Autor Thema: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?  (Gelesen 6671 mal)

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Offline Jestocost

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Als ich gestern entspannt des Nachts auf dem Balkon saß, sind mir einige Gedanken durch den Kopf gegangen: Erzählspiele neuerer Gattung, die die Rolle des Spielleiters mehr oder minder gleichwertig auf alle Schultern der Spielgruppe verteilen, besitzen einige Vorteile gegenüber den klassischen Rollenspielen: Zum einen entfällt die Dominanz des Spielleiters - und auch die konträren Elemente, die oft genug im klassischen Rollenspiel auftreten (Gruppe vs. Spielleiter, Spielergerangen um das Spotlight, Player vs. Player Vendettas) -, außerdem werden alle Beteiligten eher gleichmäßig gefordert: Hierbei entsteht das Spiel, das Spielerlebnis und größtenteils auch die Spielwelt aus dem Zusammenspiel.

Auch haben diese Spiele den Vorteil, dass Plot (d.h. der Spannungsbogen), Konflikte und Charaktere (eigentlich: Charaktere erschaffen Konflikte, die zusammengenommen den Plot bilden) auf das spannende Spielerlebnis hin ausgerichtet sind: Man bekommt praktisch mehr Spiel für seine Zeit, da es ja jedem klar ist, dass man zusammen erst richtig Spaß hat: Dieses 5 Charaktere suchen einen Autor den Plot entfällt damit: Der Plot ist das, was man erst macht.

Zudem halten durch Techniken wie Einsichtsmomente, Spotlights, Confessionals literarische bzw. filmische Tricks zur Erzeugung von Spannung Einzug ins Rollenspiel: Ich kann am Anfang sagen, dass ich einen Verräter spiele, und dann im entscheidenden Moment können dann die verräterischen Handlungen "nachgeliefert" werden, da diese off-screen abgelaufen sind (und überlegt euch doch mal, wie oft das klassische Rollenspiel langweilig geworden ist, weil jemand unbedingt bestimmte für seinen Charakter wichtigen Sachen ausspielen musste, damit er seinen Plan verfolgen konnte - ein Film oder Buch liefert das auch erst später - es gibt keinen Grund, warum man im Rollenspiel den knallharten durchgehend linearen Pornofilm-Plot durchziehen muss (Kleiner Exkurs: Umberto Eco hat mal aufgezählt, dass das Genre des Pornofilms die einzig verbleibende "realistische" filmische Erzählweise ist, denn nur da - und im schlechten Rollenspiel - gibt es praktische keine zeitlichen Cuts...).

Die Erzählspiele bieten Lösungen an, für im Rollenspiel oft auftretende Problemsituationen: Die Gruppe teilt sich - kein Problem: denn jeder erzählt mit. Es gibt Konflikte in der Gruppe: überlegen wir uns, wie wir daraus Verän derungen für die Charaktere ableiten können - und was für sie auf dem Spiel steht... Geht's um leidenschaftliche Emotionen: Nutzen wir ein System, in dem die Leidenschaft, der Selbsthass und der zu zahlende Preis in den Konflikt miteingeführt werden.

Wir wissen alle, dass gute Spielleiter gute Spieler machen, die wiederum zu guten Spielleitern werden: Warum hängen wir so starr noch an diesen Rollen? Die Aufgaben sind doch so verschieden nicht. Lösen wir das ein, was uns das Storyteller-System Anfang der 90er schon versprochen hat (auch wenn sie diese Aufgabe zum Großteil noch an den Schultern des Sl aufgehängt haben): Erzählen wir zusammen Geschichten von Menschlichkeit, Hoffnung, Verzweiflung, Haß und Liebe - all dem, was uns überhaupt zu Menschen macht: Lernen wir von Shakespeare, von Rilke, von Updike, Hawthorne und Mark Twain: Change the world - tell stories.
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Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #1 am: 29.09.2005 | 14:08 »
Alles schön und gut. Aber Erzählspiele sind nicht die Zukunft des Rollenspiels. Sie sind ein Ableger (ich vermeide bewusst den Term Weiterentwicklung).
Erzählspiele, sind das für Rollenspiele, was Rollenspiele für Tabletops sind, eine Splittergruppe, die sich bestimmte Aspekte ihrer Vorgänger nimmt, diese intensiviert, und andere Aspekte dafür weglässt.
Das schränkt die Zielgruppe aber weiter ein, statt sie zu erweitern, und das macht es nihct gerade zur Zukunft.
Weltweit gibt es mehr Tabletop-spieler, als Rollenspieler, das war immer so, wird auch immer so sein. Genauso wird es immer mehr klassische Rollenspieler geben, als Erzählspieler.
Das Konzept moderneer Erzählspiele ist gut, und interessant, jedoch nur eine ergänzung zu klassischen Rollenspielen, keine Konkurenz, und schon gar nicht der Alleinerbe.
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Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #2 am: 29.09.2005 | 14:12 »
Erzählspiele sind in dem Maße die Zukunft des Rollenspiels wie diese die Zukunft der CoSims sind. Eine Weiterentwicklung? Sicher. Aber es gibt immer noch CoSims, und es wird weiter Rollenspiele geben.

