Autor Thema: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion  (Gelesen 8343 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #25 am: 26.08.2005 | 19:34 »
*räusper* Kurzer Einwurf eures freundlichen Moderators: Bitte noch einmal die Spielregeln ins Gedächtnis rufen, insbesondere:

Zitat
2.  Lest verständig und vollständig

Der Theorie-Bereich ist kein Debattier-Klub, in dem es darum geht, eine Diskussion zu "gewinnen". Es geht um konstruktives Diskutieren. Geht davon aus, dass niemand, der hier postet, ein kompletter Idiot ist. Die Leute werden sich etwas bei dem gedacht haben, was sie schreiben. Stellt sicher, dass ihr verstanden habt, was gemeint ist, ehe ihr antwortet. Hängt euch nicht an unglücklichen Formulierungen oder schlecht gewählten Beispielen auf! Stellt im Zweifel klar, wie ihr einen Post verstanden habt, oder fragt nach, und geht dann auf das ein, was tatsächlich gemeint war, und nicht das, was vielleicht aus Versehen dort steht.

(...)

3.  Seid konstruktiv

Kritik ist erlaubt, aber nur, wenn sie sinnvoll ist. Überlegt bitte bei jedem Kommentar, der eigentlich nur eure Ablehnung einer These oder eines Arguments zum Ausdruck bringt, ob dieser Kommentar sein muss. Soll heißen: Trägt es etwas zum Thema bei, wenn ihr das schreibt? Wenn nicht, dann verkneift es euch bitte.

(...)

5.  Vermeidet Wiederholungen und Ausschweifungen

Ich weiß, oft möchte man gerne seinen Standpunkt noch einmal rechtfertigen. Man kann mit einem anderen User vier mal hin und her schreiben und dieselben Argumente noch mal breiter formulieren. Die meisten unbeteiligten User lesen ab dem dritten Post ohnehin nur noch diagonal, insbesondere wenn ihr die jeweils vorangegangenen Posts in ein Dutzend Zitate zerpflückt und auf jedes einzeln antwortet. Meist ist es sinnvoller, einen zusammenhängenden Text zu schreiben. Und manchmal ist es am sinnvollsten, einfach gar nichts mehr zu schreiben. Ebenso kann es manchmal völlig ausreichend sein, Zustimmung zum Post eines anderen Users zu signalisieren, ohne dieselben Gedanken noch mal in eigene Worte zu fassen.

Vor allem der letzten Punkt macht offenbar Schwierigkeiten. Aber das wird schon! ;)
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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #26 am: 27.08.2005 | 11:42 »
Das Ganze ist jetzt doch spannender, als ich vorher gedacht hätte. Zwei Dinge sind mir da eingefallen:

1. Könnte man sich "live there"-Bindung und "care"-Bindung als zwei entgegengesetzte Seiten einer (linearen) Skala vorstellen? Je mehr "live there"-Bindung, desto weniger "care"-Bindung und umgekehrt?

2. Inwiefern stehen diese Bindungsformen und Charakterdistanz im Verhältnis zueinander? Könnte man davon ausgehen, dass für eine "erfolgreiche" - also eine als befriedigend empfundene - "live there"-Bindung ein Minimalmaß an Charakterdistanz und für eine erfolgreiche "care"-Bindung ein Maximalmaß an Charakterdistanz notwendig sind?

Wie seht ihr das?
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Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #27 am: 27.08.2005 | 12:06 »
wenn die thesen zutreffen würden, würde ja eine absolute trennung denkbar, bzw. wünschenswert sein, was ich beides nicht denke.
Desweiteren ist mir das ein zu mechanischer ansatz.

Offline Arbo

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #28 am: 27.08.2005 | 12:12 »
@ Flesh:

Zitat
Ich sehe einen deutlichen Unterschied von "abtauchen"/Immersion zu "Emotionale Bindung"/Mitgefühl. Ich würde auch nicht sagen, dass man letzteres schon als eine Art des Abtauchens auffassen sollte (ich dachte bis jetzt auch, dass darin Klarheit besteht).

Ich will mich nicht wiederholen. Aber Mitgefühl impliziert ein gewisses Maß an „abtauchen“. Und daher halte ich es für dringend geboten, Mitgefühl als eine Art „abtauchen“ aufzufassen. Alles andere führt zu Unklarheiten und Rollenspielvodoo.

Für den Rest siehe unten.


@ Fredi:

Zitat
Ich gebe ja zu, dass meine Punkte etwas besser hätten formuliert sein können, aber das Ganze ist ja ein Gedanke, der noch nicht vollständig entwickelt ist. Dementsprechend habe ich erst einmal versucht etwas aufzuschreiben und dann darüber zu diskutieren.


Das hätten sie in der Tat, denn dein letzter Beitrag war z.B. um Mengen verständlicher! Und wenn das Ganze eh Diskussionsgrundlage ist, dann beschwere dich nicht, wenn man sich damit wirklich (!) auseinandersetzt. Genau das habe ich nämlich gemacht. Was anderes als deinen Text habe ich auch nicht. Und wenn ich da Dinge kritisiert habe, ist das kein „aufhängen“, sondern es ist schlicht das, was ich als extrem widersprüchlich empfand.

Sich auf die Behauptung „ist ja gar nicht so gemeint“ zurückzuziehen, ist wirklich ziemlich dünne. Dann hättest du das nämlich auch klarer ausdrücken müssen!

