Bei unserer wöchentlichen Rollenspiel-Testrunde haben wir uns ein neues Spiel rangenommen. Mit "ameiza" war letzte Woche ein forgiges, unkonventionelles Spiel dran, diesesmal haben wir "Cheap and Cheesy" ausprobiert. C&C ist von Vincent "Lumpley" Baker geschrieben worden und soll ein spontanes Just-for-Fun Spiel darstellen.
Wir haben versucht so zu spielen, wie das Spiel es vorgesehen hat: man trifft sich und beschliesst "spontan" ein Fantasy-Rollenspiel zu machen, holt die Regelblätter raus und wirft sie auf den Tisch, macht SCs, und der SL würfelt den Plot aus.
Wir hatten die Regeln auf verschiedenfarbige Blätter ausgedruckt, teilweise in doppelter Ausführung, so dass jeder die Regeln einsehen konnte. Die Charaktere waren relativ schnell gemacht. Man würfelt die Stats von oben bis unten durch, und wirft dann die Zettel in die Mitte des Tisches. Die Spieler diskutieren, wer wen nimmt. Da ein Charakter mehr gemacht wird als Spieler anwesend sind, bleibt der Zettel mit den miesesten Werten übrig für den Spielleiter als NPC. Witzig fanden wir die Idee, dass die Charaktere zusätzlich noch etwas Besitz erwürfeln durften, z.B. magische Gegenstände oder Lehrlinge.
Dann wählt sich jeder eine passende Rasse und ob er einen Magier macht. So entstanden bei uns:
- ein Zwergen Kämpfer
- ein Ratling Magier
- und ein Ork Spitzbube
Klassen und Professionen gibt's zwar eigentlich nicht bei dem Spiel, die sind reine Color. Was genau aber ein SC nun darstellt ergibt sich aber fast aus den Stats, die ein Charakter besitzt. Viel Might --> Kämpfer, Viel Cunning --> Dieb, Viel Art --> Magier.
Ich als SL erwürfelte für den Plot:
Bedrohung: Ein reicher Händler in der Stadt hat grossen Einfluss bei der Stadtwache
Bedrohung: Ein Kriegerorden hat ein Relikt
Ort: Ein verlassener Lagerplatz einer Armee
Item: Der Schädel eines berühmten Feldherren.
Daraus machte ich mir folgende Geschichte: Eine Stadt bewahrt in einem Tempel den Kopf ihres Volkshelden auf, ein Kriegsherr, dessen Mut die Stadt einst gerettet hat. Auch weiterhin beschützt der Schädel die Stadt vor weiteren Überfällen, er ist sozusagen ein Heiligtum, ein Talisman der Stadt. Der reiche Händler hat die Stadtwache nun dazu gebracht eines Nacht ihren Wachdienst am Tempel zu vernachlässigen, so dass der Schädel von dem Kriegerorden gestohlen werden konnte, was sich finanziell sehr gelohnt hat. Den Lagerplatz habe ich als Hinweis für die Gruppe später in den Plot mit eingebaut.
So -- damit wollten wir nun spielen.
Naja, ich hatte anfangs arge Probleme damit einen Einstieg zu finden. Das Nicht-Vorhanden-Sein von Hintergrundwelt ist ganz schön behindernd, wenn man mal "spontan" was machen will. Zum Glück versorgten ein paar der Regelblätter (Rassen Stereotypen) mich mit ein paar Namen, so dass ich meine NSCs irgendwie ausarbeiten konnte. Vor allem aber auf der Seite der Spieler herrschte Verwirrung, da sie sich erstmal nichts unter der Spielwelt vorstellen konnten.
Ganz nach "Cheap & Cheesy"-Philosophie wurden die SCs mit einem Auftrag konfrontiert: der heilige Schädel sei gestohlen worden, und man bräuchte jemanden, der ihn wieder in die Stadt zurückbringt. Die Spieler befragten ein paar Wachen, doch mehr ausser einem Verdacht, dass in der Nacht, in der das Heiligtum gestohlen worden war, nicht alles rund lief, fanden die Spieler nichts weiter heraus. Der Zauberer meditierte und bekam einen besseren Tipp, der die Gruppe nach Richtung Süden führen sollte.
