Autor Thema: playing hard and gritty  (Gelesen 22351 mal)

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playing hard and gritty
« am: 5.10.2004 | 10:09 »
Ja, mit etwas Glück konnte man diesen Text auf der einen oder anderen Seite schon mal lesen, und Teile hier draus habe ich auch schon mal gepostet, aber noch nicht in dieser Langversion.. Aber da ich gerne bereit bin, mich mehreren Kritikern zu stellen und ehrlich gesagt ziemlich glücklich mit diesem kleinen Leitfaden bin, gibt es hier noch einmal eine eigene Grofafo-Edition.

Playing gritty

Ein kleiner Leitfaden für düsteres Rollenspiel

Kennt ihr auch das Gefühl, dass euch das klassisch-cineastische Heldenspiel nur langweilt? Überall nur die selben Rollenklischees, die albern rumhampeln und versuchen, möglichst cool zu wirken. Pubertierende Kiddys, die Rollenspiel als Ventil für ihre eigenen Frustrationen brauchen und sich deshalb eine Scheinwelt erschaffen, in der sie große, unverwundbare Helden sind- ist doch irgendwie kindisch, oder?
Warum nicht mal was anderes? Härteres, Düsteres, Rollenspiel, dass ohne Rumgehoppse und fancy Spezialeffekte auskommt, Rollenspiel, in dem Drama und vor allem Bedrohung im Vordergrund steht und nicht Wer die besten Feats oder die meisten Hitpoints hat.

Gerade in Fantasy-Settings ist gritty eine wohltuende Alternative zum cineastisch-heroischen Alltagsbrei. Natürlich es ist immer wieder ein großer Spaß, Wagner's Ritt der Walküren im Hintergrund zu hören, sich dazu die Rede von Heinrich V vor Ajincourt von Shakespear vortragen zu lassen und sich dann ins Getümmel gegen eine riesige Übermacht werfen um dann, mit der Macht des Pathos, letztendlich siegreich zu sein. Es ist unbenommen, dass so was Spaß macht- aber man kann diesen Spielstil schnell ausreizen. Und, seien wir ehrlich, eine Überdosis Pathos ist eine gefährliche Sache. Rollenspiel sollte nicht kitschig sein.

Ich will mal versuchen, hier einige Punkte auf zu listen, die sich in meiner Spielrunde bewährt haben. ?Gritty? muss nicht jedem liegen oder Spaß machen. Es ist nur ein rollenspielerisches Werkzeug, dass, richtig genutzt, für mehr Spannung und Intensität am Spieltisch sorgt.

Waffen sind keine Spielzeuge
Was im Rollenspiel oft unterschätzt wird ist die Tatsache, dass es darum geht, jemanden zu töten. Du oder ich, einer von uns beiden ist nachher tot- oder verstümmelt, zum Krüppel gehackt. Vielleicht auch wir beide. Jeder Kampf sollte eine Bedrohung sein. Dazu kommt die ganze Emotion, die damit verbunden ist- Adrenalin, Hass, Wut, Schmerz. Das sind alles Spielelemente, die der gritty SL verwendet um eine Atmosphäre auf zu bauen.

Tod ist nicht komisch
Gewalt ist nicht zum lachen. Es ist nicht cool, andere Leute zu Krüppeln zu hacken. Man sollte Gewalt auch nicht als cool darstellen- wer jemanden killt, solle die Konsequenzen davon tragen- langes, hartes Sterben ist an der Tagesordnung. Wenn du dem Ork eine tödliche Wunde zugefügt hast, löst er sich nicht einfach auf und hinterlässt XP und Schätze- er tut dir noch nicht mal den Gefallen und stirbt schnell. Ohne Gnadenstoß wimmert er nach Wasser, versucht weg zu kriechen und entleert seine Gedärme. Und du schmeckst noch sein warmes Blut... kannst du ihm jetzt in die Augen blicken? Oder ihm zu mindest einen schnellen Tod gönnen?
Dieser innere, moralische Konflikt kommt im Rollenspiel oft zu kurz- und damit geht ein enorm dramatisches Element verloren. Der Umgang mit der (Charakter-)eigenen Verantwortung und was der Charakter da draus macht, ist ein Stimmungselement, auf dem so manche klassische Tragödie basiert. Und was einem Roman oder einem Theaterstück zusätzliche Spannung verleiht, kann man im Rollenspiel immer verwenden.

Dummheit wird bestraft
Wer auf die Idee kommt, sich besonders heroisch zu verhalten, stirbt vermutlich auf eine grausame und unnütze Weise. Dies ist ein Kampf, Mann. Da sind Leute, die wollen dich töten (oder "nur" versklaven und kastrieren oder vergewaltigen...) und jeder Fehler ist potentiell tödlich, also mach besser keine. Der harte und fiese SL nutzt jeden taktischen Fehler der Spieler aus, um noch man deutlich zu machen, dass die Welt nun mal nicht fair ist.
Was man aber lassen sollte, sind eher willkürliche Charaktertode. Man sollte recht sparsam mit tödlichen Fallen sein (dazu später mehr), denn tote Charaktere sind eher unspannend.

In wessen Gedärmen steckt dein Schwert?
-Der Gegner. Gehe einfach davon aus, dass die Gegner nicht blöd sind. Gestehe ihnen genug taktisches Geschick zu, um die Spielercharaktere so richtig zu stressen. Auch hier gilt: Ausarbeitung und Abwechslungsreichtum bringen das Spiel auf die Beine. Arbeite deine Gegner gut genug aus, um sie markant zu machen- wenn die Spieler beim besiegen des Gegners so etwas wie Hass, Mitleid oder auch nur Erleichterung spüren, dann hast der harte und fiese SL seinen Job gut gemacht.
Man braucht keine Drachenarmeen, um Spannung auf zu bauen, wenn eine eingespielte Gruppe von Goblinjägern es auch tut- mit Hinterhalten, unfairen Taktiken (Stichwort: Guerilla-Kampf) können so'n paar Goblins echt gemein sein (und das, obwohl sie nur ziemlich miese Werte haben...)

