Autor Thema: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn  (Gelesen 12794 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Eine interessante Beobachtung, die neulich jemand zum Ausdruck brachte: Viele Spieler lieben es, neue Charaktere zu erschaffen, weil sie sich dann interessante Geschichten ausdenken können. Nämlich die Vorgeschichte ihres Charakters.

Ein verbreitetes Abenteurer-Schicksal: Ein Leben voller dramatischen Veränderungen, in denen er von den interessantesten Personen begleitet wurde, folgenschwere Entscheidungen getroffen hat, Menschen verloren hat, die er liebte, seine Berufung gefunden hat... und dann, mit Spielbeginn, tut er sich mit ein paar anderen Leuten zusammen und erlebt fortan für ein paar Monate oder Jahre Abenteuer, die ihn in seiner persönlichen Entwicklung kaum oder gar nicht weiterbringen. Aber genau diese Abenteuer sind es, die das eigentliche Spielgeschehen darstellen.

Was steckt dahinter? Ist es gerade der Wunsch der Spieler, durch eine komplexe Vorgeschichte einen "fertigen" Charakter zu erschaffen, den sie dann im Spiel "erleben" können? Wollen sie gar nicht, dass ihr Charakter sich durch das Spiel weiterentwickelt? Ist es ihr Wunsch, sich einfach nur in seine Gemütswelt hineinzudenken und zu erfahren, wie es ist, dieser Charakter zu sein? Und ist die Vorgeschichte eine Ressource, auf die sie dabei zurückgreifen? Und wenn das so ist: Welche Mechanismen könnten eine solche Vorgehensweise unterstützen?

Oder ist eine so dynamische Vorgeschichte nur ein Anzeichen dafür, dass der Spieler gerne einen interessanten, sich entwickelnden Charakter haben möchte, und ist es eine dysfunktionale Spielweise, den Charakter in (für seine persönliche Entwicklung) belanglose Abenteuer zu verwickeln, die eigentlich nicht seine Geschichte sind, sondern die Geschichten anderer Leute, in die er nur kurzzeitig verwickelt wird?

Wie könnte ein Rollenspiel aussehen, das die Lebensgeschichte der Charaktere vom Anfang bis zum Ende erzählt? Wie würde man dafür sorgen, dass die Lebensgeschichten der verschiedenen Spieler-Charaktere immer an entscheidenden Wendepunkten miteinander verknüpft sind, so dass auch ein gemeinsames Spiel zustande kommt?
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Offline Azzu

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Mein Idealbild eines ausgearbeiteten Charakterhintergrundes besteht vor allem aus vielen Elementen, mit denen der Spielleiter arbeiten kann, um individuell auf den Charakter einzugehen. Die Handlung der Charaktergeschichte sollte möglichst viele offene Enden haben. Dadurch wird die Charakterentwicklung sogar gefördert.

Wenn es dagegen wirklich so kommt, dass die Charaktergeschichte schon vor Spielbeginn abgeschlossen wirkt und mit der Abenteurer-Karriere des Charakters nicht viel zu tun haben wird, hat sich der Spieler IMHO die Mühe umsonst gemacht. Vielleicht bietet ihm sein Machwerk eine Hilfestellung, um den Charakter darzustellen, aber der SL und die anderen Spieler können gar nichts damit anfangen.

Offline Joerg.D

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Ich versuche dem Leser ein Gefühl für den Charakter zu geben und dem SL Ansätze für Abenteuer. Beides erleichtert mir und meinen Mitspielern den Umgang mit dem Charakter und bietet viele Möglichkeiten zur Entwicklung. Auch auf dem Hintergrund basierend sollte Ein Charaklter sich weiterentwickeln.
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Offline Raphael

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Hmmm, dysfunktional würde ich das nicht nennen. Ich denke, Spieler mit einer ausgeprägten und dramtischen Hintergrundgeschichte kosten den Moment der Erschaffung, in dem sie alle Freiheiten haben, aus. Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.

