Eigentlich sollte man ja nicht über Spieler lästern, welche gerade erst mit Rollenspiel anfangen. Wir waren alle mal Anfänger und haben Fehler gemacht. Aber vor kurzem hatte ich eine Begegnung, welche meine Geduld arg auf die Probe gestellt hat.
Der Spieler hatte, wie ich schon bei einem Gespräch vorher feststellen konnte, eine extreeeeeem lange Leitung und hatte ziemliche Probleme grundlegende Spielprinzipien des Tischrollenspiels (Computerrollenspiele kannte er) zu verstehen. Mit grundlegende Dinge meine ich so etwas wie Charakterwerte und Hintergrundgeschichte des Charakters (Standardfrage: "Was bringt mir das?").
Nun war die Begegnung mit dieser Person gerade auf einem Con und er hatte es sich in den Kopf gesetzt, an meiner nächsten Runde teilzunehmen und wollte, dass ich ihm einen Platz freihalte (war eigentlich nicht vorgesehen, da jeder gleiche Chancen haben sollte, in die Runde zu kommen). Ich riet ihm davon ab, weil diese Runde (von der Komplexität des Systems und der "Fehlertoleranz" des Settings) nicht gerade anfängerfreundlich war. Außerdem hatte er schon gesagt, dass er eigentlich nur 2 Stunden Zeit hatte (der Block ging 5 Stunden) und ich nur ungern "Vollzeit"-Spielern einen Platz stehlen wollte. Darauf maulte er mich erstmal an, dass er aber mitspielen wolle und das schon irgendwie ginge. Sympathisch...not. Ich bot ihm den Kompromiss an, wenn er denn unbedingt dabei sein wolle, für ihn einen ZUSÄTZLICHEN Platz in der Runde zu schaffen, damit er mitspielen/es sich anschauen und dann gehen konnte, ohne dass die Gruppe dann unterbesetzt wäre.
Kurz vor der Einschreibung sagte er mir, dass dies nicht nötig sei. OK, offensichtlich hat er was interessanteres gefunden. Schön für ihn. Ich hätte wirklich gerne für ihn geleitet, aber in der für das Abenteuer gewählten System/Setting-Kombination wären nur zwei Varianten möglich:
a) ich "bestrafe" den Spieler dafür, dass er Dinge ausprobiert, welche ein "Alter Hase" als dumme Idee(TM) erkennt und verderbe ihm damit den Spaß am Rollenspiel (bzw. fördere einen passiven Spielstil, bei dem der Spieler aus Angst nichts ausprobiert) oder
b) ich mildere die Konsequenzen und die Tödlichkeit des Settings ab, stoße damit aber möglicherweise Spieler vor den Kopf, welche diese Runde genaus deswegen gewählt haben
Beides keine guten Entscheidungen, daher war ich froh, diese Entscheidung nicht treffen zu müssen. Aber zu früh gefreut.
Beginn der Runde, der Spieler stürmt an meinen Tisch und trägt sich (als einer der ersten) in die Runde ein. Ich frage ihn, ob er mir nicht zugehört hat - er sagt, das gehe schon irgendwie und das könne er schon beurteilen (aus erwähnten Gründen hatte ich meine Zweifel). Ich entscheide mich spontan für Variante a), da mir der Spieler zu diesem Zeitpunkt bereits anfängt auf den Keks zu gehen. Trotzdem versuche ich fair zu bleiben und ihn wenigstens vor den schlimmsten "Dummheiten" (welche ein mit aller Konsequenz ausgespieltes Setting nicht vergeben würde) zu warnen.
Naja, der Spieler macht halt das, was neue Spieler so tun, er versucht erstmal ein paar Dinge auszuprobieren, NSCs vor den Kopf zu stoßen ("Mein Charakter ist halt so!") oder die Gruppe zu verlassen und ein Solospiel zu veranstalten. Alles nichts, was ich nicht schon von anderen Anfängerrunden (teilweise auch von "erfahrenen" Rollenspielern) gewohnt wäre oder womit ich nicht umzugehen wüsste.
Was mich allerdings etwas genervt hat, war der besserwisserische Tonfall, welchen dieser Spieler dabei an den Tag legte.