High Pressure!
Kämpfe sind intensiv und hart- echte Brocken, die man als Spieler nicht im Übermaß erträgt und die als Spielleiter auch einiges an Arbeit erfordern. Daher: Wenige Kämpfe, diese dafür aber einzigartig und jedesmal so spannend wie möglich. Jeder Kampf sollte einzigartig sein und einen Höhepunkt darstellen- daher sollte man sie eher spärlich einsetzen um den Reiz des Besonderen bei zu behalten. Gleiches gilt auch für Magie- wenn Magie zu etwas Alltäglichem wird, dann geht das Exotische, Wunderbare da ran verloren. Sie wird banal und langweilig.
Es ist besser, pro Abenteuer nur einen Kampf zu spielen, wenn dieser dafür extrem intensiv ist. Jedes Stilelement im Rollenspiel muss man sich wie ein Gewürz vorstellen- zu wenig, und das Spiel wird fad, zu viel und es wird ungenießbar. Die richtige Mischung macht den Unterschied zwischen ?Hausmannskost? und ?Fünf Sterne Menü?.

Hart, aber fair
Ein Spielleiter der hart und fies spielt, darf eine Sache nicht aus den Augen lassen: Es ist nicht seine Aufgabe, möglichst viele SC's zu killen. Vielmehr sollen alle Beteiligten eine gute Zeit haben. Voller Spannung, Aufregung und viel Platz für Charakterplay und Entwicklung. Es ist notwendig, gemein zu sein, aber es ist genauso notwendig, nett zu sein. Gute Ideen müssen genauso 'belohnt' werden wie dumme 'bestraft'. Erfolgserlebnisse sind immens wichtig, weil sie motivieren. Wenn man keine Schnitte hat und ein ums andere mal auffe Fresse kriegt, geht irgendwann die Motivation flöten. Aber nur Erfolgserlebnisse machen die erzielten Erfolge schnell schal- es fehlt ihnen das Triumphgefühl, wenn sie normal sind. Es ist wichtig, dass man als Spielleiter sowohl Sieg als auch Niederlage der SC's zu lässt und beides dazu verwendet, die Handlung voran zu treiben. Und: Spieler dürfen sich niemals hilflos fühlen. Sie müssen immer das Gefühl haben, agieren zu können. Nichts ist schlimmer als Spieler zur Passivität zu zwingen und ihnen die Möglichkeit, die Situation zu beeinflussen, zu nehmen.
Eine besondere Stellung nehmen Fallen ein. Fallen sind im allgemeinen da drauf ausgelegt, tödlich zu sein. Aber es gibt kaum einen größeren Anti-Klimax als ?Dir fällt ein Stein auf den Kopf und du bist tot.? Bedenken sie zu Fallen drei Kleinigkeiten: 1. Jede mechanische Falle kann man genau einmal einsetzen. Die laden sich nicht einfach nach. 2. Es gibt historisch gesehen kaum Belege für die klassischen ?fallengespickten Schatzkammern?. Die sind eine Erfindung von Abenteuerromanautoren. Denn Fallen sind unpraktisch, stellen nicht wirklich so etwas wie einen Schutz dar (halt genau einmal, der nächste entschlossene Plünderer kommt bestimmt) und sie sind relativ wartungsanfällig sind- und nichts ist peinlicher als ein verklemmter ?töte sie alle? Fallenmechanismus. 3. Der gesunde Menschenverstand. Schaut euch mal Indiana Jones an. Sicher, ein spannender und unterhaltsamer Film. Aber- glaubt ihr wirklich, dass die alten Ägypter derartige Mechanismen konstruieren konnten?
Auch für gritty-Runden gilt: Rollenspiel soll allen Beteiligten gefallen. Jede Runde soll dazu motivieren, bei der nächsten wieder mit zu spielen.

Bedrohung ist spannender als Konfrontation
Oder: zeige niemals deinen Gummihai. Das Gefühl der Anspannung, das gleich etwas passieren könnte ist sehr wertvoll, und oftmals viel spannender als eigentliche Kämpfe. Also, Spannung aufbauen und auf einem hohen Niveau halten an Stelle von langweiligen Auswürfeleien. Ich erinnere mich an eine Spielrunde, an der eine Gruppe von tapferen Helden ein verlassenes Gehöft untersuchten. Im Haupthaus war ein unheimliches, unmenschliches Kratzen und Heulen zu hören, und mit der Zeit (die Abenteurer tasteten sich mit gezückten Waffen vorsichtig von Raum zu Raum vor) lagen die Nerven blank. Dazu kam heftiger Regen auf... (ich LIEBE meine Geräusche-CD-Sammlung) Und irgendwann war nur noch der Abstieg in den Keller unerkundet, hinter der dichten Eichentür lag die Quelle der Geräusche- ein unterernährter Hund, der im Keller eingeschlossen war und freudig an den nach Essen riechenden Helden hoch sprang.

Achte auf Plausibilität
Das beste Regelsystem überhaupt ist immer noch GMV. Je mehr ein Setting auf Suspension of Disbelief angewiesen ist, desto weniger Plausibel ist es und desto schwerer wird es, das imaginäre Auge der Spieler an zu sprechen. Je näher eine Spielwelt an dem ist, was man als Realität bezeichnen könnte, desto einfacher ist es, diese um zu setzen.
Plausibilität heißt, dass die Spielwelt nachvollziehbar sein muss. Nachvollziehbar heißt, dass es klar ist, warum, Dinge so sind wie sie sind und das die Erklärungen befriedigend sind. Es gibt Fragen, bei denen es relativ leicht ist, sie plausibel zu beantworten, es gibt Fragen, die schwer zu beantworten sind- beispielsweise "Was fressen eigentlich Drachen und wie viel?" Man sollte für derartige Fragen sich plausible Antworten suchen, um die Spielwelt besser begreifbar zu machen.
Generell gilt: Wenn man zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden muss, von denen die eine "realistisch" und die andere "cineastisch" ist, nimm immer die realistische.

Raten ist gut, Wissen ist besser
Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig Plan viele Rollenspieler eigentlich davon haben, was sie da eigentlich machen. Man sollte doch meinen, dass Leute, die Spaß an pseudohistorischen Settings haben sich mal mit den Grundvoraussetzungen auseinander setzen und was dazu lesen. Weit gefehlt.
Es gibt so viele Rollenspieler, die in pseudomittelalterlichen Settings spielen aber schlichtweg keine Ahnung davon haben- und so'n paar Basics (Feudalsystem, Leibeigenschaft, Aufbau von Religionsgemeinschaften) einfach nicht drauf haben. Der härteste Fall, den ich in der Hinsicht erlebt habe, versuchte mir zu erklären, dass Alexander der Große ein Deutscher war.
Lesen tut nicht weh. Recherche hilft, eine Welt plastisch und (wieder das Zauberwort) plausibel zu gestalten.