Aber vielleicht sind die Spieler, die extrem viel Aufwand in ihre Charaktererschaffung stecken, einfach die geborenen Spielleiter.  :D
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Preacher

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Normal mach ich das auch so, wie Azzurayelos das beschreibt. Und auch genau der angesprochene kapitale Fehler ist mir bei meinem Vampire-Char passiert: Keine losen Enden, keine Angriffspunkte, keine Ziele, nichts, womit man den Char motivieren könnte. Ein wenig ärgerlich - mitten in der Kampagne nen neuen reinbringen ist auch nix. Da muß ich mir mal mit dem SL (Morebytes) zusammen  was überlegen.

Offline Lord Verminaard

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Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.

Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D

Im Ernst: wenn das tatsächlich so ist, dann wäre es für diese Spieler wahrscheinlich wirklich gut, wenn sie mehr Einfluss auf das Spielgeschehen hätten.
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Offline Wawoozle

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Azzurayelos beschreibts ja schon ganz gut.
Die Charaktergeschichte, oder vielmehr "die Geschichte seines bisherigen Lebens" ist ja nicht abgeschlossen, es sei denn jemand ist scharf drauf nen Charakter zu konzipieren, zu beschreiben und zu spielen der gerade im Sterbebett liegt und innerhalb der ersten 10min der ersten Sitzung stirbt.
Je nach Setting macht das aber sogar sinn :)
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psycho-dad

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Ichhalt es so, das ich mich meistens mit den Spielern zusammensetz, wenn neuer Chara´s in die Spieltunde kommen. Ich höre mir die Hintergrundgeschichte an, die der Spieler entwickelt hat, stelle mit ihm zusammen einen passenden Charakterbogen auf die Beine und lasse, wenn der Char. dann im spiel ist, von zeit zu zeit einige "Privaten" sahcen, speziell für diesen Charakter einfließen, ein Sidequest, oder auch mal einen Längeren strang der Kampagne, wenn die hintergrundgeschichte gut ist...

...besonders leicht machen es mir die Spieler, die  als hintergrund "Unbekannt" angeben  ;D (Auf deutsch: die, die zu faul dafür sind, sich sowas auszudenken)

...die müssen einfach fressen, was ich ihnen als "Hintergrund" hinstell  >;D Wenn ihre Charas kolektiv an Amnesie leiden, bitteschön, dann können sie sich auch nicht an die Kopfgeldjäger, die ihnen auf den Fersen sind, erinnern...

tatsächlich sind mir solche "Gesichtslosen" Charas, die keinen bzw. einen von mir bestimbaren Hintergrund haben, eine wilkommene "Knetmasse", um lücken zwischen "Hintergründigen Chara´s" und Kampagnenstorry zu schließen  ::)

Nick-Nack

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Ersteinmal: Ich sehe mich selbst vorrangig als Spielleiter.
Als Spieler habe ich eine vielleicht anstrengende, aber dafür sehr flexible Möglichkeit herausgesucht: Ich schreibe keinen Hintergrund im Vorraus, sondern überlege mir ein grobes Charakterkonzept, an dem ich dann die Werte orientiere, aber das wird auch nicht verschriftlicht, sondern als Gesamtbild verinnerlicht. An diesem Konzept orientiere ich dann die Handlungen.
Den eigentlichen Hintergrund entwickle ich dann während dem Spiel. Wenn mein Held in eine Situation kommt, in die ein bestimmter Hintergrund gut passen würde (es bereichert die Geschichte), dann füge ich dies in den Hintergrund ein. Dabei kann es natürlich schwer werden, den Überblick zu bewahren.
Zum anderen habe ich aber noch eine Liste von NSCs, sowohl solche, die im Hintergrund vorkommen, als auch solche, die ich während Abenteuern kennenlerne. Daraus ergibt sich ein Fundus für Plotansätze, aber auch eine bessere Verbindung verschiedener Abenteuer.

