Hi Axx,
im Detail kann ich nicht drauf eingehen, aber einige Punkte sind dann doch ins Auge gesprungen ...
So neige Ich z.B. zu recht langen Schachtelsätzen, finde Ich...
Dafür haben wir die wunderbaren deutschen Fälle, dass wir Satzbau und Länge recht frei wählen können, ohne uns zu verheddern. Wichtiger als die Länge sind:
- Eindeutigkeit:
Wenn Leser sich im Satz verlaufen, weil grammatikalische Bezüge nicht stimmen, oder abertausende Hilfsverben es unmöglich machen, zu begreifen, was eigentlich passiert, dann ist der Satz zu lang
Eine Ausnahme: Du willst den Leser dazu zwingen, sich zu konzentrieren, und langsam und bewußt zu lesen. Diese "Manipulation des Lesers" kann über Satzlänge und Komplexität laufen. Oft passiert sie genau darüber.
- Flow:
Eine Weich-Vokal, aber darunter fallen Rhythmus und Sprachklang. Kann man am besten überprüfen, indem man sich den Satz selbst laut vorliest. Holpert er, braucht er vielleicht ne andere Struktur.
Satzlänge ist also ein komplexeres Thema als "meine Sätze sind zu lang".
Das ist ein Reflex aus dem Deutschunterricht - die berühmten Schlängellinien am Rand. Für meine Begriffe ein absoluter Wahnsinn, das Dogma: "Nur ein kurzer Satz ist ein guter Satz", und ich möchte Schreiblehrern die Hände abhacken, die so einen Aberglauben verbreiten (erstes Ziel: James N. Frey).
Ich hab an deinen Sätzen keine "Überlange" festgestellt.
Zu den Zeiten uhnd Passiv-Konstruktionen wurde schon was gesagt. Passiv ist zu vermeiden, weil es oft umständlich ist. Es hat seinen Platz, aber hier macht die Dosis das Gift.
Ich persönlich habe ein ghanz anderes Problem:
- Die Welt
und
- Die Hauptfigur
Zur Welt:
In einer Welt, in der Dämonen und Elfen mit Sturmgewehren über verwüstete Planeten ziehen, wird noch Dantes Inferno gelesen? Das beisst sich für mich. In derselben Welt tauchen Christen auf? Und das nicht mit heiligen Handgranaten, sondern mit Kreuzen und Weihwasser? Ich würde ihnen so viel Grips zutrauen, um ebenfalls aufzurüsten. Oder warum sind die noch nicht ausgestorben? Das paßt für mich noch nicht richtig - ich bin als Leser desorientiert. Die Welt scheint zum Teil irdisch (Bezug auf Dantes Inferno), teilweise Low Tech (Kreuze, Weihwasser), dann mehr Space Marines oder Warhammer 40k, -- aber so richtig ergibt sich für mich nichts geschlossenes. Ich wüßte schon gern, wie die Welt funktioniert, weil ich nur so einbezogen werde. Alle, auch die abgedrehtesten Welten, sind in sich bis zu einem gewissen Maße stimmig.
Zur Hauptfigur:
Du zeichnest ein sehr, sehr ambivalentes Bild:
Sie liegt neben mir und schläft. Ihr Name ist Sina. Einfach nur Sina. Ich erinnere mich noch genau, wie ich sie damals auf dem Schlachtfeld von Ikandros aufgelesen habe. Der Himmel war bleigrau vom fettigen Qualm der brennenden Stadt, und die tiefhängenden schweren Regenwolken wurden von den wütenden Bränden in den Ruinen der ehemaligen elfischen Schönheit in blutig roten Farben erleuchtet.
"Widerstandsnester neutralisieren", ich hasse diese nüchterne Beschreibung, sagt sie doch nichts über die Grausamkeiten aus, die durch unsere Hand verübt wurden in diesen Stunden. Wenn ich daran denke, dass einige Leute meines Zuges ihrer angeborenen Blutlust freien Lauf ließen, und selbst vor Frauen und Kindern nicht inne hielten, packt mich selbst 50 Jahre danach noch der heiße Zorn und ich möchte irgend etwas kaputt machen. Meistens muss dann der Tisch dran glauben an dem ich gerade sitze. Aber ich schweife ab.
