So, mein Rechner baut gerade meinen kompletten Softwarebaum neu, somit ist es mal wieder Zeit für einen kleinen Jurykommentar:
An sich sprüht L'Etat c'est moi ja nur so vor Ideen. Die Vetoregel finde ich mächtig cool, die Resourcen für Spieler wie Oppositionen scheinen recht gut ausbalanciert zu sein. Der Craps-Mechanismus wirkt auf den ersten Blick etwas ungewohnt, ist aber an sich eine nette Idee. Dazwischenfunken und Unterstützen wirken ebenfalls auf mich wohlüberlegt und ausgereift. Die Aufteilung der Erfolgspunkte in EP und Gunst bringt eine weitere, interessante langfristige strategische Komponente in das Spiel mit ein.
Einiges an L'Etat fand ich aber auch nicht so schön. Mein größter Kritikpunkt: Die gesamte Rollenspielidee wirkt arg aufgepfropft. Nirgendwo wären erzählerische Komponenten wirklich nötig gewesen, ich würde sogar prophezeien, dass sie dank der der "brettspielerischen Taktik" des Spiels für viele Spieler eher ein störendes Ärgernis darstellen. Desweiteren sehe ich nicht, wozu die verschiedenen Resourcentypen gut sein sollen. Die Unterteilung in Besitztümer und Beziehungen halte ich für komplett überflüssig. Die verschiedenen Taktiken sind relativ unsinnig, denn nichts zwingt mich dazu, als aktiver Spieler einfach immer die beste Taktik zu wählen. Unterschiedliche Taktiken wirken sich nur beim Resourcenklau aus. Hier hätte man dies aber auch vermeiden können, wirkt doch gerade dieser Mechanismus auf mich, im Vergleich zur Eleganz der übrigen Konfliktauflösung, unnötig kompliziert.
Den sehr engen Fokus sehe ich zwiespältig. Betrachte ich L'Etat als taktisches Würfelspiel, so ist der Fokus absolut berechtigt. Für ein Rollenspiel fehlt mir da aber schlicht und einfach die Motivation, das Ganze irgendwann nochmal zum Spielen vorzukramen. Ein gutes Buch liest man auch nicht ständig. Es ist halt nur eine Geschichte da, und die Varianz innerhalb der Story ist IMHO für eine Langzeitmotivation viel zu klein.
Meine abschließende Meinung: Entschlacke die Spielwerte noch ein bischen und ändere die Resourcenklauregel. Dann wirfst Du den ganzen erzählerischen Krempel über Bord, bastelst ein schönes Spielbrett und Resourcenkarten und heraus kommt ein kurzweiliges, schönes Gesellschaftsspiel.