Du hast Recht, dass man zum Erzählen einer Geschichte bessere Systeme als die klassischen verwenden kann, weswegen ich den Begriff 'Erzählspiele' auch für besonders gelungen halte. Aber nicht jeder Rollenspieler will eine Geschichte erzählen. Viele wollen eine Geschichte erleben, so als würde sie ihnen passieren; und diese Immanenz der Erfahrung wird ausgeschlossen, wenn man über die reine Charakterrolle hinausgeht.

Die von dir erwähnten besonderen Techniken funktionieren zum großen Teil auch in klassischen Spielen, wie du sagst, haben die WoD-Spiele das schon angedacht, auch wenn die dort angebotene Lösung sich nicht in Regeln niedergeschlagen hat (gottseidank).

(Exkurs: hat Eco wohl mal einen Porno gesehen? Die Zeit wird zwar nicht gerafft, aber gedehnt, weil dieselbe Einstellung (bestenfalls mit verschiedenen Kameras gleichzeitig aufgenommen) wieder und wieder hintereinander geschnitten wird, um auf eine halbe Stunde zu bringen, was eigentlich nur fünf Minuten gedauert hat.)

Zeitliche Cuts gibt es doch praktisch in jedem Rollenspiel. Ich habe jedenfalls noch nie ein Echtzeit-Rollenspiel gesehen, mit einer Ausnahme, und das ist m.E. ein Erzählspiel: Insects of God.

Zitat
Erzählen wir zusammen Geschichten von Menschlichkeit, Hoffnung, Verzweiflung, Haß und Liebe - all dem, was uns überhaupt zu Menschen macht: Lernen wir von Shakespeare, von Rilke, von Updike, Hawthorne und Mark Twain: Change the world - tell stories.

Tja, und genau das ist auch die Schwäche des Erzählspiels (und der Erzählkunst im allgemeinen): es erleben und darüber schreiben sind zwei grundverschiedene Dinge. Natürlich sprechen wir beim Rollenspiel in jedem Fall über etwas Fiktives; aber so, wie eine LARP-Runde Vampire mit einer Intrige als Thema mit Sicherheit eine immanentere Erfahrung ist als eine Pen & Paper-Runde mit demselben Thema, halte ich Erzählspiele für noch eine Stufe weniger immanent als klassische RPGs.

Vorschlag: teilen wir doch Rollenspiele in Erzählspiele und Erlebnisspiele.

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Offline Jestocost

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #3 am: 29.09.2005 | 14:19 »
Und genau das ist der Punkt, an dem ich mit streiten würde: Ich bin eher der Meinung, dass der Weg vom klassichen Rollenspiel zum Geschichtenerleben sehr steinig und keinesfalls beabsichtigt war, da spürt man einfach das Erbe des Wargaming. Ich habe mich lange gefragt, warum in meinen 20 Jahren Rollenspielerfahrung nur so wenig wirklich "filmreife" oder "hochliterarische" Szenen dabei waren: weil diese eher trotz und nicht wegen des Rollenspiels entstanden sind: Wie Bitpicker schreibt: Rollenspiele waren nicht dazu gemacht, Geschichten zu erzählen.

Erzählspiele nutzen zwar bestimmte Techniken des Rollenspiels (Charakterwerte und Entscheidungsmechaniken), aber sind doch wirklich eher Zöglinge des Improtheaters: Gib mit eine Situation, nen Charakter und ein Setting, und ich mach dir was draus, was dich vom Stuhl haut. Und diese "Hands-on-Mentalität", dieses In-Media-Res-Instant-Schöpfung finde ich sehr interessant - und ... vielleicht ... auch für in Zukunft massentauglicher... (naja, halt so massentauglich wie Impro-Theater zum Mitmachen...)

