Autor Thema: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel  (Gelesen 7537 mal)

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Offline Haukrinn

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Hallo Theoriegemeinde, ich bin's mal wieder. Heute möchte ich einmal meine Gedanken zum Thema „Fokus eines Rollenspiels“ darlegen. Ich konzentriere mich dabei hauptsächlich auf den Bereich, der mir am besten liegt, d.h. auf Rollenspiele, die laut GNS die S-Schiene fahren (genug GNS für heute, ist ja schließlich ein offener Thread hier...).

Betrachtet man die Form des Rollenspiels, die das Erleben einer konsistenten und in diesem Sinne glaubhaften Welt in den Vordergrund stellt, so bewegt man sich sicher auf einer Ebene, die keinem Rollenspieler fremd ist (Ich möchte zudem anmerken, daß es hier primär um stimmungsvolle Spielsitzuungen gehen soll. Ziel der von mir anvisierten Spiele ist es in der Regel nicht, eine Buch- oder Filmreife Szenerie zu erschaffen). Hier zeigt sich in den letzten Jahren eine Form von Innovation, die sich weniger in der Spielmechanik, sondern eher im generellen Spielablauf manifestiert. Klassischerweise haben wir hier Spielleitung und Gruppe. Der Spielleiter definiert eine Form von Plot, die Charaktere der Spieler schlittern irgendwie in diesen Plot hinein und das Spiel entwickelt sich. Hierzu bedarf es, denke ich mal, keiner weiteren Erläuterung.

Nun erblickten aber in den letzten Jahren einige Rollenspiele das Licht der Welt, die einen anderen Ansatz verfolgen. Bekanntester Vertreter ist sicherlich Unknown Armies, aber mit Sicherheit gibt es da auch andere Spiele (für Beispiele bin ich immer zu haben). Hier verschiebt sich der Fokus, weg vom Vorgeben der Story, hin zu den Charakteren. Ich möchte in diesem Fall von charakterzentriertem Spiel (CS, aber bitte nicht mit Counterstrike verwechseln...) reden, im Gegensatz zum plotzentriertem Spiel (PS). Wo liegen hier die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten, was läßt sich hier generell beobachten?

- Beide Stile legen Wert auf die Wiedergabe einer schlüssigen (was nicht unbedingt gleichbedeutend ist mit realistischen) Welt.
PS bringt in der Regel eine ganze Menge Arbeit für den SL mit sich. Viele Dinge, die außerhalb des Einflußbereichs der Charaktere liegen, müssen oder sollten im Voraus definiert werden, um einen Plot zu generieren. Nach getaner Vorarbeit läuft das Ganze im Spiel dann eher auf ein „Actio-Reactio“-Prinzip hinaus, wobei sowohl SL als auch Spieler den aktiveren Part übernehmen können.

- CS dagegen legt den Fokus auf die Charaktere. Im Voraus zu planen, zumindest im klassischen Sinne, ist hier in der Regel unsinnig, da der SL nur wenig Einfluß auf die Charaktere nehmen sollte. Tatsächlich wird er sich damit begnügen müssen, den Charakteren Appetithappen hinzuwerfen. Der CS-SL wird hier in das bloße Reagieren geradezu hineingedrängt. Es geht also primär nicht darum, den Spielern interessante Szenerien vorzuwerfen, sondern aus den Handlungen der Charaktere interessante Szenerien zu generieren. Um die Konsistenz zu erhalten, ist in der Regel nur wenig Vorarbeit nötig. Im Nachhinein ist allerdings einiges an Nachbearbeitung nötig, um zukünftige Widersprüche zu vermeiden.

- Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied tritt bei der Betrachtung der Regelmechanismen zu Tage: PS-Spiele sind meist „rules-heavy“, dicke Bücher mit vielen Zusatzregeln sind eher die Regel. CS-Spiele dagegen kommen erstaunlicherweise mit relativ wenigen Regeln aus. Dabei wirken sie keineswegs weniger glaubhaft; eigentlich ist sogar eher das Gegenteil der Fall. Dies ist nebenbei auch ein schönes Beispiel für die Tatsache, daß Simulationismus (Pfui, böser Haukrinn, keine GNS-Termini verwenden  ;D) und leichtgewichtige Regeln sich keineswegs ausschließen.

- CS und PS sind natürlich wieder einmal nur idealisierte Extreme. Nichts spricht dagegen, mit Unknown Armies mal ein gut durchgeplantes Szenario zu spielen (obwohl UA „plotlos“ einfach besser funktioniert), und auch mit GURPS kann man CS spielen (obwohl es halt keine Regelmechanismen für die Persönlichkeit und den Charakter der Spielfiguren bereit stellt). Es geht mir eher darum, ganz im Sinne von Edwards „System does matter“ zu sagen, auch hier gibt es wieder Systeme, die besser für das eine oder das andere geeignet sind.

Wozu nun das Ganze? Ich persönlich habe mich in den letzten Jahren, sowohl als Spieler als auch als Spielleiter, immer weiter von PS entfernt und bin zum überzeugten CS-Anhänger geworden. Leider ist die Zahl der Spiele, die diesen Spielstil von Haus aus unterstützen sehr gering. Das liegt aber meiner Meinung nach nicht daran, daß sich niemand für CS interessiert, sondern eher daran, daß sich die Spieldesigner keine Gedanken darüber machen. CS funktioniert mit Spielern, die sich sehr aktiv einzubringen versuchen, generell besser als PS. Wenn Systeme nun auch in dieser Hinsicht designt werden, ist das definitiv ein Gewinn für die Gruppe von Spielern.
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wjassula

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #1 am: 21.09.2005 | 12:46 »
Hi -

ich möchte den letzten Teil deines Postings besonders unterstützen: CS ist nicht neu, aber bewusstes Design dafür komischerweise schon. Die Forderung nach CS ist auch alt...Vampire wäre der Kandidat der Wahl, aber da wirds mechanisch nicht so doll unterstützt. Gibts im SIM - Bereich noch andere Spiele ausser UA, die das so in den MIttelkpunkt rücken?

Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #2 am: 21.09.2005 | 12:51 »
Nur eine Frage zum Thema, da ich mich ja eher weniger mit dem gazen Theoriekram ausseinadersetze.

Ist das Gesinnungssystem bei D&D ein CS Faktor?
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Offline Haukrinn

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #3 am: 21.09.2005 | 13:25 »
@Wjassula: Gute Frage mit weiteren CS-Spielen, hab' ich ja auch schon gefragt. Die nWoD unterstützt es zum Beispiel ein klein wenig besser als die alte, kommt aber nicht im Geringsten an den "CS-Support" von UA ran.

@Thalamus: IMHO nein, weil die Gesinnungen die menschliche Natur in ihren Facetten nicht wiederzugeben wissen (Die sind nicht nur UnCSig, sonndern sogar UnSIMmig  ;) ). Was ja auch dazu führt, daß sie in manchem Spiel größtenteils ignoriert wird. Die nWoD mit Vice/Virtue/Morale oder UA mit Obsession und Temperamenten bieten da wesentlich bessere Mechanismen an, die tatsächlich auch weiter reichende regeltechnische Effekte nach sich ziehen.
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Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #4 am: 21.09.2005 | 13:37 »
Bei UnCSsig vertrau ich dir einfach mal, aber wieso UnSIMmig?

Und um beim Thema zu bleiben.
Warum für so eien Stil kaum Regeldesign betrieben wurde, liegt IMHO daran, das sich die meisten Spieldesigner gesagt haben, "für sowas brachue ich keine Werte, das spiele ich so aus". So wie sich heutige Designer von CS-Systemen wohl eher sagen, "Ich brauche für den Kampf keine detailierten Regeln, das kann cih mit dem GMV regeln"
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Offline Bad Horse

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #5 am: 21.09.2005 | 13:48 »
CS-Spiel steht und fällt mit den Spielern. Wenn die Spieler nur rumhocken und auf keine interessanten Ideen kommen, dann war´s das.

Ich kenne eigentlich eher Spiele, bei denen sich CS und PS vermischen... in unserer (lang und breit zitierten) Ars-Magica-Runde kommen oft Aussagen wie "Rhys will das machen" oder "Dáirine will mal wieder in den Feenwald und nach ihrem Vater suchen" - was ja, nach haukrinns Definition CS wäre. Nach solchen Ansagen mach ich mir Gedanken (wer könnte nicht wollen, daß Rhys sein Ding macht, und was könnte er unternehmen? Was ist mit Dáirines Vater?), bereite einen Plot vor und leite PS vor mich hin.
Auch unsere UA-Runden sind PS-gesteuert - der SL gibt einen Plot vor (der allerdings den 'Feindkontakt' normalerweise nicht überlebt  ;)), und dann interagieren die SCs mit dem Plot. Daraus ergeben sich unter Umständen neue Plots, und so weiter.

Ich weiß auch nicht, ob psychologische Definitionen (Virtues, Temperamente) das CS-Spiel wirklich so sehr bedingt. Mit entsprechend aktiven Spieler kann - und wird - man CS in jedem System betreiben. Wenn die Spieler ihre Chars nur rumsitzen lassen, dann ist PS nun mal gefragt.
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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #6 am: 21.09.2005 | 14:05 »
Hallo,

Zuerst mal: Mir tun sich hier zwei verschiedene Interpretationsmöglichkeiten auf, weshalb ich einmal kuez versuchen möchte Klarheit zu schaffen.

1. Ansatz
  • PS bedeutet, daß die 'Motivation' der Charaktere dies und jenes zu tun, von ausen kommt. Der bekannteste Ansatz eines solchen Abenteuers, wäre der übermächtige Magier, der in der Dorfkneipe ein paar Helden für irgendeine Schnapsidee sucht  ;)
  • CS bedeutet, das die 'Motivation' der Charaktere aus den Charakteren selbst kommt. Aus deren Schwächen, Beziehungen, etc. Hier wäre ein typischer Ansatz, der Zuhälter, der die kleine Schwester des SC entführt hat, weil dieser bei einer der Freudenmädchen die Zeche prellen wollte, oder etwas in der Gegend.
Es kommt also in jedem Fall zu einem Plot, der Unterschied besteht lediglich darin, wie dieser herbei geführt wird.

Legt man diese Definition zu Grunde, so kann man allerdings auch die Vor-/Nachteile Mechanissmen vieler Systeme, sowie sämtliche Möglichkeiten Beziehungen(Connections) aufzulisten als Regelmechanissmuß sehen, welcher ein CS betontes Spiel fördert.

Ein weiterer, diese Art von CS unterstützender Ansatz, ist meines Erachtens in Vermis BARBAREN-System verfolgt worden, durch die Gewichtung von Beziehungen, welche in eine Probe mit einfliesen, sowie die beiden Ggenläufigen Pools 'Geilheit' und 'Agressivität'.

2. Ansatz
  • PS definiert ein plotbezogenes Spiel, sprich eines, welches den Handlungsverlauf der Geschichte in den Mittelpunkt hebt.
  • CS hingegen definiert sich aus charakterbezogenes Spiel, dem der Plot, sowie die Welt lediglich dazu dient, das eine oder andere charakterliche Dilemma auszuspielen.
Hier ist die Motivation eigendlich uninterresant, den diese Definition sagt lediglich aus, ob Plot oder Charakter höher gewichtet werden und welches der Beiden als Vehikel für das jeweils andere dient.