Als Spielleiter übe ich starken Einfluss auf die Hintergründ der Charaktere ein (vor allem durch unverbindliche Vorschläge, die ich den Spielern so schmackhaft mache, dass sie sie von sich aus akzeptieren), soweit das noch möglich ist. Dadurch mag der Hintergrund noch so abgeschlossen aussehen, aber die Plothaken stecken fest. Wenn die Helden schon vorgegeben sind, passe ich die Kampagne entsprechend an und baue vor allem die wichtigsten Haupt-NSCs so auf, dass sie genau auf die Helden passen.

Offline Lord Verminaard

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Normal mach ich das auch so, wie Azzurayelos das beschreibt. Und auch genau der angesprochene kapitale Fehler ist mir bei meinem Vampire-Char passiert: Keine losen Enden, keine Angriffspunkte, keine Ziele, nichts, womit man den Char motivieren könnte.

"Fertiger" Charakter heißt natürlich nicht notgedrungen "motivationsloser" Charakter. Jeden klassischen rechtschaffenen Fantasy-Charakter kann man jederzeit motivieren, den Schwachen und Schutzlosen beizustehen, doch trotzdem kann ein solcher Charakter bereits am Ende einer abgeschlossenen Entwicklung stehen, so dass er vielleicht durch XP seine Fertigkeiten verbessert, sich aber von seiner Persönlichkeit her nicht mehr weiter entwickelt.
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Offline Fredi der Elch

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Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.
Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D
Und da issie schon! ;) Also ich würde das ganz ehrlich aus vollstem Herzen als dysfunktional beschreiben!

Aber es gibt sicherlich 2 verschiedene Typen (die von dir genannten): diejenigen, die das so wollen und diejenigen, die es aus Gewohnheit so machen, auch wenn es ihnen anders sicher besser gefallen würde.


Jeden klassischen rechtschaffenen Fantasy-Charakter kann man jederzeit motivieren, den Schwachen und Schutzlosen beizustehen, doch trotzdem kann ein solcher Charakter bereits am Ende einer abgeschlossenen Entwicklung stehen, so dass er vielleicht durch XP seine Fertigkeiten verbessert, sich aber von seiner Persönlichkeit her nicht mehr weiter entwickelt.
Und genau da sehe ich das Problem. Die mesten Systeme sind aben so ausgelegt, dass die Persönlichkeit vorbestimmt wird und es Nachteile (weniger XP usw.) gibt, wenn sich der Spieler nicht "nach Charakter" handelt.
Ich finde diesen Ansatz eher langweilig (Geschmackssache), da wirklich spannende Geschichten IMO dann entstehen, wenn sich ein Charakter verändert. Der klassische Paladin, der immer allen hilft usw. ist lahm. Spannend wird er, wenn etwas passiert, was ihn in Konflikt bringt bzw. diese Einstellung ändert.

Ich vermute bei den meisten Rollenspielern mit diesem Syndrom (und das ist sicher die überwiegende Mehrheit) ein Sim-by-Habit (evtl. mit Turtle). Austreiben wird da immer schwierig. Als System empfehle ich z.B. Trollbabe (die Entwicklung von Beziehungen ist immerhin eingebaut), HeroQuest oder MLwM (IMO eines der Besten, wenn es um Charakterentwicklung geht: da ist die Weiterentwicklung des Charakters und Befreiung aus der dysfunktionalen Beziehung zum Meister Kern des Spiels). Oder selber ein System basteln, das darauf basiert... Hmmmm... :)
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Offline Barbara [n/a]

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Ich empfehle Unknown Armies. Das System lebt davon, dass die Chars sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln.
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Offline 1of3

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Ars Magica ist glaube ich auch ganz passend.

Aber sammeln wir mal. Was begünstigt Charakterentwicklung im Rollenspiel?

Ich denke zu allererst einmal muss dafür Zeit sein. D.h. eine Kampagne darf sich nicht auf ein paar Tage beschränken. Da bleibt nicht viel Zeit für Entwicklungen.
Eine Kampagne die sich über Jahre erstreckt lässt dagegen mehr Zeit.

