Autor Thema: Mein erster Thread hier LP&PE  (Gelesen 6651 mal)

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Offline Jens

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Mein erster Thread hier LP&PE
« am: 22.04.2005 | 15:05 »
Also:

Vermis Fragen:
Was sind die sogenannten SL-Aufgaben?
Gestaltung und Präsentation der Welt, der NSCs und der "Story".

Wann werden SL-Aufgaben von Spielern wahrgenommen?

Wenn die Spieler eigene Sachen für die Spielwelt entwerfen von denen der SL noch nichts weiß.

Gibt es Spiel ganz ohne PE?

Nein, es sei denn es sind absolute Sklaven und bleiben immer in Charakter und sind mit allem Einvestanden was der SL macht.

Gibt es Spiel mit 100% PE = SL-loses Spiel, oder ist das nur ein rotierender SL?

Weiß ich nicht...

In welchem Verhälltnis stehen diese Fragen zum Lumpley-Prinzip?

Das Lumpleyprinzip sagt ja das nichts zustande kommt wenn nicht ALLE damit einverstanden sind.
Also kannn der SL nicht alsl Gott fungieren wenn die Spieler das nicht so wollen = PE, ein wenig wenigstens.
Allerdings kenne ich keine Spielweise in der es ein 100&iges PE gibt denn dann wären alle Spieler gleichzeitig SL.

So mal sehen ob mir da einer weiterhelfen kann. Bitte keine Verweise auf Forge aber bitte gerne verweise wenn das Thema schon mal ausdiskutiert worden is... muss Los.

Jens

Offline Lord Verminaard

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #1 am: 22.04.2005 | 15:11 »
Zu SL-Aufgaben: Aulegung der Regeln wäre ein weiterer wichtiger Punkt.

Zu Verhältnis PE-LP: Laut LP ist alles, was Teil der Spielrealität wird, nur deshalb Teil der Spielrealität, weil sich alle Mitspieler darauf einigen. Das Herstellen einer imaginären Realität macht Rollenspiel überhaupt erst möglich. Die Frage von SL-Aufgaben und PE ist eine Ebene tiefer aufgehängt, ansonsten verlöre die Differenzierung ihren Sinn. Denn wenn ohnehin alles von der Zustimmung der Spieler abhängt, dann wären sie jederzeit voll "empowered" (ermächtigt).

Bei PE geht es vielmehr um die Frage, wie der Konsens über den Inhalt der Spielrealität zustande kommt. Auf der Schmiede nennt man diese Ebene "Techniken". Also: wem wird normalerweise "credibility" gewährt? Wer darf normalerweise in welcher Situation bestimmen, was in der Spielrealität geschieht oder existiert? Und in Bezug auf welche Aspekte der Spielrealität?

Player Empowerment bedeutet, SL-Aufgaben auf Spieler zu übertragen. D.h. erst wenn man weiß, was überhaupt SL-Aufgaben sind, kann man auch feststellen, was PE ist.
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Offline Arbo

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #2 am: 22.04.2005 | 15:28 »
Mal kurz zum Verständis ...

Player Empowerment (PE) hat eine Umverteilung des Machtverhältnisses - bezogen auf die Gestaltung der Geschichte - zur Folge.

Laut  Lumpley-Prinzip (LP) machen Spieler und Spielleiter das eigentliche Rollenspiel bzw. die Spielwelt.

Könnte man das, was LP besagt nun nicht auch als Sonderfall von PE bezeichnen?

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Online Maarzan

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #3 am: 22.04.2005 | 15:32 »
Was sind die SL-Aufgaben?
Grundgestaltung und Repräsentation der Welt und der NSC´s. Repräsentation der Regeln d.h. Naturgesetze.
Je nach Spielstil weitere Aufgaben, wo für einen Stil nominell auch Story dazugehört.

Wann werden SL-Aufgaben von Spielern wahrgenommen.
Begrenzt vor dem Spiel bei der Spieleinrichtung. Ansonsten nach Delegation:
Spezialist (du bist doch Segler - wie sieht den so eine Tour real aus)
Regelbunny (Was für einen Malus hat er nach der Beschreibung und den Regeln?)
sonstiges.

Gibt es ein Spiel ganz ohne PE?
Was ist PE?
Mein Gedankengang ist folgender:
Im Normalfall hat jeder die Möglichkeit auf dem Vorschlagsweg sich an der Spielgestaltung global zu gestalten - und gegebenenfalls im extrem ein Veto einzulegen. Das ist aber völlig normal und bedarf keines eigenen Begriffes.
Dazu heißt Enpowerment eben Ermächtigung und nicht nur Beteiligung, also Macht, in diesem Fall eigenmächtig Eingriffe in die Spielumgebung machen zu können.
PE-Regeln wären damit Regeln, welche solche Eingriffe autorisieren und die üblichen möglichen Einwendungen und bestehenden Fallregeln unterdrücken.
Damit dürfte die Anzahl solcher PE-freien Spiele beachtlich sein.

Gibt es Spiel mit 100% PE?
Vielleicht, aber nicht als Rollenspiel.

