Klar, 40 Jahre sind lang. Trotzdem ist das echt viel Material - es dürfte nicht so leicht sein, andere Rollenspiele zu finden, die mehr haben. Bei deutschen Rollenspielen ist es DSA, möglicherweise Splittermond? Und bei Midgard kommt noch der Gildenbrief dazu. Da ist allenfalls der aventurische Bote vergleichbar.
Also auf jeden Fall ist da einiges erschienen über die Jahre, aber wenn man sich den Output mal genau anschaut, dann ist da schon ein großer Unterschied zu anderen Systemen. Hier mal nur die Quellenbücher in der Reihenfolge ihres Erscheinens (nur Erstauflagen, weil ja die Neuauflagen IMHO keine großen Änderungen hatten):
Diese 3 ersten Quellenbücher zählen mMn nur so halb, weil es sich ja um Übersetzungen von englischsprachigem Material handelt, das gar nicht für Midgard gedacht war:
1986: Corrinis (Midkemia)
1987: Tidford (Midkema)
1988: Jenseits der Hügel (Midkemia)
Richt losgehen tut es daher erst ab Midgard 3:
1991: Eschar
1991: Waeland
1992: KanThaiPan
1995: Rawindra
1995: Nahuatlan
1998: Alba
2003: Myrkgard
2003: Buluga
2005: Cuanscadan
2006: Meister der Sphären
2009: Zwerge
2010: Thalassa
2010: Nihavand
2011: Niksotria (DDD-Verlag)
2018: Monteverdine
2019: Weltenband
2021: Moravod
2022: Orcs, Oger & Co.
2024: Küstenstaaten
So Sachen wie Ars Armorum, Dunkle Mächte, das Herbarium und andere Zusatzregelbände habe ich mal rausgelassen. Trotzdem ergibt sich doch ein recht konsistentes Bild: Seit der Veröffentlichung von Midgard 3 sind in den vergangenen 35 Jahren nur 18 (19 wenn man den DDD-Verlag mitzählt) Quellenbücher/Regionalbücher erschienen. Der Großteil davon ist wiederum erst in der 4. und 5. Edition erschienen. Für die 3. Edition, wo anfangs sogar recht regelmäßig veröffentlicht wurde, gab es nur 6 Quellenbücher.
Hier mal der Vergleich mit DSA 2/3 erschienen im selben Zeitraum 11 Boxen und 3 Regionalbände. Dabei ist DSA hier gar nicht mal der Spitzenreiter bei den 80er/90er RPGs.
Bei Shadowrun 2 (ohne Regelbücher) waren es in einem kürzeren Zeitraum ca. 30 Quellenbücher.
Bei Vampire The Masquerade 3 (die ganzen Nebenlinien, die parallel liefen, mal außen vor), waren es knapp 40 (schwierig zu zählen, weil sich da Quellen- und Abenteuerbücher so stark überschneiden).
RuneQuest hat unter Avalon Hill, wo immer alle drüber ablästern, wie wenig da passiert wäre, in weniger als 10 Jahren doppelt so viele Quellenboxen/-bände (12 Stück) rausgebracht.
Sogar HârnMaster hatte mehr Austoß an Hintergrundmaterial!
Ich finde daher, dass man schon sagen kann, dass Midgard eines der Rollenspiele ist, für die am wenigsten Hintergrundmaterial publiziert wurde im Vergleich zur Dauer des Bestehens. Im Endergebnis bedeutet dass, das sich an der Welt seit 1981/1990 eigentlich nicht groß was verändert hat, weil es 1) keinen Metaplot gibt und 2) weil ja die Welt erst vor kurzem überhaupt vollständig beschrieben wurde. Das ist für mich übrigens kein Bug, sondern ein Feature. So eine behutsame Art des Settingbuildings kenne ich sonst nur von HârnMaster.
Was es dagegen zu Hauf gab, sind Abenteuer. Midgard-Wiki zählt ohne DDD-Verlag ca. 80 Abenteuer. Das ist schon ne ganze Menge. Außer DSA und D&D dürften es da nur wenige RPGs damit aufnehmen können. Damit wären wir wieder bei der Publikationsstrategie, die ich vorschlagen würde: Fokus auf Abenteuer, wenig Quellenbücher bzw. Quellenbücher gleich ganz an das Fandom auslagern und eine Welt ohne Metaplot (wie bei D&D - da wurde ja auch alles aus den Romanen für nichtig erklärt und alte Quellenbände werden ignoriert, damit die Neulinge sich nicht erst durch Regalmeter von Quellenmaterial wälzen müssen). Die Nerds können sich ja dann in der DMs-Guild austoben.