Autor Thema: [Hardcore] Persönliche/Gemeinsame Vorstellungsräume und deren Grenzen  (Gelesen 3542 mal)

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Offline 1of3

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Moin.

Ein paar Gedanken zu Vorstellungsräumen:

Jeder Teilnehmer hat einen persönlichen Vorstellungsraum (pVR) also eine Vorstellung der Spielrealität. Diese Vorstellungsräume können sich unterscheiden. Der gemeinsame Vorstellungsraum (gVR) ist der Schnitt über alle pVR, enthält also die Elemente, die in allen pVR drin sind.
Wichtig für das Rollenspiel ist, wie man Elemente in den gVR bekommt. Damit beschäftigt sich das lumpley-Prinzip, u.ä.


Allerdings gibt es Dinge, die das Rollenspiel beeinflussen und formal nicht Teil des gVR sein können. Einige Beispiele:

- Die SCs erforschen einen Mordfall, aber wer der Mörder ist, ist noch nicht bekannt.
- Ein Spieler hat einen Plan für seinen SC, der den anderen Teilnehmern aber unbekannt ist.

In beiden Fällen sind diese Informationen (noch) nicht Teil des gVR.



Es gibt aber noch gewisse weitere feststehende Fakten, die das Spiel beeinflussen können.
Z.B., wenn ein Charakter eine Eigenschaft auf seinem Charblatt hat, aber der Spieler nicht daran denkt. Diese Fähigkeit ist dann in keinem Vorstellungsraum, sondern irgendwo anders.

Die Frage ist jetzt:

Wäre es sinnvoll dieses irgendwo vereinigt mit allen Vorstellungsräumen zu benennen?
« Letzte Änderung: 23.05.2005 | 21:38 von 1of3 »

Offline 1of3

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Mal weiter gesponnen:

Ich nenne die Gesamtheit aller zum Import in den GVR vorbereiteten Informationen "Vorstellungsfeld".

Das umfasst dann Hintergrundinformationen über die Welt, die Charaktere, Gedanken in den Köpfen einzelner Mitspieler, usw.

Es gibt nun Mittel Fakten aus dem Vorstellungsfeld in den GVR zu bringen. Diese Mittel unterliegen dem lumpley-Prinzip oder ähnlichen Modellen und lassen sich in verschiedene Gruppen sortieren (z.B. Drama, Karma, Fortune und Skill). Ich nenne diese Mittel Importoperationen.

Offenbar ist die Wahrscheinlichkeit in den GVR importiert zu werden für verschiedene Elemente im Vorstellungsfeld unterschiedlich hoch. Das ist abhängig von der Planung, die im Präspiel getroffen wurde und der aktuellen Konfiguration des GVR.

Drittens gibt es Operationen, die zwar im Rollenspiel ablaufen und teilweise streng geregelt sind, aber keinen direkten Import beinhalten. Etwa Charaktersteigerung.
Diese Vorgänge nenne ich Feldoperationen.



Mir fallen spontan zwei Fragen ein, die sich aus diesen Überlegungen ergeben:

- Welche Arten von Feldoperationen treten auf?

- Werden für bestimmte Feldelemente bestimmte Importoperationen häufiger genutzt? Wenn ja, warum?


Sind die Gedankengänge soweit schlüssig? Wie ist eure Meinung dazu?

Offline 1of3

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Ist das was ich schreibe all zu konfus? Dann sagt bescheid und ich versuchs noch mal. (Falls ihr das für Schwachsinn haltet, würd mich das auch interessieren. ;D)

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a) Ich weiß nicht so wirklich worauf du hinaus willst.
b) Ich glaube wir bauen hier eine Theorie auf Grundlage einer Theorie auf. Meines Erachtens keine gute Grundlage.
c) Ich sehe nicht, wohin uns das ganze führen soll. Bringt es irgendwelche Besserungen für unser Spiel/Design?

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Das ganze klingt für mich halbwegs plausibel und wie eine Einführung. Soll heißen, ich habe keine Ahnung, wohin deine Ideen führen und es wäre vielleicht wichtig, dass sich daraus Konsequenzen oder Tipps für das Spiel ergeben.
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Offline Roland

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Es gibt aber noch gewisse weitere feststehende Fakten, die das Spiel beeinflussen können.
Z.B., wenn ein Charakter eine Eigenschaft auf seinem Charblatt hat, aber der Spieler nicht daran denkt. Diese Fähigkeit ist dann in keinem Vorstellungsraum, sondern irgendwo anders.

Die Frage ist jetzt:

Wäre es sinnvoll dieses irgendwo vereinigt mit allen Vorstellungsräumen zu benennen?

