Ergo, Powergamer = Munchkin!?!?
*seufz* Oh Mann!
Okay, ich sehe ein paar Punkte, die mir an deinem Modellentwurf nicht gefallen:
- Du setzt Powergamer indirekt gleich Munchkin
- Du verurteilst Powergaming als "schlechtes Spiel"
Ich zitiere mal Lord V:
Pssst... bevor der Kopfgeldjäger auftaucht... lasset uns trennen zwischen Powergamen (höher, schneller, weiter) und Minimaxing (drei hin, fünf im Sinn).
Soll heissen, dass ich eigentlich einer derjenigen bin, die massiv auf die Trennung zwischen den Begriffen Munchkinsm, Powergaming und Minmaxen pochen.
Also ganz ganz weit vorbei...
okay?
The Power Gamer wants to make his character bigger, tougher, buffer, and richer. However success is defined by the rules system you're using, this player wants more of it. He tends to see his PC as an abstraction, as a collection of supoer powers. He pays close attention to the rules, with a special eye to finding quirks and breakpoints he can exploit to get large benefits at comparatively low costs. He wants you to put the "game" back in the "roleplaying game", and to give him good opportunities to add shiny new abilities to his character sheet.
Diese Definition zitiere ich mal von Marcel.
Ich habe das Robin D Laws Rules of good Gamemastering nicht zur Hand, weil ich auf der Arbeit bin.
Es liegt aber seit einem halben Jahr auf meinem Nacht-tisch, weil ich mehrfach in der Woche darin lese.
Darin sind einige Aussagen enthalten. Hier mal dazu meine Meinung:
Power Gamer wants to make his character bigger, tougher, buffer, and richer.
Das warum wird nicht erklärt.
He tends to see his PC as an abstraction, as a collection of supoer powers.
Er betreibt also Rollenspiel zur Aufwertung seines Charakters. Auch hier wieder das "warum".
Höchst wahrscheinliche Lösung: Weil er sich durch die Aufwertung selbst besser fühlt.
Das nenne ich "profilierungsbedarf". Genau das ist es, was ich als Haupteigenschaft
eines Munchkins definiere. Sein Selbstwertgefühl durch den Rollenspielcharakter aufwerten.
Das ist NICHT (!!!) die Eigenschaft, die ich einem Powergamer zurechne. Deswegen ist meine
Aussage: Wenn Laws diese Eigenschaft diesem Spielertyp zurechnet, dann ist die Bezeichnung
Powergamer unzutreffend, denn man kann Powergamern diese Eigenschaft nicht zurechnen.
Weil diese Eigenschaft NICHT [!] Powergamern, sondern Munchkins zu Eigen sind.
Weil sich Powergamer und Munchkins unterscheiden.
Weil Powergamer keine Munchkins sind.
[War das jetzt verständlich?]
He pays close attention to the rules, with a special eye to finding quirks and breakpoints he can exploit...
Auch wieder eine Munchkin Eigenschaft: Regeln ausnutzen
Als nächster Schritt wäre Regeln brechen drin. Das führt Laws nicht auf. Ist aber die unmittelbare Steigerung.
Auch hier wird wieder eher ein Munchkin definiert als ein Powergamer.
He wants ... to give him good opportunities to add shiny new abilities...
Auch hier.
Mein (imo) Fazit: Die Beschreibung, die Laws da macht trifft eher auf einen Munchkin zu, als auf einen Powergamer.
Wenn man es streng betrachtet, ist jemand der die Regeln zu seinem Vorteil ausnutzt kein Munchkin, denn der würde sie wahrscheinlich eher brechen bzw. ignorieren.
Fasst man aber die Elemente: Er will gute Spielwerte für seinen Charakter und ist dazu bereit Spielregeln auszunutzen
(auch wenn diese gegen Spielziele oder Fairness stehen), dann kommt in meinen Augen ein Munchkin dabei raus.
Deswegen ist die Bezeichnung unzutreffend.
Wenn die Beschreibung bedeuten sollte, dass dieser Spielertyp jemand ist, der Rollenspiel macht,
um möglichst gute Werte zu erspielen, dann frage ich auch wieder nach dem "Warum".
Denn dann fehlt in der Beschreibung die Motivation, die dieser Spielweise zu Grunde liegt.
