Gasper meinte:
"Ich werde euch folgen wohin ihr geht, solange euer Weg zu den Elfen führt, Nimrott."
"Das wird er."
antwortete der Gelehrte, legte sich auf den Rücken und betrachtete die Sterne. Die nacht war warm, obwohl der klare, kalte Himmel über ihnen lag. Erst am nächsten Morgen, erlöschte die Sternenpracht unter dem Licht der aufgehenden Sonne. Das war der Zeitpunkt an dem die Gruppe auch schon wieder aufbrach, egal wie müde der ein oder andere war.
Nimrott führte die Reisenden über den Trampelpfad, welcher am Waldrand entlang lief. Der Weg endete jäh, als eine eingestürzte Brücke vor ihnen lag, die ein Stück weit über ein ausgetrocknetes Flussbett reichte. Der Grund war von Kies gesäumt und die Reisenden stellten fest, dass man gut darüber laufen konnte. Sie redeten eine Weile darüber wie es jetzt weiter gehen sollte. Da der Fluss wie eine natürliche Fortsetzung des Pfades am Waldran entlang führte, entschied sich die Gruppe durch das Kiesbett zu wandern. Mortan warf noch mal einen Blick zurück. Sein kundiges Handwerkerauge verriet ihm, dass die Brücke schon vor Jahren von Wassermassen weggerissen worden war. Er erzählte den anderen aber nichts davon, weil er es nicht als so wichtig erachtete.
Den meisten Wandernden wurden bereits die Beine schwer. Allein Mortan und Luana gaben ein schnelles Tempo vor. Der Zwerg hatte eine unglaubliche Ausdauer, die ihm trotz einiger Schweißperlen einen schnellen Laufschritt ermöglichte. Luana wanderte dagegen viel leichtfüßiger als die anderen, obwohl der Kies nun wirklich nicht die beste Unterlage zum Laufen war. Dann plötzlich, es war bereits nachmittag wurden Baratos, Talonis und Nimrott in einer recht hitzigen Diskussion unterbrochen, als Luana ganz plötzlich in die Kniehe ging und würgte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und machte den Anschein, dass sie sich übergeben müsste. Talonis eilte als erster heran und fragte aufgeregt, was los war. Luana beruhigte sich bald und machte den übrigen klar, dass es hier ganz schön stark nach Verwesung stank. Spätestens an dieser Stelle glaubte Nimrott es nicht mit einer gewöhnlichen Menschenfrau zu tun zu haben, denn niemand sonst roch etwas verdächtiges. Das änderte sich aber bald, als die Gemeinschaft weiter das Flussbett entlangwanderte. Mittlerweile sahen sie ein kleines Rinnsal, welches inmitten der kleinen weißen Steinchen dahinplätscherte. Die Bäume des Fileipwaldes wölbten sich über den geleerten Flusslauf und breiteten ihre beschattenden Kronen über die Reisenden aus. Am rechten Rand des Flusses aber brannte die Sonne unerbittliche. Und genau da lag nach kurzem Weiterwandern etwas, was einen derart üblen Geruch ausstieß, dass nicht nur Luana, welche sich lieber etwas abseits hielt, einen angeekelten Gesichtsausdruck zeigte. Einzig Mortan blieb standhaft, auch wenn es für ihn ebenfalls widerlich stank. Er aber näherte sich dem merkwürdigen toten Etwas, welches in der prallen Sonne verweste. Schnell fiel sein Augenmerk auf einen Karren, auf dem dieses Wesen gelegen hatte, aber offenbar halb heruntergerutscht war. Der hölzerne Karren hatte nur ein einziges Rat, welches zugegebner Maßen sehr groß war. Das andere lag daneben im Kies und war in zwei Hälften gebrochen. Mortan erkannte, dass es sich um einen Karren handelte, der für unwegsames Gelände gedacht war, weil er sehr große hölzerne Räder besaß. Er erkannte sogar, dass dieser Karren von Menschen gebaut worden war, da das Leder, welches die Räder umpannte, von Rindern stammte. Nur Menschen hielten Rindvieh, soweit Mortan wusste.
Einen Moment später kam Talonis näher und betrachtete den Kadaver. Es war ein großer dicker Mann, der dort lag. Am ganzen Körper unbehaart und sehr kräftig. Der Priester schätzte die Größe ab und kam zu dem Schluss, dass dieser Kerl ein halber Riese sein musste. Der Mann maß mindestens zweieinhalb Schritt. Bei genauerem Hinsehen erkannte Talonis, dass der Bauchraum geöffnet war. Es fehlten Magen, Blase und Lunge. Und offenbar hatte der Kadaver nichteinmal geblutet, auch wenn niemand der Anwesenden so genau sagen konnte, ob das nicht ein Bestandteil des Verwesungsprozesses war.
Baratos war schließlich der einzige, welcher genau erkannte, worum es sich bei diesem großen, dicken Mann handelte. Dieses Wesen war ein Ungeheuer, welches unter den Gelehrten als Oger bekannt war.
Nimrott blickte zwar neugierig, wagte sich aber kaum näher an das Biest heran. Ebenso scheute sich Luana dermaßen vor dem Oger, dass sie wohl lieber aus dem Flussbett herausgeklettert wäre als an dem Leichnam vorbei zu gehen.