Verhältnis zum Lumpleyprinzip?
Ich denke nicht, daß man PE über das Negativ definieren kann, indem man die Möglichkiet hat gegenüber jemandem anderes ein Veto einlegen zu können. Das habe ich letztendlich immer, zur Not indem ich den Spieltisch verlasse.
Damit existiert nach strenger Auslegung gar kein Enpowerment.
Man könnte aber von einem begrenzten sozusagen konstitutiven Enpowerment für vorab vergebene Rollen sprechen, traditionell der Spielleiterposten und die weitgehenden Besitzrechte des Spielers über seinen Charakter.

Ich glaube nicht, daß die Gleichsetzung von Spielleiteraufgaben und PE stimmt, es sind die Spielleiterrechte, welche relevant sind -und von ihnen unanhängig sind, denke ich.



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Offline Fredi der Elch

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #4 am: 22.04.2005 | 15:43 »
Ok, vergesst PE. PE ist schlecht definiert, da es immer wieder den Rückgriff auf klassisches Spiel nehmen muss (unter dem sich jeder wieder was anderes vorstellt) und sich nur in Abweichung davon definiert.

Ich werde ab jetzt mein Modell umstellen. Es gibt einfach eine Reihe von Aufgaben, die im Laufe des Rollenspiels übernommen werden muss. Teilweise auch unterschiedliche Aufgaben, je nachdem welchen Stil man spielt. Diese Aufgaben müssen irgendwie auf alle Mitspieler verteilt werden. Dies geschieht teilweise durch die Regeln, teilweise informell.

So, mit dem Ansatz spare ich mir den SL (d.h. es kann ihn geben, muss aber nicht) und damit die Notwendigkeit so was wie Player Empowerment zu definieren. Und alles wird leichter. Na ja, vielleicht...
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Offline Lord Verminaard

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #5 am: 22.04.2005 | 15:44 »
@ Arbo: (Achtung, dies ist eine reine Forge-Antwort. ;))

Das LP fügt sich in das Big Model der Forge ein, wonach der Prozess "Rollenspiel" wie folgt geschichtet ist:

[Exploration [Techniques [Ephemera]]]

(Social Contract und Creative Agenda lasse ich mal weg, weil wir die gerade nicht brauchen.)

Exploration = das Erschaffen einer imaginären Realität. Wie wird die imaginäre Realität (= shared imagined space, SIS) erschaffen?

--> An dieser Stelle setzt das LP an. Es besagt, dass die imaginäre Realität nicht dadurch entsteht, dass der SL etwas sagt, oder dass etwas in einem Regel- oder Setting-Buch steht. Sondern ausschließlich durch den Konsens aller Mitspieler. Also: Das Wort des SL gilt, weil die Spieler damit einverstanden ist, dass es gelten soll. Wenn die Spieler hiermit einverstanden sind, genießt der SL "credibility" (Glaubwürdigkeit). Ob die Spieler dem SL ganz generell diese Glaubwürdigkeit zubilligen, hängt wesentlich von der Aufgabenteilung zwischen Spielern und SL ab, auf die sich diese Gruppe - explizit oder implizit - geeinigt hat.

Und an dieser Stelle setzt die Frage nach PE oder nicht PE an. Was darf der SL und was nicht? Was erlauben ihm die Spieler? Was ist demgegenüber den Spielern erlaubt? Diese Aufgabenteilung ist eine Technik, um den nötigen Konsens herzustellen, damit Spielrealität gestaltet wird und "Exploration" stattfindet.

Daher:
Techniques = Methoden, die die Spielenden verwenden, um den für die Exploration nötigen Konsens herzustellen
Ephemera ("Eintagsfliegen") = konkretes Verhalten der Mitspieler in einzelnen Situationen
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Offline Arbo

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #6 am: 22.04.2005 | 15:56 »
Danke Vermi, soweit O.K. ... Meine Intention zu meiner obigen Frage war folgende ...

Wir können uns ja weg von der Frage, was der Spielleiter/Spieler sich erlauben darf, hin zur Frage, was sich der Spieler/Spielleiter erlauben kann bewegen (also im Hinblick auf die "Entscheidungsrechte" bzgl. des Rollenspiels). Wenn wir PE damit als Machtkonzentration zwischen SL und Spieler begreifen, dann normiere ich das mal auf 1 und definiere ...

PE = 0: 100% Spielleiterwillkür
PE = 1: 100% Spielerbestimmung.

Das wären zwei Extreme.

Ein Sonderfall wäre PE = ½: Spieler und Spielleiter besitzen zu gleichen Teilen Einfluss auf die Spielwelt, d.h. die gleichen Einflussrechte. Das wäre - nach meinem bisherigen Verständis - praktisch das, was das Lumpley-Prinzip besagen würde; denn hier hätten beide Parteien zu gleichen Teilen Einfluss auf die Geschichte und würden - infolge des gleichen Kräfteverhältnisses - in beiderseitigem Einverständnis Entscheidungen treffen. Wenn ich nun genau darüber nachdenke, würde das Lumpley-Prinzip auch nur in diesem Falle gelten, denn andernfalls würden die Reaktionen - mit denen die Glaubwürdigkeit des SLs bewertet werden - verzerrt wahrgenommen werden (Grund: ungleiches Kräfteverhältnis).

