Oder "Wie ich versuchte meine Freundin für Fantasy zu begeistern." Teil 1
Ein bißchen Hintergrund: Meine Freundin spielt gerne Rollenspiele, wenn sie mal Zeit dazu hat, obwohl sich ihre Erfahrungen bis jetzt eher auf Shadowrun begrenzen. Nun juckt es mich in letzter Zeit etwas Fantasy-mäßiges zu leiten, da ich einige nette Fantasybücher gelesen hab ("Song of Ice and Fire" Serie zB.) und weil ich einen Haufen Fantasyspiele im Regal stehen hab die ich noch nicht benutzt hab. (Tatsächlich hab ich noch nie eine reine Fantasy Runde geleitet.) Und da ich sie gerne als Spieler dabei hätte hab ich sie einfach mal gefragt was sie davon halten würde...
"
Ich mag eigentlich keine Fantasy..."
Naja, erstmal keine sonderlich hilfreiche Antwort. Nach ein bißchen nachfragen stellte sich heraus, das sie eine gewisse Art der Fantasy nicht mag, nämlich den Teil den ich jetzt mal ganz grob as "High Magic Heroic Fantasy" bezeichnen würde. Oder anders ausgedrückt: "
Vanilla Fantasy".
Also nix mit heldenhaften Rittern in glänzenden Rüstungen, die im Auftrag des Guten in die Schlacht reiten, während in ihren Türmen Magier mit spitzen Hüten und Kleidern ihre langen Bärte in alte Manuskripte hängen.
Das stört mich nun eigentlich nicht wirklich, denn auf sowas stehe ich auch nicht. Nach ein paar weiteren Gesprächen haben sich einige weitere Kriterien herauskristalisiert:
-Finster
-Mittelalterlich
-moralisch grau
Naja, und damit fing ich einfach mal an, und möchte nun in diesem Thread den Fortschritt der Arbeit dokumentieren und auch meine Gedanken zum Thema Welten- und Settingbau posten. Ich werde versuchen meine Überlegungen und Entscheidungen zu erklären und verständlich zumachen und so vielleicht jemandem der selber dabei ist sein Setting zu bauen ein paar Ideen zu liefern. (Und mir selber ein paar Ideen zu holen.
)
Das Setting: Nach ein bißchen Hirnwichsen kam mir die Idee mit einer klassischen, friedlichen High Fantasy Setting anzufangen und dieses dann zu verdrehen und zu zerstören. Sehr früh kam der Wunsch nach einem Setting in dem sich die Leute zweimal überlegen aus dem Haus oder gar aus dem Dorf zu gehen, und als ich nach Gründen dafür suchte bekam ich das Bild eines Settings in dem sich unnatürliche Dinge des Nachts herumtrieben. Was treibt sich also dort herum? Normale "Monster", wie man sie in so vielen Rollenspielen findet fand ich immer schon langweilig, andererseits ist der "Wolf im Wald" ein geniales Mittel um den mittelalterlichen Flair den das Setting haben sollte zu erzeugen. Dann hatte ich die Idee von "bösen Geistern" die Menschen jagen, was mich dann aber zu der Frage brachte: "Wie passt das in ein ehemals friedliches High Fantasy Setting?"
Die Geister müssen also irgendwoher gekommen sein, von [irgendwo anders], und das erst vor kurzem. (Um diesen Bruch mit der viel schöneren Vergangenheit zu erzeugen.) Meine nächste Idee, inspiriert durch WH40K und den Comic "Glimmer Rats", war en Durchbruch zu einer anderen Welt/Späre/Realität, aus der diese Geister gekommen waren. Sofort bilde sich eine Basis: Ein beinahe post-apokalyptisches Setting indem die Menschen in befestigten Enklaven leben, während um sie herum Horden aus einer anderen Welt die Wildnis besetzt hielten. (Rückblickend klingt das irgendwie nach Earthdawn, obwohl ich erst jetzt dran gedacht hab.) Die Spieler wären die verzweifelten (Anti-) Helden dieser Welt, die (vergeblich) versuchen würden ihre Welt zu verteidigen. Kurz: Guerilla-Krieg.
Irgendwann im Laufe dieser Überlegungen wurde aus den fremden Geistern dann fremde Eroberer, eine Realität die in eine einfällt um zu plündern und zu erobern. Schon sah ich fliegende Schiffe vor mir, die aus einem rot-schwarzen Riß am Himmel auf das nichts-ahnende Reich herabstießen, und später, nachdem sie Zeit hatten sesshaft zu werden, finstere Türme einer fremdartigen Architektur die sich unterhalb des Risses über das Land ziehen. Ich stellte mir diese Eroberer fremdartig und finster vor, ein bißchen wie eine Mischung aus Abyssals und Nekromongers.
