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helden.de, Autor ist Andre Wiesler.
So und jetzt hört zu, da könnt ihr was wichtiges lernen.
Und daß mir keiner mit ,,Iss doch alles nur ironisch'' kommt.
Ich bin ein verknöcherter alter Sack. Doch, doch, ihr braucht mir gar nicht zu widersprechen! Auch mein unverschämt gutes Aussehen, mein beschwingter Geist, meine überragende sexuelle Leistungskraft täuschen nicht darüber hinweg: die junge Generation der Rollenspieler stellen heuer andere Leute dar.
Ich gehöre sozusagen schon zum Establishment, zur staubigen Altherrenriege des Spieltisches. Und wenn ich mich umschaue, unter all den knackigen Buben und den doch immer zahlreicher zu findenden Madeln, dann quillt mir die Träne.
Nein, nicht die Träne der Verzweiflung! Schämt Euch für diesen Gedanken! Freudentränen sind es, die meine schlecht rasierte Wange herunterkriechen. So atemberaubend bunt ist die Mischung unter den Jugendlichen. Da gibt es die DSA-Spieler, die man am W20-förmigen-Schnuller erkennt. Und die Shadowrun-Spieler mit ihren rollbaren Schrankkoffern voll Regelwerken. Und natürlich die farbenfrohen, lebenslustigen Vampirespieler, denen der Patchouligeruch vorwegtreibt. Und erst die D&D-Spieler, mit ihren „I still got all my Spells!“ Stickern und den kleinen Merkkarten, die sie immerwährend mit sich herumtragen, um die dort vermerkten Zaubersprüche auswendig zu lernen.
Und dann... war’s das auch schon. Einen vereinzelten Cthulhu-Spieler mit schwitzigen Händen oder einen Star Wars Spieler mit Chewbacka-Gedenk-Bart mag man noch erspähen können, wenn man viel Glück hat.
Aber über diese Singularität der Spiele wurde genug gejammert. Darum jammere ich über andere Dinge:
Da gibt es unter den jungen Rollenspielern doch tatsächlich welche, die so abstruse Dinge praktizieren wie „würfelloses“ oder – Mitarbeiter von Rollenspielherstellern mögen sich beim Lesen der nächsten Zeile die Augen zuhalten – gar „regelloses“ Rollenspiel.
Bei der durchschnittlichen Reife des gemeinen Rollenspielers muss man sich das wohl wie folgt vorstellen:
Spieler: „Ich feuere meine Waffe auf den bösen Schurken ab!“
Spielleiter: „Triffst nicht. Aber der schießt zurück!“
Spieler: „Ne, ich treffe!“
Spielleiter: „Tuste nicht!“
Na, kommt einem das bekannt vor? Richtig:
„Peng, Du bist tot!“
„N’gar nich!“
„N’wohl!“
„N’gar nich!“
Kinder, Kinder, Kinder! Wem glaubt ihr mit diesem Rollenspielsubstitut einen Gefallen zu tun? Euch selber? Möglich, aber wen interessiert das? Wir betreiben Rollenspiel doch nicht zu unserem Vergnügen! Wir tun es, um die zahlreichen unehelichen Kinder der Spieleentwickler und Würfelgießer zu ernähren! Wo soll das hinführen, wenn man plötzlich immer und überall spielen kann? Soziale Verrohung! Öffentliches Nackbaden im Stadtbrunnen – und das ist beim durchschnittlichen Übergewicht der Rollenspieler und -innen kein schöner Anblick!
Außerdem sollte es doch mittlerweile auch bis zu Euch durchgedrungen sein, dass die Größe des Rollenspielergenitals direkt proportional zur Größe seines Würfelsackes ist. Kein Sack, kein... Ihr versteht schon! Also: raus mit den Würfeln, her mit den Regeln! Und das ihr mir die Zinnfiguren nicht vergesst!
In diesem Sinne,
Tschau,
André
Gruß,
raVen