Autor Thema: [n00b Frage] NAR und/oder Player Empowerment im Horror-RPG machbar/sinnvoll ?  (Gelesen 1909 mal)

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alexandro

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Heho,
nachdem ich mich ein wenig in die Forge-Theorie eingelesen habe, würde mich ein Problem interessieren, welches mir schon länger unter den Nägeln brennt, welches ich aber erst durch das Theorie-Vokabular richtig in Worte fassen kann.
[ich bitte Detailfehler in meinem Theorieverständnis zu verzeihen]

So wie ich das Big Model verstanden habe, würde ich die meissten Horror-Systeme (wobei ich den "Persönlichen Horror" der WoD erstmal ausklammere) primär unter Erlebnisrollenspiel einordnen. Es geht darum, dass (nicht ob oder wie) die Charaktere die Welt erleben. Ob sie dazu eine moralische oder emotionale Aussage treffen ist in der Regel irrelevant- die Welt ist so wie sie ist- und meisst wird die emotionale Komponente auch recht simulitianistisch gehandhabt, mit Systemen, welche den Grad ihrer Angst/ihres Geisteszustands usw. festlegen und dem Spieler nicht einmal in dieser Hinsicht Mitspracherecht einräumen. Horror-Systeme scheinen also nur wenige Anreize für Narrativism zu haben und trotzdem macht diese Hilflosigkeit der Charaktere teilweise den Reiz dieser Systeme aus.
Sicherlich gibt es auch einige gamistische Elemente, wenn auch meisst anders als in anderen Systemen (vom einfachen "so lange wie möglich überleben/bei Verstand bleiben" von CoC, bis hin zu "die geheimen Mächte verstehen und kosmische Macht erlangen" von UA), weshalb ich Gamisn als sekundäre Triebfeder von Horror-Systemen bezeichnen möchte.

Bleibt also NAR übrig. Was machen wir nun damit. Ist die Aussage, dass die Aussagen des Spielers bedeutungslos sind eine gültige Narratistische Aussage ?
Kennt ihr irgendwelche (forgy) Spiele, welche Horror in einer anderen Weise angehen, als die von mir beschriebene ?

Wie sieht es mit Player Empowerment aus, einer größeren Teilhabe der Spieler an der Story-Entwicklung ? (das einzige mir bekannte ansatzweise Horror-RPG, welche PE hat, ist "Inspectres" und dies führte in fast allen Spielsitzungen an denen ich teilnahm eher zu Slapstick etc., denn zu etwas, was mich an Horror erinnert).

Ideen, Vorschläge ?

Offline 1of3

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Du meinst, ob Machtlosigkeit eine narrativistische Prämisse ist? Sicherlich. Die Frage wäre dann, wie die Protagonisten mit ihrer Machtlosigkeit umgehen. Erkennen sie sie? Versuchen sie sie zu ignorieren? Versuchen sie für das Böse einen Pyrrhus-Sieg draus zu machen? Werden sie zu Hedonisten?

Kann man bestimmt viel mit machen.


Offline Fredi der Elch

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Von mir erst einmal ein ganz großes Lob für die richtige Benutzung von Theorie-Begriffen (neben dem „Willkommen im Theorie-Channel)! Narrativismus auf Anhieb richtig… das passiert selten. :)

Und jetzt zur Verwirrung: ich sehe das anders als 1of3. Warum?

Das klassische Horror-Genre (wie gesagt, wenn man nicht von Personal Horror redet) zielt nicht auf die klassische literarische Prämisse (im Sinne von Egri). Es geht bei Horror üblicherweise nicht um moralische Standpunkte, ethische Entscheidungen und Dilemmata. Es geht um Terror, Schockmomente, Spannung. Der Zombie frisst dich oder er frisst dich nicht. Der Slasher erwischt dich oder du entkommst knapp. Da wird nicht lange gegrübelt, da wird gehandelt.

Dementsprechend sehe ich bei klassischem Horror im Rollenspiel auch wenig Sinn darin, solche Elemente einzubauen. Es geht tatsächlich um Gam (wer überlebt, gewinnt oder so) oder Sim (Nachbau des Genres „Horror“).