In diesem Fall gebe ich dir recht, das eine regeltechnische Konzentration auf ein solches Dilemma/Konfliktorientiertes Spiel noch nicht lange vorherscht.
In diesem Falle (und genau deshalb hoffe ich, daß die Definition nicht so geneint war  ;) ) existieren hier aber auch schon genügend Threads, die ---zumeist unter der Überschrift NARR--- sich damit auseinander setzen und es wird hier nur wenig neues aufgedeckt werden.

Gruß,
raVen
#define EVER ( ; ; )


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Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #7 am: 21.09.2005 | 14:10 »
Ich stimme der beobachteten Trennung von PS und CS als unterschiedliche Herangehensweisen ans RPG zunächst einmal zu.

Vermutlich ist es so, dass meine großen Probleme mit UA nicht zuletzt daher rühren, dass es CS nicht bloß verbal fordert (wie es alle WoD-Spiele zumindest in den Theorietexten der Spieler- und Spielleiterhandbücher auch taten), sondern auch in Regeln und Setting (!) einbaut. Wenn man nicht CS-orientiert spielt, kommt man mit UA nämlich meines Erachtens nicht weit; selbst dann nicht, wenn man (so wie ich) das eigentliche Regelsystem über Bord wirft und ein anderes verwendet. Irgendwas am Setting selbst schreit nach CS, und auf dem Gebiet scheine ich schwerhörig zu sein (und meine Spieler taub).

Ich bin mir sicher, dass das Regelsystem allein wenig Rolle spielt, ob ein Spiel nun PS oder CS wird. Ich widerspreche überdies der These, dass PS-Systeme dick sind (ok, Haukrinn hat 'meist' und nicht 'immer' gesagt). Mein eigenes System GeneSys, das ich immer verwende, ist ein reines Task-Resolution-System, das äußerst dünn ist und das dem von UA extrem ähnlich sieht - so ähnlich, dass ich die Herren Stolze und Tynes nach Erscheinen von UA nach ihren Quellen gefragt habe, denn mein System war ein paar Jahre älter und damals online erhältlich. Es zeigte sich, dass wir beide von denselben Grundlagen ausgegangen sind, nämlich Call of Cthulhu, wobei wir anscheinend ähnliche Ansichten darüber hatten, was an diesem System verbessert werden könnte und wie.

UA nickt mit seinen Madness Meters, Passions usw. in Richtung CS, das stimmt; allerdings gehe ich z.B. bei der Charaktererschaffung einen noch viel radikaleren Weg, GeneSys erlaubt nämlich die Erschaffung eines völlig freien Charakters, ohne Rücksicht auf irgendwelche Regeln, außer solchen Einschränkungen, die das Setting vorgibt; also alles, was das Setting (nicht die Regeln, was bei den meisten Spielen ein himmelweiter Unterschied ist) zulässt, ist auch möglich. Man sollte meinen, dass auf so einer Basis CS von selbst kommt, aber das ist nicht so.

Ich denke, dass PS oder CS zunächst eine Sache der Gewöhnung ist. Ich habe schon des öfteren erzählt, dass ich in einer Vampir-Kampagne einmal einen angekündigten Wechsel von PS zu CS durchgeführt habe, den die Kampagne dann nicht überlebt hat. Die Spieler konnten sich mit CS nicht im geringsten anfreunden, und das, obwohl ihre Charaktere zu diesem Zeitpunkt erstens etabliert, zweitens charakterisiert und drittens mit ausreichenden persönlichen Motivationen ausgestattet waren. Dennoch fürchteten die Spieler die ganze Zeit, mir den Plot zu versauen, obwohl ich ihnen dauernd sagte, dass das nicht geht, weil es keinen versaubaren Plot gab.

Lange Jahre des Fälle Lösens in allen möglichen Welten haben meine Spieler darauf getrimmt, nur noch das zu tun; und wo sich kein Fall andeutet, sind sie leider ratlos. Ich würde gern mehr CS im Spiel haben, aber leider scheine ich das vorerst nicht zu bekommen.

Eine meiner Spielerinnen fasst es so zusammen: sie kann einen Charakter für ein Spiel entwerfen, aber sie kann vorher nicht festlegen, wie er sein wird. Das entwickelt sich immer erst im Spiel. Nach ein paar Sessions bekommt der Charakter dann typische Züge, aber vorgeben kann sie so etwas nicht. Weil sie aber nicht weiß, wie der Charakter wird, kann sie ihm auch keine Motivationen vorgeben.

Davon ab, als SL bin ich ebenfalls eher PS-lastig, weil, wie gesagt wurde, bei PS ein großes Maß an Vorbereitung notwendig ist, wohingegen CS den SL mehr auf Reaktion festlegt. Da ich nicht so gut improvisieren kann, insbesondere, wenn ich keinen roten Faden habe, von dem ich dann abweichen kann, bin ich bei PS vermutlich etwas besser aufgehoben.

Robin
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Offline Haukrinn

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #8 am: 21.09.2005 | 17:22 »
Zitat von: Thalamus
Bei UnCSsig vertrau ich dir einfach mal, aber wieso UnSIMmig?

Naja, wenn man eine Konsistenz der Spielrealität fordert, dann hat man entweder
a) eine Welt mit klassifizierten Moralvorstellungen, in der alles und jeder sich in dieses Modell einfügt. Spielercharaktere oder auch Bösewichte, die nicht in ihrer Gesinnung bleiben, übertreten diese Konsistenzbedingung.

oder

b) Man erlaubt Übetretungen der Gesinnung, damit man tatsächlich "normale" Menschen mit "normalen" Emotionen spielen kann. Dann gilt das aber entweder auch für alle anderen Bewohner der Welt, was den regeltechnischen Wert der Gesinnung ad absurdum führt, oder man sagt, SC und Antagonisten sind vielschichtiger, der Rest isses' nicht. Das ist dann wieder unlogisch.