Jemand mit Sinn für Poesie, ein Halbdämon, der aber Schönheit kennt. Und der Krieg eigentlich scheiße findest. Oder doch die Grausamkeiten. Und der sich dann verliebt. Ein gewisser Schutzinstinkt gegenüber der Vampirette - was man sogar "edel" nennen könnte.
Sie, ein Vampir, Aristokratin der Nacht, ich, ein Halbdämon, ein Jäger zwischen den Schatten, wir beide jenseits jeglicher gesellschaftlicher menschlichen Normen und von eben dieser menschlichen Gesellschaft gejagt und gefürchtet, teilweise auch verehrt.
Dann hast du hier die wildromantischen Außenseiter mit einem Hauch von Gott-Komplex.
Ich betaste die kleinen Bisswunden an meinem Nacken, sie schließen sich bereits wieder. Sie hat mich mehrmals gebissen heute Nacht, dieses Luder, und ich habe dabei auch Blut gelassen. Unsere Liebesspiele sind aber auch eine ziemlich verbissene Angelegenheit, hehehe. Geben und nehmen eben. Sie sagt, dass ihr der herbe Geschmack gefällt, den ein Halbblut wie ich wohl so an sich hat, und das Knacken, wenn ihre Zähne meine dicke Haut durchdringen, würde so an frische Brötchen erinnern, und sie könnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, mir Schmerzen zuzufügen.
Ich kann das nicht nachempfinden, ich habe noch nie einen meiner Art verspeist, ich versuche es auch zu vermeiden mich von Fühlenden zu ernähren, obwohl der Geschmack von Angst ab und an nicht zu verachten ist. Meine Art hat zwischen Jagen und Töten noch eine Zwischenstufe eingeführt, das Terrorisieren. Die Hormone, welche das Gehirn in Panik in den Körper ausschüttet, verleihen dem Fleisch eine ganz besondere Note, die einen Mord ab und an einfach wert ist. In der Nähe von Schlachtfeldern und Hinrichtungsstätten ist der Geruch nach Angst besonders stark, weshalb es mich öfters zu solchen Orten zieht, einfach nur um die Luft dort zu atmen.
Und hier wieder ein "Ich bin böööööse".
Ja, wie nu?
Du hast dreimal ganz unterschiedliche Typen gezeichnet, gegen Ende wird es eher richtung "Wir sind böse, aber locker drauf", aber das ist nicht richtig durchgängig, das widerspricht sich für mich. Und um an dem Problem rumzupuzzeln, bekomme ich in dem Text keine Zeit, weil zugleich unheimlich viel passiert, es kommt alles sehr gedrängt.
Alle diese Punkte sind aber fast selbstverständlich bei Fragmenten, die man sich mal eben aus dem Arm schüttelt - da man die Welt und die Figuren ohne Planung einfach machen läßt, sind solche inneren Brüche ganz normal. Die Frage ist, wie man damit umgeht - man kann es erstmal einfach laufen lassen, und bei der Überarbeitung dann glätten. Viele Autoren schreiben drauflos, produzieren erstmal unheimlich viel Material, und hauen dann die Teile weg, die nicht zur "eigentlichen Story" gehören. (Sogenannte "Bauch-Schreiber" - die machen, und denken nicht drüber nach, geplant wird auch nicht)
Und dann gibt es den "Kopf-Schreiber", der jedes Fitzelchen plant, Plot und Welt und Figuren bis ins Detail beackert, und der dann das Buch nach Fahrplan oder ausgearbeiten Skizzen nur noch ausgestaltet.
Die meisten Autoren liegen dazwischen.
Ich denke, der Text hat Potential, aber du mußt dir klarwerden, was deine Story ist. Ob jetzt, oder erst, wenn du fertig bist, dann ist etwas Geschmacks- und Charaktersache. Ich würde sagen: Schreib erstmal fertig, laß liegen, denk drüber nach, dann überarbeiten.
Ich hoffe, das war hilfreich.