Das sind so eigentlich die Fragen, die ein bißchen weh tun, die man ungern beantwortet obwohl man eine antwort hat. Man weiß nur nicht genau wie man es sagen soll, dennoch ist es wichtig es zu sagen...
Was macht ihr?
Ich studiere Informatik an der FH-Aachen im mittlerweile 6. Semester und es nähert sich dem Ende. Noch drei Wochen dannn höre ich vermutlich nie wieder Vorlesungen, zumindest nicht im Rahmen dieses Studiums.
Nebenbei arbeite ich als Studentenmakro, also Werkstudent, bei der Firma SOPTIM in der Softwareentwiclung.
Warum übt ihr gerade den Beruf aus?
Eigentlich wollte ich ja Jurist werden. Hatte mir das irgendwann mal in den Kopf gesetzt und da wollte es dann nicht mehr raus, bis ich eine Vorlesung Jura besuchte, um mir das mal anzuhören: "öffentliche Person blabla ... rechtliche Person blabla ... private Person blabla". Jura ist sicherlich das Richtige ... für jemand anderen. Das Studium der Informatik war dann einfach der logische Schluss aus dem Wunsch der Oberstufenstundenplan möge doch bitte nur aus Informatik, Mathematik und ein wenig Physik bestehen.
Man könnte auch einfach sagen ich habe, dass was mir Spaß macht und was ich obendrein noch gut kann zum Beruf gemacht. Und das passte. Die ersten Semester war Spaß pur, alles so wie es sein sollte. Gut ein paar dumme fächer hat man ja immer drin, aber eigentlich war ich rundum zufrieden. Dann kam 2004 und mit ihm ein Haufen schlecht gehaltener Vorlesungen zu Themen, die nicht wirklich in meinem Interessensgebiet lagen und Zweifel kamen auf...
Aber die sind wieder weg, denn jetzt gibt es hier endlich ausreichend Wahlpflichtfächer und ich kann mich auf die Sachen konzentrieren, die mir Spaß machen: Softwareentwicklung an sich, ein bißchen Mathe und ein bßchen dicke Probleme auf dicken Rechnern lösen, ok ... so dick ist unser Cluster nicht, aber die Vorlesung betrachte ich auch mehr als Hobby-Veranstaltung.
Anfangs war ich auch schwer begeistert von der Mathematik und bin es auch heute noch, allerdings habe ich auch da gesehen, dass das auf Hobby-Nievau bleiben wird. Ich halte mich für einen recht fitten Mathematiker, insbesondere im Bereich Numerik ... logisch womit soll ich sonst auf dem Cluster rumspielen? Aber mein eigentliches Ding ist die Softwareentwicklung. Und zwar die Softwareentwicklung an sich. Einfaches Programmieren, wobei das eine durchaus spaßbringende und gute Arbeit ist, reicht mir da nicht mehr. Ich will an den Prozess der Softwareentwicklung selbst ran, ich will mich mit Entwurfsmustern auseinander setzen, mit Dingen wie Extreme Programming, Refactoring und Tools zur Softwareentwicklung, ich will auch als Projektleiter die Praxis leben. Ich will Prozesse modellieren und zwa nicht irgendwelche, sondern die der Softwareentwicklung. Eigentlich will ich Meta-Softwareentwicklung betreiben und eines Tages dafür bezahlt werden aus dem Fenster zu schauen und zu überlegen wie ich das Leben eines jeden Softwareentwicklers besser ... naja ... zumindest einfacher machen kann. Wenigstens solange er auf der Arbeit ist. Und deshalb will ich auch noch meinen "Master of Science in Software systems engineering" und deshalb will ich auch irgendwann einen Doktor und ein Softwarelabor und irgendwann einen Lehrstuhl, sodass ich meine Erkenntnisse weitergeben kann. Und so anderen jungen Menschen das Werkzeug in die Hand geben kann, mir zu zeigen, dass ich Unsinn rede und es noch einfacher geht.