Ja, das Process Model of Role-Playing nennt diesen Raum einfach Imagined Space (ungefähr Vorstellung(sraum) eines Idividuums) bzw. Shared Space of Imagining [SSoI] (alle Gedanken- und Vorstellungsräume aller am Spiel Beteiligten).

Die vergessene Eigenschaft wäre außerhalb der von der Theorie betrachteten Sphäre.

Die von Dir Feldoperationen genannten Vorgänge sind doch nichts anderes als alle auf die Spielrealität bezogenen Aktionen aller Spieler, oder interpretiere ich Dich falsch? Auch eine Charaktersteigerung wäre eine solche Feldoperation (Was Du willst schwimmen steigern? Wir waren doch die letzten Monate in der Wüste!)
 
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Offline Arbo

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Naja, meiner Meinung nach haben wir nur  e i n e n  Vorstellungsraum, der alle möglichen Ereignisse in betracht zieht - theoretisch. Denn praktisch ist der nicht so gut "ausgeleuchtet", weill heißen: Jeder sucht in einer anderen Ecke - Spieler, Spielleiter usw. Was dann wirklich realisiert wird, ist dann nochmal eine andere Sache.

Ansonsten kann ich ein nur zustimmen; ich sehe auch nicht direkt, wohin das führen soll. Der Umstand des verdeckten Wissens hatte ich übrigens im Rahmen der GR schon angesprochen (und etwaige Lösungswege angeboten).

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Offline Lord Verminaard

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Ich kann das soweit nachvollziehen, den Nutzen sehe ich zwar auch noch nicht, aber man kann ja mal ein bisschen spinnen und dann kristallisiert sich vielleicht einer heraus.

Was Feldoperationen und Elemente des Vorstellungsfeldes angeht, sehe ich hier zwei Gruppen:

1.) Bindende Operationen und Elemente. Normalerweise würde ich sagen, dass man nichts festzulegen braucht, bevor es nicht für den gVR relevant wird, d.h. bis etwas zum erstenmal im Kreise der Mitspieler erwähnt wird, müsste es disponibel sein. Dem steht jedoch eine weit verbreitete Handhabe entgegen, die bestimmte Dinge als etabliert ansieht, insbesondere weil sie auf einem Blatt Papier stehen. Wer schreibt, der bleibt.
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Die Unantastbarkeit des geschriebenen Wortes fand ich schon immer blöd, aber insbesondere vor einem gamistischen Erwartungshorizont kann es durchaus Sinn machen, dass die Spieler eben vorher dran denken müssen, welche Ausrüstungsgegenstände sie mitnehmen, und dass nachprüfbar sein muss, wer der Mörder war und wer welche Informationen hatte.

2.) Nicht bindende Operationen und Elemente. Hm, Operationen fallen mir jetzt gerade nicht ein. Aber Elemente wären eben Dinge über den Hintergrund eines Charakters, die sich ein Spieler überlegt hat aber noch niemandem mitgeteilt hat, und die er noch jederzeit ändern kann, ohne dass es den gVR beeinträchtigt.

Im Anschluss daran wäre eine interessante Frage, was mit den gemeinsamen Vorstellungsräumen zwischen einer Teilmenge der Spielenden ist? Wenn zwei Spieler einen Dialog IC führen, ohne dass die anderen zuhören, ist das dann bereits gVR? Wenn der Spieler dem SL etwas über den Hintergrund oder die Pläne seines Charakters erzählt? Wenn ein Spieler einem anderen außerhalb des Spiels etwas zu seinem Charakter erzählt, aber dazu sagt, dass der SL es noch nicht weiß?

Hm.
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Offline Roland

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Ich kann das soweit nachvollziehen, den Nutzen sehe ich zwar auch noch nicht, aber man kann ja mal ein bisschen spinnen und dann kristallisiert sich vielleicht einer heraus.

Was Feldoperationen und Elemente des Vorstellungsfeldes angeht, sehe ich hier zwei Gruppen:

1.) Bindende Operationen und Elemente.

2.) Nicht bindende Operationen und Elemente.

Diesen allgemeingültigen Unterschied gibts imho nicht. Ich kenne gnügend Gruppen, die auch "geschriebenes" ignonieren oder modifizieren, manchmal selbst die Spielwerte eines Charakters. Hm. Wenn ich so recht überlege kommt das in jeder meiner Runden vor, auch in denen, die eher gamistisch veranlagt sind.
Alles eine Frage der credibility.
« Letzte Änderung: 27.05.2005 | 15:17 von Roland »
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Offline Lord Verminaard

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Dann gehört bei euch eben alles zur zweiten Gruppe. ;)
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Offline 1of3

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Ich doch auch noch nicht. ;)

Ja, das Process Model of Role-Playing nennt diesen Raum einfach Imagined Space (ungefähr Vorstellung(sraum) eines Idividuums) bzw. Shared Space of Imagining [SSoI] (alle Gedanken- und Vorstellungsräume aller am Spiel Beteiligten).

