Letzte Woche war ziemlich voll, daher kommt der Spielbericht erst jetzt. Meine wöchentliche Rollenspieltestrunde hat "Donjon" gespielt.
Donjon-HomepageDonjon ist eine Hommage an das gute alte Fantasy Dungeon-Crawling, macht einige Dinge aber deutlich anders. Ich hatte das Vergnügen Spielleiter zu sein und mir die Regeln durchzulesen.
Einige Ideen sind ganz witzig, vor allem der Grundmechanismus: entweder behält man einen Erfolg einer Probe für eine Folgeprobe, oder aber der Spieler ist berechtigt ein Fakt in die Story mit einzubringen. Auch nett ist die Möglichkeit, dass die Spieler sich Schätze selbst ausdenken, wenn sie erschlagene Monster plündern. Nützlich gegen Hartwurst ist die Art und Weise wie Geld und der Inhalt des Rucksacks gemanaged wird.
Doch schon beim Lesen erkannte ich diverse Probleme, die sich im Spiel nur bestätigten.
Der eigentliche SpielberichtWir spielten das Abenteuer, das bei Donjon gleich mit drin war. Ich war guter Dinge, denn der Autor hatte diesen Plot schon diversemal selbst probiert, daher schien es mir eine sichere Sache Donjon so vorzuführen, wie es gedacht war.
Das Abenteuer begann in einer Stadt. Aufgabe der Helden dort war es sich einen Plothook zu besorgen, der schon prompt nach 5 Minuten stand: ein Pilzwesen hatte dem Bürgermeister einen magischen Edelstein gestohlen, der nun zurückgebracht werden sollte. Als Belohnung winkte den Helden magische Waffen.
Als Helden hatten wir eine Art Paladin und einen Kampfmagier gemacht. Beide zogen in den nahen Wald, um dort nach dem Höhleneingang zu suchen. Sie liessen sich auf einen Kampf mit einer riesigen Baumschlange ein, später befreiten sie einen Kämpfer aus der misslichen Lage zwischen einem kleinen Rudel Goblins. Sie retteten und heilten den Kämpfer und überredeten ihn dazu sie bei der weiteren Schatzjagd zu helfen, vor allem ihnen das schwere Gepäck hinterher zu tragen.
Ausserdem erfuhren sie von ihm, wo ein Eingang in das Höhlensystem war, in dem die Pilzwesen hausten. Mühsam und mit vielen Versuchen überwanden sie eine Steinschlagfalle, die am Eingang errichtet worden war.
Ach du Scheisse ... Ungefähr an diesem Punkt hörten wir auf zu spielen und fingen an über die Probleme zu diskutieren, die uns bei dem System von Donjon aufgefallen waren. Meine Aufzeichnungen sind ausnahmsweise nur aus dem Gedächnis, denn da ich SL war, hatte ich nicht die Möglichkeit wie üblich ein ausführliches Protokoll zu schreiben.
CharaktererschaffungEtwas kompliziert ist die Vergabe von Haupt- und Nebenfertigkeiten, die sich die Spieler selbst ausdenken können. Es braucht doch etwas Mühe um sich etwas passendes oder kreatives für seinen Charakter auszudenken. Hinzu kommt, dass man ohne Regelkenntnisse als Spieler sich leicht Dinge nimmt, die später im Spiel nicht so gut funktionieren wie gedacht. Der Satz: "Hätte ich das gewusst, hätte ich das bei der Charaktererschaffung anders gemacht" fiel häufig.
EinkaufenDer Umgang mit Geld und mit Reserven, die man in den Rucksack investiert, ist eine nette Idee: man hat nur zwei Werte hierfür, die erstaunlicherweise zu allen anderen Spielwerten kompatibel sind. Man schreibt keine Goldmünzen auf, man schreibt nicht genau auf, was genau nun im Rucksack ist, sondern die zwei Werte für "Wealth" und "Provisions" repräsentieren ein Potential, gegen das gewürfelt werden kann, wenn man Aktionen macht wie z.B. Einkaufen, Plündern nach Geld etc.
Was uns aber auffiel war, dass der Umgang mit diesen Werten doch etwas hakte. Während sonst immer recht frei nach Schnauze und Gesunden Menschenverstand (tm) gewählt werden konnte, welche Attribute und welche Abilities miteinander kombiniert werden konnten, waren hier diese Dinge fest vorgegeben, und leider sehr gut im Text versteckt. Ich musste viel suchen, und aus dem unwichtigen Kauf einer einfachen Rüstung wurde ein ziemlich langer Akt.
