Sehr enttäuscht war ich vom vielgelobten "Das Lied von Eis und Feuer".
Auch mir wurde die Reihe ans Herz gelegt, und ich fing gleich mit den ersten beiden Bänden an. Da hoffte ich auf eine geheimnisvolle Welt, aber die Welt war einfach nur platt und einfallslos. Überall gab es Versatzstücke, die einfach nicht miteinander harmonieren wollten. Die grausame Bedrohung aus dem Norden, gegen die ein Bauwerk errichtet wurde, gegen das die Chinesische Mauer unbedeutend erscheint, aber ein Reich, das im Inneren zerrissen ist und kurz vor dem Zusammenbruch steht. Dem Autor feht jegliches Geschichtsbewußtsein. Ein so zerrissenes Reich kann keine 8000 Jahre bestehen, und wenn doch, würde es wohl ein paar durchgreifende Veränderungen durchmachen. Haben wir uns etwa in kultureller Hinsicht in den letzten 8000 Jahren nicht verändert? Eigentlich bietet die Realität genug Beispiele dafür, wie sich eine Kultur binnen Jahrzehnten tiefgreifend verändern kann, aber G. R. R. Martin setzt uns eine flache Welt vor, und hofft, er könne sie interessanter machen, in dem er hoffnungslos übertreibt. Von diesen unsäglichen Steppenbarbaren will ich gar nicht reden.
Gelobt wurde Martin dafür, daß er seine Mittelalter-Welt so schonungslos düster darstellt. Ich frage mich nur, was das hilft. die Welt ist so oder so unglaubwürdig, da machen sie auch Vergewaltigungen und Folter nicht stimmiger. Auch daß er auf gut und Böse verzichtet, ist eine Übertreibung. Es gibt die Guten und die Bösen, nur sind die Übergänge nicht so deutlich. Auch das liegt nur daran, daß dem einzelnen Charakter eben nicht hundert Seiten hintereinander Platz gewidmet wurde.
Ein großer Unterschied zu sonstigen Romanen war die große Anzahl der Hauptpersonen. Ich für meinen Teil halte das für keinen schlechten Ansatz, aber da man wenig über die Hintergrundhandlung erfährt, kann jede dieser Figuren, die noch nicht viel zu sagen hatte, zum Deus ex Machina werden. Insgesamt wirkt "Das Lied von Eis und Feuer" damit weniger wie ein Epos, sondern wie eine Daily Soap. Motto: Wer stirbt als nächstes?"
Wurde einmal ausnahmsweise große Spannung aufgebaut, greift der Autor gerne zu wirklich abgenutzten Tricks. Hier ein kleiner Spoiler: Er läßt einerseits die überlegene Seite wirklich dämliche Fehler begehen, wie zum Beispiel ein Gottesurteil, bei dem der Ritter tatsächlich mit einem Zierschwert gegen einen Söldner mit kampftauglicher Bewaffnung kämpft. Wo das nichts hilft, kommen "ganz überraschende Wendungen" vor, zum Beispiel daß die eben beschriebene Schlacht gar nicht die war, über die in den vorangegangenen Kapiteln jeder geredet hatte, nein, es war nur ein kleines Scharmützel, das vor der eigentlichen Schlacht stattfand. Außerdem handeln manche Figuren so dümmlich, daß ein gewitzter Grundschüler ihnen intellektuell weit überlegen wäre. Tja, was macht man wohl, wenn man die erste Tür auf der rechten Seite nehmen soll, aber nur auf der linken Seite Türen sind? Logisch, man rennt blindlings in irgendeine der Türen. Kopiert den Spoiler einfach in ein Textverarbeitungsprogramm und ändert die Schriftgröße, um ihn zu lesen. Leider kommen die eben beschriebenen Tricks nicht vereinzelt zum Einsatz, sondern ständig. Hier übrigens auch ein Dank dafür, daß der Autor seine Gags aus Asterix-Filmen klaut, wo sie besser hinpassen.
Man möchte es nicht glauben, aber die übersetzung zieht dieses Machwerk noch wesentlich tiefer. Nicht nur, daß schon der Autor irdische und erfundene (und von Tolkien geklaute) Namen wild durcheinandergewürfelt hat, nein, der Übersetzer verschlimmert das Chaos, in dem er die englischen Namen nach Lust und Laune mal übersertzt, mal stehenläßt. Leider bleibt er nicht einmal bei einzelnen Namen konsequent, so daß ein Gaukler mal als "Moon Boy", mal als "Mondbub" auftritt.
Ich frage mich, wieso alle auf hohlbein herumhacken. Verglichen mit Martin sind seine Bücher ein Musterbeispiel an Innovation.