Wie wichtig ist euch dieses Charakterdatenblatt?
Sehr wichtig. Ich kann mir ja nicht alles merken. Und als reizüberfluteter Mensch von heute hätte ich nach einer Weile auch Probleme, meine diversen Rollenspielcharaktere und ihre einzelnen Merkmale und Eigenschaften genau auseinanderzuhalten.
Dabei hilft mir so ein Papier aber nur, wenn ich auf einen Blick sehen kann, was den Charakter ausmacht. Wenn alles schön übersichtlich auf eine einzige Seite passt, umso besser! Ein DSA-Charakterbogen zum Beispiel, auf dem tausend und eine Fertigkeiten vorgedruckt stehen, und jede einzelne noch auf drei Attributen basiert, die sich alle im Zahlenraum von 9 bis 13 bewegen, hilft mir überhaupt nicht.
Benötigt ihr numerische Werte, um euren Charakter zu definieren, oder ist euch das egal? In wie weit muss ein Charakterbogen die Fähigkeiten eines Charakters widerspiegeln? Können eure Charaktere nur das, was auf dem Bogen steht, oder noch mehr?
Ich finde Zahlen wichtig, weil sie mir helfen, zu sehen, wo ich bei dem Charakter die Schwerpunkte gesetzt habe. Wertungen in Worten finde ich weniger ideal, weil ich eine Zahl optisch schneller erfasse, als ein Wort. Die "Dots" bei WoD finde ich auch sehr brauchbar. Kleine Werteskalen finde ich sehr viel eingängiger als große. Unter dem Unterschied zwischen Geschicklichkeit 11 und 12 kann ich mir zum Beispiel rein gar nichts vorstellen. Mir reicht eine Skala von 1 bis 5 völlig aus (z.B. Unterdurchschnittlich/Durchschnittlich/Überdurchschnittlich/Herausragend/Unglaublich). Wer mir erzählt, das sei nicht "differenziert genug", soll mir mal den Unterschied zwischen Geschicklichkeit 11 und 12 erklären - und zwar darüber hinaus, dass sich daraus eine 5% höhere Chance beim d20-Wurf ergibt.
Die Zahlen sollten aber auch nach ihrer Funktion im Regelsystem Aussagekraft haben. Beispiel D&D: Wenn es nur unwesentlich wahrscheinlicher ist, dass Rogar der Barbar mit Stärke 18 das Gittertor anheben kann, als der Elf mit Stärke 8, weil der Unterschied sich nur in einem lausigen Bonus von +4 auf dem W20 gegenüber einem Abzug von -1 äußert, ist die Aussagekraft der Attributswerte für mich gering.
Ist es für euch wichtig, dass der Fortschritt, den ein Charakter durch Erfahrung macht, auf dem Charakterbogen verzeichnet wird (also durch Steigerung von Werten)?
Jup. Der Charakter muss sich entwickeln können, und das sollte sich auch regeltechnisch auswirken.
Ich will nicht, dass Charaktere alles können; aber es sollte logisch sein, und abgestimmt auf ihre Geschichte und die Erfahrungen die sie in ihrem Leben bereits gemacht haben.
Da bin ich nach vielen leidvollen Erfahrungen rabiat und lasse diese "Hintergrund-Fertigkeiten" weg. Im Spiel werden sie fast nie relevant werden, aber wenn ich hier Punkte investiere, verkrüpple ich den Charakter in den Bereichen, auf die es mir wirklich ankommt.
Natürlich kann man sagen: hey, dann kann das dein Char halt, scheißegal ob das auf dem Charakterbogen steht oder nicht. Finde ich auch okay, würde ich als SL sofort so machen; aber viele SLs machen das halt nicht und knausern mit Generierungs- oder Erfahrungspunkten rum.
Obwohl es also für einen Charakter in-time logisch wäre, dass er in einem bestimmten Bereich besser wird, kann er das nicht. Das stört mich oft gewaltig.
Wie seht ihr das?
Genauso. Ich sehe das aber nicht als SL-Fehler, sondern als Systemfehler. Deswegen mag ich Systeme, bei denen ich Eigenschaften des Charakters selbst definieren kann. Dann muss ich nicht zur Gewissensberuhigung sinnlose Fertigkeiten wie Feuer machen, Wettervorhersage, Tierkunde, Überleben, Fährtenlesen und Fallenstellen auf jeweils Rang 1 nehmen und dafür wertvolle Punkte lassen, sondern schreibe einfach die Eigenschaft "Jäger" auf das Blatt und gebe Punkte darauf aus. Und habe noch genug für die Eigenschaften übrig, die mir wirklich wichtig sind.
Außerdem kann ich dann schon aus der Formulierung der Eigenschaften viel mehr über den Charakter erfahren, als bei vordefinierten Attributen und Fertigkeiten.