Wie sieht so 'ne Welt eigentlich aus?
Ja, das ist eine wichtige Frage- weil viele sie nicht beantworten können. Man sollte da rüber Gewissheit haben, wie Ute Mustermann und John Doe der Spielwelt leben. Wie sieht der Lebensstandart für Bauern, Adelige, Handwerker aus? Wie schaut's mit der Verteilung der Geschlechterrollen aus? Wie unterscheiden sich zwergische und menschliche Bräuche?
Das alles sind reine Ambiente-Fragen und sie sind wichtig- was aber oft vergessen wird, ist warum haben Zwerge diese Bräuche, warum leben Bauern Handwerker und Adelige so und nicht so, weshalb sind die Geschlechterrollen so und nicht andersrum verteilt, etc.
Und- wie schaut's mit dem Lebensstandart eigentlich aus? Was ist mit Hygiene, verfügbaren Technologien, etc.?
Die Plausibilität der gritty-Welt macht diese meist recht düster. Städte ohne Kanalisation, unter- oder mangelernährte Bauern, despotische Adelige sind die Regel- einfach, weil es lange Zeit der Realität entsprach, und in manchen Teilen der Welt immer noch so ist.

Organisatorisches 1: Vorbereitung
Bereite dich gut auf deine Kämpfe vor. Habe immer einen Bodenplan, die notwendigen NSC und ein taktisches Konzept zur Hand. Was die Bodenpläne angeht: Entweder du legst dir haufenweise Zinnminiaturen zu, was ganz schön stressig ist, weil du alle Pläne dann maßstabsgerecht umrechnen und übertragen musst (abgesehen davon, dass es teuer ist), oder du kopierst dir den Kram, packst ihn in eine Klarsichthülle und zeichnest mit einem wasserlöslichen Folienmarker drauf rum. Immer nur das zeigen, was auch die Charaktere sehen- die "versteckten" Einheiten bewegst du so zu sagen verdeckt.

Organisatorisches 2: Die Wahl des Spielsystems
Nicht jedes Spielsystem ist für ein solches Rollenspiel gleich gut geeignet. Meiner Erfahrung nach geht hartes und fieses Spiel verdammt gut mit Shadowrun, Gurps, den WoD-Sachen und Harnmaster. DSA muss man etwas ummodeln und D&D vermutlich auch- theoretisch kann man allerdings mit jedem Rollenspiel ?gritty? spielen. Dark Sun zum Beispiel war ein AD&D Setting, dass wirklich sehr gritty war.

Organisatorisches 3: Die Wahl der Spieler
Hartes und Fieses Rollenspiel ist nicht für jedermann! Das ist Rollenspiel für Leute, die etwas Tiefgang wollen und die Rollenspiel nicht als Funraiser oder Realitätsflucht brauchen. Die idealen Spieler für eine harte und fiese Runde sind halbwegs mit sich selbst im Reinen und belastbar und können mit einem Rollenspielanreiz wie Schuldgefühl o.ä. umgehen. Tendenziell wendet sich der fiese und harte Stil mehr an ältere Spieler, nicht so sehr an 14-jäghrige Kiddos. Gritty ist ein Spielstil für Runden, die sich untereinander gut kennen und vertrauen, weil oft Themen angeschnitten werden, die bei vielen Leuten sehr starke Emotionen auslösen. Ich würde gritty niemals auf Cons oder mit mehr oder minder Unbekannten spielen- zum Einen sind da immer wieder eher merkwürdige Leute drunter, die Spaß da dran haben ?so richtig die Sau raus zu lassen? und eine eher düstere Runde dazu ausnutzen, um zu plündern, zu morden und zu vergewaltigen. So was reicht aus, um mir komplett den Spaß am Rollenspiel u verderben. Das andere Problem sind Leute, die mit ?härteren? Themen nicht umgehen können, da es ihnen zu nahe geht. Ich habe nichts gegen solche Leute, aber da ich sie nicht kenne, weiß ich nicht, wo ihre Grenzen sitzen (gegen Leute, die Rollenspiel dazu verwenden, ihre Allmachtsphantasien auch in einem recht düsteren Bereich aus zu leben habe ich allerdings schon was).

Organisatorisches 4: Die Wahl der Charaktere
Hartes und Fieses Spiel erfordert keine harten und fiesen Charaktere- eher im Gegenteil. Die ultraharten Kämpfe sollen dazu dienen, Kampfhandlungen auf ein Minimum zu reduzieren. Charaktere, die Kämpfe eher umgehen werden deutlich besser in eine harte und fiese Runde passen als harte Überkämpfer oder generische Feuerballschleudern. Da gritty sich vor allem durch Plausibilität definiert, müssen natürlich auch die Charaktere plausibel sein. Nichts spricht dagegen, dass sie herausragende Individuen sind- aber es sind auch nur Individuen, keine Götter oder Stereotypen. Jeder Charakter sollte so facettenreich wie möglich und nötig gestaltet werden- intelligente Wesen sind keine Abziehbildchen, die man in knappen Sätzen zusammen fassen kann, sondern sie haben Schichten, Ideen, Hoffnungen und Ängste, die alle wichtig sind, um diese Rolle mit leben zu füllen. Es gibt da einen einfachen Trick, um heraus zu finden, ob ein System für plausible Charaktere geeignet ist-
man erschaffe sich selbst. Du bist der Mensch auf diesem Planeten, den du am besten kennst. Wenn du diesen Menschen nicht in einem System umsetzen kannst, dann ist es Käse.

edit: Formatierung angepasst
« Letzte Änderung: 5.10.2004 | 12:54 von Wawoozle »

Preacher

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #1 am: 5.10.2004 | 12:52 »
Interessanter Beitrag und einige nützliche Hinweise. Allerdings bekomme ich den Eindruck (wir haben uns in anderen Threads ja schon darüber unterhalten), daß mir diene Spielweise ZU gritty wäre. Wenn du dich in einer großen Schlacht befindest, kann man nicht jeden Gegner so elend verrecken lassen, wie Du es beschreibst. Das kann man noch nicht mal in jedem Kampf, sonst wird man da auch schnell übersättigt.
Als Stilmittel, die Spieler ab und an daran zu erinnern, daß da gerade jemand getötet wurde und so etwas nicht schön ist, ist es selbstverständlich nützlich - aber es sollte imho eben mit Bedacht eingesetzt werden.
Außerdem mag ich auch heroische Spiele, oder auch cinematische (was nicht notwendigerweise das gleiche ist) - von daher wäre mir ein konsequentes Umsetzen deiner Tips etwas zu krass.
Aber in Maßen eingesetzt könnte das sicher auch für mich eine Bereicherung sein - Aber ich würde das als Ergänzung zu meinem bisherigen Spielstil sehen, nicht als Ersatz.
Und wenn Ihr gern verschärft so spielt, dann mehr Power für Euch ;)

Was dir wohl auch gefallen könnte (wenn Du es nicht bereits kennst), ist Das dreckige Aventurien. Ich find den Text ziemlich hilfreich. - wie ich breits an anderen Stellen mehrfach erwähnt habe.