Ich selbst tendiere zur Behauptung, dass Rollenspiel zwischen diesen drei Fällen stattfindet. Implizit bedeutet dass, dass es eine "mächtigere" Partei geben muss, welche das Spielgeschehen maßgeblich bestimmt - entweder Spieler oder Spielleiter.

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Offline Roland

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #7 am: 22.04.2005 | 16:14 »
Arbo

Lumpley Prinzip und PE haben zunächst mal nichts miteinander zu tun.

Das LP sagt einfach nur, das ein "Element X" nur dann Teil der Spielrealität wird, wenn alle Mitspieler damit einverstanden sind. Von welchem Spieler Element X stammt, ist dabei unerheblich.

Die Verteilung der Erzählgewalt (inkl. PE) beschäftigt sich dann damit, nach welchen Kriterien welcher Spieler welches Element als Vorschlag für die Spielrealität einbringen darf.
« Letzte Änderung: 22.04.2005 | 16:16 von Roland »
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Offline Fredi der Elch

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #8 am: 22.04.2005 | 16:16 »
Hi Arbo,

ich weiß, ich soll nicht Begriffspolizeien, aber… ich denke, du hast das LP nicht ganz verstanden. Lies dir doch mal den Thread durch:
http://tanelorn.net/index.php/topic,17547.0.html
Da hat Vermi sich echt Mühe gemacht, das zu erklären. Wenn du dann noch Fragen hast, frag einfach, wir helfen dir gern! :)
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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #9 am: 22.04.2005 | 16:24 »
Das Lumpleyprinzip ist sozusagen die eingebaute Notbremse oder eher noch der persönliche Schleudersitz.
PE und ähnliches fragt danach, wer im Normalfall den Wagen steuert.

Ich denke, man darf bei der Frage nach dem PE nicht den "dritten Mann" im Boot vergessen. Das ist die vorher ausgehandelte Spielverfassung, typischerweise auf der Basis eines Regel/Hintergrundpakets. (Auch in Bezug auf das Label 0%PE => 100% SL Willkür. )



Was soll Roland denn nicht verstanden haben? Einfach eine Aufforderung "Nochmal" und weise lächeln ist arg billig.
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Offline 1of3

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #10 am: 22.04.2005 | 16:43 »
Ums nochmal plastisch zu formulieren: Das lumpley-Prinzip gilt immer.

Beispiel:
SL sagt mir: "Da springt ein Räuber aus dem Busch." Ich sage: "Nein.".

Dann geht das Spiel nicht weiter, bis wir uns einig sind. (Einzige Ausnahme wäre vielleicht, dass der Gastgeber einen von beiden vor die Tür setzt.)

Das ist das lumpley-Prinzip - in seiner am wenigsten diplomatischen Inkarnation.


PE ist wie gesagt eigentlich ein eher unnötiger Begriff.

Offline Fredi der Elch

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #11 am: 22.04.2005 | 16:43 »
Hi Marzaan,

Was soll Roland denn nicht verstanden haben? Einfach eine Aufforderung "Nochmal" und weise lächeln ist arg billig.
Ich redete mit Arbo, nicht Roland. Dir würde es z.B. nicht schaden, mal allgemein Posts zu lesen. Und den Thread zum LP empfehle ich auch dir, da das LP nichts mit einem "Schleudersitz" zu tun hat.
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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #12 am: 22.04.2005 | 16:57 »
Die Notbremse ist das jeder die Zustimmung verweigern kann.
Dies führt dan erst einmal zu einem Stop und voraussichtlich Diskussion.
Und das Spiel geht weiter, wenn das Problem behoben, d.h. wieder Einigkeit herrscht
oder nur noch Leute dabei sind, zwischen denen Einigkeit herrscht - das war der Schleuidersitz.

Ja ich habe zwei nebeneinander stehende Posts verdreht. Mea culpa.

Ein Hinweis was er falsch verstanden hat, wäre trotzdem auch hier hier hilfreicher gewesen.
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Offline Jens

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #13 am: 22.04.2005 | 17:35 »
Jetzt habe ich auch endlich den Unterschied verstanden, PE wird vor dem Spiel definiert (IM Spiel darfst du das und das) und das LP greift im Spiel (Nee, das will ich nicht, halt, das regeln wir jetzt anders).

So kann man dann ein System mit 0% PE schnell finden weil zum Beispiel in DSA stand mal der Satz "Was der Meister sagt, ist Gesetz". Somit wird den Spielern in dieser Richtung jegliches PE "verboten", wenn der Meister nix anderes sagt. Hm.
Das heißt dann aber auch das der Rahmen des LP vor dem Spiel geklärt werden muss durch die Frage "Wieviel PE gibts hier denn so?", damit man weiß ob man sich einmischen darf oder ob man nur auf das hört, was der "Meister" sagt. Denn so kann man die Regeln definieren wann diese Bremse benutzt werden darf.