Offline Fredi der Elch

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Ich empfehle Unknown Armies. Das System lebt davon, dass die Chars sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln.
Nur begrenzt. Es gibt das Madness-Meter, das ist aber dann schon alles. Die grundlegende Persönlichkeit ist zu Beginn festgelegt und verändert sich nicht mehr. Will sagen: Videomancer bleibt Videomancer. Und nicht nur das: die Tatsache, dass alle Charaktere langsam abdrehen ist auch schon festgelegt.

Ars Magica ist glaube ich auch ganz passend.
Warum? Ich finde es eher nicht besonders passend...

Ich denke zu allererst einmal muss dafür Zeit sein. D.h. eine Kampagne darf sich nicht auf ein paar Tage beschränken. Da bleibt nicht viel Zeit für Entwicklungen.
Das ist ein vielverbreiterter Irrtum. Ein Film dauert 90 Minuten. Die Veränderung, die da von einem Charakter gezeichnet wird, ist bei guten Filmen völlig ausreichend. Die Spielzeit muss also nicht lang sein.
Die In-Spiel-Zeit muss ebenfalls nicht besonders lang sein. In der richtigen Situation mit den richtigen Geschehnissen ist eine große Persönlichkeitsentwicklung in ein paar Tagen möglich. Man schaue sich einen 08/15 Katastrophenfilm an: vom Otto-Normalverbraucher zum Held oder seelischem Wrack in einem Tag. Oder Star Wars: vom Farmersjungen zum Retter der Rebellion in ein paar Wochen...

Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit). Die Idee, dass man viel Zeit bräuchte stammt noch aus alten D&D-10-Jahres-Kampagnen Tagen. Aber es stimmt nicht.
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Nur begrenzt. Es gibt das Madness-Meter, das ist aber dann schon alles. Die grundlegende Persönlichkeit ist zu Beginn festgelegt und verändert sich nicht mehr. Will sagen: Videomancer bleibt Videomancer. Und nicht nur das: die Tatsache, dass alle Charaktere langsam abdrehen ist auch schon festgelegt.
Äh. Das stimmt so nicht ganz. Die grundlegende Persönlichkeit kann sich sehrwohl ändern (und zwar wenn der Charakter in einem Bereich 5 Punkte Failed-Notches hat, heisst das, dass das bisherige Weltbild des Charakter zersprungen ist. Daraus kann der Charakter aber wieder rauskommen, indem er sich ein neues Weltbild quasi erarbeitet. Dadurch ändert sich auf alle Fälle die Obsession und die Stimuli können sich auch verändern... je nachdem wie sein neues Weltbild aussieht. Dadurch kann auch z.B. ein Videomancer seine magischen Fähigkeiten verlieren. Schliesslich wurde ihm ja schon bewiesen, dass er keine magischen Fähigkeiten hat. Genauso kann aus einem "normalen" Charakter dadurch z.B. ein Videomancer werden, wenn es zu seinem Weltbild passt...
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Offline Raphael

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Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D
*hrhr*, Point taken. Nur leider sieht die Rollenspielpolizei vielfach das Idealbild eines Spiels und nicht das tatsächliche - manchmal glaub ich, die Jungs zocken zu wenig. ;)

Nimm nur mal den Ghostwalker ausm Sword & Fist D&D 3.0. Ein Kriterium für diese Prestigeklasse ist, dass er einen grossen persönlichen Verlust erleiden muss. Und wenn der grösse Verlust, den der SL rüberbringt, sein Geldbeutel ist? Das qualifiziert nicht, und somit ist die Weiterentwicklung des Charakters schon auf Spielwertebene eingeschränkt. Für subtilere psychische Entwicklungen braucht es auch subtiles Spiel, und das findet manchmal einfach nicht statt - und noch seltener in der Richtung, in der sich ein Charakter wirklich entwickeln könnte.

Naja, ich bin auch ein Proll von D&D - Zocker. :-[

Im Ernst: wenn das tatsächlich so ist, dann wäre es für diese Spieler wahrscheinlich wirklich gut, wenn sie mehr Einfluss auf das Spielgeschehen hätten.