Zitat von: Thalamus
Und um beim Thema zu bleiben.
Warum für so eien Stil kaum Regeldesign betrieben wurde, liegt IMHO daran, das sich die meisten Spieldesigner gesagt haben, "für sowas brachue ich keine Werte, das spiele ich so aus". So wie sich heutige Designer von CS-Systemen wohl eher sagen, "Ich brauche für den Kampf keine detailierten Regeln, das kann cih mit dem GMV regeln"

Das bekommt meine vollste Zustimmung. Glaube ich zumindest, denn ich weiß nicht, was GMV ist. (Game master's vehicle?  ;D)

@TRN:

Also den zweiten Ansatz meinte ich auf keinen Fall!  ;)
Ich habe ja hier extra angegeben, daß sich diese Sache auf Systeme beziehen soll, die eher aus der SIM-Ecke kommen. Wenn ich was zu NAR sagen wollte, hätte ich genau das getan.

Zitat
1. Ansatz

    * PS bedeutet, daß die 'Motivation' der Charaktere dies und jenes zu tun, von ausen kommt. Der bekannteste Ansatz eines solchen Abenteuers, wäre der übermächtige Magier, der in der Dorfkneipe ein paar Helden für irgendeine Schnapsidee sucht
    * CS bedeutet, das die 'Motivation' der Charaktere aus den Charakteren selbst kommt. Aus deren Schwächen, Beziehungen, etc. Hier wäre ein typischer Ansatz, der Zuhälter, der die kleine Schwester des SC entführt hat, weil dieser bei einer der Freudenmädchen die Zeche prellen wollte, oder etwas in der Gegend.

Eine Möglichkeit. Ich habe aber gleich drei Gruppen (meine einzigen Gruppen... vielleicht fehlt mir deshalb auch der Vergleich), wo diese Motivation garnicht im Raum stehen muß. Ne Moment, vielleicht hast Du doch recht. Meine letzte Runde hat sich prima (und für mich sehr bequem) in die Richtung entwickelt, daß die Charaktere einfach nur versucht haben, irgendwo mit ihrer Jazzkombo auftreten zu können. Ist ja auch eine Motivation. Aber Motivation muß nicht direkt aus den Schwächen und Beziehungen der Charaktere herrühren. Menschen haben ja auch Ziele, Wünsche, Hobbies usw.

Zitat
Es kommt also in jedem Fall zu einem Plot, der Unterschied besteht lediglich darin, wie dieser herbei geführt wird.

Ich denke aber, daß CS-schwere Systeme auch einen anderen Fokus setzen. Generell habe ich als SL bei CS weniger zu tun, da die Motivation und somit auch die Handlung durch die Spieler definiert wird. Ich erlaube den Spielern so ja auch automatisch, mehr Einfluß auf die Spielwelt zu nehmen. Ich sage halt als SL nicht, die Spieler enden auf einer einsamen Landstraße ohne Benzin, dann kommt das Monster und die Jagd beginnt. Sondern ich sage, okay, ihr fahrt zu eurem Jazzauftritt, ein Spieler trinkt zuviel, ich schicke ihm ein Auto entgegen und er beschließt "Da muß ich doch mal sehen, ob ich die Karre nicht in den Graben setze". Man macht halt keine Vorgaben mehr, sondern eher gut gemeinte Angebote...

Zitat
Legt man diese Definition zu Grunde, so kann man allerdings auch die Vor-/Nachteile Mechanissmen vieler Systeme, sowie sämtliche Möglichkeiten Beziehungen(Connections) aufzulisten als Regelmechanissmuß sehen, welcher ein CS betontes Spiel fördert.

In der Tat ein guter Punkt. Aber die Frage ist da, welche regeltechnischen Auswirkungen haben diese Mechanismen? Wenn Vor/Nachteile (oder wie auch immer) sehr stark in die soziale Richtung gehen (z.B. WoD), können sie sicher CS untrerstützen. Es gibt aber genauso auch Systeme, bei denen die soziale Komponente nicht so deutlich hervortritt.

Zitat
Ein weiterer, diese Art von CS unterstützender Ansatz, ist meines Erachtens in Vermis BARBAREN-System verfolgt worden, durch die Gewichtung von Beziehungen, welche in eine Probe mit einfliesen, sowie die beiden Ggenläufigen Pools 'Geilheit' und 'Agressivität'.

Hey, gutes Beispiel.

@Bitpicker

Zitat
Irgendwas am Setting selbst schreit nach CS, und auf dem Gebiet scheine ich schwerhörig zu sein (und meine Spieler taub).

Vielleicht wäre das etwas, was man auf das Regelwerk als Warnhinweis drucken sollte  ;D

Zitat
Ich bin mir sicher, dass das Regelsystem allein wenig Rolle spielt, ob ein Spiel nun PS oder CS wird. Ich widerspreche überdies der These, dass PS-Systeme dick sind (ok, Haukrinn hat 'meist' und nicht 'immer' gesagt).

Eben, ich habe "meist" gesagt. Und genau das meinte ich auch. GeneSYS ist da eine schöne Ausnahme, aber in der Regel sieht's ja doch anders aus.

Zitat
UA nickt mit seinen Madness Meters, Passions usw. in Richtung CS, das stimmt; allerdings gehe ich z.B. bei der Charaktererschaffung einen noch viel radikaleren Weg, GeneSys erlaubt nämlich die Erschaffung eines völlig freien Charakters, ohne Rücksicht auf irgendwelche Regeln, außer solchen Einschränkungen, die das Setting vorgibt; also alles, was das Setting (nicht die Regeln, was bei den meisten Spielen ein himmelweiter Unterschied ist) zulässt, ist auch möglich. Man sollte meinen, dass auf so einer Basis CS von selbst kommt, aber das ist nicht so.

