Juan war still - ganz gegen seine sonstige Gewohnheit. Aber selbst er hat eingesehen, daß das der falsche Zeitpunkt ist für hohle Phrasen und müßige Konversation.
Als nun sicher ist, daß das Mädchen gut versorgt wird, ergreift er wieder das Wort.
"Die 'harte Tour', wie Ihr es nennt ist das Vorgehen, das auch mir am meisten zusagt. Aber vielleicht sollten wir zunächst einmal zusammentragen, was wir über die Bande wissen. Ich fü meinen Teil bin ihnen in Alvarez, meiner Geburtsstadt begegnet. Sie sind dort eine Organisation von Dieben, Halsabschneidern, Schutzgelderpressern und dergleichen mehr. Ich hatte einmal das Pech, mit ihnen zusammenzutreffen. Ich promenierte ein wenig duch die Straßen der Stadt und achtete nicht meiner Schritte - so kam es, daß ich mich unabsichtlich verfranste und ins Hafenviertel geriet - rein zufällig natürlich. Und nur um nach dem Weg zu fragen, betrat ich ein Gasthaus, welches sich als Hafenspelunke der schmierigsten Art herausstellte. Wie der Zufall es wollte, wurde dort gewürfelt, und auch die Schankmaid...aber ich schweife ab. Als ich das Etablissement verließ, wurde ich von einer Horde dieser Männer überfallen. Sie waren recht zudringlich, das muß ich schon sagen, aber nachdem ein halbes Dutzend von ihnen den Lebensatem ausgehaucht hatte - ich weiß bis heute nicht, wie ich das mit meiner schwächlichen Konstitution geschafft habe - verließ sie der Mut, und sie entfernten sich; nicht ohne mir übelste Racheschwüre zuzurufen. Ich habe dem keine große Bedeutung beigemessen, schließlich bin ich nicht mehr so oft in der Stadt. Aber daß sie nun auch hier anzutreffen sind und auch über mindestens ein Schiff verfügen, wie Senor Sandoval sagte stimmt mich doch ein wenig nachdenklich."
Der Edelmann beginnt, seine Pistolen nachzuladen, während er weiterspricht.
"Es scheint, als seien diese Männer mehr, als nur eine Horde gewöhnlicher Strauchdiebe. Nun ja, möglicherweise doch, aber dann eine große Horde. Interessant waren aber die Gerüchte, die über den Anführer unmgingen: Unbesiegbar sei er, sagten die einen. Überdies unsterblich, die anderen. Ein leibhaftiger Dämon, ein Zauberer, ein Schwertmeister, groß, klein, blond, dunkelhaarig - jeder sagt etwas anderes. Was jedoch übereinstimmt, ist ein Detail: Alle sagen, daß seine Augen weiß sind, blind - und dennoch kann er allem Anschein nach sehen. Mehr sehen sogar, als jeder Mensch mit gesunden Augen. Angeblich blickt er bis ins Herz seiner Gegner, sieht ihre Schwächen, ihre Ängste, ihre Vergangenheit und vielleicht sogar ihre Zukunft.
Ich persönlich halte diese Gerüchte für Humbug, aber ich wollte sie Euch nicht vorenthalten".
Er steckt die geladenen Pistolen in das prächtige Wehrgehänge und lächelt, aber ohne Humor - ein grausamer Zug spielt um seine Lippen.
"Caballeros, ich weiß nicht, wie es Euch geht - aber ich für meinen Teil würde gern ausprobieren, ob dieser mysteriöse Anführer immer noch so gut sehen kann mit einer Kugel in jedem Auge und einer Klinge im Herzen. Und für das, was der kleinen Senorita heute angetan wurde, verdient er das - und sogar noch schlimmeres."