Genau so löse ich das als SL: Viel improvisieren, und extrem auf die Charaktere eingehen, und zur Not jede Story die ich vorbereitet habe verwerfen, damit das Erleben im Vordergrund stehen kann.
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Offline Fredi der Elch

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Die grundlegende Persönlichkeit kann sich sehrwohl ändern (und zwar wenn der Charakter in einem Bereich 5 Punkte Failed-Notches hat, heisst das, dass das bisherige Weltbild des Charakter zersprungen ist.
Ok, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. ;D

Nun die Anschlussfrage: wie oft kommt das im Spiel denn vor? Ich kann mir nämlich vorstellen, dass viele Leute nicht gerne ihre schwer ersparten kewl Powerz verlieren. Deswegen meine Frage an alle UA-Zocker: wie oft passiert sowas in einer Kampagne und wie lange dauert es, bis man soweit ist? Oder genauer: wie oft ist euch das schon passiert in der Runde und wie war das genau?
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Zitat von: 1of3
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Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit).

Ich kann es selbst kaum glauben, aber mit diesem Absatz spricht mir der Elch mal so richtig aus der Seele. Full Ack dazu!!

Wobei die Entwicklung auch über längere Zeit ablaufen kann. Dann müssen die Konflikte eben nicht gar so dramatisch und einschneidend, die Veränderungen "fließender" und nicht so sprunghaft sein. Verlangt dann aber mehr Sensibilität in der Darstellung - einen deutlichen Knick in der "Persönlichkeitsentwicklungskurve" kann man wohl leichter herausarbeiten und definieren (und darstellen) als eine langsame, fließende Veränderung der Weltsicht.

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Ok, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. ;D
Na das Gegenteil musst Du ja nicht gleich behaupten. Begrenzt ist diese Art der Entrwicklungssteuerung über das Regelsystem trotzdem ;)
Zitat
Nun die Anschlussfrage: wie oft kommt das im Spiel denn vor? Ich kann mir nämlich vorstellen, dass viele Leute nicht gerne ihre schwer ersparten kewl Powerz verlieren.
Naja. Wenn der Charakter plötzlich ein ganz anderes Weltbild hat, dann passen die kewl Powerz sowieso nicht mehr. Abegesehen davon darfst Du nicht davon ausgehen, dass alle Charakter Avatare oder Adepten sind. (Sondern erst u.U. durch die Konflikte und dem Regelsystem zu welchen werden)
Zitat
Deswegen meine Frage an alle UA-Zocker: wie oft passiert sowas in einer Kampagne und wie lange dauert es, bis man soweit ist?
Oder genauer: wie oft ist euch das schon passiert in der Runde und wie war das genau?
Eine Kampagne, einmal passiert. Der Konflikt brodelte schon länger. Der Umschwenk lief über einen Selbstmordversuch. Dann war der Konflikt durch und es folgten dann die Nachwirkungen ;)
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Offline Bad Horse

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Jo, das war ich. Also - es war mein Char. Der hat sich sehr interessant entwickelt...

Ich entwickle Chars beim Spiel meistens nach vorne und nach hinten: Das heißt, nach vorne - sie entwickeln sich durch die Ereignisse in der Spielwelt und verändern sich dadurch, und nach hinten - ich definiere den Hintergrund stärker aus, um zu zeigen, wie sie vorher waren und warum eine Veränderung Sinn macht. Und weil ich gerne Geschichten erzähle, natürlich.  ;)

Meine Char haben oft einen sehr genau entwickelten Hintergrund, aber sie verändern sich immer im Lauf einer Kampagne.

Ars Magica eignet sich recht gut, weil eben sehr viel Zeit vergeht - die Char verändern sich fast zwangsläufig, weil sie im Laufe ihres Lebens einige Entscheidungen treffen müssen...  ;)
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Offline Fredi der Elch

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Naja, eine Kampagne, einmal passiert ist ja nicht so wirklich viel... jedenfalls nicht so viel, dass ich es als großen Vorteil des Systems in Bezug auf Persönlichkeit hervorheben würde. Dazu passiert es dann doch nicht oft genug. Aber vom Ansatz sicher ganz nett.

