Autor Thema: Hm... Selbsterkenntnis?  (Gelesen 1766 mal)

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Offline Minne

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Hm... Selbsterkenntnis?
« am: 27.07.2006 | 01:23 »
Nach dem Wochenende und ein paar Reflexionen bin ich zu einem Schluss gekommen, der mir in gewisser weise neu ist. Nämlich, dass ich, zumindest soweit ich diesen Spielstil nach all der Verwirrung und der nebulösen Begriffsfindung bisher verstanden habe, eigentlich ein Anhänger des "Thematischen Spiels" bin, das ich einfach mal als eine Form des Rollenspiels bezeichne in dem menschliche Probleme und Fragestellungen im Mittelpunkt des Spiels stehen. Auslöser war, dass mich Jestocost auf dem Treffen darauf aufmerksam machte, dass der Vampire Char, von dem ich ihm erzählte, eigentlich ein thematischer Charakter ist. Ich habe darüber nachgedacht und zu dem Schluss gekommen, dass das wohl stimmt. Ich habe weiter nachgedacht, über meine anderen Charaktere und bin zu dem Schluss gekommen, dass da ein Muster vorhanden ist, nämlich dass die charaktere, die mir irgendwie nahe gehen, die zu spielen mir spass macht, alle irgendwie mit Themen verhaftet sind, die ich spannend finde.

Bei meinem Ventrue Ritter geht es primär um seine Christlich-Feudalen Werte und wie er sie in seinem neuen Dasein als ein über die Menscheit erhobenes (oder entartetes?) Wesen beibehällt. Im Grunde also um die Zentrale Frage nach Macht und Verantwortlichkeit. Bei meinem Halbelfen-Söldner ging es um ein Ego, dass gegen die Welt anrennt. Im Grunde also auch darum, wie weit ein Individuum wirklich Autonom sein kann. Bei meiner Inais Judicaterin ging es um den Zwiespalt zwischen Mitleid und Gerechtigkeit, bei meinem Dogs Charakter ging es im Grunde um den unbedingten Glaubem um das Gute im Menschen (und dessen Erschütterung). Und bei dem Charakter, der Namensgebend für meinen Account ist, also Minneyar, der eine art Übermensch von seiner Macht her ist, geht es einmal um die frage nach Handlungsmaßstäben für ein fast gottgleiches Wesen, und auf der anderen Seite auch um den Konflikt zwischen dem Bedürfnis aktiv zu werden und der Frage andererseits ob ein übermensch überhaupt in der lage ist positiv gestaltend in Globale Konflikte einzugreifen.

Viele momente im Rollenspiel die mir sehr gut gefielen drehten sich im grunde um die Themen meiner Charaktere - umgekehrt haben mich oft Abende gelangweilt, die das nicht taten. Desweiteren muss ich auch feststellen, dass ich die Aussage von Fredi "Ich spiele um etwas über meine Mitspieler herauszufinden" irgendwie doch unterschreiben kann. Das ist ja gerade das, was Spannend ist - wie wird er Handeln? Und das ist auch das, was mich nervt. Nämlich wenn ein SL mir in meine Handlung reinredet, die ja doch mein, mein und nochmal mein ermessen sein sollte. Doch welchen Schluss ziehe ich daraus? Komme ich jetzt auf DIE LISTE?

Ich weiss nicht. Mögen auch die Momente wo das Spiel wirklich thematisch wurde ein existentieller Bestandteil des für mich positiven Rollenspiels sein, geht es mir doch im Spiel weiterhin hauptsächlich um meinen Charakter, also mein Alter-Ego in der Spielwelt. Es geht mir darum, emotionen zu erfahren, ein intensives Erlebnis zu haben. Das Thema, dass einen Bezug von mir zum Charakter darstellt ist das eine, es ist wichtig, denn der Charakter bin in gewisserweise ich hinter einer Maske. Das Thema und seine Konflikte sind somit ein Quell von Emotionen. Also irgendwie eine Technik. Aber Athmosphäre, wie sie durch zahlreiche kleine Dinge entsteht, die zusammenwirken und ein die Phantasie und Sinne ansprechendes Ganzes ergibt, ist ein weiteres. Eine weitere Technik. Auch müssen Rollenspielsitouationen nicht unbedingt Thematisch sein, um einen starken emotionalen wiederhall zu erzeugen, ausser natürlich man fasst so etwas wie "Wie ist es, wenn man plötzlich gewaltsam seine Familie verliert" oder ähnliche Dinge als "thematisch" auf.

