Stellen wir uns doch einfach mal ganz dumm: Grob gesehen gibt es zwei Bereiche während des Rollenspiels, bei denen das Thema Psychologie eine Rolle spielt: in den Spielern selbst und unter den Spielern, also in der Gruppe plus SL.
Basierend auf einem Regelwerk und etwaigen Vorgaben entwickelt ein Spieler eine Wunschfigur, die entweder ein Gegenentwurf des Spielers ist, eine Parodie des Spielers (im Sinne der Wiederholung mit einem Unterschied, d.h. der Spieler verstärkt oder schwächt eigene Aspekte seiner Persönlichkeit ab) oder er bedient sich eines kulturellen oder filmischen Archetyps oder Vorbilds (Identifikation).
Diese virtuellen Figuren werden dann ausgespielt, abgewandelt und passen sich unentwegt den Beziehungen unter den Spielern an oder an die Welt, die durch den SL verkörpert wird. Viele Rollenspiele bedienen sich einer klassischen Team-Konstellation, das die Rollenverteilung regelt: 2 Tanks/Krieger, 1 Spion/Dieb, 1 Magier als Spezialisten oder mobile Feuerleitstelle und dann noch 1 Labberkopf/Diplomat/Verführer. Lustigerweise kann man die Verteilung oft auch in Action-Serien wie A-Team oder so sehen... (auch wieder ein Beispiel, dass sich Rollenspiel an realen Strukturen orientiert, bzw. diese aufnimmt). Interessant hierbei sind noch zwei Phänomene: Die ersten Spielabende definieren erst den Charakter, da wird aus dem eher still angelegten Einzelgänger plötzlich der totale Anführer und Draufgänger - weil die Szenen des Spiels diese Rolle anbieten und von jemandem ausgefüllt werden müssen. Der zweite Punkt ist das Eigenleben der Charaktere - irgendwann passiert es, dass die eigene fiktive Rolle bestimmte Entscheidungen vorbedingt, die vom Spieler so gar nicht geplant waren.
Der letzte interessante Punkt ist das Thema des Gender-Bending: Rollenspiel lässt zu, dass Spieler ncht nur Charaktere aus einem anderen sozialen Kontext darstellen, sondern auch des anderen Geschlechts: Und wer als Spielleiter schon heftig mit seinen Rollenspielkumpels bis aufs Hemd und darunter geflirtet hat, weiß auch, was das für eine seltsame Angelegenheit ist...
Daraus abgeleitet kann man dann sich auch noch mit Stereotypen und Archetypen beschäftigen: Die meisten SCs und NSCs sind ja vereinfachte Darstellungen von Figuren: der edle Ritter, die unschuldige Prinzessin, die böse Königin, das hinterhältige Wiesel. Da kommen so diese Madonna/Hure Komplexe mit rein oder auch persönliche Wunschwelten, die teilweise durch das Genre verstärkt werden: Alle Frauen sind atemberaubend schön oder zerbrechlich, die Männer groß und durchtrainiert oder dunkel und geheimnisvoll (beispielsweise wenn die Konvention der Gothic Romance mehr oder minder unbewusst im Spiel herangenommen werden), was sich ja auch in Topoi wie Kettenhemdbikinis oder Wilden im Lendenschurz äußert...
Da kann man schon was draus machen...