Die RIFTS-Regeln sind mindestens so komplex wie die von D&D mit einem entscheidenden Unterschied: In den letzten 20 Jahren hat sich bei Palladium nie jemand ernsthaft die Mühe gemacht, sie mal nach Unsinnigkeiten oder Filz zu durchforsten und vielleicht mal zu optimieren.
Als ich vor 16 Jahren mit Rollenspiel angefangen habe, war das System erste Sahne - da es im Vergleich mit der Konkurrenz wirklich gut dastand. Inzwischen hat es aber sogar der RPG-Großvater D&D geschafft, sich der Gegenwart anzupassen und ein nachvollziehbares Regelgebilde zu entwerfen. Palladium braucht dringend mehr als nur ein Facelifting. Das System ist verquarzt bis zum geht-nicht-mehr mit seinen unzähligen Ausnahme- und Zusatzregeln. SDC/MDC sind ein schönes Beispiel für das, was im Spiel furchtbar schief läuft. Es ist so schmerzlich offensichtlich, das die Ein-Mann-Show um Kevin Siembieda kein Interesse in irgendeiner Form hat, mal externe Einflüsse aufzunehmen oder auch nur ansatzweise zu schauen, was die Konkurrenz so treibt.
Dafür sind sie seit je her übertrieben paranoid, das man ihre genialen Ideen "klauen" könnte. Also wirklich. Mittlerweile gibt es unzählige Systeme, die es besser machen als RIFTS - nur bei Palladium merkt das keiner, weil man dort nicht über den eigenen Tellerrand blicken kann.
Ich kenne kaum ein System so gut wie RIFTS und wirklich - es ist scheisenkompliziert und nicht besonders logisch. Das Skillsystem alleine ist das Grauen - jede Fähigkeit (und du hast *verdammt* viele davon) hat ihren eigenen Wert. Diese Werte unterscheiden sich von Fähigkeit zu Fähigkeit und ändern sich auch noch nach unterschiedlichen Faktoren pro Level. Darüber hinaus können Boni durch die OCC (Spielerklasse), RCC (Spielervolk) und hohe Attributwerte die Skillwerte weiter modifizieren - von zahllosen anderen möglichen Optionalregeln und Skill-Synergien mal abgesehen.
Um einen RIFTS-Charakter zu machen, kann man einen Nachmittag einkalkulieren, wenn man sehr firm ist und ein bis zwei Tage, wenn man das System nicht in- und auswendig kennt.
Untrainierte Versuche gibt es übrigens nicht. Wenn du etwas nicht als Skill hast, kannst du es nicht. Basta. Aus diesem Grund gibt es auch eine verwirrende Anzahl von Skills, bei denen man sich teilweise nicht fragt, ob das nicht Allgemeinbildung sein sollte oder ob man die nicht irgendwie zu einer Skill zusammenziehen kann (z.B. Mathematics: Basic und Mathematics: Advanced).
Und als wenn das alles noch nicht schlimm genug wäre, sind die Bücher auch noch ziemlich unlogisch strukturiert. Man hat fast den Eindruck, die Sachen stehen dort in der Reihenfolge, wie sie Siembieda eingefallen sind. Das ist teilweise so verwirrend, das die Jungs selbst Probleme damit hatten und Seitenangaben im Inhaltsverzeichnis gelegentlich nicht stimmen (die Palladium Fantasy-Reihe war da sehr groß drin).
Also ich finde die Spielwelten (RIFTS als auch Palladium Fantasy) haben durchaus ein noch beständiges, erzählerisches Potenzial aber das System, von einer technischen Seite, ist tot.
Ich halte D&D Modern oder sogar das MURPG (wenn man es etwas comicmäßiger angehen will) für gute Alternativen. Zu HERO kann ich nichts sagen, da ich es nicht kenne.