Die Blicke des Pöbels saugen sich an ihm fest, immer wieder, manche Leute erbleichen, andere legten die Hand vor den Mund. Mütter und Ammen ziehen ihre Kinder aus dem Weg, als sie seiner ansichtig werden. Jeder spürt, daß er nicht mehr unter die Menschen zählt. Ras begrüßt das. Es macht vieles einfacher, unkomplizierter, er muß das Spiel der Etikette und Höflichkeit nicht mehr spielen - er hat es nie beherrscht, das zu leugnen wäre Heuchelei.
Als das Gewühl dichter wird, nimmt er den Helm vom Gürtel und läßt ihn wieder an den Schulterteilen einrasten. Ein Klicken und Zischen, und Ras atmete wieder gefilterte Luft. Das Visier schränkt seinen Blick nicht ein, die Verspiegellung gewährt ihm auch die periphäre Sicht, das Material filtert die Farben, dämpft, läßt aber auch stärker hervortreten. Die Ausrüstung ist wirklich gut geplant, gut gearbeitet, jemand hat sich Gedanken gemacht. Die Bauern mögen mit Hacken und Sicheln in die Schlacht geschickt werden, nicht aber die Kossacken.
Die Leute starren ihn noch immer so an, aber ihre Blicke gleiten jetzt an seinem Visier ab, an der Rüstung, wie Wassertropfen, die ihn nicht mehr berühren können. Keine der ausgelegten Waren interessiert ihn - die Leute spritzen vor ihm auseinander, als sei er ein Dämon, der nur um ihrer Seele willen gekommen ist.
<Jevgenii.>
<Hauptmann.>
<Bereite alles für ein Duell vor. Um Mitternacht. Frag jemanden aus dem Gefolge des Grafen, was beachtet werden muß.>
<Schon geschehen, Hauptmann.>
Ras zögert, neigt amüsiert den Kopf. Jevgenii hat Initiative, anders als Boris, der wie ein Hund darauf wartet, auf etwas gehetzt zu werden. <Du arbeitest hart an einer Beförderung.>
<Zur Ehre der Mantis, Hauptmann.> Die Stimme klingt amüsiert.
Auch seine Floskeln beherrscht Jevgenii gut. In fünf Jahren wird er gefährlich werden, denkt Ras. Aber nein, nicht, wenn Andrei ihm tatsächlich das Serum gespritzt hat. Und in fünfzig Jahren wird Jevgenii nicht mehr da sein.
Der Hangar kommt in Sicht. Ras meint zu spüren, wie Jevgenii horcht, darauf wartet, daß das Gespräch fortgeführt wird. Er schließt die Verbindung und geht weiter.
Schwarz gekleidete Decados-Soldaten bewachen den Hangar, wo die >Marquis Ivan< angedockt ist, Andreis Frigatte, die früher seinem Sohn gehörte und nach dessen Tod an Andrei zurückgefallen ist. Sie hat einen neuen Namen erhalten, nach Andreis verstorbenem Sohn, der von einem abtrünnigen Leibwächter im Blutrausch umgebracht worden war. Innen war sie völlig umgebaut worden - Ivan hatte die Frigatte als fliegenden Palast konzipiert, mit mehr Quartieren für Lustsklaven und exotischen Tieren als Soldaten. Der künstliche See wurde trockengelegt, das Kasino ist noch immer ein großer Saal, aber einer, den Andrei auch für andere Dinge verwendet, seine Fechtstunden, etwa, oder als Ballsaal für kleine Empfänge. Ras schreitet durch die Gänge, die Soldaten salutieren, die Techniker senken den Blick, klopft zuletzt an eine Tür.
Die Tür öffnet sich. Der schmale graue Mann sitzt an seinem Schreibtisch, die Uniform ist akkurat geknöpft, das gedankenvolle Gesicht wendet sich ihm zu. "Hauptmann."
Er salutiert und löst den Helm, nimmt korrekte Aufstellung. "Sir."
Der Jakovianer lehnt sich zurück. "Womit kann ich Euch ... dienen, Hauptmann?"
Der Mann ist kein Adliger, aber innerhalb der Jakovianer trägt er einen höheren Rang. Zwei Hierarchien, die alle Geschäfte innerhalb des Hauses verkomplizieren. Ras hält sich an die Ränge innerhalb der Agentur. Einfacher.
"Ich habe Baron Enkidi Li Halan zum Duell gefordert."
Der Jakovianer nickte.
"Während unseres ersten Waffenganges hat der Baron bemerkenswerte Fähigkeiten gezeigt." Ras' Lippen sind schmal. "Ich ersuche Euch, mir weitere Informationen zu ihm zukommen zu lassen, Sir."
Der Jakovianer wiegtbedächtig den Kopf. "Ich denke nicht, daß es Euch bewußt ist, Hauptmann, aber auf Bazaar befinden sich einige höchst interessante Individuen."
"Wie der ehemalige Beichtvater eines Decados?"
Der Jakovianer macht eine zustimmende Geste mit der linken Hand. "Benötigt Ihr diese Information mittelbar oder unmittelbar, um Eure Pflicht zu erfüllen, Hauptmann."
Verfluchte Dienstvorschriften. Aber hat Andrei nicht gesagt, er solle sich lösen. Das war ein Befehl.
"Um einem Befehl des Grafen nachzukommen, Sir."
Der Jakovianer nickt, legte die Hände flach auf den Schreibtisch und erhebt sich mühsam, dann hinkt er mit einem steifen Bein zu einer Truhe hinüber. Einige Berührungen der Oberfläche, die keinen Sinn ergeben, dann öffnet sich die Truhe lautlos und wie von selbst, im Inneren blinken Lichter. Eine Denkmaschine?
"Ich werde Euch über Funk verständigen, Hauptmann."
Ras salutiert, tritt zurück und verläßt das Schiff.