Ein

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #2 am: 5.10.2004 | 12:53 »
Sehr schöne Beitrag, vorallem weil es kaum Material zum gritty Rollenspiel gibt. :d

Leider hab ich jetzt garkeine Kritikpunkte anzubringen.. naja, vielleicht fällt mir ja noch was ein.. ::)

Ludovico

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #3 am: 5.10.2004 | 12:55 »
Mir wäre das wohl auch zu gritty.
Mal eine Frage:
Führt eine solche Spielweise dazu, daß mehr sozial begabte Charaktere als Kämpfercharaktere von den Spielern eingesetzt werden, gerade weil der Kampf ja nicht gerade als etwas "Unterhaltendes" oder etwas "Cooles" angesehen wird?

Ein

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #4 am: 5.10.2004 | 12:59 »
In den Runden, die ich gritty gespielt habe, haben die Spieler wirklich recht bald ihr Augenmerk auf die soziale Ebene gelegt. Einfach weil sie jeder Zeit wussten:

a) ich bin nicht unbesiegbar
b) für jeden toten Gegner, stirbt sicherlich auch einer von uns
c) selbst wenn ich es überlebe, bleibe ich als Krüppel zurück

Unter dieser Prämisse fangen dann viele Spieler lieber an mit dem Feind zu verhandeln oder versuchen ihn zu umgehen. Was ich als sehr angenehmes Spielgefühl empfinde. Aber leider eignet sich gritty halt wirklich nicht für jeden.

Ludovico

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #5 am: 5.10.2004 | 13:11 »
Zitat
Rollenspiel sollte nicht kitschig sein.

Ich denke, daß das Ansichtssache ist.
Ansonsten, wenn ich mir das so durchlese, dann klingt das interessant, frag mich aber gleichzeitig, wie Satyr mit so einem Stil Swashbuckling betreiben wollte.
Immerhin gehört zu einem Swashbuckling Abenteuer meiner Meinung nach auch mal ein Kampf.
Nun ja, das mag an den unterschiedlichen Definition von Swashbuckling liegen.

Gehe ich übrigens richtig in der Annahme, daß "stylishe" Manöver im Kampf eher bestraft werden?

Oh, und wie sieht es aus mit der Nähe zum Charakter? Ist es bei einem solchen Spielstil nicht praktischer, sich nicht allzu viele Gedanken über seinen Charakter zu machen zumindest in gewissen Settings, da die Gefahr, daß er gerade anfangs hops geht, doch extrem zu sein scheint? Wären hierfür nicht Spielsysteme besonders geeignet, die eine sehr simple und schnelle Charaktererschaffung besitzen, also schon mal nicht Heroquest?

Jedenfalls denke ich, daß dieser Spielstil besonders gut geeignet für moderne Settings wie Shadowrun, Conspiracy X, Unknown Armies, Cthulhu, etc. geeignet ist. Ich denke, daß ich bei einer Con X-Runde davon Gebrauch machen werde oder wenn ich mir mal AFMBE zulegen sollte.

Edit: Mir fällt da noch eine Frage ein:
Wozu ist der Gritty-Stil entwickelt worden? War es um Kämpfercharaktere in Spielen zu limitieren?
« Letzte Änderung: 5.10.2004 | 13:35 von Ludovico »

Gast

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #6 am: 5.10.2004 | 13:34 »
ja, gritty-Runden verschieben den Fokus etwas von der klasischen Abenteurerrunde (ein bis zwei Krieger, ein Magier, ein Heiler/Kleriker und ein Dieb) hin zu eher friedlicheren Gruppen. Das liegt da dran, dass der Ansatz der Prtoblemlösung verschoben wird- weg von der Idee, dass man alles irgendwie töten kann und schon damit durch kommt mehr hin zu Pläne schmieden und sich durchbluffen oder Hinterhalte legen und so weiter.
Mehr Hirn weniger Klopp ist die Devise.
In meinen Augen eine große Verbesserung.
Oh, und gritty und heroisch ist oft gar kein Widerspruch. Ich wage mal zu behaupten: Erst dadurch, dass ein Charakter Widrigkeiten und Probleme übersteht, die fast unmenschlich sind wird er zum Held.

Ein schönes Beispiel für diese Kombination aus gritty und heroisch findet man in der Heinrich V-Verfilmung. Mitreissende Dialoge
("Und nie von heute bis zum Schluß der Welt
Wird Krispin-Krispian vorübergehn,
Daß man nicht uns dabei erwähnen sollte,
Uns wen'ge, uns beglücktes Häuflein Brüder:
Denn welcher heut sein Blut mit mir vergießt,
Der wird mein Bruder; sei er noch so niedrig,
Der heutge Tag wird adeln seinen Stand.
Und Edelleut in England, jetzt im Bett,
Verfluchen einst, daß sie nicht hier gewesen,
Und werden kleinlaut, wenn nur jemand spricht,
Der mit uns focht am Sankt Crispinustag!"

-Heinrich V., vierter Aufzug, Dritte Szene)

Gekoppelt an blutige Schlachten im Schlamm un sehr häßliche Schauspieler.
Oh, und die Schlussszene, in der der siegreiche König Heinrich versucht, die schöne französische Prinzessin zu bewerben ist auch sehr goldig.

@Ludovico: Hatten wir das mit dem Swashbuckling nicht schon mal?
Und es ist eine Frage, wie man "stylishe Manöver" sieht. Ich persönlich halte es eher mit realistischen Kampfmanövern(soweit ich das einschätzen kann), und Rumhampelei wird in der Tat abgestraft.

Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass mein Gritty-Spiel zu schlechter ausgearbeiteten Charakteren führt. Erst einmal, spiele ich mit der unpopulären "biography counts" Regel (eine gute Hintergrundstory bringt Bonuspunkte bei der Charaktererschaffung), zum anderen passen die Spieler mehr auf ihre Charaktere auf. Wenn wer unbedingt einen fanatischen, impulsiven Berserker spielen will, bitte, aber das wird dann ein kurzer und intensiver Ritt.
Seit dem ich angefangen habe, richtig gritty zu spielen, sind nur drei Charaktere gestorben- zwei davon, weil die Spieler die Charaktere loswerden wollten und genau einen habe ich umgebracht, weil er sich exorbitant doof angestellt hat, ohne das ein Grund dafür bestand (er griff alleine einen Dämon an, der unglaublich langsam, aber auch unglaublih stark war (ein Dahrai, wenn das wem was sagt). Der Dämon hätrte nie die SC's angegriffen, stellte mommentan keine Bedrohung dar und war keine Blockade. Er griff an, wurde irgendwann gepackt und zerrissen.)

Oh, und wie schon geschrieben: Gritty Fantasy ist eine herrliche Abwechslung zum eher heroischen Alltagsbrei.

Offline Althalus

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #7 am: 5.10.2004 | 13:39 »
*applausklatsch* Sehr schöner Artikel. Ziemlich das, was ich bei RuneMaster im Auge hatte und habe. :d
Stylishe Manöver bestrafe ich allerdings nur dann, wenn sie keinerlei Vorteil bieten und nur cool aussehen sollen. Ansonsten sind kluge Manöver ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
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Gast

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #8 am: 5.10.2004 | 13:42 »
Das ist imho der Unterschied zwischen einem Maneuver und Rumgehampel. Ein Manöver ist eine spezielle Kampftechnik, die dazu dient, den Gegner aus zu schalten, beispielsweise eine Finte.
Rumgehampel ist alles, was nur Style, aber keine Substanz hat.

Ludovico

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #9 am: 5.10.2004 | 13:43 »
Ist dieses Gritty also dazu gedacht, um Kämpfer-Charaktere eher "abzustrafen"?
Wie viele Kämpfe gibt es denn in Deinen Kampfrunden (die Hinterhalte mitgezählt)?
Und wie viele Kämpfercharaktere gibt es bei Dir in der Runde?
Wenn die Runde fast ausschließlich aus sozial begabten Charakteren besteht, dann kann ich mir schon vorstellen, daß es sich für diese lohnt auch einen ausgearbeiteten Hintergrund vorzulegen. Kämpfe sind dann ja eher selten, wenn es sie überhaupt gibt.
Aber wie sieht es aus mit dem gemeinen Söldner oder einem Straßenschläger?
Wie sieht es aus mit dem Ritter oder einem Duellisten?
Diese dürften bei dem Gritty-Stil doch recht schnell hops gehen oder dermaßen verkrüppelt sein, daß ihre Klasse nur noch anhand der Bemerkung auf dem Charakterbogen erkennbar ist.
Wieso sollten diese also großartige Charakterhintergründe machen?

Edit: Wie sieht es mit Duellen bei euch aus? Nach dem, was ich hier lese, werden Aktionen, die das Runterputzen des Gegners zum Ziel haben, ja abgestraft (Beleidigungen, Zurschaustellung der eigenen Überlegenheit durch Schnörkel-Manöver, ...). Ist das so bei euch oder liegt hier nur ein Mißverständnis vor?
« Letzte Änderung: 5.10.2004 | 13:44 von Ludovico »

Offline Azzu

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #10 am: 5.10.2004 | 13:52 »
Volle Zustimmung zu dem Text!

Mein Stil als SL liegt sehr nahe an dem, was hier als "Gritty" beschrieben wird. Allerdings lasse ich durchaus gerne "larger than life" Charaktere zu, was die Spieler wieder etwas entlastet (bei knallhartem Spiel mit gar zu sterblichen Charakteren verliert man schnell den Charakter, wenn die Konzetration nachlässt; Letzteres kommt aber bei Spielsitzungen bis in der frühen Morgen irgendwann zwangsläufig vor  ;)) - daher ist nicht jeder anzutreffende Zeitgenosse ein potentiell tödlicher Gegner, wenn es zum Konflikt kommen sollte. Aber die physischen Konflikte, die ich in der Handlung vorsehe, sind tough.

Ein Wort zu taktisch agierenden NPC-Gegnern: Auch hier volle Zustimmung, ABER: Man muss immer bedenken, dass die NPCs nicht telepathisch miteinander kommunizieren können, obwohl sie alle nur im Kopf des SL existieren. Erst recht können nicht an der Allwissenheit des SL teilhaben, das Gelände und Zahl und Fähigkeiten der Gegner perfekt einschätzen. Schon gar nicht können sie die Aktionen der Charaktere vorausahnen, nur weil die Spieler die Aktionen dem SL ansagen müssen, bevor sie abgewickelt werden. Als Spielleiter muss ich mich immer wieder selbst ermahnen, dass NPCs auch nur Menschen sind  ;).

Ist dieses Gritty also dazu gedacht, um Kämpfer-Charaktere eher "abzustrafen"?

Was man als SL beim gritty Style immer bedenken muss: Wenn die Charaktere sich zweimal überlegen, ob das Risiko Kampf wirklich notwendig ist, gilt das genauso für NPCs. Ein Kämpfer-Charakter hat einen ganz beträchtlichen Einschüchterungsfaktor. Wenn ein baumlanger Kämpfer mit schwerer Rüstung und Bewaffnung Gewaltbereitschaft erkennen lässt, sollten NPCs auch entsprechend reagieren. 90 cm große, halbnackte Goblins mit Holzspeeren haben jedenfalls regelmäßig Besseres zu tun, als sich mit dem Ritter in Vollrüstung anzulegen , statt in d&d-Manier kreischend in den sicheren Tod zu stürmen.

EDIT: Doppelpost zusammengefasst.
« Letzte Änderung: 5.10.2004 | 14:03 von Azzurayelos »

Offline Althalus

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #11 am: 5.10.2004 | 14:05 »
Ich sprech hier mal nur von meiner RuneMaster-Runde:
consists of: 2 Zauberkundige, 1 Piratin, 1 Adelige mit Fechtausbildung, 1 Kavallerieoffizier, 1 Assassine
3 Kämpfer und der Assassine (der mit seiner Windbüchse eher aus der Ferne tötet)
Kämpfe sind meist innerhalb von 1- 3 Runden erledigt.
Wir hatten schon taktischen Häuserkampf, Duelle, etc. Überlegtes Vorgehen hat hier Leben gerettet.

