Cyberpunk ist ebenso tot wie 1984.
Er war eine pessimistische Zukunftsvision seiner Zeit, und der damaligen Ängste und Zweifel. Sei es der Aufstieg Japans , die sich abzeichnende Vernetzung, oder einfach der Verfall der "klassischen" Wertesysteme (der zwar schon in vorher begann, aber imho erst in den 80gern konkrete Auswirkungen zeigte).
Nur sind diese grundlegenden Ängste heutzutage oft anachronistisch, die Vernetzung ist ein Fakt, wie das Forum hier beweist und ist schlicht und ergreifend nicht mehr visionär oder beängstigend sondern banal, seit der Asienkrise ist Japan auch nicht mehr der wirtschaftliche Angstgegner der "westlichen Welt", man hat sich mit den Veränderungen, die die 70ger und 80ger mit sich brachten einfach arrangiert.
Um einmal das Beispiel 1984 heranzuziehen. Das Szenario ist ebenfalls anachronistisch. Der Trumph des Sozialismus längst pase, ebenso die Vision des ewigen, heißen Krieges.
Und dennoch die totalitäre Überwachung die Orwell beschreibt ist erschreckenderweise aktueller den je. Und meines Erachtens auch fast die Dreiteilung der Welt, die er bechreibt, Amerika gegen Europa gegen China, in stets wechselnden, bröckelnden Allianzen.
Und so ist es auch mit Teilen des Cyberpunks, wenn man sich überlegt, wie sehr Lobbyisten die Politik mitbestimmen, wie sehr die Vernetzung der Welt voranschreitet, dann sehe ich auch hier noch einen aktuellen Kern.
Cyberpunk ist nicht tot, die Welt hat sich weiterbewegt, der Cyberpunk hingegen nicht.
Wobei ich wie oben schon gesagt Cyberpunk in eine Reihe mit Metropolis, 1984 und anderen Werken der pessimistischen Utopie stelle. Ich glaube niemand mehr würde heute noch 1984 schreiben, ebenso ergeht es dem Cyberpunk.
Mein Fazit, der Cyberpunk ist für die Archive, die pessimistische Utopie wird weiterleben, nur wird sie sich anderen Themen zuwenden, wie sie es bereits seit ihren Anfängen immer wieder getan hat.
PS Ein wenig Eigenwerbung,
meine Gedanken über eine "moderne Cyberpunk-Welt"