Diegos Lächeln gefror. "Eh ja, ich seh schon...ich komme später wieder. Meine Herren, Ihr entschuldigt mich, meine Waschfrau hat heute frei. Ich werde mir ein paar andere Klamotten besorgen müssen. In denen hier kann ich mich nicht mal mit einer Kanalratte duellieren, geschweige denn mit unseren...", er blickte um sich herum zu den Schaulustigen, "äh, ihr wisst schon. Blind und so. Ich bin gleich wieder da."
Er grinst breit und zieht ab, Richtung Hafen. Unterwegs überlegt er, die Hände auf die Parierkörbe der Degen gelegt.
Die Angels waren schnell entkommen. Sie hier aufzuspüren würde lange dauern, zumindest, wenn man davon ausging, dass nicht alle im Pitt versammelt waren.
Er seufzt und trat eine verfaulte Tomate zur Seite. Wenn er gewusst hätte, dass er hier zu einer Schnitzeljagd angetreten war, hätte er sich niemals zu diesem Job bereiterklärt.
Andererseits duldete Ironfist keine Widerrede, zumindest nicht an Deck. Anders als sein Vater, der gute...
Seine Gedanken schweiften ab, zeigten ihm Bilder der Weinberge, das Gesicht seines Vaters, als er ihm bei der Abreise zuwinkte, das Gesicht von Ironfist.
Mit einem Kopfschütteln erwacht Diego aus seinen Gedanken. Das schwarze Dollbord der "Fürchtenichts", deren Name nun mit "Meerjungfrau" übertüncht war, ragt vor ihm auf. Die Galleone wurde noch immer überholt, und es sah so aus, als pinselten Ironfists Mannen noch die kommenden Tage über der Wasserlinie herum.
Seamus, seinen alten Freund, erblickt er in der Takelage baumelnd wie ein Affe.
"Heyho." ruft er hinauf zu den Deckswachen. "Ich bin's. Muss mal eben die Kleider wechseln."
Einer der beiden Wachen, ein rotwangiger Vodacce mit Namen Olivero, stößt seinen Nachbarn an.
"Hat sie dich aus dem Fenster in den Straßenstaub geworfen?", fragt er und grinst blöde.
"Nein nein.", erwidert Diego. "Das Haus ist beim Poppen über mir zusammengebrochen."
Damit lässt er die beiden stehen und glotzen. Ironfist steht auf dem Steuerdeck achtern und blickt mürrisch in Richtung Diego. Der deutet auf seine Kleidung, dann auf die Kajüten und lässt die Zeigefinger zweimal umeinander kreisen. Kleidung wechseln, Boss. Ich kneife nicht, keine Angst...
Während er sich ankleidet, tritt Seamus in die Zehnerkabine, in der es brütend warm ist.
"Und?", fragt er einfach. Diego zuckt die Achseln. "Ein paar sind entkommen. Jetzt drehen wir jeden Pflasterstein nach ihnen um."
"Ach Theus' Gnade, neeh... Echt? Was für ein Schlamassel." Seamus schnieft und spuckt aus.
"Allerdings. Da ich ja weit und breit zu Recht berühmt bin für meine weitreichende Geduld, ist das genau meine Aufgabe", brummelt Diego durch die weiße geschnürte Leinenbluse, die er sich über den Kopf zieht. Den zerrissenen Seidenfetzen feuert er achtlos in seinen Seesack.
"Was ist mit der Stadtwache?"
"Ach was. Vertrauen können wir nur uns selbst...Aber es gibt angeblich einen Geheimgang. Den werden wir jetzt mal erkunden. Sei so gut und hol mir ein paar Fackeln."
--Schnitt--
Schlurfenden Schrittes langt Diego wieder am "Horn" an.