Zitat
Eine Identifikation mit den Figuren wird aber eher als hinderlich angesehen. Somit ist zum entdecken von relevanten Konflikten und auch für die weitere Verarbeitung dieser Konflikte ein Eintauchen in bzw. eine Identifikation mit Charaktereren nicht wirklich notwendig. Das soll jetzt nicht heißen, dass die "care"-Bindung zwingend mit einer Distanz zwischen sich und den Charakter bzw. mit einer Rolle als Zuschauer einhergehen muss. Allerdings ist es durchaus möglich, eine gewisse Bindung zu einem Konflikt aufzubauen, ohne sich direkt in einen Charakter einzufühlen.

Sorry, ich halte ein graduelles Abtauchen in gewisser Weise doch schon für notwendig. Denn sonst hättest du nur (z.B.!) 2 Personen auf der Bühne, die was machen. Du würdest die Handlungen der Personen wahrnehmen, aber nicht verstehen, WARUM sie etwas tun. Du könntest vielleicht wahrnehmen, das da vielleicht (!) ein Konflikt stattfindet – wenn sich beide die Schädel einschlagen. Aber das wäre eher Vermutung. Verstehen würdest du das nicht; du könntest noch nicht einmal einen Konflikt näher bestimmen können.

Sobald aber Informationen über die Darsteller/Charaktere da sind, kannst du über die Handlungen reflektieren (das kann praktisch schon die Kleidung sein). Und indem du das tust, ist schon eine Art „Abtauchen“ vorhanden. Und dann kann auch ein womöglicher Konflikt als solcher erkannt und erlebt werden. Der Zuschauer muss also schon irgendwie verstehen, was in den Charakteren vor sich geht bzw. wie sich die Handlungen in eine „Welt“ einordnen. Mit dem Verständnis für eine Sache geht aber auch schon eine Bindung einher. Damit lassen sich Emotion und Bindung nicht trennen; auf die Bindung kann auch nicht - wie erneut von dir behauptet – verzichtet werden, da ein Mindestmaß überhaupt das Verständnis für einen Konflikt erst ermöglicht.

Zitat
Weiterhin (und da hat Flesh recht) habe ich nie behauptet, dass ein Charakter in irgendeiner Form mir ähnlich sein muss. Es war vielleicht ungünstig formuliert. Ich dachte: "Ich muss also den Charakter oder den Konflikt auf einer persönlichen Ebene interessant und emotional ansprechend finden" sei als Beschreibung ausreichend gewesen.

Dann darf ich dich mal wieder zitieren ...

Zitat
Allerdings ist absolut nötig, dass Konflikte, Probleme oder Eigenschaften des Charakters oder der Geschichte einen persönlichen Bezug zu meinem eigenen Leben oder mein momentanen Interessen haben. Ich muss also den Charakter oder dem Konflikt auf einer persönlichen Ebene interessant und emotional ansprechend finden. Dann erreiche ich einen hohen Grad an emotionaler Bindung ohne tatsächlich vollständig in den Charakter einzutauchen.

Ich gebe zu, dass ich das mit dem „Selbst spielen“ überspitzt habe. Allerdings nicht ohne Grund! So zeigt sich der eigentliche Pferdefuss in der ganzen Problematik (und das ist im Grunde auch ein übliches Vorgehen bei der Analyse von Problemen).

Denn wenn ich deine Äußerungen ernst nehme, dann würde ich nämlich gerne mal wissen, wie du eine persönliche Bindung zu dem Charakter aufbauen willst, OHNE in ihn einzutauchen.

Für mich ist das ein Widerspruch. Denn wenn du den Charakter verstehst, weil er mit Konflikten konfrontiert ist, die auch dich auf der emotionalen Ebene berüheren, dann bist du defacto schon in den Charakter und seine Situation abgetaucht.

Du musst also nicht erst abtauchen, sondern du bist bereits schon direkt in der Rolle.

Das von dir beschriebene Phänomen mit den Beschreibungen geht für mich daher eher auf die unterschiedlichen Vorstellungen zurück – und dazu habe ich weiter oben Ausführungen gemacht.

Zitat
Solche Aussagen müssen meiner Meinung nach doch nun wirklich nicht sein.

Doch! Diese Feststellung war sogar in doppelter Hinsicht mehr als nötig. Einerseits führen deine Widersprüche zu genau diesem Eindruck und andererseits strahlen sie so auch auf Dritte ab. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du diesen ehrlichen Hinweis so persönlich nimmst. Insofern also Entschuldigung, nie im Leben hätte ich dich beleidigen wollen. Das war wirklich als ernst gemeinter Rat gemeint, der konstruktiv darauf hinweisen sollte, das nächste Mal für mehr Klarheit zu sorgen. Schon allein deshalb, weil ich mein Gewissen nicht erneut mit dem Vorwurf der Desktruktivität belasten wollte >;D


@ Minneyar:

Zitat
wenn die thesen zutreffen würden, würde ja eine absolute trennung denkbar, bzw. wünschenswert sein, was ich beides nicht denke

Genau das ist der Punkt. Außerdem wäre eine womöglich gegenseitige Beeinflussung denkbar, d.h. man wäre im "Zirkelschluss" - eine lineare Darstellung wäre dann gar nicht möglich bzw. würde sie ein "falsches" Bild vom Sachverhalt abgeben.

