Autor Thema: Warum Rpgs zu Übernatürlichem neigen - eine Frage desTempos?  (Gelesen 6151 mal)

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Offline Haukrinn

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Zitat von: Alrik
Ich sehe das Tempo als einzig möglichen Faktor, um Rollenspiele vom Übernatürlichen zu entfernen, ohne dabei langweilig zu werden. Das habe ich weiter oben auch schon ausführlich zu erklären versucht.

Ja, aber ich kann es ehrlich gesagt immer noch nicht nachvollziehen. Tempo ist für mich nur eins: Die Fast Forward - Taste gegen Langeweile. Spannender wird es dadurch ganz bestimmt nicht, man überspringt nur einfach viel...

Du meinst also Tempo macht Rollenspiel prinzipiell spannender? Völlige Zustimmung, deshalb konzentriere ich mich auch trotz Übernatürlichem Zeug darauf Tempo zu machen.

Das ist eine Sichtweise. Aber von einem lokalen Spannungsmaximum zum nächsten zu hetzen ist nicht jedermanns Sache. Ich zum Beispiel mag es überhaupt nicht.

Tempo ist doch dann nur eine Notlösung, um interressant zu machen, was man eh nicht sonderlich mag.

Nein, Tempo ist eine Lösung, um Dinge zu überspringen, die man nicht mag.
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Eulenspiegel

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Also ich glaube auch, das Tempo nichts mit der Hintergrundwelt zu tun hat:
Mehr Tempo macht das Spiel interessanter, egal ob es sich um magisches oder weltliches Geschehen handelt.
(Wobei man auch klassische Regelsysteme temporeich spielen kann.)

Die Frage lautet doch eher: Was interessiert mich an einem Film, der komplett in der Realität spielt:
1) "Good will Hunting", "Beautiful mind"
BTW: Leute, die so intelligent sind, gibt es wirklich. Ist also durchaus nichts übernatürliches.
Diese Filme sind rein narrativ angelegt: "Soll ich mit für Mathematik oder für meine Freunde entscheiden?",
"Soll ich in meiner Sozialen Schicht bleiben und meine alten Freunde behalten, oder soll ich versuchen Karriere zu machen?"
Das alles sind narrative Fragen, die aber auch einen ausgearbeitetes Charakterkonzept benötigen.
Und für Rollenspielanfänger ist sowas eher problematisch.
Wer aber schon narrativ spielt, der sollte auch an einer Story wie oben seinen Spaß haben. (Vorausgesetzt ihm würden auch die Filme gefallen.)

2) "Der Pate", "Mafia"
Auch diese Filme fand ich interessant.
Man taucht hier ebenfalls in eine fremde Welt ab. Allerdings gewinnt diese Welt ihre faszination daraus, dass sie zwar fremd aber dennoch real ist.
Intrigenspiele kommen hier voll auf ihre Kosten. Und man kann das Setting sowohl narrativ (soll ich ihn jetzt abknallen, oder ihm noch eine 2. Chance geben, kann ich meinen Boss betrügen?) als auch gamistisch spielen. (Gamistisch könnte man das ganze als ein Intrigenspiel wie Vampire aufziehen. - Halt bloß ohne Vampire.)
Und sogar simulationistisch könnte man ein Mafiamitglied spielen. - Allerdings sollte sich der SL dann hier besonders informieren, da hier Logiklücken noch stärker auffallen als in einem Phantasie-Hintergrund.

3) Historische Filme: Von Mittelalterlichen Filmen wie Robin Hood, über Western und Eastern bis hin zu Kriegsfilmen (1. WK, Vietnam etc.) ist hier alles gemeint:
Ihr Faszination gewinnen diese Filme aus den gleichen grund, wie die Mafiafilme: Man taucht in eine fremde Welt ein, die aber früher mal real war.
Zu Mittelalter Filmen und Western muss ich eigentlich nicht viel sagen: Man kann sie genau so spielen wie klassische RPGs. Bloß halt ohne Dämonen. Aber es gibt ja auch genügend Fantasy-Abenteuer, die auch ohne den dämonischen Endkampf spannend bleiben.
Ich habe letzten Monat einen reinen Western gespielt. Rein weltlich ohne übernatürliches Zeug. Und den Leuten hat es Spaß gemacht. - Und das obwohl wir ein Regelsystem verwendet haben, dass nicht für Tempo steht.

4) Krimis:
Im Gegensatz zu den obigen Beispielen, wo häufig die Charaktere im Vordergrund stehen, steht hier der Plot im Vordergrund. - Probleme der Hauptpersonen empfinde ich hier nur als störenden Ballast: Ich will einen Mordfall untersuchen und nicht mit den Beziehungsproblemen der Hauptpersonen belästigt werden.
Für Gamisten ist ein Krimi wunderbar geeignet.
Ich kenne ein paar DSA - Krimi Abenteuer und bin der Meinung, dass man diese auch in die Jetztzeit übertragen kann. (Es treten keinerlei Dämonen auf. Und das obligatorische Übernatürliche, das hin und wieder auftaucht, kann man auch rausschneiden, da es nicht plotrelevant ist.)

5) Soap - Opera:
Was einem hierdran Spaß macht weiß ich nicht. Wem Alltagsprobleme aber interssieren, kann ja mal hier posten, was die Faszination von "Big Brother", dem 1. LARP ohne Übernatürliches, ist.

6) Komödien:
OK, die lassen sich wirklich nicht in's RPG übertragen, es seidenn die Mitspieler sind Improvisationskünstler.

