"Wiedergänger" ist die Fortsetzung von Maike Hallmanns Erstlingswerk "Pesadillas", in dem man zahlreiche bekannte Köpfe wiedertrifft.
Vier Jahre sind seit damals vergangen und Jaywalker hat sich nach Australien abgesetzt. Doch dann werden zeitgleich alle Mitglieder seines Teams überfallen und allen geht es ans Leder, außer ihm, er kann entkommen. Bereit sich seiner Vergangenheit zu stellen, kehrt er nach Seattle zurück... Doch der Straßensamurai hat sich damals viele Feinde gemacht. Da wären Conquistador, die zockende Messerklaue, und die Überreste des alten Teams, Christo, die Trollklaue, und Conquistadors Freundin, die Katzenschamanin Kike. Jaywalker möchte jedoch vor allem Rache nehmen an Sakata, dem Konzernmagier aus "Pesadillas", und trifft sich mit seinem ehemaligen Freund Conquistador, den er mit diesem Zug mehr als überrascht und der einsehen muss, dass seine Booster langsamer sind. Kurz darauf setzt Sakata aber Conquistador wieder auf Jaywalker an, der rasche Abhilfe des Problems verspricht. Ein solider Basisplot also, bei dem jede Fraktion wenig zu gewinnen, aber viel zu verlieren hat.
Maike Hallmann geht in die Tiefe, zeigt wie Beinarbeit funktioniert und wie man untertaucht. An sich köchelt der Plot weiter ohne allzu große Überraschungen, zwischendurch gelingt es ihr aber auch einmal, dem Leser den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Ihre eindeutige Stärke ist aber die Ausarbeitung der Charaktere, welche man in dieser Form nur selten findet. Nicht "höher, schneller, weiter, härter und cooler" ist das Motto ihrer Runner, da übergibt sich der Troll schonmal vor Angst im eigenen Auto... Auch die Dialoge zwischen den Charakteren können schonmal abschweifen. Ein gutes Beispiel ist, als das Thema "Kinder" in der Luft liegt und es zwischen Conquistador und Kike zu einem peinlichen Schweigen kommt. Wer das noch nicht auf einer Familienfeier erlebt hat, hat was verpasst.
Maike Hallmann hat aber auch eine andere ungewöhnliche Stärken in ihrem Roman umgesetzt. So gelingt es ihr immer wieder, in die Gedanken der Tiere zu schlüpfen, insbesondere von Conquistadors erwachtem Mungo, und so die eigentliche Erzählungen aufzulockern. Schließlich finden die Tiere es schon seltsam, was ihre "großen Tiere" manchmal so treiben.
Der Handlungsort ist wieder klassisch Seattle, die Shadowrun-Metropole, die um ein paar interessante Ecken ergänzt wird. Insbesondere der kurze Ausflug in den Orkuntergrund wird den Seattle-Freund erfreuen. In der Zeitlinie ist gerade Dunkelzahns Wahlkampf angesagt, zu dem die Protagonisten ganz eigene Meinungen haben.
Als kleiner Gimmick ist ein Crossover mit Lara Möllers Charakter Ash, bekannt aus gleichnamigen Roman, eingewoben. Auf dem Friedhof stehen sich beide gegenüber und wechseln einige wenige Worte. Zwar bleibt das Gegenüber namenlos, aber dieselbe Passage findet sich bei Lara Möller wieder.
Fazit: Aufgrund des ungewöhnlichen Stils uneingeschränkt empfehlenswert, aber sicherlich wird diese Art der Erzählung nicht jedem gefallen! Wer weniger auf eine actionorientierte Handlung Wert legt, aber auf tiefgründige Charaktere, auch in trivialen, alltäglichen Situationen, steht, wird hier fündig. Ein Antesten sei jedem Shadowrunfreund angeraten, auch wenn eher "Pesadillas" als Einstieg geeignet ist, da es der Erstauftritt der Charaktere ist und sich einige Handlungsstränge ohne Vorkenntnise nicht vollständig nachvollziehen lassen.
PS.: das Original ist zu finden unter
http://www.lorp.de/rezensionen/show.asp?id=663 , dort kann man die Rezi auch bewerten (*lechz*), natürlich freu ich mich auch hier über reges Feedback!!!