Arbo
« Letzte Änderung: 27.08.2005 | 12:21 von Arbo Moosberg »
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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #29 am: 27.08.2005 | 14:13 »
Cay,
ich würde nicht sagen, dass sich diese beiden Formen der Bindung völlig gegenseitig ausschließen. Sich als ein Charakter oder als Teil der fiktiven Welt zu fühlen schließt für mich nicht zwingend aus, dass man auch einen persönlichen Bezug zu den Konflikten usw. hat.

Allerdings würde ich behaupten, dass man für die „care“-Bindung ein (kleines) Mindestmaß an Abstand zum Charakter (und den Konflikten) haben muss. Man braucht etwas Überblick, um noch den persönlichen Bezug sehen zu können und das Geschehen auch mal reflektieren zu können. Ich würde also behaupten, dass sich die Extremformen beider Bindungen gegenseitig ausschließen. Wenn man völlig im Charakter versinkt, hat man wohl Probleme mit der „care“-Bindung. Dazwischen gibt es ein weites Feld von Mischformen.

Allerdings gibt es einen Haken: Das geht alles von Ihrer Zeit ab! Will sagen: Aktionen (Beschreibungen, usw.) der Spieler, die nur auf die „live there“-Bindung abzielen, nehmen Zeit für die Entwicklung der „care“-Bindung weg. Das ist das Phänomen, dass mir ausufernde Beschreibungen auf den Keks gehen können, wenn sie allein (!) auf die „live there“-Bindung zielen. Allerdings glaube ich eben, dass es Beschreibungen gibt, die beide Bindungen gleichzeitig fördern können oder wenigstens viel von der einen bieten, ohne die andere wirklich zu beeinträchtigen.


Arbo,
einmal versuche ich es noch. Ich weiß nicht, ob das schon gegen die Spielregel verstößt (ich habe jedenfalls den Eindruck ich würde mich wiederholen) aber ich will es noch einmal deutlich machen.

Immersion wird üblicherweise als das Gefühl eines Spielers definiert, wirklich der Charakter zu „sein“ und sich wirklich in der fiktiven Welt zu befinden. Ich würde dies „live there“-Bindung nennen (oder es ist wenigstens nah dran).

Demgegenüber stelle ich die mir wichtigere „care“-Bindung, bei der man sich dem Konflikt und dem Charakter verbunden fühlt und einen persönlichen Bezug aufbauen kann.

Du nennst nun beides „irgendwie Abtauchen“. Das hilft mir aber nicht weiter, da die beiden Formen von „Abtauchen“ sich im subjektiven Spielgefühl für mich deutlich unterscheiden. Es geht mir also gerade darum, dass es diese zwei Unterformen von „Abtauchen“ gibt und wie man diese trennen kann oder inwieweit sie miteinander verbunden sind oder sich auch gegenseitig behindern. Mir ist schon klar, dass du beides als „Abtauchen“ bezeichnest, aber dem Ziel der Diskussion, also die beiden Formen begrifflich zu trennen, hilft das nicht.
Ich habe den empirischen Fakt, dass sich die beiden Spielgefühle deutlich unterscheiden. Und da ist die Behauptung „das ist doch beides das Gleiche“ nicht wirklich hilfreich.

Und mein Hauptpunkt der Trennung wäre eben, dass man sich für „live there“-Bindung wirklich als der Charakter fühlen muss. Das muss ich eben nicht zwingend, um einen Charakter zu verstehen. Ich kann einen Charakter und den Konflikt auch „von außen“, das heiß analytisch, verstehen (wie eben im epischen Theater erwünscht, in dem jegliche Identifikation mit den handelnden Personen unerwünscht ist). Wobei (wie ich auch schon gesagt habe) beim Rollenspiel eben immer ein gewisses Hineinversetzen in den Charakter notwendig ist, sonst wäre es ja kein Rollenspiel.

Und bevor ich jetzt meine gesamten vorherigen Posts noch mal wiederhole, höre ich besser damit auf. :)

Nur eins noch:
Dann hättest du das nämlich auch klarer ausdrücken müssen!
Alter, wer im Glashaus sitzt…  ::)
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

azentar

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #30 am: 29.08.2005 | 19:43 »
Auch wenn mein Post vorher geäußerte Meinungen wiederholt:

"Don't  try to make me feel like I live there, make me care about it"
impliziert eine Identifikation mit Ansichten, Problemen und Konflikten - und erst an zweiter Stelle mit dem Charakter & dem Setting. Die Charaktere würden dazu dienen, den Konflikt/Idee/Problem deutlicher zu illustrieren und zu verschärfen. Das Setting würde den Rahmen für den Konflikt bieten.
Diese konfliktorientierte Konstellation ist eigentlich in so gut wie jedem RPG zu finden (auch wenn es das triviale GUT vs BÖSE ist), und somit nichts Neues.

Eine Identifikation mit den Konflikten impliziert aber Verständnis für Charakter & Setting - und somit zum Teil eine Immersion. Anders gesagt:
"Make me care about it, and you will make me feel like I live there." (was dem Anfangssatz nicht widerspricht).

Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #31 am: 30.08.2005 | 10:09 »
Hört sich irgendwie sinnvoll an @ azentar.

Ich habe mal überlegt, ob der punkt auch einfach der sein könnte, dass manche leute einfacher darüber zu stimulieren sind, wenn man ihr visuelles oder allgemein ihr sinnliches (sensorisches? ach hol's der geier...) vorstellungsvermögen anspricht, während andere sich einfach mehr für die interlektuellen dimensionen eines problemes interessieren. Das wäre ja an sich nix neues. Und für leute, die auf beides anspringen ist eine unterscheidung eben nicht unbedingt nötig...