Ich hatte mir extra einen SL-Schirm von der Homepage heruntergeladen, aber der taugte im ganzen Spiel nichts!
TabellenDonjon ist ziemlich tabellen-lastig. Doch es gibt keinen Tabellen-Index, noch einen brauchbaren SL-Schirm, noch enthalten die Tabellen wirklich alle nötigen Informationen. Manche der Tabellen, die mehr für Spieler als den SL gedacht sind (z.B. um sich Schätze auszudenken), erfordern von den Spieler vorweg eine gewisse Regelkenntnis.
KampfHier überwiegt der Wert für "Adroitness", er ist sowohl für das Treffen von Gegnern als auch für das Ausweichen wichtig. Diese Konzentrierung erschien uns sehr ungünstig.
Würfelei Uns fiel auf, dass wir schon im ersten Level gewaltige Massen an Würfel-Pools werfen mussten. Um die 10d20 waren keine Seltenheit, einmal zählten wir gar 14 Würfel. In späteren Leveln wäre das sogar noch mehr geworden. Diese Würfelei mit zwei Hand voll Ikosaedern erschien uns wahnsinnig unpraktisch.
Ich will garnicht wissen, wie das in Level 20 aussieht!!!
Ausserdem zieht vor allem ein Wurf schnell einen Folgewurf nach sich, vor allem im Kampf. Trefferwurf --> Schadenswurf. Und trotzdem kann hinterher bei rauskommen, dass sich nichts verändert hat. Gerade wenn es schnell gehen soll, bremst sich dieses System aus.
Wie gut, dass ich Würfelsammler bin, und das Dom sich vor ewigen Zeiten das "Pfund Würfel" gekauft hatte.MagieMagie ist langsam, umständlich, komplett durchgeregelt und ignoriert das "Law of Success" in einigen Punkten. Unter Umständen muss der SL für seine Monsterhorden gewaltige Rettungswurf-Orgien veranstalten -- vorausgesetzt einem Zauberer gelingt es seine Magie einzusetzen, bevor der Kampf vorrüber ist.
Vor allem die Seuche "Wurf --> Folgewurf --> Folgewurf --> Rettungswurf" schlägt hier massiv um sich. Erfolge sammeln sich schnell an, die Pools wachsen ins Unermessliche. Heilmagie ist nicht genau genug geregelt. Scheinbar kann man seine Kameraden zwischen den Kämpfen wieder voll aufpumpen. Spricht soweit nichts dagegen.
Law of SuccessZwar lautet der Grundmechanismus: pro Erfolg bei einer Probe kann man entweder eine Folgeprobe unterstützen oder ein Fakt in die Welt bringen. Doch 50% aller Situationen, die wir hatten, erlaubten das Prinzip nicht. Im Kampf, bei der Anwendung von Magie, beim Einkaufen oder Aktionen mit dem Rucksack ist vorgegeben, wie die Erfolge zu interpretieren sind.
Dabei hatten sich meine Spieler darauf eingestellt wichtige Teile der Story über diesen Mechanismus mitgestimmen zu können. Schade, sie wurden enttäuscht.
SonstigesDas Buch ist gut aufgemacht. Aufwendiger Satz, Dekorationen ohne Ende, viele, viele Grafiken. Lustigerweise dreht sich das Schlusskapitel, das Nachwort, darum, wie er Donjon möglichst billig aufgelegt und produziert hat. Wie man druckt, welche Software man braucht, die man Künstler um Bilder bewirbt. Klasse.
Auch das Abenteuer war komplett ausgearbeitet, so dass ich als SL nicht mehr viel selbst ausdenken musste. Inklusive den Monstern, den man begegnet ist. Respekt.
Uns viel auf, dass auf dem Charakterbogen ein Platz für die XP fehlte.
Ein paar der Worte, die der Autor für Attribute verwendet hat, haben uns Probleme bereitet. Aussprache und Übersetzung sind unklar beblieben, zumal zwei der Worte in keinem einzigen Dictionary zu finden waren und nur grob abgeleitet werden konnten.
FazitDafür, das wir das PDF kaufen mussten, sind wir doch von der Leistung des Systems enttäuscht gewesen. Wir hatten viel zu diskutieren, was wieder mal unseren Horizont erweitert und unsere Augen für Rollenspiel-Design geöffnet hat. Doch leider gingen die Diskussionen um die Schwächen des Spiels.