Dort fanden sie einen verlassenen Lagerplatz, der vom Kriegerorden benutzt worden war. Sie verfolgten die Spuren zum richtigen Lager der Krieger/Strassenräuber und traten dort in eine Falle, die eine Vorhut gelegt hatte. So kam es zum ersten Kampf.
Schnell stellten wir fest, dass obwohl das Kampfsystem recht einfach erschien, es mehr Zeit brauchte als angenommen. Die vergleichenden Proben, das Berechnen des Schadenslevels, multiplizieren, halbieren, runden, dann Kästchen abzählen, Kreuz machen und Penalties addieren und beim nächsten Wurf berücksichtigen machten den Kampf zu einer zähen Sache.
Die Gruppe schaffte es, nachdem die Vorhut elimiert war, das Camp des Ordens auszuspionieren, eine weitere Vorhut auszuschalten und sich des Nachts einzuschleichen, um den Schädel zurückzustehlen. Interessant war noch der Schluss, als die SCs von den Räubern per Pferd verfolgt wurden. Die Spieler teilten sich auf: derjenige mit dem besten Reitentalent (der Ork) bekam den Schädel und ritt damit mühelos in die Stadt zurück, die anderen zwei lenkten einen Haufen der Räuber ab.
Dabei fiel uns wiederum eine weitere Schwäche des Systems auf. Obwohl der Zwerg eigentlich einen Kämpfer darstellen sollte, führte schon ein einziger, zufälliger Treffer dazu, dass der Charakter in dem Endkampf nicht mehr auf die Beine kam. Die Penalties, die Wunden erzeugen, hauen deutlich rein und entscheiden einen Kampf sehr früh. Und leider treten diese Varianzen bei den Würfel recht häufig zu Tage: Im Parallelkampf, wo der kleine, schwache Magier seinen Gegner hatte, schaffte es dieser durch reines Glück seinen Gegner eine Wunde zu machen und so die Oberhand in einem Kampf zu gewinnen, den er eigentlich hätte verlieren müssen.
Zusammenfassend: der Plot war dürftig, das System war mies, wir haben eine Menge gelernt, was man beim Rollenspiel-Design verkehrt machen kann. Dafür dass das schon die dritte Version war, wirkte das Spiel auf uns sehr unausgegoren.
Interessant war die Würfelmethode: "3d10 take the middle" hat eine schöne Glockenkurve. Den mittleren Würfel herauszupicken hat man nach kurzer Zeit drauf. Trotzdem erzeugt diese Methode, vor allem zusammen mit vergleichenden Würfen, eine hohe Varianz, die zu erstaunlichen bis unsinnigen Ausgängen führen kann.
Mal gewinnt man einen vergleichenden Wurf, aber weil die Differenz 1 beträgt hat das fast Null Auswirkungen. Mal gewinnt man den Wurf mit einer Differenz von 10 Punkten, was zur spontanen Lösung aller Probleme führt. Zuverlässigkeit sieht anders aus.
Das Schadenssystem ist nett, aber es verdammt denjenigen, der den ersten Treffer bekommt, mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu den ganzen Kampf zu verlieren, fast unabhängig vom eigenen Kampfgeschick.
Das Zaubersystem ist sehr mächtig. Doch man muss sehr darauf achten, dass man wirklich einen Magier mit hohem Art-Stat macht, denn jeder Punkt beeinflusst die Qualität der Zauber. Ein mieser Wurf führt dazu, dass z.B. die vom Ratling beschworenen Elementare die Gefährlichkeit von Handpuppen hatten, die kaum irgendeinen Gegner beeindruckten.
Für's Protokoll,
Purzel