Duelle zwischen zwei ebenbürtigen Gegnern sind zwar länger, aber meist furchtbar Adrenalintreibend. Ich erinnere mich da an das Duell zwischen meinem Offizier und einem Ritter. Entschieden hat im Endeffekt ein für den Kerl unerwartetes Manöver und Glück.
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Ludovico

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #12 am: 5.10.2004 | 14:14 »
Zitat
Was man als SL beim gritty Style immer bedenken muss: Wenn die Charaktere sich zweimal überlegen, ob das Risiko Kampf wirklich notwendig ist, gilt das genauso für NPCs. Ein Kämpfer-Charakter hat einen ganz beträchtlichen Einschüchterungsfaktor. Wenn ein baumlanger Kämpfer mit schwerer Rüstung und Bewaffnung Gewaltbereitschaft erkennen lässt, sollten NPCs auch entsprechend reagieren. 90 cm große, halbnackte Goblins mit Holzspeeren haben jedenfalls regelmäßig Besseres zu tun, als sich mit dem Ritter in Vollrüstung anzulegen , statt in d&d-Manier kreischend in den sicheren Tod zu stürmen.

Aber wäre es nicht frustrierend derartige Charaktere zu spielen? Einen Kämpfer zu spielen, der zwar immer recht toll die Leute einschüchtern kann, aber aufgrund der Tödlichkeit des Systems Kämpfen lieber aus dem Weg geht (weil sein Spieler keine Lust auf einen Ritter im Rollstuhl hat), kann doch sein komplettes oder zumindest einen Großteil seines Potentiales nur sehr selten ausschöpfen. Wäre das nicht frustrierend?
Ist ein solcher Stil im Endeffekt nicht also doch eine Abstrafung von Kämpfercharakteren?

Offline Azzu

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #13 am: 5.10.2004 | 14:32 »
@Ludovico:

Sinn der Sache ist nicht, dass die Charaktere Kämpfen generell aus dem Weg gehen. Wenn es soweit kommt, ist man als SL zu weit gegangen. Ein weiteres Indiz hierfür ist hemmungsloses MinMaxen bei eigentlich vernünftigen Spielern, damit die dürftigen Überlebenschancen der Charaktere wenigstens etwas gehoben werden  ;).

Kämpfe kommen natürlich vor. Charaktere sind zwar sterblich, aber eben doch die Hauptfiguren der Handlung: Sie gehen eben nicht jedem Konflikt aus dem Weg, und manche Gegner verstehen halt nur "schlagkräftige" Argumente. Nur sollte man halt, da Kämpfe gefährlich sind, die Finger von so entsetzlichen Dingen wie Tabellen mit Zufalls-Begegnungen, die in 90% aller Fälle im physischen Konflikt enden, lassen: Kämpfe dienen der Dramatik der Handlung oder der Erzeugung von Atmosphäre, oder sie sind durch Fehler der Charaktere selbst verschuldet. Sie geschehen nicht einfach so, damit die Kämpfer ihren Spaß haben und ihren hippen neuen Cleave Feat an Massen von wehrlosen, aber hochaggressiven Goblinkindern ausprobieren dürfen.

Der Kampf ist potentiell tödlich. Immer. Das erhöht ganz beträchtlich die Spannung, zwingt zum überlegten, taktischen Vorgehen. Ausgebildete Kämpfer sind hier deutlich im Vorteil, aber eben nicht unbezwingbar. Spieler, die nicht mit der Möglichkeit leben können, dass ihr Charakter sterben könnte, kann man in einer gritty Kampagne nicht gebrauchen. Ich kann solche Spieler aber ganz generell nicht ertragen, egal, wie und was ich leite - Geschmackssache.

Gast

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #14 am: 5.10.2004 | 14:33 »
Ich würde sagen, gritty dient dazu, Kämpfe ab zu strafen, nicht ein zelne Charaktere. Gritty-Magier sind meist universeller als nur reine Kampfspruchschleudern, gritty Kämpfer sind eher vorsichtig und meist ziemlich gut, in dem was sie tun.

Ich verwende generell wenig Kämpfe, diese will ich dann aber auch möglichst genial über die Bühne bringen. Ziel einer jeden Kampfszene ist es, spannend zu sein. Dafür braucht man einen gewissen Abwechslungsreichtum, sonst kommt es zu déjà-vu Erlebnissen, und die sind nicht wirklich spannend. Ich arbeite so gut wie nie mit erzwungenen Kämpfen, sondern lasse die Spieler selbst bestimmen, welche Schlachtwen sie schlagen wollen. Ich baue zwar potentielle Konflikthandlungen ein, aber ich erzwinge sie nicht, ich mag kein "geskriptetes" Rollenspiel.
Je nach dem, wie die Spielrunde so drauf ist, gibt es zwischen Null und vielleicht etwa sechzig Prozent des Spielabends Kampf (letzteres bisher nur einmal, das war bei einer Belagerung, bzw. einem Ausfall während dieser Belagerung.  

Und nein, ein Kämpfer in einer gritty-Welt ist jemand, der tagtäglich sein Leben riskiert und einem gefährlichem Job nach geht. Es ist wesentlich spannender als ein "Ich hau doch eh alles kapputt" Blechkopp. Vor allem, weil der gritty-Ansatz ja auch relativ einfache Siege zu läßt; ein erfahrener Söldner mit Rüstung und Schwert ist recht gut in der Lage, drei oder vier untrainierte Bauern zu masakrieren. Gritty heist ja nicht, dass man keine herausragenden Charaktere spielen kann; gritty heist nicht, dass der durchschnittliche SC kein Held sein kann. Gritty heist nur, dass Heldentum ohne Anstrengung wertlos ist. Das auch herausragende Charaktere durch dumme Zufälle sterben oder verlieren könen. Gritty heist vor allem, dass auch ein SC ein Mensch (Elf, Ork...) und kein Halbgott ist, für denen die traditionellen Naturgesetze nur bedingt gelten. Auch SC's müssen pissen, fressen und kriegen Durchfall. Auch SC's haben Pickel und stinken, wenn sie nicht baden. Ein Sc, dessen Arm abgehackt wird, ist entweder ein einarmiger oder ein toter SC. Ein SC, der sinnlose Risiken auf sich nimmt, wird vermutlich nicht Großvater werden.

Gritty ist vor allem spannender als "normales " Rollensopiel, weil es mehr Werkzeuge enthält, um Spannung an zu treiben und auf recht zu erhalten.

