Halten wir kurz fest :
- "Faschismus" und "Rassismus" ist ein Unterschied. Faschismus bezeichnet eine Art, ein Land zu führen, eine Herrschaftsform, so wie .. hm.. Theokratie oder Aristokratie. Darum gehts hier nicht. Faschismus wäre, wenn die Elfen Herrschaftsanspruch über die Orks (und alle anderen Völker nebei natürlich ebenso) erheben würden, weil die Orks per Definition "böse" sind.
- Rassismus bedeutet, die einzelnen Rassen zu werten - die eine ist mehr wert, toller, besser, die andere weniger. Eine solche Feststellung, nämlich daß ein Elf mehr wert ist als ein Ork, wird in keinem mir bekannten Regelbuch getroffen. Es ist eine Sache, des Betrachters, ob ein per Definition schönes, intelligentes, magiebegabtes Volk (elf) mehr "wert" ist als ein starkes, diszipliniertes, waffen- und kriegstechnisch äusserst geschicktes Volk (ork). Damit hängt Rassismus an jedem einzelnen, der diese Werteinschätzung trifft.
- Wie viele vor mir bereits geschrieben haben, dient die Kathegorisierung von Rassen / Völkern in "gut" und "böse" in der Fantasy nicht der Propaganda von Rassismus, sondern der Ermöglichung sofort verständlicher Spannungsbögen - wie in jedem Spielfilm, wie in jedem Krimi, wie in jedem Unterhaltungsgenre auf der ganzen Welt. Es kommt allein auf die Spieler und Spielleiter einer Runde an, wie "platt" man einen Plot halten muss oder will, damit ihn alle verstehen und lösen können und damit er für alle interessant ist. Damit ist das Kathegorisieren von "guten" und "bösen" Kreaturen eine reine Auslegungssache derjenigen, die diese Welt machen - nämlich die Spieler und Spielleiter. Nur, weil Tolkien der erste war, der solch einen Spannungsbogen zwischen zwei real nicht existierenden Rassen aufbaute, heisst das nicht, daß er Rassist ist. Um das nochmal kurz anzureissen : Tolkien hat die Orks niemals als "gross & dumm" beschrieben. Die tatsächlichen Ork waren eher recht intelligente Schleimer, Schleicher und Trickser, eben gebrochene Elfen. Das "gross, dumm und grün"- Klischee trifft eigentlich nur die Uruk-hai - eine Mischung von Orks und Menschen.
- Was zutrifft ist : Die Rassen der klassischen Fantasywelten untereinander haben den jeweils anderen gegenüber Vorurteile. Der Durchschnitt der Elfen wird von dem Durchschnitt der Orks behaupten, böse, hirnlos, fies, usw. zu sein. Der Durchschnitt der Orks wird vom Durchschnitt der Elfen behaupten, grausam und vorurteilsbehaftet zu sein und ihnen keine Chance zu lassen, das Gegenteil zu beweisen. Das ist auch kein Rassismus - das ist ein Stereotyp, denn es *stimmt* ja auf weite Teile des jeweiligen Volkes ! Auch hier wieder ist es rein Sache von SL und Spieler, diesem Stereotyp zu folgen oder nicht zu folgen. Ein Spieler muss diesem Stereotyp nicht folgen, aber er kann (bei einem Paladin z.b. macht es durchaus Sinn - bei einem Barden im Klassischen Sinne wohl eher nicht).
- Ebenso benutzen einige Herrschaftsformen und Religionen IN den Fantasywelten (wir reden hier also wohlgemerkt von nicht realen Machtfraktionen) das Stilmittel der Propaganda oder die Überlegenheit ihres Militärs, um diese Vorurteile bei ihren Anhängern zu schüren oder ihre Machtstruktur damit zu festigen. Hier kommen wir das erste Mal überhaupt mit faschistoiden Methoden in Berührung. Propaganda und Herrschaft durch Angst sind aber, wie oben bereits bemerkt, typische Züge fast jeder absolutischtischen Herrschaft und sind beileibe keine nur für faschistoide Herrschaftsformen typische Begleiterscheinungen - die amerikanische Demokratie setzt "Propaganda" in diesem Sinne im eigenen Land seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich ein (ich sage nur "Achse des Bösen"); jedes Kaiser- und Königreich der Vergangenheit stützte sich rein auf seine militärische Macht zur Durchsetzung seiner Ansprüche in bestimmten Gebieten, usw. usw. Nur, weil eine Herrschaftform auf tatsächliche militärische Macht aufbaut, heisst das also noch lange nicht, daß sie per Definition faschistisch ist - es sei denn, man wältzt diesen Begriff so platt, daß man das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (wann war des nochmal), das alte chinesische Kaiserrreich oder auch nur die Herrschaft eines afrikanischen Stammesfürsten als "faschistisch" bezeichnet.
Sorry, wenn ich das so deutlich sagen muss: wer Fantasy-Welten als faschistisch bezeichnet, hat sich in seinem Kopf eine sehr platte Welt gebaut, in der kein Platz ist für die Veränderung oder den Aufbau eines eigenen Wertesystems - und das ist dann wirklich nicht Schuld der Macher von Fantasy. Wie sagten schon die Verleiher des Darwin Awards : Man kann einen Hund in der Mikrowelle trocknen, aber wir empfehlen es nicht.
lg,
Suse