Nachtrag: Bitpickers Punkt über Erzähl- und Erlebnisspiele hat wirklich etwas... Und beim Thema der Immanenz gebe ich euch auch recht - denn das Rollenspiel als "Zuhörer an der Feuerstelle" (der Vergleich aus Storyteller) stellt diese ziemlich klar heraus - und das so etwas auch cool sein kann, steht außer Frage.
« Letzte Änderung: 29.09.2005 | 14:23 von Jestocost »
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Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #4 am: 29.09.2005 | 14:32 »
Und genau das ist der Punkt, an dem ich mit streiten würde: Ich bin eher der Meinung, dass der Weg vom klassichen Rollenspiel zum Geschichtenerleben sehr steinig und keinesfalls beabsichtigt war, ..... so wenig wirklich "filmreife" oder "hochliterarische" Szenen dabei waren
Da hast du recht, der weg ist steinig, weil filmreif eben "zugucken" heist und nicht "erleben".
Beim Erzählspiel macht zwar jeder Spieler mit, aber in jedem einzelnen Moment hat, im Standardfall, nur ein Spieler das Spotlight, und die anderen werden zu Zuschauern. Kann sehr spassig sein, ist aber eben etwas ganz anderes als das klassische RPG als, wie Bitpicker so schön sagte, Erlebnisspiel.
Deshalb meine These, das es eine Splittergruppe ist, nicht die Zukunft.
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #5 am: 29.09.2005 | 14:35 »
Ich möchte mich eigentlich gar nicht an Spekulationen über Zukunft oder nicht Zukunft beteiligen. Mein persönliches Bauchgefühl sagt mir, dass die Beliebtheit von Erzählspielen hier im Forum ebensowenig repräsentativ ist, wie die User dieses Forums für die Gesamtheit der Rollenspielgemeinde repräsentativ sind. Worüber reden wir hier auch eigentlich? Über das Erzählen von Geschichten? Über die Umverteilung der SL-Aufgaben? Über Regeln, die das Spielerlebnis wirklich fördern? Über ein intensives und bewegendes Spielerlebnis?

Einer Aussage von Thalamus möchte ich aber entgegentreten: Ich denke schon, dass Erzählspiele die Zielgruppe des Rollenspiels erweitern. Auf die potentiellen Spieler, die viel Kreativität aber wenig Interesse an komplexen Regeln und Settings mitbringen. Für die Spieler, denen wie mir die Zeit knapp wird und die davon profitieren, wenn die Geschichte in 3 statt 12 Stunden erzählt, das Spiel auf 100 statt 400 Seiten erklärt ist.
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Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #6 am: 29.09.2005 | 14:41 »
Einer Aussage von Thalamus möchte ich aber entgegentreten: Ich denke schon, dass Erzählspiele die Zielgruppe des Rollenspiels erweitern. Auf die potentiellen Spieler, die viel Kreativität aber wenig Interesse an komplexen Regeln und Settings mitbringen. Für die Spieler, denen wie mir die Zeit knapp wird und die davon profitieren, wenn die Geschichte in 3 statt 12 Stunden erzählt, das Spiel auf 100 statt 400 Seiten erklärt ist.
Ja, aber trifft das deiner Meinung nach auch auf Neuzugänge zu?
Wie gesagt, ich sehe es als Splittergruppe, in der abtrünnige  ;) Rollenspieler eine neue Spielwiese finden. Aber Zukunft bedeutet für mich, das das Erzählspiel das klassiche RPG irgendwann überholen wird, und das glaube ich weniger.
Mit dem klassichen RPG können sich nohc sehr viel mehr Leute anfreunden, als mit erzählspielen. Klassiche RPGs haben immer noch klassiche Spielelemente, wie Würfel, Werte...
Bei Erzählspielen, wo es wirklich primär um das gemeinsame Erzählen einer Geschichte geht, ist der .... nennen wir es mal Nerdfaktor, noch um einiges höher.
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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #7 am: 29.09.2005 | 14:46 »
Nerdfaktor, hm, kann ich eigentlich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. So gar nicht.

Was ich interessant finde, ist die Leidenschaft, mit der hier immer wieder die Fahne des klassischen Rollenspiels hochgehalten und der Enthusiasmus der Forge-Spiel-Fans relativiert wird. Man könnte ja fast meinen, wir wären eine Sekte, vor der man warnen müsste. ::)
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #8 am: 29.09.2005 | 14:50 »
@Jesto:

Zitat
Und genau das ist der Punkt, an dem ich mit streiten würde: Ich bin eher der Meinung, dass der Weg vom klassichen Rollenspiel zum Geschichtenerleben sehr steinig und keinesfalls beabsichtigt war, da spürt man einfach das Erbe des Wargaming.

Mit mir kannst du da nicht streiten, da stimme ich dir voll und ganz zu: das Erlebnisspiel ist eine Weiterentwicklung des 1st Person Wargaming. Zu Anfang hat sich das Rollenspiel doch bewusst in Höhlen aufgehalten, weil die Freiheit der Oberfläche den ersten Spielleitern und RPG-Autoren suspekt war. Aber es gibt heute noch Spiele, die in Höhlen stattfinden, auch wenn es oft vielleicht nur noch Höhlenmetaphern sind.

Beim Erlebnisspiel geht es nicht unbedingt um filmreife und literarische Szenen: wenn eine dabei vorkommt, ist das eben ein besonderes Erlebnis, wenn sie dauernd vorkommen, legt man sie irgendwann nur noch zu den anderen. Oder man spielt ein Erlebnissystem, das trotzdem solche Momente dauernd aufkommen lässt, z.B. Wushu (für heroisch Filmreifes).