Offline Althalus

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #15 am: 5.10.2004 | 14:43 »
Vor allem sind für mich (und meine Runde) Herausforderungen, die man TROTZ der Widerstände und Gefahr gemeistert hat, weit befriedigender als der 15te Kampf gegen 150 Orks steigender Stufe (mal extrem gesagt). Wenn ein Char ständig in Lebensgefahr schwebt, sobald die Waffen gezogen werden, wird das Überleben an sich zur Belohnung und Befriedigung.
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Ein

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #16 am: 5.10.2004 | 14:59 »
Man kann es auch so sagen (computerspiel-bezogen), wer Metalgear Solid, Resident Evil oder Tenchu und deren Stimmung mag, der mag auch potentiell den Gritty-Spielstil.

Offline Minne

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #17 am: 5.10.2004 | 15:15 »
Hm.
Ich bin mir nicht sicher ob ich grim and gritty abgeneigt oder zugeneigt sein soll.
Auf der einen seite HASSE ich diese öden kämpfe, in denen 4 stufe 10 helden mehrere dutzend brotköppfe verdreschen und der ganze kampf eigentlich nur eine metaebenen figurenrückerei mit taktischen elementen ist.
Da fände ich, einen adrenalingeladenen, nach schweiss und blut stinkenden "gritty" kampf wesentlich attraktiver.
Und noch interessanter fände ich's wenn sich die umwelt mal realistisch verhällt, nicht mit banditen die auf einen zustürmen um sich bis zum letzten mann abmetzeln zu lassen, ich habe auch nichts dagegen alternative lösungswege finden zu müssen - im gegenteil.
Auf der anderen seite, mag ich auch interessante, stilvolle aktionen, und bin bei diesen nur ungern auf würfelglück angewiesen.
Auch weiss ich nicht, ob ich nicht das gefühl von würfelwillkür kriegen würde - bei manchen sls nervt es mich, wenn für so viele dinge gewürfelt wird (gerade attributsproben bei dnd finde ich ätzend... man hat, wenn man ein wirklich hervorragendes attribut hat gerade mal einen bonus von 20 prozent dass etwas klappt) das finde ich willkürlich und das erzeugt in mir kein befriedigendes gefühl.
Wenn der sl allerdings meine einfälle ansprechend einbezieht, und das system da auch fair ist könnte imir das vermutlich gefallen.
Ich tendiere allerdings dazu, eine recht intensive beziehung zu meinen charakteren aufzubauen, und wenn dann sowas kommt wie (übertreibung) SL: Huch! Habe ne 20 gewürfelt, seine Faust zerschmettert deinen schädel und du stribst an gehirnblutung, tja, würfle dir mal eben nen neuen char aus (/übertreibung) dann finde ich das irgendwie blöd. Charaktere können ruhig sterben, aber ich würde gerne dramatisch aus dem tod von charakteren auch etwas ziehen können. Wenn das aber dazu führt, dass charaktere nur wegwerfproduke werden, fände ich das frustrierend und langweilig.

Mein bisheriger Fazit : Müsste ich mal ausprobieren, ich denke aber, dass das eine extrem genau so unbefriedigend sein kann, wie das andere.

Teclador

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #18 am: 5.10.2004 | 15:23 »
@Ein: Du weißt schon, das Metal Gear Solid eines der Spiele mit den krassesten "Fancy Moves" (oder wie Satyr sagt: Rumgehampel) in den Zwischensequenzen   ist, oder? Die Stimmung bleibt zwar recht düster und es gibt 2-3 recht fiese Szenen, aber Snake ist eigentlich der 0815 Überheld.

Und zum Thema:

@Athlus: das mit dem "das pure Überleben wird Belohnung und Befriedigung" glaube ich schlicht und ergreifend nicht. Ich habe mal fast 2 Jahre lang bei einem SL gespielt, der nach den meisten Punkten von Satyr weiteroben "Gritty" gespielt hat. Ich hab zu keiner Zeit, selbst wenn mein Charakter mal längere zeit überlebt hat so etwsa wie Befriedigung gespürt. Eher nur Frustration. Was soweit ging dass ich das System bis heute nicht mehr gespielt hab.

Und mir geht es auch so wie Ludovico. Es ist eigentlich wirklich so das "Kämpfer-Charaktere" bei Gritty benachteiligt werden. Ich meine normalerweise Spiele man seinen 2,3 Meter Hünen mit Vollplatte und Zweihänder ja mit dem Wissen "gut ich halte deutlich mehr aus als XYZ deshalb komm ich in den Kämpfen emist gut weg". Wenn das nicht mehr da ist wozu noch Kämpfer spielen? Kommt man sich doch blöd bei vor wenn der kühne Recke im Kampf mit 3 aufständigen Bauern sein linkes Bein, den rechten Arm und ein Auge verliert.

Zu guter Letzt nochmal zu Satyrs Einleitung. Er spricht sich dort gegen einen heroischeren und cineastischeren Stil aus, da so etwas schnell langweilig würde.

Ich sehe beim Gritty-Stil die große Gefahr, dass der Stil sehr schnell frustriert.

Ich gehe lieber die Gefahr ein mal langweilig zu sein, als dass ich Leute wirklich frustriere.

Aber das sind nur meine bescheidenen 2 Cents.  

Ein

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #19 am: 5.10.2004 | 15:33 »
@Tecla
Die habe ich extra ausgeklammert und selbst wenn man sie mit reinnimmt, ändert das am Gesamteindruck nicht viel. Es gibt ja auch Schattierungen von grau. Cinematisch ist ja auch nicht gleich cinematisch. ;)

Ludovico

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #20 am: 5.10.2004 | 15:35 »
Sinn der Sache ist nicht, dass die Charaktere Kämpfen generell aus dem Weg gehen. Wenn es soweit kommt, ist man als SL zu weit gegangen. Ein weiteres Indiz hierfür ist hemmungsloses MinMaxen bei eigentlich vernünftigen Spielern, damit die dürftigen Überlebenschancen der Charaktere wenigstens etwas gehoben werden  ;).

Aber das ist doch die logische Alternative, oder?
Es ist eine Sache, wenn man sich nicht von einem Charakter einfach trennen will, einfach weil es ein Charakter ist, aber wenn ich mir einen Charakter schaffe und der SL 5 Din a 4-Seiten Hintergrund dazu haben will und ich mir dabei auch richtig Mühe gebe und wegen eines dummen Fehlers geht der mal schnell drauf, dann würde das bei mir dazu führen, daß meine Charaktere Kämpfe meiden würden wie der Teufel das Weihwasser und Kämpfercharaktere würde ich auch nicht bauen.