Offline Arbo

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #32 am: 30.08.2005 | 10:22 »
@ Fredi:

Was heißt hier „überlicherweise“? Wenn du dich an einer bereits vorhandenen Definition orientieren willst, dann hättest du das auch im Titel und im Eingangsposting entprechend deutlich kennzeichnen können. So habe ich in diesem offenen Thread dargelegt, was ich für Kritikpunkte habe. Ich habe deutlich und klar dargelegt, warum es nicht sinnvoll,  missverständlich und widersprüchlich ist, dieses „Eintauchen“ irgendwie auseinanderklamüsern zu wollen.

Deshalb ist die Diskussion, wie da unterschieden werden kann, Nonsens; die eigentlich (!) zu keinem sinnvollen Ergebnis führen kann, erst Recht, wenn das Ziel schon „festzustehen“ scheint!

Zitat
Du nennst nun beides „irgendwie Abtauchen“. Das hilft mir aber nicht weiter, da die beiden Formen von „Abtauchen“ sich im subjektiven Spielgefühl für mich deutlich unterscheiden.


Genau da liegt doch der Hase im Pfeffer. Du schreibst von „subjektiven Spielgefühl“ und dem liegt mehr oder weniger eine Wahrnehmungsverzerrung zugrunde. Die „wahre“ Ursache – meiner Meinung nach – liegt nämlich wo ganz anders. Und das habe ich weiter oben schon ausführlich dargelegt – Stichwort: individuelle Vorstellungsräume.

DAS ist schon einmal ein sinnvolles Ergebnis!

Zitat
Ich habe den empirischen Fakt, dass sich die beiden Spielgefühle deutlich unterscheiden. Und da ist die Behauptung „das ist doch beides das Gleiche“ nicht wirklich hilfreich.

Lieber Fredi, in einem Theorie-Channel - vor allem beim Thema Rollenspiel (!)- wäre ich mehr als vorsichtig mit dem Begriff „empirischer Fakt“. Ansonsten siehe oben – die Feststellung, dass es sich bei beiden Sachen um ein „Abtauchen“ handelt ist insofern hilfreich, weil dadurch eine „Wahrnehmensverzerrung“ angedeutet ist. Damit wird der Blick auf mögliche andere Ursachen gelenkt.

Bei dieser Verzerrung handelt es sich meiner Meinung darum, wie das „Abtauchen“ empfunden wird. Stimmen die Vorstellungsräume in etwa überein, dann muss dieser „Abtauchprozess“ als solches gar nicht wahrgenommen werden – er wird praktisch übersprungen. Wenn jemand bspw. sagt „Da steht ein Ork!“, dann weißt du ggf., wie der ausschaut. Der SL muss den nicht erst beschreiben. Da sind also „verinnerlichte Informationen“, die genau diesen Eintauchprozess „verkürzen“.

Die Frage ist nun, warum manchmal die Informationen bzw. Beschreibungen als unangenehm oder „nicht nötig“ empfunden werden. Das kann verschiede Ursachen haben, die ich oben angesprochen habe.

(1) Einmal ist es möglich, dass der Spieler die Informationen schon hat und sie nicht braucht, d.h. die Vorstellungsräume stimmen in etwa überein. Detailiierte Informationen werden als „unnötig“ empfunden und bewirken einen „zähen“ Spielverlauf – sie werden ja „doppelt“ gegeben.

(2) Das andere Mal wäre es möglich, dass zwar die Vorstellungsräume in etwa übereinstimmen, aber nicht zu 100%. Da kann es sein, dass es die oben genannten Tabubereiche gibt. Wenn der SL dann mehr beschreibt, wird die eigene „Illussion“ ggf. zerstört bzw. am eigenen „Bild“ einer Szene wird gesägt. Genau DAS kann als unangenehm empfunden werden, weil man sich bewusst oder unbewusst (!) nicht seiner „Illussion“ berauben lassen möchte.

(3) Letztlich wäre es auch möglich, das Konflikte auf so persönlicher Ebene liegen, dass manche Beschreibungen genau diese „persönlichen Bereiche“ freilegen und man deshalb diese „Offenlegung“ als unangenehm empfindet.

Ich halte diese Erkenntnis für recht wichtig. Vor allem, weil das sowohl die Charakterebene wie auch die persönliche Ebene betreffen kann.

Zitat
Alter, wer im Glashaus sitzt…   


Lieber Fredi, das hätte ja glatt persönlich gemeint sein können. Auf jeden Fall war diese Bemerkung nicht sehr produktiv. Sie war sehr verwirrend. o:)


@ Azentar:

Jup, das eine hängt praktisch vom anderen ab. Ist praktisch ein "Zirkelschluss".


@ Minneyar:

Das Problem fängt für einen SL eigentlich schon da an, dass ja jeder Spieler eine eigene Vorstellung besitzt. Er muss also erstmal an die Infos kommen, wie viel der Spieler eigentlich weiß bzw. wissen möchte. Das kann dann eigentlich nur im Try&Error-Verfahren ergründet werden – oder mit Indikatoren , die aber auch Interpretationssache sind.