Darum ging es mir unter anderem ja auch. Spiele wie UA stellen Regelmechanismen zur Verfügung, die CS unterstützen. Ich mag auch freie Systeme, weil sie einen nicht einschränken. Aber für CS fehlt da einfach was, man hat keinen Halt im System, wenn man mal vor einer Entscheidung steht. Und Spieler/Spielleiterwillkür ist zwar auch ein System, für die meisten Leute aber kein gutes...

Zitat
Eine meiner Spielerinnen fasst es so zusammen: sie kann einen Charakter für ein Spiel entwerfen, aber sie kann vorher nicht festlegen, wie er sein wird. Das entwickelt sich immer erst im Spiel. Nach ein paar Sessions bekommt der Charakter dann typische Züge, aber vorgeben kann sie so etwas nicht. Weil sie aber nicht weiß, wie der Charakter wird, kann sie ihm auch keine Motivationen vorgeben.

Ich habe auch nicht gesagt, CS sei die Lösung für alles. Ich denke es gibt genug Menschen, die mit PS wesentlich besser fahren. Ich selbst gehöre nicht dazu. Und die meisten meiner Spieler auch nicht. Und wenn die Spieler sich eh lieber mit ihren Charakteren beschäftigten als mit dem Plot, dann kann man auch gleich auf CS umschwenken.

Zitat
Davon ab, als SL bin ich ebenfalls eher PS-lastig, weil, wie gesagt wurde, bei PS ein großes Maß an Vorbereitung notwendig ist, wohingegen CS den SL mehr auf Reaktion festlegt. Da ich nicht so gut improvisieren kann, insbesondere, wenn ich keinen roten Faden habe, von dem ich dann abweichen kann, bin ich bei PS vermutlich etwas besser aufgehoben.

Du kannst nicht so gut improvisieren, wenn Du keinen roten Faden hast, von dem Du abweichen kannst...  :gaga:
Bei mir ist's halt anders. Ich improvisiere nahezu komplett. Wenn mir mal ein cooler NSC oder eine schöne Szene/Situation in den Sinn kommt, dann wird diese notiert und kommt dann zum Einsatz, wenn ich sie spontan gebrauchen kann. Ansonsten lasse ich mich da lieber vom Vorhaben der Spieler mitziehen.

@Leonie

Zitat
CS-Spiel steht und fällt mit den Spielern. Wenn die Spieler nur rumhocken und auf keine interessanten Ideen kommen, dann war´s das.
Klar, Konsumspieler sind bei CS eindeutig fehl am Platze. Aber wer gern alles vorgekaut bekommt, wird sich für solche Spiele eh nicht interessieren.

Zitat
Ich kenne eigentlich eher Spiele, bei denen sich CS und PS vermischen... in unserer (lang und breit zitierten) Ars-Magica-Runde kommen oft Aussagen wie "Rhys will das machen" oder "Dáirine will mal wieder in den Feenwald und nach ihrem Vater suchen" - was ja, nach haukrinns Definition CS wäre. Nach solchen Ansagen mach ich mir Gedanken (wer könnte nicht wollen, daß Rhys sein Ding macht, und was könnte er unternehmen? Was ist mit Dáirines Vater?), bereite einen Plot vor und leite PS vor mich hin.

Das wäre ja CS eher auf einer sehr stragetischen Ebene. Es geht aber auch darum, spontane Motivationen innerhalb einer Szene durch die Spieler mit einbringen zu lassen, Ideen aufzugreifen, spontan mal von der Planung (so sie denn existiert) abzuweichen und was völlig anderes zu tun...

Zitat
Auch unsere UA-Runden sind PS-gesteuert - der SL gibt einen Plot vor (der allerdings den 'Feindkontakt' normalerweise nicht überlebt  Wink), und dann interagieren die SCs mit dem Plot. Daraus ergeben sich unter Umständen neue Plots, und so weiter.

Ich weiß auch nicht, ob psychologische Definitionen (Virtues, Temperamente) das CS-Spiel wirklich so sehr bedingt. Mit entsprechend aktiven Spieler kann - und wird - man CS in jedem System betreiben. Wenn die Spieler ihre Chars nur rumsitzen lassen, dann ist PS nun mal gefragt.   

Ich habe nicht gesagt, daß entsprechende Spielmechanismen CS bedingen und ich habe auch nicht gesagt, daß man sie benötigt, Ich meinte, daß diese Dinge eine große Hilfe sein können, wenn man CS spielen will. Das man auch mit D&D und DSA CS spielen kann steht außer Frage.  :D
« Letzte Änderung: 21.09.2005 | 17:31 von haukrinn »
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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #9 am: 21.09.2005 | 18:49 »
Ich weiß nicht, ob man CS und PS so einfach trennen kann und ob eine „einseitige“ Ausrichtung besonders gut ist. Ich meine, ein SL wird im Normalfall eine Geschichte planen. Wenn dann alles so läuft, wie geplant und die Spieler auch noch ihren Charakter so einbringen können, dass es im Endeffekt auf CS hinaus läuft, haben wir sogar CS UND PS. Denkbar ist auch, dass sich das über den Zeitverlauf ändert. Am Anfang wird strikt nach „Plan“ gespielt, während zwischendrin dann wieder stärker auf den Charakter abgehoben wird - die Geschichte am Ende ggf. sogar auch noch gekippt wird. Oder umgekehrt (bspw. wegen einer verzerrten Wahrnehmung der Zeit).

Mal unabhängig davon ist es vielleicht auch von der Spielerfahrung abhängig, wie man spielt. Bei mir würde ich auch sagen, dass ich anfangs meine Geschichten geplant habe. Klar, Planung mache ich heute auch noch. Aber im Gegensatz zu früher gehe ich heute stärker auf meine Spieler (und deren Chars) ein; improvisiere auch mal eine Szene, um denen einen „Erfolgserlebnis“ zu verschaffen. Das habe ich aber auch erst mit der Zeit lernen müssen (und habe dazu auch noch nicht ausgelernt).