Solange das Warum nicht klar ist, kann man keine Ursachenforschung betreiben und keine
Maßnahmen entwickeln, um Motivation und Interesse zu wecken und Frustration zu vermeiden.
Wenn es kein einheitliches Warum gibt, weil mehrere Ursachen diese Spielart zu Grunde liegen
könnten, dann ist dieser Spielertyp wieder nur eine Gruppe von einzelnen zusammengefassten
Spielertypen.
Noch mal eines zu meiner Einstellung zu Munchkins:Vor und während meines Studiums habe ich ein paar Jahre (6) in einem Jugendzentrum gejobbt.
Das war ein Jugendzentrum in einem sozialen Brennpunkt in meiner Heimatstadt (Delmenhorst ist an sich ein sozialer Brennpunkt,
mit einer Arbeitslosenquote zum auswandern! War jahrelang #1 auf der Kriminalitätsrangliste [Straftaten pro Kopf] - vor Frankfurt
Das Ghetto hat etwa 75% ausländische Mitbürger, natürlich so angesiedelt, dass die Türken, Araber, Aramäer, Russen und andere Nationen genau so wohnen, dass sie sich möglichst effektiv auf den Geist gehen...).
Dort gab es natürlich auch sehr viele sozial schwächer gestellte Jugendliche.
Und dort habe ich auch mal 2 Jahre lang Rollenspiel (DSA einfach) gemeistert ("meistern" war das treffende Wort dazu).
In Oldenburg (Nachbarstadt) habe ich auch für etwa ein Jahr Rollenspiel angeboten, in einem Jugendzentrum in ähnlicher Position.
Nebenbei habe ich Seminare über Rollenspiel geleitet, speziell für Mitarbeiter von Jugendzentren, um die Möglichkeiten aufzuzeigen, die man mit solchen Spielen hat.
In diesen Rollenspielerrunden hatte ich
WIRKLICHE Munchkins.
Super-pubertierende, anstengende, nervige Jugendliche, die starke soziale Defizite hatte, sprachliche Probleme, Gewaltbereitschaft, Aggressionspegel bis zum geht-nicht-mehr. Schlägerei täglich, Messerstecherei wöchentlich. Drogenprobleme inklusive.
Und alle diese Eigenschaften beschreiben nicht das, was ich einem Munchkin zurechne:
Für mich ist ein Munchkin jemand, der sein Selbstwertgefühl über das Rollenspiel aufbessert.
Und genau das traf auch auf diese Kids zu. Deswegen habe ich so oben "wirkliche Munchkins" genannt.
Denn die hatten
GAR Nichts an Selbstwertgefühl, denn es gab nichts, womit sie das hätten aufbauen können.
Also nahmen sie das Rollenspiel, um Erfolgserlebnisse zu feiern. Um sich mal "gut" fühlen zu können.
Das ist es, was ein Munchkin macht.
Und genau das ist der Grund, warum ich keine abwertende Einstellung dazu habe, wenn es jemand macht.
Das Rollenspiel was wir damals gemacht haben, war größtenteils das schlechteste, was ich erlebt habe.
Und manchmal konnte man es nicht mal Rollenspiel nennen.
Die hälfte der Zeit ging dabei drauf, diese Kids am gegenseitigen Zerfleischen zu hindern oder
darauf aufzupassen, dass meine Regeln nicht in Flammen aufgingen und die Würfel nicht geklaut wurden.
Trotzdem wars wichtig für die Kids. Denn sie konnten mal raus, konnten sich mal groß, gut, cool oder wichtig fühlen.
Konnten mal was richtig machen, konnten mal erleben, dass was positives rauskam.
Auch wenn ich das teilweise mit der Brechstange forcieren musste.
Ein paar davon treffe ich immer noch mal, wenn ich ins Kino geh, oder auf der Straße.
Und wir kennen und grüßen uns noch. Aus ein paar von denen ist sogar was geworden.
Viele arbeiten in irgendeiner Döner-Bude..
(Im tollsten Fall: einer hat seinen Meister im Metallhandwerk gemacht.)
Die meisten sind sozialhlfe-Empfänger und hängen meistens auf der Straße.
Trotzdem, eine Zeit lang konnten sie Helden sein und sich richtig cool fühlen.
Munchkin sein ist nichts negatives.
Für manche ist es das einzige, was sie sein können.