Arbo
« Letzte Änderung: 30.08.2005 | 10:24 von Arbo Moosberg »
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Eulenspiegel

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #33 am: 30.08.2005 | 15:22 »
Lieber Fredi, in einem Theorie-Channel - vor allem beim Thema Rollenspiel (!)- wäre ich mehr als vorsichtig mit dem Begriff „empirischer Fakt“.
Ja, man sollte mit dem Begriff vorsichtig sein. Aber in diesem Fall ist es tatsächlich ein empirischer Fakt.
Man kann jetzt darüber diskutieren, wieso Fredi bei 2 verschiedenen Spielarten ein unterschiedliches Spielgefühl hat. (Das wäre dann auch ein Teilzweck dieses Threads.) Aber es hilft wenig, wenn man anzweifelt, das Fredi 2 verschiedene Gefühle hat und sagt: "Also im Grunde hast du nur ein Spielgefühl."

Zitat
Die Frage ist nun, warum manchmal die Informationen bzw. Beschreibungen als unangenehm oder „nicht nötig“ empfunden werden. Das kann verschiede Ursachen haben, die ich oben angesprochen habe.
Es gibt noch einen 4. Grund, den du hier nicht erwähnt hast:
Die Beschreibung ist mir absolut egal.
Wenn der SL sagt: "Vor dir steht eine alte Hexe.", dann reicht es mir vollkommen aus. Er muss jetzt nicht erwähnen, ob ihre Warze auf der linken Nasenwand sitzt oder auf der rechten. Ob ihr Spitzhut jetzt schwarz oder einfach nur dunkelblau ist. Und es interessiert mich auch nicht wie groß die Hexe ist, oder ob sie barfuß bzw. mit Sandalen herumläuft.
Und noch weniger interessiert es mich, in welcher Farbe ihre Fingernägel lackiert sind.

Wenn der SL jetzt also anfängt all diese Sachen bis in's letzte Detail zu erklären, dann schlafe ich irgendwann ein. Diese Details sind für mich persönlich absolut uninteressant.

Aber ich denke, es geht auch nicht nur um die Beschreibung, sondern auch um die Art der Handlung.
Die Leute, die auf Immersion stehen (im Folgenden mit SIMs Immersionisten abgekürzt), finden es z.B. super interessant, einen Marktspaziergang auszuspielen. Sie stellen sich einfach vor, wie sie an einem ganz gewöhnlichen Tag einkaufen gehen, ohne das irgendetwas Aufregendes passiert.
Die Leute, die sich dagegen mehr für ein Thema als für einen Charakter interessieren (im Folgenden NARren Thematiker genannt), interessieren sich nicht für einen alltäglichen Marktspaziergang. Wenn sie dagegen während des Marktbesuches jemanden sehen, der einem reichen Mann bestiehlt, dann kann das ihr Interesse wecken. (Denn hier stellt sich der Konflikt: "Soll ich mich für das Recht einsetzen und den Dieb verpetzen?", "Soll ich mich für die Unterdrückten einsetzen und den Dieb laufen lassen?" oder "Soll ich meiner eigenen Gier folgen und es dem reichen Kerl sagen bzw. den Dieb erpressen, damit ich evtl. eine Belohnung bekomme?")

Ein NAR Thematiker hat sich den ganzen Marktbesuch über gelangweilt. Aber plötzlich ist eine Szene, die ihn interessiert, und zu der er evtl. sogar ein persönliches Verhältnis hat. (Vielleicht hat der Spieler vor ein paar Monaten im RL mal selber einen Diebstahl beobachtet. - Und nun hat er die Möglichkeit, sich anders zu verhalten als damals. - Und die beiden Konsequenzen dann zu vergleichen.)
Der SIM Immersionist dagegen fand den Marktbesuch die ganze Zeit über Klasse. Aber kaum kommt der Diebstahl, fängt er an zu murren: "Das ist doch total unrealistisch: 1. würde ich auf einem Marktplatz niemals bemerken, wenn ein Dieb einen anderen beklaut und 2. geht ein reicher Mann doch nicht persönlich einkaufen, sondern schickt seine Magd."
Dem SIM Immersionisten stört jetzt also das Unrealistische in dieser Szene. Dem NARren Thematiker macht das aber nichts aus, weil er jetzt seinen schönen Konflikt hat, über den er nachdenken kann.

EDIT:
Minneyar, findest du mein überarbeitetes Post besser? Ich habe jetzt vollkommen auf Begriffe wie N oder S verzichtet und hoffe, dass es jetzt auch nicht GNSler verstehen. (Die Änderungen habe ich nicht gelöscht, sondern durchgestrichen, damit du weißt, welche Sachen ich geändert habe.)
« Letzte Änderung: 30.08.2005 | 17:43 von Eulenspiegel »

Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #34 am: 30.08.2005 | 15:37 »
eulenspiegel, ich finde das um ehrlich zu sein nicht so toll, dass du jetzt hier wieder mit den drei gns schubladen ankommst, vorallem, da diese debatte bisher hauptsächlich abseits von gns geführt wurde um nicht wieder in die alten, verrannten zustände zurückzukommen.
Denn immer wenn jemand gns in den mund nimmt, entartet der thread total in gns kritik, oder in gns auslegung oder in was auch immer, und schon steckt der karren wieder im schlamm. ich finde fredis ansatz gut, indem er diesen thread als ein persönliches reflektieren über einen satz angefangen hat - das ist imho besser als die gns kategorien, oder besser gesagt, eine persönliche interpretation davon, als grundlage für eine diskussion zu nehmen, vorallem wenn es sich um eine [offen] diskussion handelt, denn diese kategorien sind noch längst nicht allgemein akzeptiert. Auch von mir nicht, aber das  jetzt hier auszubreiten würde meiner intention, die ich mit diesem post verfolge zuwieder laufen.

Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #35 am: 30.08.2005 | 15:58 »
Ich finde das, was Eulenspiegel sagt, durchaus nachvollziehbar. Auch ohne GNS-Begriffe heranzuziehen, kann man es verstehen. Als Erzähler (und ich meine hier nicht nur den SL, sondern explizit auch die Spieler) sollte man sich Gedanken machen, welches Level an Detail und welche Sorte von Details die anderen hören wollen. Eine Beschreibung sollte so viele Details enthalten, wie für das Verstehen der Situation wichtig sind, und so wenige wie möglich. Man sollte sich immer fragen: was kann ich ohne Schaden der Fantasie der Zuhörer überlassen? Wenn die Zuhörer sich für Situationen und Konflikte statt für Szenerien interessieren, sollte man sich auf die Beschreibung der dazu notwendigen Elemente verlassen; wenn eine Stimmung oder ein Anblick beschrieben werden soll, muss man andere Elemente heranziehen.

Ich denke es hilft, sich Beschreibungen aus Romanen usw. einmal bewusst anzusehen, um zu ermitteln, was einem der Autor eigentlich so mitteilt und was nicht. Einige Autoren versuchen, ein verbales Bild zu zeichnen, andere charakterisieren mehr usw.

Robin
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Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #36 am: 30.08.2005 | 16:11 »
Zitat
uch ohne GNS-Begriffe heranzuziehen, kann man es verstehen
Man kann es aber auch ohne gns begriffe erklären  :P zumindest das, was du daraus gezogen hast.

Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #37 am: 30.08.2005 | 16:16 »
Sicher, Eulenspiegel hätte auf SIM und NAR verzichten können, ohne dass es etwas an der Aussage geändert hätte.

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #38 am: 30.08.2005 | 17:46 »
@ Minneyar
Ich habe in meinem Post jetzt die SIM und NAR Wörter durchgestrichen und durch nicht GNS-Begriffe ersetzt.
Ansonsten enthielt der Text ja kein einziges GNS Wort.

Ist der Text jetzt besser verständlich?
Und meinst du, dass es Nicht-GNSler jetzt leichter haben, den Text zu verstehen?

Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #39 am: 30.08.2005 | 17:57 »
@ Eulenspiegel : Soll das witzig sein? Auf solchen Quatsch lasse ich mich nicht ein.

Offline Arbo

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #40 am: 30.08.2005 | 20:29 »
@ Eulenspiegel:

Ich will nicht kleinlich sein, aber ein „empirischer Fakt“ ist für mich etwas, dass sich durch zahlreiche Versuche/Messungen zu einer hohen Wahrscheinlichkeit verdichtet hat. Wenn ich sowas nicht nachweisen kann, ist die Verwendung von „empirischer Fakt“ irreführend. Warum das meiner Meinung (!) nach so ist , können wir gerne in einem anderne Thread einmal besprechen. Hier würde es eher das Thema sprengen.

Außerdem habe ich auch nicht Fredis Gefühle angezweifelt! Ich habe lediglich versucht zu erklären, wie es dazu kommt, dass die so wahrgenommen werden.

Zitat
Es gibt noch einen 4. Grund, den du hier nicht erwähnt hast:
Die Beschreibung ist mir absolut egal.

Indirekt kannst Du das auch zu dem von mir genannten Punkt (1) „packen“. Denn die Frage ist ja, warum mir das „egal“ ist. Habe ich die Information schon, stört die mich. Aber das wäre jetzt eine Detaildrescherei ;)

Zitat
Der SIM Immersionist dagegen fand den Marktbesuch die ganze Zeit über Klasse. Aber kaum kommt der Diebstahl, fängt er an zu murren: "Das ist doch total unrealistisch: 1. würde ich auf einem Marktplatz niemals bemerken, wenn ein Dieb einen anderen beklaut und 2. geht ein reicher Mann doch nicht persönlich einkaufen, sondern schickt seine Magd."
Dem SIM Immersionisten stört jetzt also das Unrealistische in dieser Szene. Dem NARren Thematiker macht das aber nichts aus, weil er jetzt seinen schönen Konflikt hat, über den er nachdenken kann. 

Im Grunde hast du damit nur gezeigt, dass es da zwei unterschiedliche Interessen gibt.

Damit ist aber noch nicht zwanglsäufig gezeigt, worauf diese Interessen basieren bzw. auf welcher Ebene sie liegen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass beide (!) Interessen auf der jeweils persönlichen Ebene verankert sind (also auch die vom "Eintaucher"). Über das Maß des „Abtauchens“ sagt das auch noch gar nichts aus. Und um ehrlich zu sein, ist das mir auch viel zu schwammig. Denn ist ausschließen, dass der Thematiker jetzt - während des Diebstahls – nicht (aktiv/passiv) abtaucht? Muss der SL nun ganz genau den Diebstahl beschreiben? Oder reicht nur die Erwähnung? Sollte der Diebstahl einen Charakter interessieren?

Alles Fragen, die da hinein spielen und womöglich zu einem aktiven oder passiven, intensiven oder weniger intensiven Abtauchen führen.