Dementsprechend hat 1of3 theoretisch Recht: Aus „Wenn du machtlos wärst, was würdest du tun?“ könnte man was mit Prämisse (im Nar-Sinn) machen. Praktisch gesehen wird es aber vermutlich eher auf Sim (im Sinn von: Stell dir vor XY mit Genre-Konvention Z – Go!) rauslaufen.

Zwei Dinge könnten erleichtern, dass man so etwas narrativistisch aufziehen kann:
1. Die Machtlosigkeit sollte nicht vorher feststehen. Wenn sie das tut, schränkt sie die Menge der möglichen Themen, die durch das Spiel entstehen können, stark ein. Das macht N nicht unmöglich, aber reduziert doch sicher die Möglichkeiten stark.
2. Der SL darf nicht alleine entscheiden. Wie und wo sich die Machtlosigkeit auswirkt, sollten die Spieler mit in der Hand haben.
3. Man muss den Spielern wichtige Entscheidungen in die Hand geben. Die Charaktere dürfen machtlos sein, die Spieler nicht.

Insgesamt ist es also sicher durchaus möglich, klassischen Horror mit Nar-Elementen zu koppeln. Es wird nur sehr schwierig. (weswegen es da vermutlich auch noch nichts von Forge gibt) Also würde ich dir für den Fall lieber Personal Horror empfehlen. Das trieft vor Nar. :)
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Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Offline Purzel

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Ein forgiges Horror-Spiel, das u.a. diese Machtlosigkeit zum Thema hat, ist "My Life with Master".

Die Protagonisten sind gezwungen furchtbare Dinge zu tun, sie sind wahnsinnig machtlos am Anfang, können sich ihrem "Meister" nicht entziehen (der "Meister" hat am Anfang des Spiels absurd grosse Würfelpools, gegen die ein Spieler mit 1-3 Würfelchen anstinken muss). Die Spielregeln zwingen die Spieler bestimmte Dinge zu erzählen: was genau, das können sie aber wiederum selbst bestimmen. Und die Spieler dürfen sich Szenen für ihren Protagonisten ausdenken. Ich denke mal, MLWM strotzt vor Player Empowerment.

Selbst das Ende einer MLWM Kampagne steht prinzipiell offen, es kann für einen Protagonisten ein Happy End geben, für einen anderen gibt es nur den Tod, und der dritte läuft zur Seite des Bösen über.

Offline Fredi der Elch

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Ein forgiges Horror-Spiel, das u.a. diese Machtlosigkeit zum Thema hat, ist "My Life with Master".
Bitte?!? Also eigentlich nicht wirklich.

Zitat
Selbst das Ende einer MLWM Kampagne steht prinzipiell offen, es kann für einen Protagonisten ein Happy End geben, für einen anderen gibt es nur den Tod, und der dritte läuft zur Seite des Bösen über.
Naja, sooo offen nun auch wieder nicht: der Meister stirbt, die Liebe siegt. Ok, nicht zwingend für alle Charaktere, aber das ist der zentrale Kern. Das ganze Spiel dreht sich also darum, dass die Charaktere zeigen, dass sie eben doch Macht haben. Sie trauen sich zu Beginn nichts, bis sie dann die Macht (die sie in Form des More-than-Human schon von BEginn an haben) endlich einsetzen.

Kurz:
1. Geht es bei MLwM nicht wirklich um Machtlosigkeit, sondern gerade darum, wie die Charaktere genug Vertrauen gewinnen, ihre Macht einzusetzen und
2. Viel persönlicher wird der Horror echt nicht. ;)

MLwM ist ein Spitzenspiel, aber es passt nicht auf die Frage. :)
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Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Offline Purzel

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Bitte?!? Also eigentlich nicht wirklich.

Hehe, habe nie behauptet, dass das die Prämisse des Spiels ist. :)

2. Viel persönlicher wird der Horror echt nicht. ;)

MLwM ist ein Spitzenspiel, aber es passt nicht auf die Frage. :)

Stimmt, "nur" persönlicher Horror. Und ich wollte eigentlich nur ein Beispiel für forgige Spiele geben, ...

Zitat von: alexandro
welche Horror in einer anderen Weise angehen, als die von mir beschriebenen

Auch wenn ich absichtlich neben Alexandros Frage lag, so ist MLWM immer noch lesenswert genug, um es mal zu empfehlen.