Wo ich auf jeden Fall auch Kritik anmelde, ist dieses „System matters“. Da sehe ich es ähnlich wie Bitpicker. Ich würde nicht soweit gehen, dem System eine solche Wichtigkeit einzuräumen, denn ich bezweilfe, ob das System wirklich immer den entscheidenden Ausschlagpunkt für den Spielstil geben muss. Klar, es kann begünstigen. Es muss aber nicht. Das gilt insbesondere, weil sich das Spielverhalten (Spielstil) verändern kann. Letztlich ist das System eine Geschmacks- und Gewohnheitsfrage sowie eine Frage der „Einstellung“.

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« Letzte Änderung: 21.09.2005 | 18:52 von Arbo Moosberg »
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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #10 am: 21.09.2005 | 21:32 »
Du kannst nicht so gut improvisieren, wenn Du keinen roten Faden hast, von dem Du abweichen kannst...  :gaga:

Ich hasse diesen Smiley. Zeigt der mir nen Vogel, oder verstehst du meine Aussage nur nicht? Was ich meine (falls letzteres) ist: wenn ich einen gut vorbereiteten Plot habe, dann ist das für mich eine Art 'default', der passiert, wenn die SC vollkommen versagen, weil sie was anderes machen. Was auch immer die SC tun, um den Plot zu ändern, verändert diesen auch, nicht selten nachhaltig. Aber es fällt mir eben viel leichter, mir aus dem Stegreif Alternativen zu einem geplanten Verlauf zu überlegen, als mir aus dem Nichts irgend etwas einfallen zu lassen. Ich gehöre zu den Leuten, die nicht aus Reflex z.B. einen amerikanischen Namen aus dem Hut zaubern können, obwohl ich mit Sicherheit genug solche Namen kenne. Es geht einfach nicht. Wenn ich ein Szenario vollkommen improvisieren müsste, würde ich behaupten, dass man schon mit einer Handvoll Tabellen für Zufallsbegegnungen was Besseres hinkriegen könnte. Aber wenn ich ein paar Prozentpunkte eines existierenden Plots abändern muss, fallen mir schnell ziemlich wahnwitzige Sachen ein. Im Lauf der Zeit kann so fast der ganze Plot ausgetauscht werden, aber ich muss ihn zunächst einmal haben, damit ich mich sicher fühle...

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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #11 am: 21.09.2005 | 22:01 »
Ich finde die Bezeichnung etwas irreführend. Wenn ich die Diskussion bisher richtig verstanden habe, geht es in beiden Fällen darum einen Plot auszuspielen. Der Unterschied ist lediglich ob es sich um einen SL- oder Spieler-initiierten Plot handelt. Oder nicht?


Offline Haukrinn

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #12 am: 21.09.2005 | 22:14 »
@Bitpicker

Der Smily meinte nur, daß ich Deine Aussage etwas verwirrend fand...  ;)

@Joe Dizzy

Ja, nein, mmh, okay, versuchen wir's mal so:
Wir haben auf der einen Seite die klassische Variante, SL plant Plot, Charaktere stolpern in den Plot, Spieler und SL spielen den Plot nach (PS) ->  Der Plot definiert den gerade wichtigen Teil der Spielrealität und vor allem ihre Entwicklung maßgeblich mit. Auf der anderen Seite CS: Durch die "In-Character"-Entscheidungen definiert sich der Plot erst, alles ist relativ offen. Die Vorgaben sind relativ wage und geben eher grobe Übereinkünfte wie Mood, Setting usw. vor. Der SL definiert hier nicht den Aufbau der Geschichte, sondern sorgt stattdessen einfach dafür, daß alles konsistent bleibt. Wenn die Charaktere bestimmte Entscheidungen treffen, sorgt er für eine entsprechende Änderung der Spielrealität. Also hier andersrum: Die Spielrealität definiert den Plot.

Wie auch schon gesagt existieren wahrscheinlich beide in Reinform so garnicht. Betrachte es eher als zwei Enden einer Skala, auf der man sich bewegen kann. Trotzdem wird die eine oder die andere Gruppe bestimmte Präferenzen haben, die sich mehr der einen oder mehr der anderen Gruppe zuordnen lassen. Auch eine Berg-und-Tal-Fahrt ist denkbar. Erst ein wenig CS, um ein paar Plothooks zu generieren, dann PS. um diesen nachzugehen, dann wieder CS, wenn es um Entscheidungen geht, die vom Plot selbst nicht vorgesehen sind.
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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #13 am: 22.09.2005 | 00:38 »
Der Plot definiert den gerade wichtigen Teil der Spielrealität und vor allem ihre Entwicklung maßgeblich mit.

Dieser Satz macht für mich überhaupt keinen Sinn. ???

Zitat
Auf der anderen Seite CS: Durch die "In-Character"-Entscheidungen definiert sich der Plot erst, alles ist relativ offen.

Das klingt hier als ob du unterscheiden würdest zwischen einem SL, der seine Position missbraucht um seine Ideen umzusetzen und einem, der die Ideen der Spieler mit ins Spiel einbindet.

Offline Hr. Rabe

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #14 am: 22.09.2005 | 08:51 »
Zitat
Aber Motivation muß nicht direkt aus den Schwächen und Beziehungen der Charaktere herrühren. Menschen haben ja auch Ziele, Wünsche, Hobbies usw.
Natürlich muß sie das nicht. Ich dachte das wäre klar. Meisens ist es nun einmal so, das gerade die negativen Eigenschaften eines SC zum Ausspielen einer Charaktermotivierten Handlung verwendet werden.