Darüber hinaus ... in der Spielpraxis kann der „Spieltyp“ wechseln. Was macht man da?


@ Bitpicker:

Jup, eigentlich läuft es auf das „Ausloten“ von Vorstellungen und Interessen der Spieler hinaus.

Arbo
« Letzte Änderung: 30.08.2005 | 20:38 von Arbo Moosberg »
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Eulenspiegel

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #41 am: 30.08.2005 | 23:20 »
@ Minneyar
Nein, ich wusste nicht worauf du hinaus willst, und habe mein Post jetzt GNS-frei gemacht. (Ob dich jetzt der Nar und Sim Begriff in meinem Text gestört hat oder mein Schreibstil oder was sonst, weiß ich nicht.)

@ Arbo Moosberg
OK, der Begriff empirisch ist in diesem Zusammenhang nicht richtig. (Es ist zwar ein empirisches Indiz und für diese Diskussion auch ein Fakt, aber nicht beides zusammen.)

Zitat
Indirekt kannst Du das auch zu dem von mir genannten Punkt (1) „packen“. Denn die Frage ist ja, warum mir das „egal“ ist. Habe ich die Information schon, stört die mich.
Das ist in der Tat die zentrale Frage.
Und ich glaube es liegt nicht immer daran, dass ich das Detail schon habe. Manchmal habe ich auch kein Detail, sondern nur eine schwammige Vorstellung. Aber mich interessiert es auch nicht, es mir näher vorzustellen.

Zum "abtauchen":
Der Immersionist bekommt seinen Spielspaß daher, dass er sich mit der anderen Person identifiziert. (Vielleicht freut er sich auch darüber, wenn der SC etwas tut, was ihm persönlich interessiert. - Aber in erster Linie geht es ihm darum, sich in die andere Person hineinzuversetzen.)
Der Thematiker dagegen will sich nicht in eine fremde Person hineinversetzen. Ihn interessieren Sachen, die ihn persönlich bewegen. Die Identifikation mit einer bestimmten Person fällt dabei komplett weg. - Er hat keine Probleme damit, in der 1. Szene einen SC zu spielen und in der anderen Szene einen anderen SC. Denn die Szene interessiert ihm mehr als der Charakter. (Im klassischen Rollenspiel übernehmen Thematiker gerne die Rolle des SLs, weil sie dort gut Themen einbringen können, die sie persönlich interessiert. - Ein Immersionist übernimmt nur ungern die Rolle des SLs, weil man sich in dieser Rolle schlecht mit einer bestimmten Person identifizieren kann.)

Warum begnügen sich die Immersionisten jetzt nicht damit, eine Rolle zu spielen, sondern wollen auch Abenteuer erleben? Weil es ebend keine 100% Immersionisten gibt, sondern in jedem Immersionisten auch ein kleiner Thematiker hockt.
Und warum begnügen sich Thematiker nicht damit, Geschichten zu schreiben? Tun sie doch. Allerdings kommen diese Thematiker nie zum Rollenspiel sondern werden Autoren oder Philosophen. Die Thematiker aber, die zu einem kleinen Teil auch Immersionisten sein wollen, die spielen dann auch RPG.

Insofern kann man sagen, dass alle Rollenspieler Mischformen aus dem beiden sind. Allerdings überwiegt halt das eine oder das andere.

Um über eine interessante Sache zu sprechen, muss man sich nicht mit einer Person identifizieren.
Beispiel:
Zitat
Ich hätte im RL den Dieb vielleicht laufen gelassen. Da das aber langweilig ist, hält mein SC den Dieb auf. - Mal sehen wie es weitergeht. Ich tauche dabei nicht in den SC ein und ich glaube auch nicht, dass ich so handeln würde. Der einzige Grund so zu handeln ist, weil es mich interessiert, wie die Situation schließlich beendet wird.
Der SL entscheidet jetzt, dass der Dieb den SC bittet nichts zu sagen, sondern ihm anzeigt, er solle dem Dieb folgen. Auch der SL entscheidet sich weder so, weil er persönlich es getan hätte, noch weil er sich in den Dieb hineinversetzt hat und der Meinung ist, dieser Dieb handelt jetzt so, weil er dies und jenes in seinem leben schon erlebt hat und schlechte Erfahrung mit Helden gemacht hat. Nein, der SL entscheidet so, weil er hofft, die Situation so spannender zu gestalten.

Das war ein Beispiel, wo Spieler und SL Thematiker waren.
Wenn Spieler oder SL ein Immersionist wäre, dann hätte sich in deren Köpfen etwas vollkommen anderes abgespielt. - Die Handlung der beiden Charaktere wäre vielleicht die gleiche geblieben. - Aber der Grund, weshalb die beiden so handeln wäre ein anderer gewesen.

Aber wie gesagt, ich glaube nicht, das Immersionisten oder Thematiker in Reinform auftauchen.
Die meisten Spieler wollen beides (in einen SC eintauchen und ein Abenteuer erleben, dass sie persönlich (also die Spieler, nicht die SC) interessiert.
Als SL dagegen kann man ein Abenteuer gestalten, dass 100% auf die eigenen Vorlieben abgestimmt ist und nur Themen enthält, die einem selber interessieren. (Bei einer funktionierenden Gruppe, sind das allerdings auch Themen, die zusätzlich die Spieler interessieren.) Der Nachteil als SL ist es dagegen, dass man nicht richtig in einen Charakter abtauchen kann, sondern so häufig zwischen NSCs hin und herspringen muss, dass es sich kaum lohnt, in einen bestimmten NSC einzutauchen.
Dies ist auch der Grund, weshalb viele SLs, die ich kenne auch mal den Wunsch verspüren, für ein paar Abende Spieler zu sein, obwohl sie eigentlich ganz gerne SL sind. - Einfach, weil der Immersionist in ihnen zum Vorschein kommt.