Nachdem diese Idee wieder zu meiner Freundin getragen wurde hat sich dann aber gezeigt das dieser Aufbau etwas...einseitig ist. Auf der einen Seite die guten, unschuldigen Eroberten und auf der anderen Seite die bösen, fremdartigen, gemeinen Eroberer. Irgendwie kam das nicht gut, obwohl uns beiden der Grundaufbau (Welt A fällt in Welt B ein, Welt A und B sind sehr verschieden, Welt A ist dominant, Welt B kämpft im Untergrund weiter,...) gut gefallen hat. Wir beide wollten ein Setting in dem es keine klaren Bösewichte gibt, keine Seite auf die man zeigen um zu sagen "Da, das ist der Feind. Schlachten wir ihn ab." Auch fände sie es cool mal auf der "böseren" Seite zu spielen, weshalb ich ein paar Gedanken zu den Invasoren gemacht hab. Dabei hab ich mich auf einem Grundsatz für das Setting festgelegt:
Es darf kein reines Böse geben, genausowenig wie es das reine Gute gibt. Keine Seite hat Recht.Soll heißen: Jede Seite hat irgendwie Dreck am Stecken und hat andererseits wieder ein gute Eigenschaften. Jede Seite hat irgendwie Recht und jede liegt irgendwie falsch. Und vor allem: Jede Seite sollte Aspekte haben die sie sympatisch machen und dafür sorgen das man sie eigentlich auch verstehen kann.
Das stellte mich natürlich vor die Herausforderung einen "Gegner" zu designen der sowohl sympathisch als auch fremdartig ist, ohne das das ganze lächerlich wird. Die Invasoren müssen auch einen gewissen Gegensatz zu den Einheimischen verkörpern, um für genügend Konfliktpotential zu sorgen. Beim grübeln über Kultur, Magie und Religion im Setting kam mir dann die Idee das ganze an der Religion fest zu machen. Allerdings ist der "Gott A gegen Gott B"-Konflikt so abgedroschen das ich was anderes wollte und dann hatte ich es:
Die Invasoren haben keine Götter. Sie töteten ihre Götter und befreiten sich aus der Unterdrückung. Sie haben ihre Völker befreit und ihnen gelehrt auf eigenen Beinen zu stehen.
Bam, das ist doch mal interessant. Wir haben also ein Volk das sich von seinen Göttern befreit hat, gewissermaßen ein "erwachsenes" Volk, das Unabhängigkeit und die Fähigkeit des Menschen seinen eigenen Weg zu gehen propagandiert. In gewisser Weise beinahe Humanisten. Warum fallen sie also in der Welt ein? Um diese armen Menschen aus den Klauen der Götter zu befreien. (Mmmm, das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. So gute Absichten und doch so "falsch".) Tada, schon haben wir einen Konflikt.
Auf der einen Seite haben wir die Einheimischen. Sie folgen ihren traditionellen Werten, beten zu den Göttern, opfern ihnen und werden im Gegenzug beschützt und gepflegt. Die Götter verleihen ihnen Macht und Magie, verlangen dafür aber Gehorsam. Das Leben wäre sehr durch die Religion geprägt, Rituale und Gebet bestimmen den Alltag und so weiter. Einerseits eine funktionierende Gesellschaft mit bestehenden Ritualen und mächtigen Schutzpatronen, in der es den meisten wahrscheinlich recht gut geht. Andererseits eine sehr strikte Gesellschaft, in der wenig Platz für andersdenkende gibt und in der es, etwas übertrieben, heißt "Bete oder Stirb".
Auf der anderen Seite haben wir die Invasoren. Einst waren sie wie die Einheimischen und verehrten Götter. Dann kam die Revolution, und sie erschlugen ihre Götter. Nun folgen sie einer Philosophie der Unabhängigkeit, eine Philosophie die die Fähigkeiten des Menschen in den Vordergrund stellt. Anstatt einfach nur zu beten und sich so einem anderen Wesen zu unterwerfen streben sie danach ihre Ziele durch ihr eigenes Können, durch Disziplin und Training zu erreichen. Eine Gesellschaft die Fähigkeit, Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen belohnt, die den Menschen als Herren seines eigenen Schicksales darstellt und sagt "Du kannst alles erreichen." Andererseits ist es nur ein kleiner Schritt von Selbstvertrauen zu Arroganz und wie schnell ist ein anderer unterworfen wenn man ihn doch eigentlich "befreien" wollte. Auch ist in einer Gesellschaft die Fähigkeit und Training verherrlicht nur wenig Platz für die Untrainierten, die Disziplinlosen und so weiter.
Die Inspirationen für die Invasoren kamen teils aus der realen Welt (Buddhismus) und teils auch aus der Fiktion. Vor allem die Philosophie in der "Dune"-Serie, die auch solche Untertöne hat (Mentaten anstatt Computer, ...) hat mich inspiriert.
Was ansonsten noch feststeht ist das es innerhalb dieser zwei Kulturen vermutlich mehere Völker geben wird, die aber unter einer großen "Metakultur" zusammengefasst sind. Auch steht schon ziemlich fest das die Invasoren eine sehr Strukturierte Gesellschaft haben werden, mit verschiedenen "Wegen" denen die Menschen folgen und die teilweise Berufe ersetzen. Das Training in einem Weg ist ein langwieriger Prozeß, liefert dafür auch unglaublich fähige Menschen.
So, sobald es mehr gibt poste ich ein Update.
M