Nochmal zum Verständnis: eine Kampagne, wie lang ist das? Bei uns war das immer so 10x spielen à 4 Stunden. Und war das eure einzige UA-Kampagne?
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Zitat von: 1of3
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Offline Wawoozle

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Hier (aktuelles Beispiel):
D&D...
Mein Char hat sich bereits in der ersten Sitzung derart durch äussere Umstände verändert, das ich einen grossteil meiner Pläne und kewl Powerz für ihn umschmeissen musste/konnte.
Aber wenn es der Char-Entwicklung dienlich ist und Spass macht macht, dann macht man das gern.

Mittlerweile läuft die Kampagne über ein Jahr (allerdings mit Pausen von 2 oder 3 Monaten dazwischen) eine Runde dauert etwa 12 Stunden und ich kann schon sagen, dass sich der Char im laufe der weiteren Kampagne sehr verändert hat.

Ich kenne genug Spieler, gerade in D&D, die ihre Charaktere von Stufe 1 - 20 durchgeplant haben und keinen Millimeter davon weggehen und ihr Ding durchziehen egal was mit ihrem Char passiert, bei denen geht es im endeffekt auch nur um Kewl Powerz, aber wenn denen das reicht, ist das okay.
Aber wenn ich mehr aus dem Spiel rausholen kann, dann versuch ich das meistens auch.

Was ich sagen will ist eher, dass es nicht so sehr vom System abhängt (sicher spielt es auch mit eine Rolle) aber es hat viel mit den eigenen Vorlieben und der Gruppe selbst zu tun.

Zitat
Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit).
Klar...
diese Spielweise kommt denen zugute die vermutlich nicht viel Zeit haben oder denen die Instant-Action einfach mehr liegt.
Für Leute denen eher das Hartwurst-Syndrom liegt, die es auch geniessen können ihren Char länger auszuspielen und über einen längeren Zeitraum zu verändern, die bleiben halt beim klassischen Kampagnen-Konzept.
Veränderungen von Chars sind auf beiden Wegen möglich.
« Letzte Änderung: 4.01.2005 | 16:30 von Wawoozle »
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Ist es gerade der Wunsch der Spieler, durch eine komplexe Vorgeschichte einen "fertigen" Charakter zu erschaffen, den sie dann im Spiel "erleben" können?

Nicht umbedingt.

Zitat
Wollen sie gar nicht, dass ihr Charakter sich durch das Spiel weiterentwickelt?

Nicht umbedingt.

Zitat
Ist es ihr Wunsch, sich einfach nur in seine Gemütswelt hineinzudenken und zu erfahren, wie es ist, dieser Charakter zu sein?

Wahrscheinlich. Viele Vorgeschichten-Schreiber lieben es immerhin sehr abwechlungsreiche, vielseitige Charaktere zu entwickeln. Teils wird der Akt des Vorgeschichtenschreibens dabei sogar zu einem kreativen Schöpfungsakt, auf den nur die desillusionierende Langeweile des regulären Spielverlaufs folgt.

Zitat
Und ist die Vorgeschichte eine Ressource, auf die sie dabei zurückgreifen?

Ressource in welcher Hinsicht?

Zitat
Und wenn das so ist: Welche Mechanismen könnten eine solche Vorgehensweise unterstützen?

IMO keine. Ebenso wenig, wie es Mechanismen geben kann, die gutes Spielleiten erzwingen können.

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In der Kampagne gab es mehr Persönlichkeitsentwicklungen: Erstmal Kim, der vom Maler zum Musiker wurde ... dabei hat sich seine Obsession geändert. Dann Dr. Syl, die von einem Einzelgänger zur "Gruppenmutter" wurde. Ich denke, in der Gruppe bewegen sich die Persönlichkeitsbilder. Es gibt wenige Brüche, dafür umsomehr fließende Veränderungen. Barry wurde vom Pazifist zum Mörder. ...
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