Zitat
Im Grunde hast du damit nur gezeigt, dass es da zwei unterschiedliche Interessen gibt.

Damit ist aber noch nicht zwanglsäufig gezeigt, worauf diese Interessen basieren bzw. auf welcher Ebene sie liegen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass beide (!) Interessen auf der jeweils persönlichen Ebene verankert sind (also auch die vom "Eintaucher").
Richtig. Erstmal habe ich nur gezeigt, dass 2 unterschiedlich Interessen bestehen.
Aber das mit der Ebene habe ich nicht verstanden.
Natürlich hat auch der Eintaucher ein persönliches Interesse daran, dass jetzt seine Szenen kommen. - Sonst wäre er wohl kaum zum Rollenspielabend gekommen, sondern wäre zu Hause vor dem Fernseher geblieben.

Aber der Spaß eines Eintauchers/Immersionisten zieht sich aus vollkommen anderen Quellen als die eines Thematikers.
Der Eintaucher will im Idealfall seine Augen schließen, das Gefühl haben in einer fremden Welt zu sein. Und wenn er die Augen öffnet, dann sieht er durch die Augen seines SCs. (Dass das niemals erreicht wird, ist mir klar. - Aber es beschreibt halt den Idealzustand.)
Der Thematiker dagegen hat gar nicht das Ziel sich in eine fremde Person hineinzuversetzen. Und er hat auch nicht das Ziel den SC so wie sich selbst zu spielen. (Der SC ist also nur Mittel zum Zweck, um eine spannende Thematik zu gewährleisten. - Wenn eine Schießerei wäre, würde ich mich zu Boden werfen. Und mein SC sollte es realistischerweise auch. Trotzdem bleibt mein SC stehen und verhandelt mit den Schützen, weil ich es für interessant (nicht realistisch) halte.)

Zitat
Darüber hinaus ... in der Spielpraxis kann der „Spieltyp“ wechseln. Was macht man da?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass er während eines Spielabends kaum wechselt.
Und ich kenne auch keine Leute persönlich, die während einer einzelnen Sitzung ihren Spieltyp gewechselt haben. Was natürlich nicht heißt, dass es solche Leute gibt.

Offline Minne

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #42 am: 30.08.2005 | 23:41 »
Okay, Eulenspiegel, mein Punkt war nie die verständlichkeit deiner Aussage, sondern der, dass du gns dazu verwendet hast um bestimmte schubladen für personen aufzumachen, wobei diese schubladen selbst sehr diskussionswürdig sind, und hier im forum schon ewig zu endlosen debatten geführt haben. so grenzt du beispielsweise sim und narr ganz deutlich vonneinander ab, während in einem anderen thread in diesem forum kaum eindeutige aussagen zur abgrenzung getroffen werden konnte, geschweige denn dazu ob man tatsächlich nur das eine oder andere ist. Mit anderen worten : du argumentierst unter vorraussetzungen die garnicht sicher stehen und von sich aus wieder zu diskussionen führen, bei denen es um das gns modell geht, und nicht um das ursprüngliche thema. Klar geht das thema in die richtung Sim und Narr, aber ich denke, dass die betrachtung von einer anderen ebene ausgehen sollte, eben nicht gns, deshalb auch der [offen] Tag.
Und wenn man die gns kategorien meint, und sie nur temporär durch andere begriffe ersetzt, dann ist das für mich nicht wirklich ein verzicht auf gns.

So. Nuff said zu dem thema, sonst beantrage ich hier noch nen modposten  :P ::)

*interessiert sich erstmal für fredis meinung zu seinem dritten beitrag im thema*
« Letzte Änderung: 30.08.2005 | 23:43 von Minneyar »

Offline Fredi der Elch

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Re: [Offen] Emotionale Bindung und Immersion
« Antwort #43 am: 31.08.2005 | 15:28 »
Sorry, dass ich dich vergessen habe, Minne. sicher gibt es Leute, die er eher für den sinnlichen Aspekt eines Problems zu gewinnen sind und andere, denen der intellektuelle Aspekt näher geht. Allerdings glaube ich nicht, dass das meinen Punkt wirklich gut trifft.

Ich wusste von Anfang an nicht genau, wohin der Thread eigentlich gehen sollte. Ich habe einfach mein subjektives Spielgefühl deutlich gemacht, bei dem für mich persönlich eine deutliche Trennung zwischen der "live there" und der "care"-Bindung besteht. Es freut mich zu sehen, dass einige andere genau diese Trennung ebenfalls gut nachvollziehen konnten.

Wohin genau der Unterschied zwischen den beiden Formen der Bindung besteht, inwieweit sie wirklich genau zu trennen sind (ich meine, dass sie eben wenigstens zum Teil verbunden sind) und wie sich die eine bzw. die andere Formen der Bindung im Spiel erreichen lässt, diese Punkte bleiben weiterhin offen. Ich denke das sind dann neue Ideen und Ansätze für neue Threads.

Danke an alle, die sich konstruktiv beteiligt haben. Nuff said. Thread closed.
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.