Übrigens beantrage ich eine Umbenennung vom CS/PS in CM/PM als Charakter- oder Plot- motiviertes Spiel. So schließt du zum einen eine versehentliche Gleichsetzung mit den NAR-Ansätzen aus, zum anderen ist so vieleicht verständlicher, an welcher Stelle überhaupt der Unterschied liegt.
Ich denke nämlich, genau da liegt z.B. Joe's Problem.

@Joe
Siehe meine beiden Beispiele weiter oben, bzw. Haukrins Erklärung daraufhin, mit dem Jazz-Konzert.
Es kommt ganz einfach auf die Motivation der Handlung an.
  • Ist die Handlung durch Eigenschaften, Beziehungen oder persönlichen Zielen des Charakters motiviert? --- Du hast CS.
  • Ist die Handlung von ausen, z.B. durch den übermächtigen Magier in der Kneipe, oder 'Mr. Johnson' motiviert? --- Du hast PS

Genau deshalb ist es wohl auch (beinahe) unmöglich eines der beiden in absoluter Reinkultur zu haben. Denn je mehr du ins Detail gehts, wirst du wahrscheinlich immer irgendwo CS finden und sei es nur, bei der Motivation der Chars, ein dunkles anstelle eines hellen Bieres zu bestellen. Andererseits, wirst du in den meisten Fällen (vor allem gegen Ende einer Kampanie) auch wenigstens in geringen Anteilen PS finden.

Gruß,
raVen
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wjassula

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #15 am: 22.09.2005 | 09:44 »
Haukrinn, in wie weit meinst du mit "charaktermotiviert" auch "spielermotiviert" ? "Charaktermotiviert" ging natürlich immer schon, und da braucht man auch nicht unbedingt Regeln für. Ich hatte dich jetzt (durch das UA - Beispiel) so verstanden, dass du darauf hinaus willst, dass es jetzt verstärkt Spiele gibt, die den Spielern per Regeln ermöglichen, über die Erforschung der inneren Konflikte des Chars auch den Plot mitzugestalten (weil sich dann halt auch der Plot um diese Charkonflikte dreht). Oder hab ich dich falsch verstanden?
 

Offline Haukrinn

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #16 am: 22.09.2005 | 11:02 »
@Joe: Das hat Raven ja jetzt schon beantwortet. Besser als ich es wohl gekonnt hätte  :d

@Wjassula: Das hast Du schon richtig verstanden. Nur das sich das Ganze IMHO nicht auf innere Konflikte beschränken muß, sondern eher allgemein, daß diese Spiele Mechanismen bereit halten, die es den Spielern erleichtern, die Motivationen ihrer Charaktere als ploterzeugende Elemente einzubringen.
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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #17 am: 22.09.2005 | 11:53 »
@Joe
Siehe meine beiden Beispiele weiter oben, bzw. Haukrins Erklärung daraufhin, mit dem Jazz-Konzert.
Es kommt ganz einfach auf die Motivation der Handlung an.
  • Ist die Handlung durch Eigenschaften, Beziehungen oder persönlichen Zielen des Charakters motiviert? --- Du hast CS.
  • Ist die Handlung von ausen, z.B. durch den übermächtigen Magier in der Kneipe, oder 'Mr. Johnson' motiviert? --- Du hast PS

Hmm, unter dieser Auflistung würde ich behaupten dass es so gut wie kein PS gibt. Letztendlich wird jede Entscheidung, die man mit seiner Figur fällt durch Charaktermotivation begründet. Wenn die Aktionen der Figuren irgendeine Auswirkung auf die Handlung haben, so ist diese demnach CS. Wenn die Aktionen der Figuren keine Auswirkung auf die Handlung haben, so ist das Railroading (oder bei beidseitigem Einverständnis Illusionismus).

Oder ist PS und CS gleichbedeutend mit Kickers und Bangs?


Offline Haukrinn

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #18 am: 22.09.2005 | 12:21 »
Kicker wären eine Regeltechnik, die CS begünstigt (ähnlich wären zum Beispiel die Backgrounds by 7th sea). Bangs sehe ich jetzt hier weniger als wichtig. Außerdem möchte ich solche Begriffe hier ja eigentlich garnicht sehen, sonst kommt wieder die Rollenspielpolizei und motzt.

PS und Illusionismus dürften recht nahe beieinander stehen. Aber Railroading trifft es auf keinen Fall. PS schließt die Entscheidungsfreiheit der Spieler ja nicht aus. Totales PS verhindert lediglich Handlungen/Entscheidungen der Charaktere, die eine Abweichung vom geplanten Plot darstellen würden. Wenn die Helden vor der Höhle des Drachen stehen und der SL geplant hat, daß sie diesen erschlagen, dann ist das PS. Wenn  die Charaktere dann aber einfach beschließen "Nee, laß ma'" und davonlaufen, dann wäre das CS.
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Offline Jestocost

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #19 am: 22.09.2005 | 12:23 »
Ich glaube auch, dass PS und CS in erster Linie für extrinsische und intrinsiche Motivation steht: Beginne ich mit einer Kampagne, dann versorge ich die Charaktere erst mal mit externen Motivation - einem von mir entworfenen Plot als grundsätzliches Handlungsgerüst, auf dem das Spiel aufbauen kann.

Je weiter das Spiel dann voranschreitet, desto mehr motiviere ich meine Spieler, die Plots aus ihren Charakteren zu entwickeln: Extern eingespielte Plots gibt es immer noch, aber sie verlieren an Bedeutung, bzw. es steht den Spielern frei, sich mit ihren Charakteren einzumischen.