Den Improvisationstheater-Vergleich kann ich nachvollziehen: und die Erfahrung eines Impro-Stücks ist eine andere, je nachdem, ob du Zuschauer bist oder Mitspieler. Für den Zuschauer gibt es die Illusion der echten Erfahrung (suspension of disbelief und all das), für den Schauspieler nicht (zumindest nicht für jeden).

Beispiel: ich war Anfang des Jahres auf einem Krimidinner (www.krimidinner.de). Die Besucher dieses Events sind quasi Charaktere in einem Rollenspiel, denn sie alle sind zu einem Reueessen geladen. Einige Schauspieler (die natürlich wissen, was vorgeht) geben dazu eine Edgar-Wallace-mäßige Rahmenvorstellung. Einige Zuschauer sind gelegentlich im Rahmen ihres Charakters auch Mitspieler, einer wird zum Arzt gemacht, einer zum Testamentsverleser, ich selbst durfte eine Leiche mitbeseitigen usw. Aber zu keiner Zeit sind die Zuschauer in den Plot eingeweiht, und das ist wichtig. Wir saßen da und haben mitgerätselt, ob es eine logische Lösung für die Mordfälle gab, die man uns während des Abends präsentierte. Leider (und da fühlte ich mich ein bisschen betrogen in meiner SIM-Natur) habe ich den Verdacht, dass man am Ende den zum Mörder erklärt hat, der von den Zuschauern die meisten Stimmen bekam, denn erst nach der (geheimen) Abstimmung wurde der Butler deus-ex-machina-mäßig mit einem Motiv versehen und folgerichtig verhaftet. Das hat das Gesamterlebnis ein bisschen versauert.

@ Lord:
Zitat
Mein persönliches Bauchgefühl sagt mir, dass die Beliebtheit von Erzählspielen hier im Forum ebensowenig repräsentativ ist, wie die User dieses Forums für die Gesamtheit der Rollenspielgemeinde repräsentativ sind.

Absolut. In den letzten paar Tagen gab es eine Diskussion in einem Kult-Forum darüber, dass alle Rollenspiele eigentlich Task Resolution-Systeme sind. Der einzige andere außer mir, der von neueren Spielen, Theorien usw. auch nur gehört hatte, hätte mit seiner Äußerung dort leicht zum Gründer der Anonymen Theoriegeschädigten werden können, weil ihm GNS für Jahre das Spielen versaut hat.

@ Thalamus:

Ich denke, man kann die Abfolge von CoSim -> Rollenspiel -> Erzählspiel vielleicht so sehen wie ein Fraktal, wo eine Vergrößerung eines Aspektes immer ein vollständiges Abbild des ganzen zu sein scheint. Da ist zunächst das CoSim als großes Bild, dann sagt jemand namens Gygax 'lass uns mal auf einen der Charaktere zoomen'. Durch dieses Nadelöhr eröffnen sich dann plötzlich ganz neue Möglichkeiten, weil der einzelne Charakter ganz andere Entscheidungen trifft und Motivationen hat als die Kohorte, zu der er ursprünglich gehörte. Dann kommt jemand und sagt 'mich interessiert nicht, ob der Charakter zur Toilette muss oder den Zug noch kriegt, ich will wissen, was sein größtes Problem ist und wie er damit umgeht', und plötzlich eröffnen sich durch diese Vergrößerung eines Aspektes wieder ganz neue Möglichkeiten der Beschäftigung. Insofern ist es durchaus eine Weiterentwicklung, weil durch Spezialisierung etwas Neues entsteht.

Was Neueinsteiger angeht: ich habe nie ein CoSim gespielt und bin gleich zum Rollenspiel gekommen. Ich kann mir problemlos vorstellen, dass Neueinsteiger direkt zum Erzählspiel kommen, und ich glaube nicht, dass sie deshalb automatisch niemals ein CoSim oder Erlebnisspiel spielen werden. Hey, weder Computer RPGs noch Sammelkartenspiele, die auch alle irgendwie Ableger des Rollenspiels sind, haben das Rollenspiel oder das CoSim als Nachfahren abgelöst. Erzählspiele schaffen das auch nicht, aber sie erschaffen eine neue Art. Die Evolution geht weiter, aber so, wie es noch immer Reptilien und Amphibien gibt, muss das nicht das Ende der älteren Form bedeuten.