Xantus

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@Xantus
Ich habe mich vielleicht etwas plakativ ausgedrückt, aber im Prinzip ist es das was du gesagt hast. Es gäbe nur noch ein einziges Rollenspiel, das Wert auf Qualität (Konsistenz) legt. Und das ist IMO einfach nur falsch. Aber da scheinen wir anderern Meinung zu sein.
Ich schlage vor, dass du einen anderen Thread zu diesem Thema eröffnest. Dann bin ich gerne bereit, diesen Aspekt mit dir auszudiskutieren. Aber hier gehört es nicht rein, da es nichts mehr mit dem "Tempo" zu tun hat.

*Shrugs* ich hätte das alles diplomatischer formulieren sollen, das stimmt schon. Nur wie schon gesagt, ich pers. denke das Thema "übernatürlich" hat sehr wenig mit dem Tempo zu tun, sondern eher mit Marketing. Aber lassen wir das, ich will dir deinen Thread nicht hijacken.

Offline Maarzan

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Ich würde einmal sagen Tempo und übernatürliches stehen auf zunächst einmal völlig unabhängigen Achsen.
Oder nicht einmal das. Tempo ist ein Stilmittel und das Übernatürliche ein Settingelement.
Mehr Tempo ist zunächst theoretisch einmal immer vorzuziehen - solange dabei nichts anderes auf der Strecke bleibt. Und das kann je nach Art der Beschleunigung halt geschehen und wiegt je nach Geschmack mehr oder minder schwer. In der Praxis sind dem also je nach Art der Beteiligten Grenzen gesetzt.

Gegen ein ungeliebtes Thema/Setting kann Tempo alleine höchstens in dem Maße helfen, wie bei einer schlappen Serie halt z.B. etwas mehr nackte Haut gezeigt wird oder etwas Gewalt hineineditiert wird - billige Kompensation.

Die übernatürlichen Effekte (ich nehme da einmal Hightech mit hinzu) haben denke ich andere Ursachen:

- Sie wirken für manche Kreise einfach cool und sind in anderen Medien für spektakuläre Effekte gut
- Sie erlauben es der Figur Kompetenz anzunehmen, welche alleine aus Fertigkeiten schwer zu erzielen wäre, erweitern somit die Handlungsmöglichkeiten erheblich.
- Erlauben einige Dinge, welche sonst unter Umständen Spielkiller wären, z.b. schnellen Transport oder schnelle Heilung.
- Sie bringen das Geschehen in Bereiche, welche allen Beteiligten gleich unbekannt sind und verhindern somit zu einem guten Teil Probleme, welche durch unterschiedliche Realkenntnisse der Spieler entstehen würden. (Arztserie z.B.)
- Die Entfernung von der Realität ergibt eine Abstraktionsstufe, welche es den Leuten erlaubt eher einmal über ihren Schatten zu springen und real life Befindlichkeiten aus dem Spiel zu halten. (orks killen ist vermutlich einfacher als Leute mit realem Äquivalent zu killen)

Es gibt sicher noch mehr Gründe zu finden- aber dann haben noch mehr Leute weiter gepostet.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Chaosdada

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Die Frage lautet doch eher: Was interessiert mich an einem Film, der komplett in der Realität spielt:
1) "Good will Hunting", "Beautiful mind"
BTW: Leute, die so intelligent sind, gibt es wirklich. Ist also durchaus nichts übernatürliches.

Natürlich gibt es das, aber es ist (üblicherweise) dennoch völlig außerhalb unserer Erfahrungswelt - manche Leute behaupten auch Magie gäbe es wirklich. Für rollenspieltheorierelevante (wow, was ein Wort) macht das keinen Unterschied; derartige Intelligenz (oder Verrücktheit) ist genauso übernormal, wie mit Feuerbällen zu schmeißen.

NiceGuyEddie

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Zitat von: Alrik
Ich sehe das Tempo als einzig möglichen Faktor, um Rollenspiele vom Übernatürlichen zu entfernen, ohne dabei langweilig zu werden. Das habe ich weiter oben auch schon ausführlich zu erklären versucht.
Ich versuche nocheinmal klarzumachen was mir an deiner Tempotheorie nicht gefällt:

Dadurch dass du sagst dass man das Tempo erhöhen muss, wenn man das Übernatürliche entfernt, um nicht langweilig zu werden, implizierst du ja das Rollenspiel mit Übernatürlichen Elementen per se spannender wären, als Rollenspiel ohne solche Elemente. Sonst müsste man ja nicht das Tempo erhöhen (einfach gesagt: Magie ist ohne Tempo schon spannend, Nicht-Magie brauch aber Tempo um spannend zu sein.) Wenn man das so empfindet, hat man dann nicht einfach eine Vorliebe für Übernatürliche-Elemente?

Ich sehe dass so: Einmal gibt es Leute die übernatürliche Dinge nicht interessieren, (und solche Leute sind unter Rollenspielern eher selten, das wollte ich mit dem Ausdruck "Geek" ausdrücken, etwas ungeschickt vielleicht, aber nicht böse gemeint). Diese Leute brauchen aber kein Tempo, damit ihnen Rollenspiel ohne übernatürliche Elemente spannend vorkommt.

Und anderseits gibt es Rollenspieler, denen einfach diese Übernatürliche Elemente gefallen(Fantasy- und Science-Fiction Fans eben). Die können auch Rollenspiele ohne übernatürliche Elemente spielen, in dem man das Tempo erhöht, das mag ja sein. Aber macht das denn Sinn, wenn sie sowieso eher auf "Übernatürliches" stehen?