Was ziehe ich daraus für einen Schluss? Keine Ahnung. Der Grundgedanke von Spielen wie Pta macht mich immernoch nicht an und ich halte einen Spielleiter, auch einen der die Handlung zum großen Teil steuert (bzw. strukturiert) immernoch für Sinnvoll. Mir ist es wichtig, nicht nur Erzähler zu sein, sondern in Form meines alter-egos *in* direkt in der Handlung zu sein, statt nur ein Zuschauer zu sein. Ich verachte Colour immer noch nicht, im Gegenteil. Aber ich habe das Gefühl, mir könnte es etwas bringen mich mit thematic Play zu beschäftigen. Ich sollte nochmal Ditv spielen vielleicht. Auf jedenfall ist mir klar geworden, dass thematisches Spiel nichts mit dem halb esoterischen halb pseudoininterlektuellen zu tun hat, als das ich es bisher verstanden habe. Und dass thematisches Spiel garnicht so selten ist, aber selten bewusst stattfindet.

So, jetzt sagt mir bitte nicht, dass ich alles falsch verstanden habe! ;D
« Letzte Änderung: 27.07.2006 | 09:14 von Minneyar »

Offline Jens

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #1 am: 27.07.2006 | 01:43 »
Öhm klar, doch, natürlich, wie könnte es anders sein denn NIEMAND versteht es ??? ;D
Die Erkenntnis das Forgespiele nicht nur was für abgehobene Esoteriker sind, kommt dir ja früh ;)
Sieh diese Erkenntnis für dich als wertvoll an: du weißt was dir (zur Zeit) Spaß bringt und deshalb kannst du dich darauf konzentrieren. Aber sowas wechselt IMO mit der Zeit.

Und jetzt erklären die Theoretiker was "thematisches Spiel" ist, nochmal ;)

Offline Minne

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #2 am: 27.07.2006 | 08:55 »
Zitat
Öhm klar, doch, natürlich, wie könnte es anders sein denn NIEMAND versteht es
Dann dürfte es ja zumindest niemandem auffallen, wenn ich käse schreibe ;D

Zitat
Die Erkenntnis das Forgespiele nicht nur was für abgehobene Esoteriker sind, kommt dir ja früh Wink
Ach komm, das mit der esotherik war ein Scherz, mit dem ich auf diese ganzen obskuren Dinge von der glucklicherweise mittlerweile verschollenen Prämisse bis zu Fredis Mondlandung hinweisen wollte, die imho der Forge tatsächlich einen gewissen esoterischen Nimbus verleiehen ;) Oder mir zumindest in der vergangenheit den zugang erschwert haben.

Zitat
Sieh diese Erkenntnis für dich als wertvoll an: du weißt was dir (zur Zeit) Spaß bringt und deshalb kannst du dich darauf konzentrieren. Aber sowas wechselt IMO mit der Zeit.
Naja, der Gag ist ja, dass dieses Muster von dem ich sprach sich bis in die Fühzeiten meines Rollenspiels zurückverfolgen lässt.  :)

Ein

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #3 am: 27.07.2006 | 09:00 »
Wie du selbst schon festgestellt hast, muss man nicht forgy spielen, um thematische Charaktere zu spielen.

Das Thema ist der Kern eines literarischen Werkes, um das ganze gebaut wird. Meist handelt es sich dabei um einen Konflikt zwischen zwei Kräften (Ordnung vs. Freiheit, Macht vs. Liebe, etc.)

Offline Minne

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #4 am: 27.07.2006 | 09:10 »
Zitat
Wie du selbst schon festgestellt hast, muss man nicht forgy spielen, um thematische Charaktere zu spielen.

Das Thema ist der Kern eines literarischen Werkes, um das ganze gebaut wird. Meist handelt es sich dabei um einen Konflikt zwischen zwei Kräften (Ordnung vs. Freiheit, Macht vs. Liebe, etc.)

*g* Jupp...

Offline Lord Verminaard

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #5 am: 27.07.2006 | 09:34 »
Tja, Minne, du und ich, wir befinden uns im selben Raum, nur dass ich gerade durch eine andere Tür reingekommen bin. ;)

Man muss halt wirklich differenzieren zwischen dem fiktionalen Inhalt einerseits und der Art, wie dieser zustande kommt, andererseits. Bei beidem gibt es Präferenzen. Da kann man dann lange über GNS debattieren, aber das ist eigentlich ein Fall von "Thema verfehlt" (bad pun intended).

