dass dringend ein Beispieltext hermuss, auch für den Konflikt.Folgt demnächst.

Und übrigens: Ich liebe die Bücher auch schon seit meiner Kindheit. Auch, wenn man das diesem Spielvorschlag vielleicht nicht anmerkt  ;)

Offline Lord Verminaard

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #3 am: 9.08.2004 | 15:05 »
Okay, noch mal zu Frage 6:

Zitat
- Ein 8-12 jähriges Kind muss real dazu in der Lage sein (oder in Narnia besondere Fähigkeiten erlangt haben)

- Es darf niemals, nicht , nirgends, nie gegen die Rolle verstossen!

Das sind die zwei Axiome, die ich meinte. Weiter unten bringst du selbst das Beispiel, dass der Zweifel an der Einhaltung des Axioms 1 (ich springe 6 Meter weit) dazu führen kann, dass sich der Spieler seinerseits dem Vorfwurf des Verstoßes gegen Axiom 2 (du zweifelst den Anführer an) ausgesetzt sieht. D.h. du siehst selbst die Möglichkeit, dass beide Axiome in Konflikt zueinander treten, und überlässt die Auflösung dieses Konflikts den Spielern. Findet die Auflösung zugunsten der Rolle statt, kann die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleiben: "Okay, du bist der Anführer, du springst halt 6 Meter weit."
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wjassula

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #4 am: 9.08.2004 | 17:33 »
O.k., jetzt versteh ich.

Um bei dem Beispiel zu bleiben: Ja, grade der Anführer könnte tatsächlich über einen 6 Meter breiten Abgrund springen, und der Anführer bleiben. Umgekehrt könnte er aber auch bei einem Sprung über 3 Meter versagen, wenn die anderen ihn nicht alssen.

Aber um nun wirklich bei 6 Metern zu bleiben:Zum einen müssten die anderen schon heftig aus der Rolle fallen, um ihn überhaupt zu kritisieren, aber selbst, wenn wir das mal voraussetzen, würde er in der anschliessenden Diskussion einfach behaupten, der Abgrund wäre gar nicht so breit, und dann haben die anderen wieder das Problem, dass sie aufpassen müssen, wie sie ihre Kritik verpacken.

Für den Anführer ist das nicht so das Problem- er ist der Anführer, er macht eh immer alles am Besten. Den meisten Erfolg verspricht noch die Taktik etwa von Seiten des treuen Freundes, er habe sich und damit die Gruppe in Gefahr gebracht, oder von Seiten des Prinzesschens, sie habe ja solche Angst um ihn  gehabt usw.

Jetzt kann man natürlich sagen: "Aber der verdammte Abgrund ist doch 6 Meter breit. Hat die SL doch gesagt! Kann der dann auch 100 Meter weit hüpfen, oder wie?"

Gemach. Rein theoretisch kann er. Praktisch ist aber ein Sprung über 100 Meter eine so deftige Steilvorlage für Zweifel, dass man sich das gut überlegen sollte. Hundert Meter weit springen zu wollen bedeutet quasi, dass man jetzt unbedingt Aslan werden will. Wenn die anderen das aber nicht wollen, müssen sie sich eine Erkärung ausdenken, warum der Anführer das geschafft hat. Das ist so eine Art würfelloses Fortune-in-the-middle: Man sagt, was man machen will, und die anderen entscheiden, ob es klappt (auf Spielerebene: Ob sie wollen, dass Du Aslan wirst). Und dabei passt sich nicht das Konfliktergebnis dem vorgestellten Raum an, sondern umgekehrt: Der vorgestellte Raum verändert sich, je nach dem wie die Entscheidung ausfällt.

SL: Vor euch ist ein 100 Meter breiter Abgrund.

Peter: Ich spring rüber.[Peters Spieler hat die Faxen dicke und will auf Teufel komm raus Aslan werden]

Lucy: Peter, nein! Oh, Peter, das ertrag ich nicht, ich hab so Angst, dass Du stirbst! [Lucys Spieler will auch, dass Peters Spieler den Konflikt bestimmen darf, und verpackt das auch so, dass es seiner Rolle - Prinzesschen - angemessen ist]

Edmund: Peter, das ist doch Wahnsinn! [Dito, aber Edmund als "treuer Freund" hätte vielleicht noch sagen sollen: "Du kannst uns doch bestimmt einen Weg um den Abgrund herum zeigen!"]

Suse [mit einem fiesen Grinsen der Spielerin]: Aber nein, seht doch. Das ist nur eine Luftspiegelung! Wenn man sich hier drüben hinstellt, sieht man, dass der Abgrund nur  ganz schmal ist! Da oben auf dem Berg ist ja ein Spiegel! Wieder so ein garstiger Trick der Kalormen!