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #14 am: 22.04.2005 | 17:36 »
Die Notbremse ist das jeder die Zustimmung verweigern kann.
Dafür braucht man aber keine Rechtfertigung. Man sagt ja nicht vorher "wir lassen hier das Lupley-Prinzip gelten" oder etwas ähnliches. Das Prinzip herrscht. Punkt. Solange noch diskutiert wird, ist etwas noch nicht angenommen, kein Konsens hergestellt --> Es ist kein Teil der Spielrealität.
Sobald die Diskussion beendet ist (auf welche Art auch immer) ist der Konsens hergestellt, der zu diskutierende Gegenstand ist Teil der Spielrealität  und das Spiel geht weiter.
So ist das nun mal - bei allen Formen des Rollenspiels. Man muss sich nicht darauf einigen "nach dem Lumpley-Prinzip" zu spielen. Das ist nur ein Name für eine grundlegende VOraussetzung der Schaffung einer gemeinsamen Spielrealität.

Dies führt dan erst einmal zu einem Stop und voraussichtlich Diskussion.
Und das Spiel geht weiter, wenn das Problem behoben, d.h. wieder Einigkeit herrscht
oder nur noch Leute dabei sind, zwischen denen Einigkeit herrscht - das war der Schleuidersitz.
Das ist ja soweit alles richtig - nur impliziert der Vergleich mit Notbremse und Schleudersitz etwas, was bewusst aktiviert werden muss. Und das ist eben nicht der Fall. Wenn es in einer Runde ständig Stress mit einem Spieler gibt, der gegenrudert, Dinge nciht akzeptiert, diskutiert und so nachhaltig den Spielfluss stört, dann sagt ja keiner (ok - keiner den ich kenne) "Du verhinderst das Entstehen eines Konsens in unserer Runde. Nach dem Lumpleyprinzip kommt dann keine 'gemeinschaftliche Illusion' zustande, somit können wir nicht spielen, also musst Du aufgrund des Lumpley-Prinzips gehen."
Eher würde da der folgende Satz fallen: "Du bist ein sturer Bock der über alles diskutieren muss, gehst allen auf die Nerven und mit dir zu spielen macht keinen Spaß. Geh."

Ein Hinweis was er falsch verstanden hat, wäre trotzdem auch hier hier hilfreicher gewesen.
Der war doch da. Das LP war falsch verstanden und der Link zu einer sehr anschaulichen Erläuterung war gleich mitgeliefert.

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #15 am: 22.04.2005 | 17:56 »
Wenn das Beispiel eine Notwenigkeit einer Aktivierung des Lupleyprinzips als solches suggerierte, war es wohl nicht ganz glücklich gewählt.
Obwohl das Lumpleyprinzip ja dadurch sichtbar wird, das jemand aktiv die Zustimmung verweigert.
Das Lupleysystem ist also eher eine Art Aussage "die Karre fährt, bis sie jemand anhält - und das kann jeder Insasse sein und fährt erst wieder an, wenn keiner mehr da ist, der bremst". 

Bremsen, sortieren und wieder anfahren sind dann die Handlung und das Lupleyprinzip die Randbedingungen des Zustandes fahren. Besser?


Der Verweis war auf eine nette Zusammenfassung des Prinzips und einen längeren Threat. Wenn die Lektüre aber beim ersten Mal schon nicht zum Erfolg geführt hat, ist ein Neulesen auch nur bedingt eher von Erfolg gekrönt.
Außer bei der Bundeswehr wird wohl nirgends so gelehrt, und da ist es denke ich Teil des Einstellens des Rekruten.
Außerdem besteht ja noch die Möglichkeit den betreffenden Poster falsch verstanden zu haben oder selbst etwas von Grund auf falsch interpretiert zu habenund dieses Mißverständnis wird dann nie aufgelöst, wenn der Korrigierende nicht selbst Position bezieht.


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Offline Arbo

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #16 am: 22.04.2005 | 19:18 »
Danke für das Link, Fredi. Hier mein Ergebnis dazu ;)

Ich glaube, ich habe mich nämlich etwas missverständlich ausgedrückt bzw. nicht genau erläutert. Denn indirekt fällt mir da ein – von mir aus auch kleinkarrierter – Kritikpunkt auf.

Das Lumpley-Prinzip geht davon aus, dass die Spielwelt durch direkte oder indirekte Verhandlungen zu Stande kommt. Direkt bedeutet, dass die Spieler deutlich ihre Bewertung zum Vorschlag des Spielleiters abgeben. Indirekt bedeutet, dass die Spieler den Vorschlag stillschweigend akzeptieren. Ähnlich gilt es andersherum für die Spieler – angestrebte Aktionen sind Vorschläge, die entweder direkt oder indirekt abgelehnt oder angenommen werden.

Wie weiter oben schon richtige geschrieben wurde, handelt es sich dabei um einen Prozess, der ständig stattfindet. Mit anderen Worten: Das Lumpleyprinzip gilt immer.

Immer? Das ist nämlich die Frage! Denn stillschweigend wird davon ausgegangen, dass dies im Rollenspielprozess stattfindet. Wenn es aber nicht zu einer Übereinkunft kommt, dann ist der Prozess abgebrochen. Was nun?