Verdammt, würdet ihr mich jetzt bitte endlich posten lassen! Immer schreibt jemand noch was dazu... |:((

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Offline Jens

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #9 am: 29.09.2005 | 14:54 »
Einer Aussage von Thalamus möchte ich aber entgegentreten: Ich denke schon, dass Erzählspiele die Zielgruppe des Rollenspiels erweitern. Auf die potentiellen Spieler, die viel Kreativität aber wenig Interesse an komplexen Regeln und Settings mitbringen. Für die Spieler, denen wie mir die Zeit knapp wird und die davon profitieren, wenn die Geschichte in 3 statt 12 Stunden erzählt, das Spiel auf 100 statt 400 Seiten erklärt ist.
Ja, aber trifft das deiner Meinung nach auch auf Neuzugänge zu?

Dazu kann ich etwas sagen, weil ich ja DSA-Spieler bin. DSA4 hat scheinbar ne ganze Menge Spieler angezogen, so wie man das hier und da herausliest und die freuen sich total über die Komplexität des Regelwerkes und erweitern es sogar noch fröhlich und das bei etwa 2000 Seiten "Grundregelwerk" (die drei Grundboxen, teilweise Inhalte der Basisbox, Aventurienbuch und Kreaturenbuch)

Offline Jens

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #10 am: 29.09.2005 | 14:57 »
das Erlebnisspiel ist eine Weiterentwicklung des 1st Person Wargaming. Zu Anfang hat sich das Rollenspiel doch bewusst in Höhlen aufgehalten, weil die Freiheit der Oberfläche den ersten Spielleitern und RPG-Autoren suspekt war. Aber es gibt heute noch Spiele, die in Höhlen stattfinden, auch wenn es oft vielleicht nur noch Höhlenmetaphern sind.
Stimmt, ich glaube im MDG zu D&D3.5 gelesen zu haben "Everything is a Dungeon" -> ist ja auch klar, die Dungeons werden nur größer und komplexer und erweitern sich selbst je nach Bedürfnis. Wie bei einem Anlegespiel mit Bodenkarten. Wenn Dungeons das "Spielfeld", die "Spielwelt" sind, dann ist ja auch alles ein Dungeon ;)

Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #11 am: 29.09.2005 | 14:58 »
Zu komplexen Regeln: eine Ablegergruppe von meinen, deren SL mein System verwendet, hat kürzlich eine DSA-Geschädigte aufgenommen, die glaubte, Rollenspiele müssten furchtbar kompliziert sein. Zuerst hatte sie keine Lust zu spielen, jetzt spielt sie wieder, und auch gerne. Es gibt als auch Neuzugänge, die es gerne einfach haben. Jedenfalls hat sich bei mir noch nie ein neuer Spieler beschwert, mein System wäre zu einfach...

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Offline Jens

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #12 am: 29.09.2005 | 14:59 »
Joa diese DSA4-Verfechter sind ja auch meist die, die denken es gäbe keine anderen Systeme oder sie sind von DSA so überzeugt das alle anderen Spiele nur schlecht sein können... ;)
Vielleicht hält sich das ja die Waage?

Offline Thalamus Grondak

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #13 am: 29.09.2005 | 15:06 »
Nerdfaktor, hm, kann ich eigentlich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. So gar nicht.
Nerdfaktor im Sinne von ......Jemandem der alle DORP-Fertigkeiten auf Farblos hat zu erklären was man da tut.
Was ich interessant finde, ist die Leidenschaft, mit der hier immer wieder die Fahne des klassischen Rollenspiels hochgehalten und der Enthusiasmus der Forge-Spiel-Fans relativiert wird. Man könnte ja fast meinen, wir wären eine Sekte, vor der man warnen müsste. ::)
nicht ???  ;)
Aber mal im Ernst, ich denke, das liegt sehr daran, das allein die Wissenschaftliche Art und Weise, wie die Forgeanhänger ihre Spieltheorien begründen so eine Art Überlgenheitsgefühl implizieren, was die klassichen Rollenspieler dazu bringt zu glauben, ihr wolltet ihnen was, und dementsprechend versucht man, beinahe schon automatisch, seine Art zu spielen zu verteidigen, da man sich ja nicht als anspruchslos abstempeln lassen will.
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #14 am: 29.09.2005 | 15:07 »
Ich weiß nicht, die Überschrift verleitet mich fast zu der Annahme, dass die Zukunft des Rollenspiels im "Erzählen" liegen soll ... meine Güte, wenn das nicht mal ein Anfang ist ;)

Aber ernsthaft: Ich würde eher vom "Erzählerstil" sprechen. Und der ist a) Geschmackssache und b) weniger stark vom System abhängig, als es gerne gesehen wird. Außerdem habe ich es bisher noch nicht erlebt, dass ein Spielstil konstant durchgezogen wird. Und das hat Gründe, die u.a. auch im Spielspaß zu suchen sind.