Stimmt, wobei ich den Begriff SSoI irgendwie nicht sehr gut gewählt finde.

Zitat
Die von Dir Feldoperationen genannten Vorgänge sind doch nichts anderes als alle auf die Spielrealität bezogenen Aktionen aller Spieler, oder interpretiere ich Dich falsch? Auch eine Charaktersteigerung wäre eine solche Feldoperation (Was Du willst schwimmen steigern? Wir waren doch die letzten Monate in der Wüste!)

Klar, sind die irgendwie auf die Spielrealität bezogen. Allerdings eher indirekt. Wenn ein Charakter schwimmen gesteigert hat, kann der Fakt "Charakter schwimmt" auftreten. Allerdings kann es auch auf unbestimmte Zeit überhaupt nicht vorkommen, etwa weil der Charakter nicht schwimmen geht.


OK. Mal schauen welche Eigenschaften man an nicht importierten Fakten festmachen kann.

Vermi hat bindend/nicht bindend vorgeschlagen. Das halte ich für ein wenig extrem, aber man kann wohl sagen, dass Elemente mehr oder weniger flexibel sind (also bzgl. Flexibilität ein Kontinuum bilden).

Vermutung: Je weniger ein Element bis dato kommuniziert wurde, desto flexiblier ist es.

Wenn also etwas diskutiert wurde, muss man es für eine Änderung noch einmal diskutiren. Wenn etwas niedergeschrieben wurde, die Entscheidung eine Änderung vorzunehmen gewichtiger, als wenn keine schriftliche Fixierung vorliegt.


Daneben haben Fakten eine verschieden hohe Importwahrscheinlichkeit.


Welche Typen gibt es:

- Hintergründe: Sind einigermaßen unflexibel, wenn sie einmal ausgearbeitet sind. Die Importwascheinlichkeit variiert stark.

- Planungen: Alle Teilnehmer planen Dinge. Diese Pläne haben häufig eine hohe Importwahrscheinlichkeit (insbesondere, wenn der Planende einen großen Einfluss auf den gVR hat) und variieren in der Flexibiltät.

Gibts weiteres?


@Arbo: Ich hab den von dir angesprochenen Teil in deinem Aufsatz nicht gefunden, welcher Punkt ist das genau?

Offline Roland

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Klar, sind die irgendwie auf die Spielrealität bezogen. Allerdings eher indirekt. Wenn ein Charakter schwimmen gesteigert hat, kann der Fakt "Charakter schwimmt" auftreten. Allerdings kann es auch auf unbestimmte Zeit überhaupt nicht vorkommen, etwa weil der Charakter nicht schwimmen geht.

Vor allem kann der Charakter dann in der Spielralität bessser schwimmen egal ob dieses Können genutzt wird, es existiert bis auf weiteres.

Ich blicke leider immer noch nicht ganz durch, sind Deine Feldoperationen nun alle auf die Spielrealität bezogenen Eingriffe der Spieler oder gibt es noch einen einschränkenden Faktor?
« Letzte Änderung: 27.05.2005 | 15:28 von Roland »
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Der entscheidende Unterschied ist, ob der Fakt irgendwann mal importiert wurde. Das ist kein kosmetischer Unterschied.

Beispiel:
"Ähhm, ich hab hier Schwimmen auf dem Blatt stehen. Aber das macht für den Charakter irgendwie voll keinen Sinn. Kann ich das noch mal ändern? Bin ja auch noch nicht geschwommen."


Normalerweise verhalten sich Fakten, die importiert sind, ziemlich träge. Stichwort: Narrative Truth. Nicht importierte Elemente sind da deutlich flexibler.

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@ 1of3:

Ich gebe zu, dass dies nur kurz angerissen wurden bzw. praktisch nur einen Hinweis enthielt; dürfte S. 6 sein; Stichwort: Prinzipal-Agenten-Probleme.

(ggf. auch S. 9)

Es ist zwar eine etwas andere Perspektive, handelt sich aber just um das gleiche Problem.

Ein paar intressante weitere Denkansätze dazu wären: http://de.wikipedia.org/wiki/Asymmetrische_Information
und http://de.wikipedia.org/wiki/Principal-Agent-Theorie .

Wie erwähnt, dass kommt eigentlich aus einer anderen Ecke und entwickelt eine ganz andere Perspektive. Ich denke aber, dass man da ggf. schon etwas "mitnehmen" könnte (vielleicht könnte man das ja auch zum Anlass nehmen, um es zu vertiefen).

Arbo
« Letzte Änderung: 27.05.2005 | 16:43 von Arbo Moosberg »
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