Mein Ansatz war daher, dass diese Entscheidungsgewalt, welche die Beteiligten haben, polarisiert wird – hin zur Spieler- oder zur Spielleiterseite. Einfach, um im Fall der Fälle Entscheidungen überhaupt möglich zu machen.1 Je nach Polarisierung müssen Spieler oder Spielleiter dann Entscheidungen akzeptieren. Das bedeutet, dass hier das Lumpley-Prinzip nur indirekt gilt, weil eine Vorabvereinbarung getroffen wurde, die Entscheidungen der „stärkeren“ Partei2 im Spiel zu akzeptieren. Da dies auf freiwilliger Basis beschlossen wurde, kann man m.E. auch davon ausgehen, dass dies nicht zwangsläufig negativ empfunden wird.

Wie starkt die Entscheidungsgewalt polarisiert wird, das hängt wiederum von der vorab vereinbarten Regel ab. Und genau diese Polarisation ist wiederum charakterisiert vom Player Empowerment.

Bezogen auf das Lumpley-Prinzip : Das LP in seiner reinen Form setzt m.E. voraus, dass beide Rollenspielparteien mit gleicher Kraft an den Entscheidungen wirken. Mit anderen Worten: Die eine Partei kann nicht die andere Partei zu etwas zwingen. So wie ich das beschrieben haben, ist das genau dann der Fall, wenn die Spieler und der Spielleiter allesamt gleich stark sind (Kräftegleichgewicht). Das bedeutet, dass die Spieler ein gleichstarkes Mitspracherecht haben – mit anderen Worten: Player Empowerment.3 Dies wird am Anfang (Vorverhandlung) der Fall sein und kann für das Rollenspiel vereinbart werden. Daher – so meine Schlussfolgerung – erfordert das Lumpley-Prinzip ein gewisses Maß an Mitentscheidung.

FAZIT: Kommt keine Entscheidung zu Stande, wird der Rollenspielprozess abgebrochen und damit existiert dann auch kein Lumpley-Prinzip mehr. Besitzen beide Rollenspielparteien gleich viel Entscheidungsgewalt (bei Spielern PE), dann gilt das reine Lumpley-Prinzip. In jedem Falle gilt das am Anfang, also mehr oder weniger im Anbahnungsprozess, in dem über Genre, System usw. entschieden wird. Das Lumpley-Prinzip gilt nur beschränkt, wenn die Entscheidungsgewalt einer Partei (Spielleiter oder Spieler) eingeschränkt ist.

Vollständiges Player Empowerment reduziert Master Empowerment ;) und umgekehrt, beide Extreme gehen also mit einem eingeschränkten Lumpley-Prinzip einher.

Arbo

1 Nur als Hinweis möchte ich anmerken, dass man dies auch als Problem kollektiver Entscheidung bezeichnen kann. Im von mir beschrieben Fall einigen sich die Rollenspielparteien darauf, ihre Wahlfreiheit bzw. Entscheidungsrechte einzuschränken indem sie ein bestimmtes (größeres) Entschiedungspotenzial einer Partei übergeben. So gesehen ist damit der Rollenspielprozess in zwei Teile untergliedert ... (a) Vorverhandlung über die Entschiedungsgewalt und (b) Entscheidungen im direkten Rollenspiel.
2 Der Partei mit mehr Entscheidungsmacht
3 Auch hier wieder direkt oder indirekt, denn die Spieler können direkt etwas vorschlagen oder indirekt durch Stillschweigen einen Vorschlag akzeptieren.

Nachtrag I: Bevor noch jemand darauf hinweist ... Lord Verminaard schrieb in seinem Beitrag zum LP (siehe http://tanelorn.net/index.php/topic,17547.0.html) auch etwas von Glaubwürdigkeit. Ich möchte diesen Aspekt nicht unter den Tisch kehren, aber m.E. ist der vom allgemeinen Verhandlungs-Prinzip zu trennen ... aber das wäre ein anderes Thema. Im obigen Sinne meiner Ausführungen kann Glaubwürdigkeit auch in den „Verhandlungsprozess“ über die Polarisierung der Entscheidungsgewalt einfließen.
« Letzte Änderung: 22.04.2005 | 19:24 von Arbo Moosberg »
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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #17 am: 22.04.2005 | 19:38 »

Wie weiter oben schon richtige geschrieben wurde, handelt es sich dabei um einen Prozess, der ständig stattfindet. Mit anderen Worten: Das Lumpleyprinzip gilt immer.

Immer? Das ist nämlich die Frage! Denn stillschweigend wird davon ausgegangen, dass dies im Rollenspielprozess stattfindet. Wenn es aber nicht zu einer Übereinkunft kommt, dann ist der Prozess abgebrochen. Was nun?


Nichts nun. Ohne Übereinkunft keine gemeinsame Spielrealität, also kein Spiel. Wie diese Übereinkunft erzielt wird, ist nicht Gegenstand des LP.