Daher ... ja, Erzählspiele haben das Rollenspiel irgendwie verändert. Praktisch wie auch im Spieldesign. So produktiv sie aber als "Innovation" sind, so sehr sind sie aber auch Trend und Geschmackssache, die auch Tendenzen zum Rollenspielvoodoo  >;D aufweisen. Mit anderen Worten: Da gibt es sicherlich auch avantgardistisch Zeug, mit dem man einen Großteil der Rollenspieler auch verschrecken kann.

Was m.E. zukunftsmäßiger wäre, sind Spiele, die einer ausgewogenen Spielleitung förderlich sind. Und da muss m.E. weniger im Regelbereich gemacht werden, sondern mehr im "allgemeinen Verständnis" vom Rollenspiel.

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #15 am: 29.09.2005 | 15:13 »
Ich finde das Thema gut, besten Dank... 8)

Was ich schon immer mal schreiben wollte:

Ich glaube nicht, Tim! ;D

Man sollte da differenzieren:
1. Entwicklung: Rollenspiel entwickelt sich vom Wargaming zum Storytelling (Erzählspiel) - die Geschichte steht im Vordergrung, nicht der (von mir) so genannte "Wettbewerb".
Die Werkzeuge zur Konfliktbewältigung (Kampfregeln) verlieren an Bedeutung und Umfang.
Werkzeuge oder Hilfsmittel für Erzählgestaltung gewinnen an Bedeutung.

2. Entwicklung: Das Hierarchische System wird aufgebrochen. Der Spielleiter wird überflüssig.
Die Abenteuervorbereitung eines einzelnen weicht der gemeinsamen Planung. Werkzeuge für die Gestaltungsrechte werden erforderlich.

Ich denke, diese beiden Dinge sollte man trennen.
Generell geht die Entwicklung aber in die Richtung "gemeinschaftlich eine Geschichte erschaffen".
Zum ersten Teil gibt es pro und konta. Ich denke, die meisten Initiativen gibt es da von Spielern, die nicht wettbewerbsorientiert spielen wollen und natürlich von den Spielleitern. Conta kommt eigentlich nur von den Gameisten, die den Wettbewerb halt schätzen.
Im zweiten Teil habe ich keine Erfahrungswerte, wer das initiiert. Überlastete Spielleiter? Gelangweilte Spieler?
Da kommt das Kontra meistens von den Spielern, die nicht darauf verzichten möchten, das Rollenspiel aus der "Erlebnisperspektive" zu konsumieren.
Tim brachte oben den Verräter als Thema auf. Die Spieler, die da contra geben, möchten eben nicht im Voraus wissen, dass es einen Verräter gibt. Sie wollen erleben, dass er entdeckt und wie er entlarvt wird. Sie möchten sich geplante Entwicklungen als Überraschungsmoment vorbehalten.
Spielleiter geben da oft Kontra weil sie ihre Gestaltungsrechte nicht teilen möchten. Sie wollen "Herr im Haus" bleiben.

Ich denke man sollte das differenzieren, um es zu berwerten.
In meinem persönlichen Fall finde ich die Entwicklung des ersten Teils nämlich sehr positiv, der zweite teil ist zwar interessant, wird von mir aber nicht als "wichtig" empfunden. Ich bin gern Spielleiter und meine Runde ist ein konservativer Haufen und erlebt auch gern subjektiv konsumierend.
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Offline Boba Fett

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #16 am: 29.09.2005 | 15:20 »
Ich denke schon, dass Erzählspiele die Zielgruppe des Rollenspiels erweitern. Auf die potentiellen Spieler, die viel Kreativität aber wenig Interesse an komplexen Regeln und Settings mitbringen. Für die Spieler, denen wie mir die Zeit knapp wird und die davon profitieren, wenn die Geschichte in 3 statt 12 Stunden erzählt, das Spiel auf 100 statt 400 Seiten erklärt ist.
Ja, aber trifft das deiner Meinung nach auch auf Neuzugänge zu?
Ich denke schon, vielleicht sogar gerade.
Ich glaube, es gibt sehr viele Interessierte, die durch die Komplexität von Regeln abgeschreckt wurden.
Je einfacher die mechanismen sind, desto schneller lassen sich Leute begeistern.
Je weniger Arbeit es macht, ein Spiel vorzubereiten, desto eher sind Leute bereit, sich diese Arbeit zu machen.
Gerade heute wird immer mehr erwartet, dass alles mühelos geht.
Das ist ein wesentlicher Faktor in der Neulings-Werbung.
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Offline Hr. Rabe

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #17 am: 29.09.2005 | 15:30 »
Hallo,

Irgendwie komme ich mit dem Sinn und Zweck dieses Threads nicht klar.
Es wird eine These aufgestellt, die sehr polarisierend und konfliktträchtig ist:
Erzählspiele sind die besseren Rollenspiele.
Betrachtet man das Ganze aus sicherer Entfernung und bezieht die menschliche Persönlichkeit des Thesenautors mit ein, kommt man schnell zu dem Schluß, die These heiße eigendlich:
Ich finde Erzählspieler toller als klassisches RPG.
Ok, also eine Meinung, die aus persönlichen Vorlieben des Autors resultiert.
,,Ich mag Bananen'' ist auch so eine These. ;)

Also entfernen wir uns wieder von diesem Gedanken und suchen nach weiteren Ansätzen. Was könnte der Threadautor damit meinen?