[Das ist ziemlich haarig - Suses Spielerin fällt nicht mal so richtig aus ihrer Rolle als "unsere kleine Klassenbeste" Wenn den anderen jetzt nichts einfällt, bleibt es dabei, dass der Abgrund eben nur ganz schmal ist, und dass die Kalormen dahinter stecken. Aber die anderen wollen ja alle das gleiche, also werden sie wohl sagen, dass sie da auf dem Berg gar nichts sehen, und dass es ja zu der sonst so klugen Suse gar nicht passt, dass sie sich so täuscht...Vielleicht fällt Suses Spielerin dann ja noch ein, dass es ungewöhnlich für Edmund ist, dass er Peter den Sprung nicht zutraut, wo er doch sein treuer Freund ist. Mal sehen, ob sie die Aufmerksamkeit der anderen auf Edmund lenken kann.]

Punkt.
Nächster Punkt.

Mir fällt übrigens gerade auf, dass das Spiel extrem davon abhängt, wie attraktiv es für die einzelnen MitspielerInnen ist, Aslan werden zu wollen. Eigentlich ist das ja eher eine Belohnung, wenn manden anderen zu einem guten Teil die Handlung vorschreiben darf.

Wenn einer es unbedingt will, und die anderen auch, ist die erste Spielphase quasi sofort vorbei. Der eine fällt halt schnell aus der Rolle, die anderen melden berechtigte Zweifel an. Fertig.

Wenn einer es will, und die anderen ihn nicht lassen, wird es eventuell lustig, weil sich der vorgestellte Raum ständig absurd verändert. Die anderen müssen dann andauernd den gemeinsamen vorgestellten Raum so umbiegen, das klar wird, warum die Aktionen doch gelingen. Sie müssen laufend die Spielwelt ändern, damit der Charakter mit seinem Verhalten noch in-character ist.

Wenn alle wollen und sich gegenseitig nicht lassen, bleibt Narnia relativ konstant, aber zwischen den Spielern geht es fies ab. Man muss andauernd aufpassen, dass man genügend mit den anderen übereinstimmt, aber auch nicht zuviel.

Ob man das schon vor dem Spiel absprechen soll? Oder Lose ziehen, wer versuchen darf/muss, Aslan zu werden?

Vielleicht könnte man ja auch sagen, dass bei berechtigten Zweifeln die anderen entscheiden, ob man Aslan oder die weisse Hexe wird? Und dass die weisse Hexe irgendwie eine unangenehmere Aufgabe hat? Dann würde es etwas riskanter.

Muss ich nochmal drüber nachdenken.


Offline Lord Verminaard

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #5 am: 9.08.2004 | 19:01 »
Hmmmm... Nehmen wir an, Peter und Edmund wollen beide Aslan werden.
Peter: "Ich greife die 20 Zentauren an und erwürge sie alle mit bloßen Händen."
Edmund: "Nein Peter, du bist ein Dummkopf, lass das gefälligst bleiben."

Und jetzt? ::)

Vielleicht solltest du erstmal versuchen herauszuarbeiten, worum es dir bei dem Spiel eigentlich geht. (Ich weiß, dass ist der Satz des Elches, aber es ist nun mal ein sinnvoller Satz.) Geht es darum, möglichst geistreich die anderen Spieler auszutricksen? Und wenn ja, mit welchem Ziel? Selbst Aslan zu werden oder jemand anderen zu zwingen, Aslan zu werden? Oder geht es noch um etwas anderes (gemeinsames Geschichtenerzählen, Narnia-Flair?) Ist es gut oder schlecht für die Spieler, wenn sie Konflikte einvernehmlich beilegen und niemand Aslan wird?

Was wirklich helfen kann, ist ein Spielbeispiel, das demonstriert, wie du dir eine gelungene Sitzung vorstellst. Hinterher kann man die Regeln so zurechtbiegen, dass sie zu dem Beispiel passen.
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Offline Fredi der Elch

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #6 am: 9.08.2004 | 19:10 »
Vielleicht solltest du erstmal versuchen herauszuarbeiten, worum es dir bei dem Spiel eigentlich geht.
[...]
Was wirklich helfen kann, ist ein Spielbeispiel, das demonstriert, wie du dir eine gelungene Sitzung vorstellst.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht: Mein Text! ;D

Im Ernst: Wie soll das aussehen? Für mich klingt das nach einer endlosen Diskussion, die dan ganzen Abend lang geht und nach Spielern, die ständig "Aber nicht doch, Peter!" rufen... Oder nach Spielern, die ständig aus der Rolle fallen, weil sie dafür mit "Aslan" belohnt werden...
Also wie sind denn so 2 optimale Szenen? Und btw: unter dem Aslan und wie er den Konflikt bestimmt kann ich mir auch noch nicht so richtig was vorstellen...