Wie paßt das also zusammen, daß man zum Einen von einem Spieler einen detaillierten und stimmigen Hintergrund erwartet, aber dann dieser Charakter, in den viel Arbeit gesteckt wurde, schon durch kleine Fehler oder durch puren Zufall platt gemacht wird und die ganze Arbeit für die Katz war?

Zitat
Der Kampf ist potentiell tödlich. Immer. Das erhöht ganz beträchtlich die Spannung, zwingt zum überlegten, taktischen Vorgehen. Ausgebildete Kämpfer sind hier deutlich im Vorteil, aber eben nicht unbezwingbar. Spieler, die nicht mit der Möglichkeit leben können, dass ihr Charakter sterben könnte, kann man in einer gritty Kampagne nicht gebrauchen. Ich kann solche Spieler aber ganz generell nicht ertragen, egal, wie und was ich leite - Geschmackssache.

Besteht hier aber nicht die Gefahr, daß eventuell während des Kampfes sehr viel geredet wird und zwar mehr als in einer Kampfrunde geredet werden sollte es bzw. zu diesem "telepathischen" Kontakt unter den SCs kommt?

@Satyr
Zitat
Und nein, ein Kämpfer in einer gritty-Welt ist jemand, der tagtäglich sein Leben riskiert und einem gefährlichem Job nach geht.

Zitat
Das auch herausragende Charaktere durch dumme Zufälle sterben oder verlieren könen.

Aber wieso soll man dann einen detaillierten Hintergrund für einen Gritty-Kämpfer schreiben?
Fördert es im Gegenteil nicht eher die Einstellung, sich schnell mal einen Kämpfer zu basteln und wenn der draufgeht, dann macht man sich schnell einen neuen?

Welche Systeme eignen sich besonders für den Gritty-Stil?
Ich gehe jetzt so erstmal von Systemen aus, in denen man sich schnell und einfach einen neuen SC bauen kann.

@Ein
Du hast Dark Project vergessen zu erwähnen.

Teclador

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #21 am: 5.10.2004 | 15:39 »
@Ein: Hm nun ja gut wenn du es so siehst ists Okey. Aber für mich ist eben Metal Gear die Referenz wenn es darum geht wie man "guten Cineasmus" machen muss. Deshalb fand ich es etwas unpassend das Spiel plötzlich als PC-Equivalent von  Gritty zu nehmen. Aber okey.

Feanor

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #22 am: 5.10.2004 | 15:43 »
Also ich habe mich in Gritty-Runden eher mehr[/] mit meinem Charakter identifiziert, da ich mir der Gefahr des schnellen Todes viel eher bewusst war und so einiges mehr an Denkarbeit meinen Aktionen habe voranschreiten lassen. Dazu habe ich mich eben mehr, wie oben bereits erwähnt, mehr in der sozialen Ebene bewegt und dazu gehört die erhöhte Interaktion mit der Umwelt und den NSC. Dadurch habe ich mich viel stärker in der Spielwelt eingebunden gefühlt.
Das heißt nicht, dass dies in einem heroischen Spiel nicht vorkommt aber mir war es selten zuvor so bewusst.

Sicherlich ist es dann frustierender, wenn der Charakter stirbt, aber die vorangegangenen Spielerfahrungen haben mich (meistens) mehr als nur entschädigt.

btw: schöner Artikel!  :d

Ein

  • Gast
Re: playing hard and gritty
« Antwort #23 am: 5.10.2004 | 15:45 »
Ein weiteres Indiz hierfür ist hemmungsloses MinMaxen bei eigentlich vernünftigen Spielern, damit die dürftigen Überlebenschancen der Charaktere wenigstens etwas gehoben werden  ;).

Aber das ist doch die logische Alternative, oder?

Ja, was aber IMO auch realistisch ist. Die Leute, die im echten Leben Berufssoldaten sind/waren und einen bewaffneten Konflikt unbeschadet überstanden haben sind Profis. Der Rest wurde vorher schon unschön aussortiert.

Deswegen, ja, wenn ich gritty leite, erlaube ich den Kriegern entsprechend gut zu sein, allerdings setze ich auch voraus, das klar ist, dass direkter Angriff nicht schlau ist. Sondern, dass auch so Sachen wie Schleichen, essentiell für einen Krieger sind. Und natürlich die Bereitschaft und Fähigkeit des Spielers zu taktischem Vorgehen.

Zitat
Besteht hier aber nicht die Gefahr, daß eventuell während des Kampfes sehr viel geredet wird und zwar mehr als in einer Kampfrunde geredet werden sollte es bzw. zu diesem "telepathischen" Kontakt unter den SCs kommt?

Ja, die Gefahr besteht. Erfordert halt Disziplin der Spieler. Bzw. den Willen sowas auch realistisch durchzuspielen. Das ist dann halt schlechtes Rollenspiel in Hinsicht auf gritty.

Zitat
Welche Systeme eignen sich besonders für den Gritty-Stil?
Ich gehe jetzt so erstmal von Systemen aus, in denen man sich schnell und einfach einen neuen SC bauen kann.

IMO sind am besten regelleichte Systeme geeignet. Denn allein die Kampfregeln lassen sich enorm reduzieren. Allerdings, hmm, es geht hier ja nicht darum zu bewerten, ob gritty gut oder schlecht ist. Oder?

@God45
Sicherlich eine reine Wahrnehmungssache. Aber ja, MGS ist auch dramatisch gut aufgezogen.

@nen Mod
Bitte Thread splitten!

Ludovico

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Re: playing hard and gritty
« Antwort #24 am: 5.10.2004 | 15:52 »
IMO sind am besten regelleichte Systeme geeignet. Denn allein die Kampfregeln lassen sich enorm reduzieren. Allerdings, hmm, es geht hier ja nicht darum zu bewerten, ob gritty gut oder schlecht ist. Oder?

Mir geht es mehr darum, herauszufinden, in welchen Systemen und Settings ein solcher Stil am Besten ist und was die Nachteile des Stils sind.
Zudem ist mir immer noch unklar, wieso ich für einen Charakter, der jeden Moment draufgehen kann, einfach weil die Würfel es so wollen oder durch erhebliche Verletzungen für mich unspielbar wird (Es mag zwar Leute geben, die Spaß daran haben, so etwas wie den Schwarzen Ritter aus "Ritter der Kokosnuss" zu spielen, nachdem Arthus mit ihm fertig war, aber ich gehöre nicht dazu), einen detaillierten und sauber ausgearbeiteten Hintergrund schreiben soll.