Dass eine  Unknown Armies Kampagne sehr von CS-Plots lebt, kommt daher, dass sich z.B. die übernatürlicihen Fähigkeiten von Charakteren direkt aus ihrer Persönlichkeit (über die Obsession  bei Adepten) oder ihrer Rolle (über den Archetyp bei Avataren) ableiten. Und da Rolle wie Persönlichkeit eng mit den Zielen eines Charakters bzw. der dahinterliegenden Motivation korrelieren, ist charakterintensives Spiel bei UA so wichtig. 

Der andere Punkt bei UA ist die Lokalität der Macht im Spiel: Machtgruppen (bzw. Gegner) sind weitestgehend lokal aktiv - es gibt kaum weltumspannende Verschwörungen (oder vielleicht doch?). Und das heißt, dass man die Plots um die Charaktere herum gestalten muss - damit sie den Köder auch gerne fressen. Mitzubekommen, dass es im Stadtpark einen Verrückten gibt, der mir lehren kann, mit Toten zu sprechen, ist ja ganz lustig. Aber aufregend wird es erst, wenn die Tochter meines Charakters dort hingeht, weil sie mit ihrer verstorbenen Freundin reden möchte... Und plötzlich meine Tochter sich von einem Tag auf den anderen ganz, ganz anders verhält...

Ob jetzt dieser Plot von mir als Spieler gekommen ist (als Kicker) oder basierend auf den Vorgaben des Spielers (problematische Beziehung zur eigenen Tochter) von mir als SL (als Bang) eingesträut wurde, ist egal: Aber diese Nähe und der "Strudel der Ereignisse", wie es im Cthulhu Spielleiterteil steht, ist echt eine starke Hilfe (interessanterweise funktionieren aber Cthulhu-Abenteuer auch sehr oft über extrinische Motivation, die ein wenig verklärt wird: Ihr erbt das (Spuk)-Haus eines entfernten Verwandten....)
   
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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #20 am: 22.09.2005 | 12:33 »
Totales PS verhindert lediglich Handlungen/Entscheidungen der Charaktere, die eine Abweichung vom geplanten Plot darstellen würden.

Definiert man nicht genau so Railroading?


Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #21 am: 22.09.2005 | 14:47 »
Hmm, unter dieser Auflistung würde ich behaupten dass es so gut wie kein PS gibt. Letztendlich wird jede Entscheidung, die man mit seiner Figur fällt durch Charaktermotivation begründet. Wenn die Aktionen der Figuren irgendeine Auswirkung auf die Handlung haben, so ist diese demnach CS.

Für viele Rollenspieler ist die Spielfigur nicht viel mehr als das bunte Hütchen beim Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Es hat vielleicht andere Möglichkeiten als die Hütchen der anderen Mitspieler, aber es ist nur Mittel zum Zweck, nämlich das 'Spielfeld' (den Plot) vom Start zum Ziel zu durchlaufen. Wenn eine Plot-Situation auftaucht, die es diesem besonderen Hütchen erlaubt, auf eine bestimmte Weise darauf zu reagieren, dann ist das noch lange kein charakter-zentriertes Spiel. Der Impetus, der z.B. den Magier dazu bringt, einen Feuerball zu werfen, ist in der Regel ein von außen (vom SL) kommendes Plotelement, z. B. ein angreifender Gegner. Wenn der Magier aber von sich aus beginnt, sich weiterzubilden, Lehrer aufzusuchen, vielleicht seine eigene Weltbeherrschungsverschwörung aufzubauen, dann erst hast du charakter-zentriertes Spiel.

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Joe Dizzy

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #22 am: 22.09.2005 | 17:04 »
Für viele Rollenspieler ist die Spielfigur nicht viel mehr als das bunte Hütchen beim Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Es hat vielleicht andere Möglichkeiten als die Hütchen der anderen Mitspieler, aber es ist nur Mittel zum Zweck, nämlich das 'Spielfeld' (den Plot) vom Start zum Ziel zu durchlaufen.

Wir unterscheiden bei PS und CS also genaugenommen zwischen Brett- und Rollenspiel? ;)

Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #23 am: 22.09.2005 | 20:57 »
Na ja, wenn man es genau nimmt, ist der Unterschied zwischen einer Runde Talisman und einem reinen PS-Spiel auf Spielerseite wirklich nicht so groß; außer, dass das Spielfeld beim Rollenspiel im günstigen Fall keine zwei Male gleich aussieht. Bei Talisman gibt es keinen festen Plot (außer 'einer kommt in die Mitte'), die Handlung entsteht aus dem, was man würfelt, plus den Ereigniskarten. Charakterspiel kommt dabei kaum auf, obwohl alle Charaktere unterschiedlich sind.

Robin
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Offline Bad Horse

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Re: [Offen] Charakterzentriertes vs. plotzentriertes Spiel
« Antwort #24 am: 26.09.2005 | 16:45 »
Ich glaub, jetzt hab ich´s verstanden:

PS-Spieler spielen ihre Chars plotorientiert, d.h. die Char eiern dem Plot hinterher und versuchen ihn zu lösen. Zu persönlicher Interaktion kommt es wenig bis gar nicht. Vom Plot wird nur dann abgewichen, wenn die Spieler ihren SL nicht richtig verstanden haben (und deswegen in die falsche Richtung wandern) oder wenn die Spieler einen alternativen Plan zur Lösung des Plots finden, den der SL nicht vorgesehen hat (sie finden die Geheimtür und umgehen den Dungeon, um direkt zum Endgegner zu kommen). Die persönliche Motivation des Char steht nicht im Vordergrund.

CS-Spieler spielen ihre Chars aus. Sie eiern vielleicht einem Plot hinterher, aber nur, weil es Sinn für den Char macht (z.B. weil er überleben will). Persönliche Interaktion steht im Vordergrund, und wenn sich etwas ergibt, was die Chars mehr interessiert als der Plot, dann wird eben das gemacht.

Hab ich das so richtig verstanden?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?