Okay, das ist doch mal ein richtig konstruktiver Thread!
Also, Vale und Dorin: Die Frage ob mehr oder weniger cinematisch ist keine, die euer System lösen sollte. Ihr wolltet es doch gerade bewusst offen halten, praktisch Freeform-Rollenspiel mit Zufallselement. Dann liegt der angestrebte Stil logischerweise im Verantwortungsbereich der Spielrunde und nicht der Regeln. Die Fragen, auf die es mir anzukommen scheint, sind:
Frage 1: Wie erreicht man eine Harmonisierung des Spielstils, also dass nicht unterschiedliche Erwartungen zu einer unstimmigen Erzählung führen? Variante A: Der SL soll's richten. Als milder Tyrann soll er den Spiestil, den er sich vorstellt oder auf den man sich anfangs geeinigt hat, durchsetzen. Vorteil: Die Methode funktioniert schnell und zuverlässig. Nachteil: Spieler haben geringeren Einfluss und könnten frustriert sein, wenn sich ihre Vorstellungen nicht mit denen des SL decken.
Variante B: Die Spieler bekommen eigene Gestaltungsmöglichkeiten, und der SL und andere Mitspieler können durch Einspruch auf Unstimmigkeiten hinweisen. Der SL steuert außerdem über die Vorgabe der Schwierigkeit und ggf. über weitere Regieanweisungen. Vorteil: Es ist demokratischer und berücksichtigt mehr die Interessen der Spieler. Nachteil: Das Spiel wird möglicherweise holpriger und verlagert sich mehr auf die Meta-Ebene. Dieser Effekt kann aber durch gute Absprachen im Vorfeld gering gehalten werden.
Frage 2: Wie schafft man es, das Kämpfe spannend bleiben?Zunächst: In den meisten herkömmlichen System folgt, nachdem die Würfel gefallen sind, keine große Überraschung mehr. Ich dachte, ihr wolltet Task Resolution und keine Conflict Resolution? Na ja, der Übergang ist ja fließend, aber jedenfalls würde ich euch raten, den Kampf in relativ kleine Resolutions-Einheiten aufzuteilen. Die Spannung entsteht dann, unabhängig davon, wer erzählt, durch den Würfelwurf selbst. Wenn man die Intentionen genau genug beschreibt, steht das Ergebnis hinterher eigentlich schon fest, bei der Beschreibung geht es mehr um Color-Details.
Euer Problem ist glaube ich vielmehr, dass bei Kämpfen mehr als in anderen Situationen ein Bedürfnis nach einer gewissen Berechenbarkeit und Reproduzierbarkeit besteht. Diese Zuverlässigkeit gewährleistet euer System aber nicht, sondern sie herzustellen ist die Aufgabe der Spielrunde. Tastet ihr diesen Grundsatz an, dann verändert ihr den Charakter eures Systems.
Wenn man voraussetzt, dass der SL grundsätzlich all die herkömmlichen Befugnisse hat, dass also er allein über die Umwelt der Charaktere und insbesondere über die Stärke der Gegner entscheidet, dann braucht er, um diese Dinge zu wahren, eine gewisse Einflussmöglichkeit. Entweder knallharte Alleinherrschaft nach Variante A (was ich nicht das Schlechteste finde). Dann müsste man aber wirklich darauf achten, dass die Spieler vor dem Wurf hinreichend genau definieren können, was ihr Charakter eigentlich vorhat.
Oder Variante B mit Regieanweisungen. Insbesondere im Kampf müsste der SL dem Spieler dann halt sagen, wie kompetent der Gegner ist. Das müsste ja nicht vor dem Kampf erfolgen, es würde reichen, wenn es bei dem ersten erfolgreichen Wurf des Spielers geschieht. Spätestens in diesem Moment wird auch der Charakter wissen, woran er ist. Und dann ist es letztlich im Verantwortungsbereich des Spielers, ein stimmiges Ergebnis zu liefern. Daher halte ich SL-Anweisungen im Sinne von "leicht verletzt" oder "tot" auch nicht für erforderlich: eine Munchkin-Sicherung kann man in euer System ohnehin nicht einbauen.
Ich persönlich finde ein bisschen Erzählgewalt beim Spieler eigentlich ganz nett, das sorgt dafür, dass auch der SL gelegentlich überrascht wird. Natürlich muss man sich mit dem Input der Spieler arrangieren und den eigenen Kontrollfetisch ein bisschen zurückstellen...
Aber wie gesagt: Für die eigentliche Spannung sollen die Würfel selbst sorgen. Dafür sind sie ja da, das ist doch gerade der Unterschied zwischen eurem System und reinem Freeform-Spiel.
Frage 3: Wann ist ein Kampf zu Ende?Mit euren Überlegungen zu einer Differenz geht das jetzt ein bisschen drunter und drüber, zumal hier verschiedene Varianten im Raum stehen. Jedenfalls scheint mir die Frage unabhängig von der Frage zu sein, ob der SL oder der Spieler beschreibt. Ursprünglich hattet ihr nur: Die Aktion und ihre Schwierigkeit. Also der Spieler muss einfach ansagen, ob er einen "Finishing Move" ansetzt oder erstmal versucht, seinen Gegner in größere Bedrängnis zu bringen oder zu verwunden. Je nach Situation wird die subjektive Schwierigkeit bestimmt. Natürlich kann der SL auch erklären, dass in dieser Situation ein "Finishing Move" nicht möglich ist. Ein Erfolg heißt der Gegner wird erledigt, je besser der Erfolg, desto spektakulärer. Bei einem Misserfolg geht die Sache daneben, bei einem Unentschieden wird der Gegner vielleicht noch verwundet oder gerät in heftigere Bedrängnis. Das ist alles. Schlicht und elegant.
Das was ihr jetzt überlegt, geht mehr in die Richtung "Extended Conflict". Auch eine schöne Variante, aber eben etwas ganz anderes. Dann hättet ihr zwei Variablen: Das Verhältnis der Würfe zueinander,l und die erforderliche Differenz. Bitte bringt das nicht durcheinander. Welches soll von was abhängen? Wie soll sich das entwickeln? Ein taktischer Vorteil (Verwundung, Berdrängnis) verbessert das Verhältnis der Würfel. Verändert es auch die erforderliche Differenz? Soll diese Differenz von der Kompetenz des Gegners abhängen? Aber davon hängen ja schon die Würfel ab, das wäre doppelt gemoppelt. Oder ein fester Betrag? Oder abhängig von der dramatischen Relevanz des Gegners?
Bevor ihr in dieser Richtung weiter überlegt, würde ich euch empfehlen, noch mal über das Kampfsystem in seiner "Reinform" nachzudenken. Ich finde es nämlich sehr genial.