Megan hatte es ihm erklärt. Leise. Mit toter Stimme. Deutliche Worte, von
Pausen durchsetzt, um sicherzugehen, dass er sie verstand.
Das Duell. Der Gegner. Die Bedingungen.
Das Erwachen war also erst der Beginn des Alptraums gewesen.
Ihre kleine Gruppe bewegte sich durch die abgedunkelten Gänge des
Wohnsektors, schweigend, jeder in Gedanken versunken.
Itaru, sein – Schöpfer vergib mir – Sekundant, der sein Schwert trug.
Dahinter Darius, mit steinernem Gesicht und einem dezenten Beutel an der Seite.
Er enthielt neben einem Medpac alles was nötig war, um Angriffen zu begegnen,
die etwas subtiler waren, als der bloße Stahl eines Schwertes.
Seitlich neben ihm Megan, in strenger Uniform, die Arme abweisend über der Brust
verschränkt. Sie kaute verbissen auf ihrer Unterlippe, und es bestand kein Zweifel
daran, dass allein ihr Blick ausreichen würde zuerst sämtliche Decados, dann Enkidi
über den Jordan zu schicken.
Enkidi schritt voran, bemühte sich um einen entschlossenen Gesichtsausdruck.
Es sollte zumindest den Anschein haben, dass er diesen Kampf gewinnen
würde, wollte, konnte... um Itarus Willen. Ihrer aller Ehre stand auf dem Spiel,
von der des Hauses einmal ganz abgesehen. Und warum?
Keine Ahnung.
Megan hatte es ihm nicht sagen können, aber letztendlich war es auch egal.
Nicolaj hatte ganze Arbeit geleistet.
Unter der bleichen, aber gefassten Maske seines Gesichtes brodelte eine
verzweifelte Wut, die sich gegen ein Ziel richtete, das so wenig fassbar war, wie
sein eigener Schatten. Ein Feind, der kam und ging, wie er wolte, gegen den er
kein Schwert führen konnte, keine Waffe, nichts. Dem er nur noch seinen Willen
und den kümmerlichen Rest seines Glaubens entgegensetzen konnte.
Enkidi wusste nicht was ihn, sie alle, erwarten würde. Hauptmann Chandra war so
temperamentvoll und aufbrausend wie ein Felsblock, um so brennender war die Frage,
was ihn zu diesem Duell gereizt hatte.
Ein Blindkampf.
Aber er war auf der sicheren Seite, wenn er mit dem schlimmsten rechnete.
Die Chancen, aus dem Duell siegreich hervorzugehen, waren gering. Sicher,
erstes Blut war von Vorteil. Kampf ohne Rüstung und Schilde ebenso.
Schnelligkeit war der einzig entscheidende Faktor. Eigentlich kein Problem.
Aber dieser Körper wurde nur noch von einem Cocktail aus Aufputsch- und
Schmerzmitteln in Betrieb gehalten. Das protestierende Fleisch war taub und
jede Bewegung kroch sirupartig dahin. Die bandagierte Schwerthand unter dem
wattierten Lederhandschuh machte zwar augenblicklich keine Probleme, das
würde sich aber ganz schnell ändern, wenn sie ein Schwert halten sollte.
Und dann war da noch die Wild Card. Nicolaj hatte ihn nicht in diese Situation
getrieben, ohne sie gänzlich für sich auszukosten.
Enkidi seufzte innerlich. Vielleicht würde der Hauptmann ihn einfach aus diesem
Alptraum erlösen. Ein sauberer Kehlschnitt, und er würde endlich seine Ruhe
haben.
Er blickte unter gesenkten Lidern zu Megan, die schräg hinter ihm lief und eine
Zigarette nach der anderen verschlang.
Nein, er würde sich nicht töten lassen. Er würde für die Fehler, die er zu
verantworten hatte, einstehen. Das Duell ehrenhaft kämpfen.
Und dann würde er Megan nehmen und von hier verschwinden, weit weg von diesem
Schrotthaufen am Ende der Welt, weit weg von den Decados, dem Amulett und der
ganzen Misere dieser Mission.
Er wollte der Frau, die er liebte, wieder in die Augen sehen können.
Sie traten in den Korridor, der zu den Quartieren der Mantis führte.
Zwei massige Kossacken hinter spiegelnden Helmen. Kurz vor Mitternacht.
Itaru holte kaum hörbar Luft, trat vor und verbeugte sich.
"Seine Lordschaft Baron Enkidi Donato Li Halan. Wir werden erwartet."