Ich für meinen Teil, bin bisher zu keiner wirklichen Lösung gekommen und bitte den Threadautor hiermit, mir seine Intension deutlicher darzulegen.

Sollte die Intension allerdings tatsächlich die These ,,Erzählspiele sind die besseren Rollenspiele.'' sein, so bitte ich alle Forgeler sich auf diesen und alle WoD/DSA/Cthullu/etc.-Rpgler auf den anderen Hügel. Wir stellen in sicherer Entfernung ein Schild auf, auf dem ,,Vorsicht Stierkampf'' steht, geben beiden Kontrahenten Schwerter, Hellebarden und Armbrüste und ich setze mich mit einer Packung Popcorn auf die Zuschauertribüne.

Gruß,
raVen
#define EVER ( ; ; )


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Offline Arbo

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #18 am: 29.09.2005 | 15:36 »
@ Thalamus Grondak:

Zitat
allein die Wissenschaftliche Art und Weise, wie die Forgeanhänger

Bitte was? *rofl*  >;D


@ Boba Fett:

Zitat
Generell geht die Entwicklung aber in die Richtung "gemeinschaftlich eine Geschichte erschaffen".
Zum ersten Teil gibt es pro und konta. Ich denke, die meisten Initiativen gibt es da von Spielern, die nicht wettbewerbsorientiert spielen wollen und natürlich von den Spielleitern.

Da würde ich gerne noch zwei Anmerkungen machen. Einmal ist es vielleicht hilfreich daran zu erinnern, dass es NICHT nur eine einzige Möglichkeit gibt, gemeinschaftlich eine Geschichte zu entwerfen: Man kann über verschiedene Bereiche verschiedenen Spielparteien im Spiel die "Macht" übertragen, man kann auch als SL einen demokratischen Spielstil nutzen - also eher "moderierend" zwischen verschiedenen Parteien wirken. Deshalb ist mir das eingangs erwähnte "Erzählspiel" - so wie es geschildert wurde - ein wenig zu "eng" gesehen.

Zum Wettbewerb möchte ich anmerken, dass man "Wettbewerb" verschieden definieren kann. Ich glaube nämlich, dass es auch in gemeinschaftlichen Geschichten "Wettbewerb" geben kann, nur auf anderen Ebenen. Deshalb wäre m.E. der Eindruck falsch, "Erzählspiele" würden weniger auf "Wettbewerb" aus sein.

-gruß,
Arbo

P.S.: Bzgl. des "Wunsches", an der Geschichte mit zu wirken, möchte ich gerne noch auf den Gelegenheitsspieler nach R. Laws hinweisen; sowie auch darauf, dass sich solche "Kategorien" über den Zeitverlauf auch ändern können.

Arbo
« Letzte Änderung: 29.09.2005 | 15:39 von Arbo Moosberg »
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #19 am: 29.09.2005 | 15:41 »
Ich würde sagen, Jesto meint 'wenn ich Geschichten erzählen will, sind Erzählspiele die bessere Wahl' - er hebt ja z.B. filmreife / romanreife Stellen hervor, die es zu selten gab. Wenn man das will, kann man mit einem Erzählspiel mehr Erfolg haben. Aber objektiv 'besser' - das hat er, glaube ich, nicht gemeint, obwohl ich selbst weiß, dass man das sehr leicht in solche Aussagen hineinliest, weil (wie Thalamus ja schon sagte) eine solche Tendenz gelegentlich unzweifelhaft in Beiträgen herauszulesen ist.

Wie gesagt, es ist eine Weiterentwicklung, aber, um bei meinem früheren Evolutionsbeispiel zu bleiben, es gibt tolle Säugetiere, aber keins von ihnen ist ein besseres Krokodil als ein Krokodil.

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #20 am: 29.09.2005 | 15:45 »
@ Thalamus: Wenn du Dogs in the Vineyard oder Polaris liest, dann sind das keine hochnäsigen theoretischen Abhandlungen mit pseudo-wissenschaftlichem Anstrich. Es sind einfach nur Rollenspiele. Und wie ich finde verdammt gute Rollenspiele.
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #21 am: 29.09.2005 | 15:46 »
@ Thalamus Grondak:

Bitte was? *rofl*  >;D
Das mein eich durchaus ernst. Aleiln der begriff Theorie ist doch schon rein Wissenschaftlich.
Und ich habe Einsteins Relativitätstheorien schneller verstanden als die GNS.