Ich: "Ihr könnt euch noch eine Gottheit auswählen, welche euer Charakter verehrt..."
Spieler: "Bringt mir das irgendetwas?"
I: "Nein, das hat keine regeltechnischen Auswirkungen. Es dient nur dazu, dem Charakter etwas Profil zu geben, und..."
S: "Also ist es überflüssig?"
I: "Nicht vollständig. Es gibt dir eine bessere Vortstellung von deinem Charakter und es beeinflusst, wie andere Charaktere mit ihm umgehen..."
S: "Wie gehen sie denn mit mir um, wenn der Charakter Gott X verehrt?"
I: "Das auf die Persönlichkeit des Charakters an, und darauf welchen Eindruck sie von deinem Charakter haben. Und ob er offen mit seiner Religion umgeht."
S: *leerer Blick* "Also ist es im Grunde genau so, als wenn er überhaupt keinen Gott hätte."
S: "Ich verlasse die Unterkunft der Gruppe und suche mir in der Nähe einen Ort, wo ich mein Zelt aufschlagen kann." (die erwähnte Gruppentrennung)
I: "Hast du ein Zelt in deiner Ausrüstung?" *Spieler schüttelt den Kopf* "OK, du kannst 'Überleben' würfeln, um einen geeigneten Unterschlupf zu finden"
S: "Ich hab kein Überleben."
I: "Dann solltest du nicht im Freien kampieren. Es ist fast Winter und dein Charakter könnte sich den Tod holen bei der Kälte."
S: *leerer Blick* "Wieso darf ich kein Zelt haben?"
S: "Ich möchte mit dem Schmied sprechen..."
I: "OK, der Schmied ist [Beschreibung] und er sagt 'Was kann ich für dich tun?'"
S: "Ja, ich will dass er meine Kleidung verbessert mit Leder... damit sie härter ist."
I: "Haltet ihr mich für einen Tuchmacher oder Gerber?"
S: *leerer Blick* "Wie jetzt?"
I: "Er fragt dich, warum du mit solchen Arbeiten zu ihm kommst - er versteht nur etwas von Metallbearbeitung, für Lederarbeiten ist er der falsche Ansprechpartner."
S: *wütend* "Was ist das denn für eine Art Schmied, der meine Rüstung nicht verbessern kann?"
I: "Die Art, welche mit Metall arbeitet."
S: "OK, dann will ich eine Plattenrüstung."
I: "Das würde dich [hier Betrag des Monatsverdienstes eines Adligen in der Welt einfügen] kosten. Das ist eine Menge Asche, mehr als dein Charakter die Aussicht hat jeweils in seinem Beruf zu verdienen."
S: "Hmm, ich habe 'Zimmermann'... könnte ich irgendwas für euch zimmern und ihr gebt mir dafür die Rüstung?"
S: "Hey, Spieler 2, du hast doch gerade X herausgefunden, ich denke dass...blahblah"
S2: "Moment, dein Charakter ist doch gerade ganz woanders. Er kann nicht mit mir reden."
S: "Aber ich denke, dass das X welches du herausgefunden hast mit Y zusammenhängt und blablabla..." (insgesamt eine falsche Theorie, aber trotzdem...)
I: "Du solltest solche Gespräche wirklich als Charakter spielen. Dafür gibt es genug Gelegenheiten und es trägt zum Spiel bei. Einem Spieler einfach reinzureden, während er gerade seinen Charakter spielt ist nicht nett."
S: "Aber S2 macht das völlig falsch unter sollte lieber auf mich hören und blablablaweiterfalsch...!"
S3: "Mein Charakter würfelt mal auf Heraldik, um XY über das Wappen herauszufinden."
S: "Das kannst du nicht."
S3+I: *etwas überrascht* "Wieso denn nicht?"
S: "Dafür ist Heraldik nicht geeignet, das hilft nur gegen Furcht!"
I: "Häh, Heraldik soll gegen Furcht helfen?"
S: *mit oberlehrerhafter Miene* "Ja, 'Heraldik' kommt nämlich aus dem Griechischen und bedeutet 'Heldenmut'."