Und im Grunde genommen will ich auch deshalb von allen Arbeitsgebern dieser Welt am liebsten zu IBM, spätestens seit sie Rational gekauft haben. IBM ist ein großer Softwarekonzern, der unter anderem sehr viel Software zur Softwareentwicklung anbietet und wie auf allen Gebieten auch auf diesem sehr viel Varianz bietet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir das jemals langweilig wird. Da gibt es noch soviel zu entdecken und auszuprobieren, fantastisch. Auch deshalb bin ich Informatiker: Die Disziplin ist jung, hier gibt es noch so vieles, was wir nicht wissen, was wir noch entdecken können. Über sein großes Reportoir in der Meta-Softwareentwicklung (ich nenne das jetzt mal einfach so) reizt IBM natürlich auch durch seine Größe an sich: Da kann man vielleicht sogar noch was von der Welt sehen. Und ein so erfolgreiches IT-Unternehmen wird selbst auch eine gut funktionierende Struktur in seiner Entwicklung haben. Ich habe zuerst in einer Firma in Kohlscheid gearbeitet und die Entwicklungsprozesse waren wie in der Steinzeit der Informatik. Jetzt arbeite ich bei SOPTIM und die Firma setzt wesentlich mehr auf "gesunder" Enwicklungsprozesse. Der Erfolg gibt ihr recht. Wie arbeitet man bei IBM? Mir reichtl da keine Zusammenfassung von einem der dort arbeitet, ich muss das einfach selbst sehen.
Übt ihr euren Traumberuf aus?
Nein, ich träume noch. Und zwar heftig, immer ein wenig mit der Furcht plötzlich aufzuwachen aus dem Bett zu fallen und mir was zu brechen. Ich habe mir viel vorgenommen, verdammt viel ... steht ja alles weiter oben ... und manchmal beschleicht mich die Angst, dass ich das einfach nicht schaffe. Master. IBM. Doktor. Lehrstuhl. Das sind verdammt hohe Ziele. Ich weiß, dass ich gut bin, in dem, was ich tue, aber bin ich gut genug? Und reicht überhaupt gut sein? IBM ist ein Top-IT-Unternehmen, die nehmen nicht jeden, warum sollten die mich nehmen? Einen Lehrstuhl bekommt man nicht nachgeworfen, warum sollte ich einen bekommen? Trotzdem muss ich es versuchen, denn in 20 Jahren immer noch in einem mittelständischen Unternehmen hier in Aachen zu sitzen aus dem Fenster zu sehen und zu denken "Marcel ... du hast es nicht mal versucht." würde mich umbringen. Wie es wäre es zu versuchen und zu scheitern? Ich weiß es nicht, aber es wäre besser, denn ich wüsste "an dir hat es nicht gelegen ... du hast alles gegeben, was du hattest".
Oder arbeitet ihr nur wegen dem Geld?
Nein. Ich arbeite auch wegen dem Geld bei SOPTIM, denn das ist praktisch davon kann man sich Nahrungsmittel kaufen und die Miete zahlen, aber in erster Line arbeite ich wegen dem Einblick in die Praxis. Endlich mal mit den Augen und Händen daran kommen, was einem sonst nur vorgelesen wird.
Und wer soviel Träumerei und Idealismus rumsprizt wie ich in diesem Beitrag der wird hier jetzt sicherlich nicht schreiben "Ich werde Informatiker, weil die Kassen stimmt". Die stimmt zwar in der Regel auch, aber das ist für mich eher zweitrangig.
Wollt ihr was anderes machen?
Nein.
Und wie seid ihr darauf gekommen was ihr machen wollt?
Ich glaube ich habe in meinem "Essay" weiter oben diese Frage bereits erschlagen, oder?
Und seid ihr glücklich damit?
Im Moment bin ich sehr glücklich damit. Und ich habe das Gefühl ich kann noch glücklicher werden.
Jetzt bin ich mal gespannt ob den Sermon überhaupt jemand liest. ;-)