Die formelle Verteilung der Erzählgewalt (z.B. über PE) ist ein (Teil-)Weg eine Übereinkunft zu erreichen.
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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #18 am: 22.04.2005 | 20:54 »
Arbo, das was du hier beschreibst, ist das, was Vermi mit Glaubwürdigkeit (Forgeisch: Credibility) beschrieben hat.

1.   LP gilt immer. Niemals kann irgendwer irgendwen dazu zwingen irgendwas zu akzeptieren. Nicht der SL und nicht die Spieler. Die Gedanken sind frei und so: in meiner Vorstellung kann mich niemand zu irgendwas zwingen, ich kann mich immer den Vorschlägen der anderen verweigern.
2.   Normalerweise wird aber nicht für jedes Detail lange verhandelt. Das wäre ja blöd. Also werden Regeln und informellen Übereinkommen benutzt (Forgeisch: System), um diese Dinge schnell zu regeln
3.   Dadurch wird im vorhinein Glaubwürdigkeit auf bestimmte Personen verteilt. Es wird z.B. also bestimmt, dass der SL über die Welt bestimmen kann. Oder dass man bei einem erfolgreichen Angriffswurf eben trifft (das ist genau genommen nicht Credibility sondern Authority)
4.   Wenn jemand Credibility hat, wird man ihm eine bestimmte Aussage im Spiel eher abnehmen. Wenn der SL sagt: "3 Orks tauchen auf", dann werden die Spieler ihm das vermutlich glauben, denn er hat Credibility.
5.   Zwingen kann aber keine Vereinbarung irgendwen. Jeder Spieler könnte dem SL trotzdem sagen: "Ne, da sind keine Orks". Das LP gilt also trotzdem!

Gibt es soweit noch Verständnisfragen? Gibt es Gegenargumente? Ergänzungen?

Zum PE sage ich nun mal nichts, da ich den Begriff ja nun für sinnlos halte. ;)
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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #19 am: 22.04.2005 | 22:15 »
Ok, vergesst PE. PE ist schlecht definiert, da es immer wieder den Rückgriff auf klassisches Spiel nehmen muss (unter dem sich jeder wieder was anderes vorstellt) und sich nur in Abweichung davon definiert.
Juhuu, endlich :d
Mir gefiel dieses PE sowieso nie.

Ich werde ab jetzt mein Modell umstellen. Es gibt einfach eine Reihe von Aufgaben, die im Laufe des Rollenspiels übernommen werden muss. Teilweise auch unterschiedliche Aufgaben, je nachdem welchen Stil man spielt. Diese Aufgaben müssen irgendwie auf alle Mitspieler verteilt werden. Dies geschieht teilweise durch die Regeln, teilweise informell.
Da bin ich dann aber extrem gespannt drauf, das wird nämlich sehr schwierig. Denn allein was man hier als "zu verteilende Aufgaben" erwähnt lässt oft bereits darauf schließen wie man es gerne verteilen würde.
Nur so nebenbei...

Offline Fredi der Elch

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #20 am: 22.04.2005 | 22:43 »
Da bin ich dann aber extrem gespannt drauf, das wird nämlich sehr schwierig.
Hihi, du hast da was falsch verstanden: das ist das gesamte Modell. Es gibt jede Menge Aufgaben beim Rollenspiel und irgendwer muss die eben machen. Wer dann das Recht hat, welche Aufgabe durchzuführen, wird über System (Regeln + informelle Übereinkünfte) geregelt, das dann die Credibility verteilt. Fertig.:)

Welche Aufgaben das genau sind, das weiß ich nicht. :) Mir fallen da ein paar ein, aber vollständig ist es bestimmt nicht.
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« Antwort #21 am: 22.04.2005 | 22:55 »
Wir können ja sammeln.
EIne Aufteilung wo stilmäßig eine solche Aufgabe dann relevant würde, könnte dann später erfolgen.

Wobei ich überlege,ob Aufgaben in Pflichten und Rechte getrennt werden sollten, denn die Aufgabe kann durchaus häufig beim Spieler liegen oder von Fall zu Fall an ihn abgegeben werden, und dann erst von dem Spielleiter oder den Regeln abgesegnet werden müssen oder von vorne herein von denen in einen Rahmen gestellt worden sein.
(z.B. Funktion des Regelsklaven, d.h. ein Spielleiter wird von einem regelkundigeren Mitspieler unterstützt, behält sich aber je nach Spilstil Abweichungen von dessen Verlautbarungen in unterschiedlcihem Ausmaße vor)

Dazu komt die Unterscheidung in Spiel und Vorspiel und ggf. die Rolle der Regeln als eigenständige Autorität (so sie von den Beteiligten im Vorspiel als solche eingesetzt worden sind).
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Offline 1of3

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #22 am: 22.04.2005 | 23:37 »
Genau. "System" ist das Zauberwort.

Was ist "System"?

Ausgehend vom lumpley-Prinzip ist System ein Verfahrenskatalog, der die nötigen Verhandlungen über den gemeinsamen Vorstellungsraum abkürzt.