@ Thalamus: Wenn du Dogs in the Vineyard oder Polaris liest, dann sind das keine hochnäsigen theoretischen Abhandlungen mit pseudo-wissenschaftlichem Anstrich. Es sind einfach nur Rollenspiele. Und wie ich finde verdammt gute Rollenspiele.
So war das nicht gemeint, es geht darum, das diese Spiele auf Theorien basieren, und sie auch damit begündet werden.
Ich finde solche Diskussionen, und auch die andere rangehensweise von Spielen wie Dogs in the Vineyard sehr interessant. Ich habe nur den Eindruck, das es an der Theoriebegründung dieser Spiele liegt, das sie klassiche Rollenspieler dazu bringen, in Verteidigungsstellung zu gehen.
Das ist nur eine Feststellung, keine Wertung.
« Letzte Änderung: 29.09.2005 | 16:07 von Thalamus Grondak »
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Offline Jestocost

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #22 am: 29.09.2005 | 15:56 »
@Raven

Wenn ich eine These hätte, dann hieße sie doch eher "Erzählspiele haben die besseren Mechaniismen um gemeinsam Geschichten erzählen zu können"., und nicht dass Erzählspiele die besseren Rollenspiele sind (denn genau genommen sind sie es nicht, weil sie ihren Fokus eher auf Geschichten als auf Rollen legen).

Die Gründe dafür habe ich oben angegeben: mehr als 1 Erzähler, andere Rollenverteilung etc... Das Erzählspielen auch manche Sachen fehlen, die andere im klassichen Rollenspiel finden, ist ja auch klar und okay: nämlich der Erlebnisaspekt, Teil (und nicht Autor) einer tollen Geschichte zu sein.

Klassisches Rollenspiel ist noch lange kein Dinosaurier, aber die kleinen, schnellen Nar-Nager sind schon da...

« Letzte Änderung: 29.09.2005 | 16:00 von Jestocost »
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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #23 am: 29.09.2005 | 16:05 »
Es gibt auch keinen Grund, nicht vielleicht das eine oder andere Element aus einem Erzählspiel ins Erlebnisspiel zu übernehmen, wenn man findet, dass es passt. Die Entwicklung muss keine Einbahnstraße sein.

Obwohl wir Dinos schon ganz schön aufpassen müssen, wo wir hintreten, die Nager machen immer so fiese Flecken unter den Füßen. Früher hätte es das nicht gegeben.  :korvin:

Robin
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ToBe

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Re: [Offen] Sind Erzählspiele die Zukunft des Rollenspiels?
« Antwort #24 am: 29.09.2005 | 16:11 »
Sorry, wenn ich jetzt nicht den ganzen Thread gelesen hab. Aber auf einen wichtigen Satz im ersten Post möccht ich ma antworten. Dort werden die folgenden Punkte als negative Dinge beschrieben, die bei klassichem SL und SCs Rollenspiel auftauchen:
Zitat
Gruppe vs. Spielleiter, Spielergerangen um das Spotlight, Player vs. Player Vendettas
Nun ist es aber zum Beispiel so, daß die meisten Spieler, die ich kenne, gerade diese Punkte extrem schätzen.

Gruppe vs. Spielleiter
Gerade dieser Punkt fördert es ungemein, daß die Spieler als Gruppe zusammenarbeiten müssen (sollten), um ein spannendes Problem zu lösen. Da nur der Gegner, also der SL, das Problem wirklich genau kennt, haben es die Spieler wirklich mir einer Ihnen unbekannten Situation zu tun. Und da nur der eine SL dieses Problem gestaltet, kann er viel komplexere und interessantere Probleme schaffen.

Spielergerangen um das Spotlight
Das mag ein Problem sein, aber das lässt sich wohl auch nicht großartig bei einem SL losen RPG lösen. Es müssen ja dennoch ALLE Personen immer mitbekommen, was wer gerade tut. Und da ist es nun egal, ob ein SL was nicht mitbekommt oder ein Spieler. Ein guter SL achtet zudem noch darauf, daß jeder Spieler seinen goldenen Moment erhält.

Player vs. Player Vendettas
Das ist in den meisten Gruppen, in denen ich Spiele ein wichtiger Bestandteil, den man nicht missen möchte. Sozusagen das Salz in der Suppe. Da es hier einen SL als eine Art unparteiischen Schiedsrichter gibt, kann man davon ausgehen, daß es fair bleibt und jeder die gleichen Chancen hat.
In einem SL losen Spiel kann eine solche Vendetta auch entstehen. Da könnte Sie aber schnell in eine Kindergartenartiges, "wer erzählt sich eine dickere Kanone an" Schlacht entwickeln, da eben dieser Schiedsrichter fehlt.