Zunächst mal: Natürlich sind die Amis relevant - die Inhalte, die Struktur, der Stil der US-Popkultur hat auch unsere Kultur nachhaltig geprägt. Es ist also nie verkehrt, sich Anregungen von dort zu holen. Selber auf englisch zu schreiben halte ich - selbst wenn man es kann - nur für die zweite Wahl. Abgesehen davon ist der deutsche Buchmarkt (nach den USA) einer der größten der Welt. Wenn du hier Erfolg hast, wirst du auch irgendwann ins Englische übersetzt.
Nellys Argument muss ich allerdings entschieden widersprechen. Es ist keineswegs so, dass man an der Schriftsprache sofort erkennt, ob der Text von einem Muttersprachler erstellt wurde oder nicht. Viele deutsche Abiturienten schreiben ein schlechteres Deutsch als ich es z.B. von einem britisch-stämmigen Germanistikprofessor erwarten würde. Der Muttersprachler hat nur den Vorteil, dass er sich die Alltagssprache schneller aneignet und es eher beherrscht, akzentfrei zu sprechen (was man in der Schriftsprache nicht bemerkt). Die Alltagssprache entspricht aber nur einem Wortschatz von etwa 5.000 bis 10.000 Worten. Gute Autoren verfügen dagegen über einen Wortschatz von 20.000 Worten und mehr. Und dieser Wortschatz lässt sich auch durch den antrainieren, der eine Sprache nicht als Mutterprachler gelernt hat. Ein Deutscher, der mit zwölf Jahren Englisch lernt und danach zwanzig Jahre auf Englisch liest und schreibt, wird ein besseres Englisch schreiben als ein britischer High-School-Absolvent, der bevorzugt Comics und seichte Literatur konsumiert. Das Hauptproblem für den Nicht-Muttersprachler ist, dass er die Disziplin wahren muss - auch auf englisch lesen, selbst wenn das jeweilige Druckerzeugnis auf Deutsch erhältlich ist; viele englischsprachige Filme mit deutschen Untertiteln gucken; unbekannte Wendungen und Vokabeln sofort notieren und zu Hause nachschlagen.
Ich arbeite seit vier Jahren hauptberuflich als Lektor für deutsche und englischsprachige Unternehmensstudien in der Wertpapierabteilung einer Bank. Ich habe Englisch normal in der Schule gelernt und meine Kenntnisee im Studium ausgebaut. Im Bewerbungsgespräch meinte mein (englischer) Chef: "To be a good editor, you don't have to be a native speaker. I have met many native speakers who would make lousy editors. A good editor has to have a sound understanding of the English laguage - and a good eye for detail." Der Mann hatte offensichtlich seine Erfahrungen gemacht.
Ich habe übrigens bisher keinen einzigen schizophrenen Übersetzer getroffen. Und die allermeisten Dinge lassen sich übersetzen! Manchmal muss in der Zielsprache dazu ein neuer Begriff erfunden werden, der für uneingweihte Ohren zunächst merkwürdig klingt. Da heißt es dann "schlecht übersetzt", dabei ist das alles eine Gewöhnungsfrage. Die deutschen Donald-Duck-Geschichten, die jahrelang von der Anglistin Dr. Erika Fuchs übersetzt wurden, haben im Deutschen teilweise orginellere Texte als im Original (was sogar Amis zugeben, sofern sie des Deutschen mächtig sind). Ein Beispiel, was Übersetzung alles leisten kann. Aber es stimmt schon: Es wird viel Mist übersetzt. Ob das wohl daran liegt, dass Übersetzer häufig schlecht bezahlt werden?