Ich hab dazu schon mal auf der Schmiede was geschrieben und bin gerade zu faul, das alles noch mal zu schreiben:

http://www.indie-rpgs.com/forum/index.php?topic=19519.0
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Offline Fredi der Elch

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #6 am: 27.07.2006 | 10:50 »
Hey Minne,

Auf jedenfall ist mir klar geworden, dass thematisches Spiel nichts mit dem halb esoterischen halb pseudoininterlektuellen zu tun hat, als das ich es bisher verstanden habe. Und dass thematisches Spiel garnicht so selten ist, aber selten bewusst stattfindet.
du hast das schon völlig richtig verstanden. Thematisches Spiel muss nicht abgehoben und nicht einmal bewusst sein. Allerdings ist es ein großer Schritt, sich diese Präferenzen mal bewusst zu machen, da man dann meist besser darin wird, die eigenen Vorlieben auch durch ein geeignetes System, eine geeignete Gruppe oder eine geeignete Spielweise zu unterstützen und zu befriedigen. Das ist ein Schritt, bei dem mir persönlich die Forge sehr geholfen hat (wobei sie nicht jedem hilft und nicht wenige sogar verschreckt).

Insofern: Cool! Sich selber über die eigenen Vorlieben bewusst zu werden ist eigentlich immer gut. Jetzt kannst du damit beginnen zu suchen, wie du da optimal hinkommst.

Kleine Anmerkung: Das mit „Color ist Iiieeehhh!“ ist meine persönliche Berufskrankheit, hat aber mit thematischem Spiel an sich nichts zu tun (Und auf die Gefahr hin, meinen Ruf zu verlieren: Color ist ja nicht iieehh, sie wird nur gerne überbewertet. Color in Maßen mag ich auch. Nur eben nicht in Massen. ;) ). Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen: Thematisch kann man auch mit viel Color, mit SL und ohne wilde Techniken spielen.
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Zitat von: 1of3
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Offline Minne

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #7 am: 27.07.2006 | 13:28 »
Cool, irgendwie habe ich das Gefühl echt nen Schritt nach vorne gegangen zu sein :D

Ich denke für meine Erkenntnis war auch das Dogs Spiel mit Vince wichtig... das mir (anders als spione oder pool) nicht dieses Gefühl der Verunsicherung gegeben hat, sondern im Gegenteil, den Gedanken hervorgebracht hat : "Das ist auch (nur) Rollenspiel" und eben nichts Merkwürdiges zu dem ich keinen Zugang habe oder für das ich möglicherweise zu Beschränkt bin.

@ Vermi : Ja, sowas ähnliches hast du glaube ich auch schon in deinem Blog beschrieben... klasse! :)

@ Fredi : So viel Konsens, unglaublich! :D Ich glaube dieser Thread ist morgen schon vergessen und vergraben wenn nicht bald irgendwer rumflamed  ;D auf jedenfall freu ich mich auf Ego auf dem Treffen :)

Offline Joerg.D

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #8 am: 27.07.2006 | 13:59 »
Ich denke das diese Selbsterkenntnis dir einfach helfen wird mehr Spaß am Rollenspiel zu haben und dich nicht dazu zwingt, ein spezielles Rollenspiel zu spielen oder die Theorie als Heilsbringer zu betrachten.

Wichtig wird sein, das du deine persönlichen Vorlieben jetzt auch gezielt ausspielst um dadurch mehr Spaß zu haben. Denn vielleicht ist es nur ein Abschnitt, der wieder vorrübergeht.

Oder es ist und bleibt dein Spielstil für den Rest der Jahre.

Auf´jeden Fall ist es schön, das du deinen Stil gefunden hast und jetzt an den Rahmenbedingungen feilen kannst. Denn arbeiten sollte man immer an sich (denke ich). Stillstand beim Rollenspiel ist für kreative Menschen ein Graus.
« Letzte Änderung: 30.07.2006 | 14:28 von Jörg.D »
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline Fredi der Elch

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Re: Hm... Selbsterkenntnis?
« Antwort #9 am: 27.07.2006 | 14:48 »
Denn arbeiten sollte man immer an sich (denke ich). Stillstand beim ´Rollenspiel ist für kreative Menschen ein Graus.
Word!!  :d  (das wahrste Wort überhaupt, IMO)
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Zitat von: 1of3
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