Hier haben wir das Problem: Für dich ist Rollenspieltheorie (natürlich) eine Unterform der Verhaltenswissenschaft. "Seltsamerweise" handelt es sich dabei für mich um ein logisches, vielleicht sogar mathematisches Modell. Kommt ein Jurist daher, dann sieht er vielleicht eine Reihe von Regeln die einfach dazu das sein sollen das Auskommen am Rollenspieltisch in Bahnen zu lenken.
Das kommt mir manchmal so vor wie so ein Berufsgruppenwitz: Ein Psychologe, ein Jurist und ein Informatiker untersuchen das Rollenspiel. Der Jurist sagt:"Ganz klar. Wir brauchen Regeln die die Leute zu ihrem Spaß zwingen!". Der Psychologe:"Ok, aber die Leute wissen ja garnicht was sie wollen, das müssen wir erstmal rausfinden." Und dann der Informatiker:"Na dann bauen wir eben ein Modell das perfekt funktioniert, aber nichts mit der Realität zu tun hat."
Mal ernsthaft. Ich glaube nicht dass wir weiterkommen wenn wir darüber streiten was die Rollenspieltheorie denn nun
wirklich ist. Jeder geht mit den Methoden daran die er kennt und die er für sinnvoll hält und ich denke das hat auch seine Berechtigung. Wenn du nun meinst GNS so wie es bisher ausgearbeitet wurde sei eben einfach verhaltenswissenschaftlich, könnte das sogar sein, das heißt eben nur nicht dass es niemand anderes nutzen darf um damit weitergehende Modelle mit leicht anderen Fragestellungen zu bauen.
Trotzdem kann man anzweifeln, dass es ein strikt Verhaltenswissenschaftliches Modell ist. Als Biologe ist Ron Edwards eben auch Naturwissenschaftler und hat daher eine noch etwas andere Herangesehnsweise an Modelle als vielleicht ein Psychologe (womit ich den Psychologen jetzt nicht gänzlich die Naturwissenschaftlichkeit absprechen will).
Ich würde sogar behaupten das Psychologie und Informatik sehr große Schnittmengen haben, nämlich da wo sich beide mit künstlichen Modellen des Verhaltens beschäftigen (und so eins haben wir eigentlich hier). Für die Informatik ist dieses Gebiet noch verhältnismäßig sehr neu, wie vieles in der Informatik, ich weiß nicht wie es da in der Psychologie ist.
Trotzdem kommt die Näherung von unterschiedlichen Seiten die manchmal schwer vereinbar sind. Ich selbst beschäftige mich in der Informatik auch mit Bereichen die eigentlich zur Linguistik und Psycholinguistik gehören, nämlich z.B. damit wie Sprache funktioniert. Die Problemstellungen sind aber genau umgekehrt. Informatiker wollen nicht primär wissen wie es dem Menschen gelingt zu sprechen, sondern sie wollen selbst Maschinen zum Sprechen bringen.
Mit diesem kleinen Exkurs will ich nur zeigen dass man sich einem Thema von unterschiedlichen Seiten nähern kann, obwohl die Werkzeuge dazu möglicherweise nicht wirklich kompatibel sind.
Wie ich schon im anderen Thread gesagt habe, sehe ich aber bei der Rollenspieltheorie prinzipiell keine so großen Probleme die Herangehensweisen unterschiedlicher Wissenschaftler oder auch Nichtwissenschaftler zusammenzubringen. Immerhin sind wir alle mehr oder weniger Rollenspieler und haben daher alle persönliche Erfahrungen mit dem Gebiet.
Also bitte nicht den Fehler machen die Rollenspieltheorie für irgendeine Wissenschaft reservieren oder abstecken zu wollen. Jeder darf mit seinen Werkzeugen dran arbeiten, man muss nur beachten wozu die eigentlich geignet sind.