Vor ein paar Wochen haben wir erstmals seit Jahren wieder einen Spieler von einer Runde ausgeschlossen. Das kam so:
Wir spielen momentan eine Kampagne heroische Fantasy; also habe ich als SL ihm geraten, sich einen actiontauglichen Charakter zu bauen. Der Spieler (völliger RPG-Neuling, btw) schöpfte daraufhin die volle Flexibilität des Regelwerks aus, um sich einen simplen Kuhbauern(!) zu basteln. Er hatte wirklich sorgfältigst drauf geachtet, jede actiontaugliche Fähigkeit zu
vermeiden. Nur einen Zauber hatte er dem Char angehängt, einen Tiervertrauten (Elster).
Wir haben die Spielsitzung dann mit diesem Char durchgezogen und erwartungsgemäß kam er nicht dazu, sich groß ins Spiel einzubringen; ein, zwei sozial-interaktive Szenen, das war's. Nichtsdestoweniger gab mir die Sitzung ein paar Anhaltspunkte, um ihn vielleicht stärker einzubinden, also fing ich an, entsprechend zu planen.
Vor der nächsten Sitzung meldete er sich dann, dass ihm selbst aufgefallen sei, dass der Charakter irgendwie nicht ganz passt; er wolle sich einen neuen bauen. Freudig wartete ich also ab, wodurch der Spieler seinen Kuhbauern ersetzen wollte.
Es wurde ein Alchimist -- ohne jegliche magischen Fähigkeiten. Der Charakter war ein reiner Schreibstubenhengst mit dem Hang, Substanzen zusammenzurühren und gelegentlich (wie er selbst es ausdrückte) "was in die Luft zu jagen". Ich habe ihn mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass seine alchimistischen Formeln nur dann spektakuläre Effekte erbringen würden, wenn er für diese Effekte auch Punkte ausgäbe (spieltechnisch hätte ich sie als Zauberformeln gehandhabt), aber er meinte nur, wenn das nicht ginge, wäre das für ihn in Ordnung. So beschränkte sich seine Alchimie also auf Färbemittel, Leim und Rostbeschleuniger.
Bis hierher war das alles noch akzeptabel. Als SL habe ich kein Problem damit, wenn ein Spieler es vorzieht, passiv danebenzusitzen und den anderen das aktive Spiel zu überlassen.
Überraschenderweise wurde sein Char dann aber tatsächlich aktiv. Er hatte Kontakte in der Stadt, die er pflegte und über die ich ihn mit plotrelevanten Infos versorgte -- die er dann schmunzelnd für sich behielt. (Begründung: "Mein Char hält das alles nicht für wichtig.") Der Rest der Gruppe hing im Leeren und kam nicht weiter voran. Frust machte sich breit. Irgendwann hörte er einen nächtlichen Schrei in einer Sprache, die von allen anwesenden SCs nur er verstand. (Das war bereits mein verzweifelter Versuch als SL, der Gruppe doch noch eine wesentliche Info zukommen zu lassen.)
Als sein Char wieder mit dem Rest der Gruppe zusammentraf, meinte er nur lapidar: "In der Nacht hat irgendwer was auf Elessisch gerufen. Ich konnte mir aber nicht merken, was."
Daraufhin habe ich ihn kurz ins Nebenzimmer gebeten. Natürlich habe er sich das merken können, meinte er, aber es wäre ihm unglaubwürdig vorgekommen, dass sein Char den Wortlaut noch wisse.
Ich fasse zusammen: Der Spieler baut sich zweimal nacheinander einen Char, der für das bespielte Szenario absolut nutzlos ist; und er sabotiert die restliche Gruppe, indem er ihr Informationen vorenthält.
Selbst seine Freundin (die vor ihm in der Runde war und ihn uns zugeführt hat) meinte danach, darauf hätte sie keine Lust und es wäre besser, wenn er nicht weiter mitspielt. Das haben wir dann auch durchgezogen. Seitdem macht die Runde allen, die noch dabei sind, einen Riesenspaß.
Fazit: Der taschenlampenfallenlassende Bauergamer ist keine Legende. Ich bin ihm begegnet.