Das beschränkt sich nicht nur darauf, mehr Macht beim SL und bei den Spielern zu lassen (zumal dieser Ansatz voraussetzt, dass ein SL da ist), sondern auch durch Vereinbarungen über bestimmte Proben, Charakterwert usw. zu Stande kommt.

(Nach dieser Definition des Begriffes gibt es dann folglich auch keine Rollenspiele ohne System. Sobald die Gruppe sich auf irgendeine Standardvariante zur Verteilung zum Importieren von Fakten geeinigt hat, besteht auch ein System. - Diese Einigung kann natürlich implizit erfolgen und tut das auch meistens.)

Offline Arbo

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #23 am: 23.04.2005 | 14:37 »
@Fredi:

Du schreibst, dass da Glaubwürdigkeit „verteilt“ wird. Im Kern handelt es sich dabei aber nicht um Glaubwürdigkeit, sondern um Gestaltungsrechte. Die Regel „Was der Spielleiter sagt, ist Gesetz!“ wäre ein Beispiel dafür; ich – als Spieler – trete dann mein Gestaltungsrecht, die Spielwelt direkt zu verändern, an den SL ab. Mit dieser Rahmenregel1 ist verbunden, dass ich als Spieler die Entscheidungen des Spielleiters akzeptieren muss, sofern sie diesen Bereich betreffen. Das hat nichts mit Glauben zu tun; die Ergebnisse kommen zu Stande, weil ich mich als Spieler damit einverstanden erklärt habe. Bei der Gestaltung der Spielwelt geht es also nicht darum, wer die beste „Glaubwürdigkeit“ besitzt, sondern wer über die meisten Gestaltungsrechte verfügt. Bezogen auf die Gestaltungsrechte der Spieler kann dann von Player Empowerment gesprochen werden.

Wenn ich aber meine Gestaltungsrechte einschränke, dann sind die Entscheidungen des Spielleiters nicht mehr Konsensentscheidungen. Konsens besteht höchstens in der Frage, wie man zu einer Entscheidung gelangt (hier: durch Abtreten von Gestaltungsrechten; = vorab geklärte Rahmenregel). Wenn das Lumpley-Prinzip aber einen Konsens bzgl. der Entscheidungen fordert, kann dies nur mit gleichstarken Parteien (keine Einschränkung) geschehen.2 Sind Gestaltungsrechte – wie auch immer – polarisiert, dann können wir nicht mehr von Konsensentscheidungen ausgehen; das Lumpley-Prinzip würde nur eingeschränkt gelten.

Das war jener Punkt, auf den ich hinweisen wollte. Insbesondere, weil der Begriff „credibility“ aus meiner Sicht missverständlich und inkonsistent gebraucht wird – einerseits als „Glaubwürdigkeit“ im Sinne von Überzeugungskraft3, andererseits im Sinne von Entscheidungsrechten4. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, vor allem weil ja der Autor darauf abziehlt, Rollenspiel anhand von „Vertragsbeziehungen“ zu beschreiben. Es ergibt sich damit eine Nähe zur Theorie der Verfügungsrechte. Weiterhin ergeben sich aus dem reinen Lumpley-Prinzip „Probleme kollektiver Entscheidung“ (public-choice-problems), die u.a. mit Ansätzen aus der Politik angegangen werden können – vor allem mit den Rahmenregeln (system) sind dort bestimmte Schnittmengen gegeben. Insofern lässt sich auch das Verhältnis von Player Empowerment innerhalb des sogenannten Lumpley-Prinzips bestimmen.

Worauf ich damit hinaus möchte: Es existieren „Instrumente“ (Theorien, Ansätze), die m.E. geeignet erscheinen, eigene Hypthesen über das Rollenspiel zu entwickeln, diese plausibler zu machen, zu prüfen und mit einem „Unterbau“ zu versehen. Wenn ich das bezüglich des Lumpley-Prinzips mache, stelle ich fest, dass dieses einige Mängel besitzt, die sich allerdings „beheben“ lassen.

Arbo

1 Das ist jenes, was Du als „system“ bezeichnet hast.
2 Implizit bezieht sich das auch auf den Vorverhandlungsprozess, in dem die Rahmenregeln geklärt werden.

3
Zitat
Wenn der SL sagt: "3 Orks tauchen auf", dann werden die Spieler ihm das vermutlich glauben, denn er hat Credibility.
4
Zitat
Es wird z.B. also bestimmt, dass der SL über die Welt bestimmen kann.

Nachtrag:

Zitat
Zwingen kann aber keine Vereinbarung irgendwen. Jeder Spieler könnte dem SL trotzdem sagen: "Ne, da sind keine Orks".

Ja und nein. Natürlich kann niemand zu etwas gezwungen werden. Würden sich genügend Personen NICHT an eine Verinbarung halten, wäre damit praktisch auch eine „Vorabregel“ (Rahmenregel) aufgehoben. Streng genommen würde es ggf. auch gar nicht erst zu einer Rahmenregel kommen. Es können allerdings Selbstbindungskräfte entfaltet werden, durch die man sich an eine bestimmte (Rahmen-) Regel hält. Ich will das hier nicht unnötig austreten, da das auch ein sehr weites Feld ist ;), aber es gibt plausible Gründe dafür, dass man sich an eine Regel – eine Vereinbarung – hält. Das gilt insbesondere, weil eine Regel ohne – wie auch immer geartete – Sanktionen eigentlich auch keine richtige Regel ist.