IMO wäre es sinnvoller, wenn Du erst einmal herausarbeitest, worum es bei den Narnia Büchern überhaupt geht und dann versuchst, diesen Kern in Regeln zu fassen.
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

wjassula

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Re: [System]Narnia-Durch den Wandschrank
« Antwort #7 am: 9.08.2004 | 19:59 »
Ok, jetzt mal ganz im Errnst: Es ist eine amüsante Idee, zumindest für mich.  Wenn es sonst nichts ist, ist es zumindest ein Kommentar zu Rollenspielen - so wie, sagen wir mal, ein dadaistisches Gedicht zugleich ein Gedicht ist und auch wieder nicht. Es ist genau so sehr ein Text über Rollenspiele, wie es ein Rollenspiel selbst ist.
Das mal zur Erklärung, weil ich das Gefühl habe, dass hier so eine "Hä, was will der Typ eigentlich" - Stimmung aufkommt.

Aber die Denkermütze aus Himbeeren mal Beiseite:

Das ist nicht alles. Mein Ziel ist schon, dass es zumindest vorstellbar ist, das zu spielen. Ob man wirklich wollen würde, ist was anderes. Insofern bewege ich eure Kommentare in meinem Herzen. Ich denke, das sinnvollste ist wirklich mal ein ausführliches Beispiel.

Zitat
IMO wäre es sinnvoller, wenn Du erst einmal herausarbeitest, worum es bei den Narnia Büchern überhaupt geht und dann versuchst, diesen Kern in Regeln zu fassen.

Einer von vielen Aspekten von Narnia (ich weiss nicht, worum es in den Büchern "eigentlich" geht), den ich mir herausgepickt habe, ist, dass es eine sehr moralische Erzählung ist, die vodergründig vor dem Hintergrund einer merkwürdig zusammengewürfelten mythologischen Märchenwelt spielt, auf einer anderen Ebene aber um gesellschaftliche Verhaltensnormen (des Englands um 1940, des Christentums) geht. Die Kinder in den Romanen nehmen ihre Prägung aus England mit nach Narnia - und dort hat ihr "richtiges" oder "falsches" Verhalten Konsequenzen für die gesamte Welt. Einerseits ist das "pädagogisch wertvoll", andererseits unglaublich rigide und intolerant.

Der Kern der Idee- wie unvollständig, schwammig, oder schlicht doof auch immer der Rest sein mag-  heisst:

Du bist auf eine Rolle festgelegt. Die Gruppe bestimmt, ob du dich dementsprechend verhältst. Fehlverhalten wird sanktioniert, eröffnet aber auch Freiräume. Was ist wichtiger: der Gruppenkonsens oder die individuelle Freiheit?

Zweitens, und im engeren Sinne rollenspielerisch: Vermischung der Ebenen von Spielern und Charakteren. Du versuchst, deine Rollle aufrecht zu erhalten. Wenn die Spannung zwischen Rolle und Handeln zu gross wird, versucht die Gruppe, den gemeinsamen vorgestellten Raum anzupassen - nicht die Rolle.  Wenn das auch nicht mehr geht oder die anderen das nicht mehr wollen, bist Du raus.

Zitat
Peter: "Ich greife die 20 Zentauren an und erwürge sie alle mit bloßen Händen."
Edmund: "Nein Peter, du bist ein Dummkopf, lass das gefälligst bleiben."

Naja, ich stelle jetzt mal in Rechnung, dass ich ein ausführliches Beipiel immer noch schuldig geblieben bin. Insofern ist das wohl meine Schuld... Aber, komm, das ist so als würde man in einer Kritik von D&D sagen: "Na toll, alle würfeln und streichen dann Zahlen von ihren Zetteln. Und das soll jetzt spannend sein, oder was?".

Wenn und falls man vom Spiel erwartet, dass das Festlegen, was jeder tun kann und was nicht, das Spiel ausmacht,dann macht das halt die Spannung aus. Wenn das Spiel das schon voraussetzen soll, und der Spass darin liegt, sich in diesen Grenzen zu bewegen - auch gut. Aber das will ich ja gar nicht.
 
Zitat
Wie soll das aussehen? Für mich klingt das nach einer endlosen Diskussion, die dan ganzen Abend lang geht und nach Spielern, die ständig "Aber nicht doch, Peter!" rufen...

"Eine Diskussion, die zwischen 10 und 60 (?) Minuten dauert" trifft es wohl eher. Was die Spieler dabei rufen, bleibt ihnen überlassen, aber klischeehaft klingen sollte es besser, weil sie ja Klischees verkörpern. Wieder: "D&D? Klingt für mich nach endlosem Würfeln, dass den ganzen Abend lang geht und nach Spielern, die ständig >Ist noch Limo da?< rufen."

@euch beide: Die Geschichte mit Aslan und ob es Belohnung oder Strafe ist, seine Rolle anzunehmen sehe ich auch grade als grösstes Problem, eben weil davon so stark abhängt, wie die Spieler sich verhalten. Udn wie ich bereits sagte: Ich denke mir, dass es um Lichtjahre einfacher zu spielen ist, als darüber zu philosophieren. Womit wir wieder bei den Beispielen wären. Die kommen.