P.S.: Entsprechende Verweise können von mir gerne nachgeliefert werden.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Mein erster Thread hier LP&PE
« Antwort #24 am: 23.04.2005 | 16:03 »
Hi Arbo,

ich denke wir reden hier von 2 verschiedenen Ebenen. Ich werde mal versuchen, das etwas zu verdeutlichen, was ich meine.

Ebene 1: Regeln. Es gibt Regeln (schriftliche und informelle) auf die sich alle Spieler vorher geeinigt haben. Diese Regeln verteilen die Erzählrechte. Soweit klar, denke ich.

Ebene 2: Die Menschen. Diese Ebene steht über den Regeln und beschreibt die tatsächlichen Menschen, die miteinander reden. Das ist eigentlich Sozialpsychologie, da du eine Gruppe von Leuten hast, die interagieren. Und hier sitzt das LP (und grinst?). Denn niemand kann hier von jemand anderem dazu gezwungen werden, irgendetwas zu akzeptieren. Und zwar völlig egal, ob man sich vorher darauf geeinigt hat oder nicht. Es ist nicht möglich jemanden zu zwingen! Man kann sich auf die Regeln berufen aber man hat keine irgendwie gearteten Möglichkeiten, diese Regeln durchzusetzen (außer das Spiel zu verlassen). Sicher gibt es plausible Gründe, sich daran zu halten, aber es ist kein muss! Und viele, viele Bespiele im Rollensiel zeigen, dass sich eben nicht immer an die Regeln gehalten wird, sondern soziale Faktoren eine große Rolle spielen.

Dazu will ich mal ein Beispiel bringen und erläutern.

Anna: Ok, Leute, vor euch steht ein riesiger Roter Drache. Was macht ihr?
Anna macht hier den Mitspielern einen Vorschlag darüber, was in den SIS eingehen soll.

Bob: Ein riesiger Drache? Wir sind Stufe 1, der macht uns platt! Du spinnst wohl!
Bob macht hier klar, dass er nicht gewillt ist, diesen Vorschlag in den SIS zu akzeptieren. Die Credibility von Anna ist Bob nicht hoch genug, er findet seine Sicht des SIS besser als Annas. Das Spiel steht, es muss verhandelt werden.

Anna: Aber ich bin der SL!
Hier beruft sich Anna auf die zuvor ausgemachten Regeln, die ihr das Recht zusagen, solche Aussagen zu treffen. Dadurch will sie ihrer Aussage mehr Credibility verleihen, denn schließlich haben sich alle vorher darauf geeinigt. Sie behauptet aufgrund dessen, dass Bob den Vorschlag annehmen müsse.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten.

1. Bob: *grummel* Ich hoffe, du weißt, was du tust.
Bob akzeptiert den Vorschlag, da dieser jetzt (durch den Verweis auf die Regeln) genug Credibility hat.

2.Bob: Och nööö… Dann sind wir wieder die nächsten Stunden mit Charaktererschaffung beschäftigt und kommen zu nichts. Mach doch wenigstens einen kleinen Weißen Drachen draus!
Bob weiß genau, dass er sich nicht auf Regeln berufen kann, aber er will es trotzdem nicht akzeptieren. Also beruft er sich auf spielfremde Argumente, um seine Credibility zu erhöhen. Ähnlich wäre eine Aussage wie:
Bob: Dann weiß ich aber, wer heute Nacht auf der Couch schläft!!

Nachdem Bob seinen Vorschlag (kleiner Weißer Drache) mit Credibility aus dem sozialen Kontext versehen hat, kann Anna das akzeptieren oder weiterverhandeln. Und so geht es immer weiter, bis sie sich geeinigt haben oder das Spiel zusammenbricht, weil es zu keiner Einigung kommt.

Worauf ich damit hinaus möchte: Es existieren „Instrumente“ (Theorien, Ansätze), die m.E. geeignet erscheinen, eigene Hypthesen über das Rollenspiel zu entwickeln, diese plausibler zu machen, zu prüfen und mit einem „Unterbau“ zu versehen. Wenn ich das bezüglich des Lumpley-Prinzips mache, stelle ich fest, dass dieses einige Mängel besitzt, die sich allerdings „beheben“ lassen.
Ok, stell die Ansätze mal vor (am Besten in einem anderen Thread und am Besten auch völlig ohne Bezug auf LP oder andere Dinge, dann kann man die Ansätze für sich am Besten beurteilen). Die ganze Forge-Theorie geht von einem ziemlich sozialpsychologischen Kommunikationsmodell des Rollenspiels aus (also Rollenspiel als eine Unterhaltung mehrerer Leute über ein fiktionales Thema), wodurch man vieles aus dem Bereich Kommunikation, Meinungsbildung usw. als relevant voraussetzt. Aber wenn du andere relevante Bereiche kennst, dann würde mich das sehr interessieren! :)
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.